Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Redaktion räumt „schweren Fehler“ ein

„Co-Pilot stirbt während des Fluges im Cockpit“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über den Tod eines Piloten. Auf einem Foto wird ein Mann gezeigt, der mit nach hinten geneigtem Kopf auf dem rechten Platz eines Cockpits sitzt. In der Meldung heißt es, der Mann sei während des Fluges plötzlich verstorben. Das Flugzeug sei wegen des medizinischen Notfalls in Istanbul zwischengelandet. Nach Auffassung einer Leserin ist das Foto „an Pietätlosigkeit nicht zu übertreffen“. Die Abbildung verstoße gegen mehrere Ziffern des Pressekodex. Die Redaktionsleitung teilt mit, dass die Veröffentlichung des Fotos in der Redaktion bereits kritisch diskutiert worden sei. Ohne Zweifel sei der Redaktion ein schwerer Fehler unterlaufen. Dieser stehe im krassen Widerspruch zu den eigenen Ansprüchen an journalistische Arbeit. Mit dem verantwortlichen Redakteur und seinem Ressortleiter sei der Fall besprochen worden. Es seien Vorkehrungen getroffen worden, damit sich ein derartiger Fehler nicht wiederholt. Die Beschwerde sei nachzuvollziehen. Auch der Beschwerdeführerin gegenüber habe die Redaktionsleitung den Fehler schriftlich eingeräumt. (2008)

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Erst „Liebling“, dann Handgreiflichkeiten

Im Bericht einer Boulevard-Zeitung geht es um den Streit zwischen einem prominenten Fußballer und seiner Ex-Freundin, einer Studentin. Diese soll gegen den Sportler nach der heftigen und handgreiflichen Auseinandersetzung Anzeige erstattet haben. Die junge Frau, im Text zum unverfremdeten Bild als „bildhübsche Sarah“ bezeichnet, sei für eine Rückfrage der Redaktion nicht erreichbar gewesen. Aus Sicht eines Lesers hat die Studentin ein Recht, als mutmaßliches Opfer einer Straftat nicht zusätzlich durch Bild und Text der Öffentlichkeit bekannt gemacht zu werden. Den Lesern stehe an der privaten Beziehungstat keinerlei Informationsinteresse zu. Der Beschwerdeführer sieht eine Verletzung der Richtlinie 8.1 (Nennung von Namen/Abbildungen). Die Rechtsabteilung des Verlags geht davon aus, dass der Beschwerdeführer nicht ausreichend informiert ist. Über die Fußballer-Freundin sei schon früher in diversen Printmedien berichtet worden. Sie sei in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten, weil sie schon früher zweimal Strafanzeige gegen den Sportler gestellt habe. Das habe dieser in einem Illustrierten-Interview („Liebling, verzeih mir!“) erwähnt. Die junge Frau habe mehrfach mit der Redaktion telefoniert und ihre Bereitschaft signalisiert, für eine weitergehende Berichterstattung ihre Sicht der Dinge darzustellen. (2007)

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Landrat ohne Chance zur Stellungnahme

„Ein Skandal – und wenig Interesse, ihn aufzuklären“ titelt eine Regionalzeitung. Es geht um das Verschwinden von Millionenbeträgen aus dem Krankenhaus einer Kleinstadt. Der Fall reiche einige Jahre zurück. Nun erhebe die Kreistagsfraktion der Linken neue Vorwürfe gegen den Landrat. Die Zeitung zitiert nicht näher genannte „Rechtsanwälte und Steuerberater“. Aus deren Unterlagen gehe hervor, dass der Landrat in die Affäre verwickelt sei. Der Landrat sieht gleich mehrere Ziffern des Pressekodex verletzt. Er erkennt einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht. Ein Journalist der Zeitung habe ihm Fragen zu dem Fall zugesandt mit der Bitte, diese bis zum nächsten Tag zu beantworten. Der nunmehr kritisierte Artikel sei jedoch bereits an diesem Tag erschienen, ohne dass die Redaktion die Beantwortung der Fragen abgewartet hätte. Die Berichterstattung, so der Landrat, sei falsch. Nach seiner Auffassung werde er als Landrat, das Kreiskrankenhaus und der Landkreis durch den Artikel in Ruf schädigender Weise öffentlich angegriffen und beleidigt. Der Landrat forderte die Zeitung auf, ihren Lesern mitzuteilen, dass die Berichterstattung nicht korrekt gewesen sei. Dem Ansuchen kommt die Redaktion nach. Sie schreibt, der Landrat habe die Vorwürfe, er habe die Aufklärung der Millionen-Affäre behindert, zurückgewiesen. Zu Details äußere er sich nicht. Der Landrat hält das nicht für eine ausreichende Richtigstellung; er leitet rechtliche Schritte ein. Beschlüsse von zwei Landgerichten liegen vor, die die Unterlassungs- und Gegendarstellungsansprüche bestätigen. Die Chefredaktion der Zeitung äußert sich mit dem Schwerpunkt des Vorwurfs eines Verstoßes gegen die journalistische Sorgfaltspflicht. Dabei geht es vor allem darum, dass die Redaktion mit ihrem Bericht nicht gewartet habe, bis die vom Landrat erbetenen Antworten auf die Fragen des Autors beantwortet waren. Die Redaktion habe erfahren, dass eine Konkurrenzzeitung mit der Geschichte am nächsten Tag auf dem Markt sein werde. Die Chefredaktion vermutet dahinter eine Aktion des Landrats, „um uns die Schau zu stehlen und einen Keil zwischen die Journalisten verschiedener Zeitungen zu treiben“. (2007)

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„Vernichten“ ist kein Nazi-Begriff

Eine Regionalzeitung rezensiert unter der Überschrift „Der diskrete Charme der Diffamierung“ ein Kinderbuch. In dem Beitrag heißt es unter anderem: „Eines Tages ärgerte sich Gott, der Herr, so sehr über die Menschen, dass er sich entschloss, alles Leben auf der Erde zu vernichten. Mit dem Nazi-Begriff `vernichten` wird hier ein völkermordender jüdischer Gott dargestellt. Eine schiefe, vielleicht sogar latent antisemitische Darstellung – aber deswegen sollte das Familienministerium Ursula von der Leyens nicht noch Reklame für das Buch machen (….)“. Der herausgebende Verlag des Buches hält als Beschwerdeführer den Vergleich mit Nazi-Vokabular für einen Verstoß gegen die Achtung der Wahrheit. Die Behauptung, die Formulierung „Menschen vernichten“ sei der Nazi-Sprache entlehnt, sei nachweislich falsch. Es sei allgemein bekannt, dass die Nazis ihre Verbrechen mit euphemisierenden Begriffen umschrieben hätten, heißt es in der Beschwerde. Für die Vernichtung der Juden sei beispielsweise der beschönigende Begriff „Endlösung der Judenfrage“ verwendet worden. Dass dies einem Journalisten nicht bekannt sei, hält der Beschwerdeführer für ausgeschlossen. Es sei außerdem eine grobe Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht, dass der Rezensent die Verwendung der Formulierung „Menschen vernichten“ im Rahmen der Wiedergabe der biblischen Sintflut-Geschichte nicht als dem referierten Original entlehnte Formulierung erkennt und stattdessen unseren Autor in die Nähe des Antisemitismus rückt“. Das sei diffamierend und Ruf schädigend. Die Rechtsabteilung der Zeitung erklärt, aus der Rezension gehe überdeutlich hervor, dass der Autor seine persönliche Meinung äußert. Es sei kein Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten, wenn sich der Autor nicht der Quellen und Informationshilfen bediene, die nach Ansicht des Beschwerdeführers geboten gewesen wären. Es stehe jedem Journalisten frei, die Quellen seiner Meinungsbildung selbst zu wählen. Selbstverständlich habe man weder dem Buchautor noch dem Verlag antisemitische Einstellungen zuschreiben wollen. Sollte dieser Eindruck entstanden sein, bedauere die Redaktion dies zutiefst. Weil der Beitrag jedoch insgesamt eine Meinungsäußerung sei, könne er gar kein Verstoß gegen die Achtung der Wahrheit sein, da Meinungen gerade nicht auf ihre Wahrheit oder Unwahrheit überprüft werden könnten. (2008)

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Ahmadinedschad sinngemäß richtig zitiert

Kritik von vielen Seiten wird laut, als Barack Obama seine Bereitschaft erklärt, im Fall seiner Wahl zum US-Präsidenten mit dem iranischen Präsidenten Ahmadinedschad sprechen zu wollen. Eine überregionale Zeitung berichtet darüber. Sie zitiert dabei den republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain indirekt und direkt wie folgt: „Obama müsse dem amerikanischen Volk erklären, was er mit einem Mann wie dem iranischen Präsidenten Ahmadinedschad besprechen wolle, der den Terrorismus unterstützt, den Holocaust leugnet, für den Tod tapferer amerikanischer Soldaten verantwortlich ist und Israel von der Landkarte auslöschen will“. In einem weiteren, später erscheinenden Artikel schreibt die Zeitung: „Tatsächlich bedrohen das iranische Atomprogramm und der Wunsch des iranischen Präsidenten, Israel von der Landkarte zu wischen, die gesamte Erde, allen voran die in der Umgebung Irans liegenden Staaten Asiens und Europas.“ Die Formulierung „…von der Landkarte zu wischen“ oder das Land von der Landkarte „zu tilgen“ ist in ähnlichem Wortlaut von allen großen Nachrichtenagenturen und vielen deutschen Zeitungen und Zeitschriften wiederholt worden. Zwei Leser der Zeitung kritisieren eine ihrer Meinung nach falsche Übersetzung der Rede des iranischen Präsidenten. Sie berufen sich auf eine Übersetzung des Sprachendienstes des Deutschen Bundestages. Danach sagte Ahmadinedschad: „Unser lieber Iman (Khomeni) sagte auch: Das Regime, das Jerusalem besetzt hält, muss aus den Annalen der Geschichte getilgt werden. In diesem Satz steckt viel Weisheit“. Die anerkannte Islam-Wissenschaftlerin Katajun Amirpur sei zu einer ähnlichen Übersetzung gekommen. Sie gibt das Zitat so wieder: „Dieses Besatzerregime muss von den Seiten der Geschichte (wörtlich: Zeiten) verschwinden“. Nach Ansicht der Beschwerdeführer bedeute dies – weniger blumig ausgedrückt -: „Das Besatzerregime muss Geschichte werden“. Dies sei keine Aufforderung zum Vernichtungskrieg, sondern die Aufforderung, die Besatzung zu beenden. Strittig bleibe lediglich, ob der Sinn der Aussage eher durch ein transitives Wort wie „tilgen“ oder eher durch ein intransitives Wort wie „verschwinden“ getroffen werde. Die Zeitung teilt mit, dass das umstrittene Zitat zunächst von der staatlichen iranischen Rundfunkanstalt verbreitet worden sei. Quelle der Übersetzung sei also der iranische Staat selbst. Erst danach sei die Übersetzung von den westlichen Agenturen aufgegriffen worden. Die Äußerung von John McCain sei korrekt und vollständig wiedergegeben worden. In Anführungszeichen gesetzt sei das Zitat als solches erkennbar gewesen. Das Blatt weist darauf hin, dass Ahmadinedschads Rede mit der Aufforderung an seine Zuhörer begonnen habe, die Parole „Tod Israel“ richtig und vollständig auszurufen. (2008)

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Vorwurf der Lüge in zwei Überschriften

An zwei Stellen – auf der Titelseite und im Innenteil – veröffentlicht eine Regionalzeitung Beiträge, in deren Überschriften darüber informiert wird, dass Vertreter des Landesamtes für Denkmalschutz einen örtlichen Unternehmer und Kommunalpolitiker der Lüge bezichtigen. Der Politiker hatte auf der Homepage seiner Partei einen kritischen Kommentar zum Denkmalschutz veröffentlicht. Die Zeitung zitiert daraufhin den Chef des Landesamtes: „In seinem Kommentar auf der (…)-Homepage verbreitet Herr (…) falsche Informationen und vergreift sich gegenüber dem (…) Landesamt für Denkmalspflege und seinen engagierten Mitarbeitern im Ton“. Dieses Statement veranlasst die Zeitung zu ihren Berichten und dem Lügenvorwurf in beiden Überschriften. Der betroffene Unternehmer und Lokalpolitiker hält das für eine falsche Tatsachenbehauptung und eine Ehrverletzung. Der Leiter des Landesamtes habe ihn nicht der Lüge bezichtigt. Dies sei ausschließlich eine Formulierung der Zeitung. Der Autor der Berichte erklärt, die Aussagen des Behördenchefs seien richtig wiedergegeben worden. Die Redaktion habe bei dem Amtsleiter recherchiert. Der habe per E-Mail mitgeteilt, der Unternehmer und Lokalpolitiker habe auf seiner Homepage „falsche Informationen“ verbreitet. Der Beschwerdeführer wiederum habe der Pressesprecherin des Landesamtes für Denkmalpflege arglistige Täuschung der Öffentlichkeit vorgeworfen. Sie habe die Wahrheit verzerrt. Die Zeitung hält die in den Überschriften enthaltenen Schlussfolgerungen, dass der Beschwerdeführer wissentlich falsche Informationen verbreite, also gelogen habe, für zutreffend. (2008)

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Text geriet eher „konturenschwach“

Unter der Überschrift „Hinter jedem Hügel glitzert es“ veröffentlicht eine Regional-Zeitung eine Seite „Reise & Urlaub“. Es geht um Mecklenburg-Vorpommern als Urlaubsziel für Radfahrer. Am Ende des Beitrags wird auf die Internetseite des Bundeslandes hingewiesen. Der Link findet sich auch in einer Anzeige des Tourismusverbandes von Mecklenburg-Vorpommern, die zwei Seiten nach dem Beitrag abgedruckt ist. Ein Leser sieht in der Berichterstattung Schleichwerbung für das Urlaubsland Mecklenburg-Vorpommern. Er bemängelt Formulierungen wie „verträumte Dörfer“ und „lauschige Uferplätze“. Er vermutet auch einen Zusammenhang zwischen Artikel und Anzeige wegen der in beiden Veröffentlichungen enthaltenen Internet-Adresse. Nach Auskunft des stellvertretenden Chefredakteurs der Zeitung arbeiten Redaktion und Anzeigenverkauf bei der Produktion des Reiseteils „selbstverständlich getrennt“. Er räumt ein, einen eher „konturenschwachen“ Agenturtext verwendet zu haben, der aber wohl zutreffend über Fahrradtouren durch Mecklenburg-Vorpommern informiere. Es gebe aber keinen Zusammenhang mit dem Anzeigenkollektiv. Dass sowohl im Artikel als auch in der Anzeige derselbe Link verwendet worden sei, bezeichnet er als “nicht unbedingt zufällig“, da es sich um die Homepage des Tourismusverbandes handele. Über die Veröffentlichung habe die Redaktion unabhängig vom Anzeigenkollektiv entschieden. (2008)

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Im Suchspiel fehlte der Anzeigenhinweis

In einer Kinderzeitschrift erscheint eine ganzseitige Firmenanzeige mit einem Fehler-Suchspiel. Eine Leserin kritisiert, dass die Anzeige nicht als Werbung erkennbar ist. Insbesondere das Fehlersuchspiel erwecke den Eindruck eines redaktionellen Beitrags. Die Chefredakteurin räumt sowohl in einer E-Mail an die Beschwerdeführerin als auch gegenüber dem Presserat ein, dass schon durch die Gestaltung der Eindruck entstehen könne, die Anzeige gehöre zum redaktionellen Inhalt der Zeitschrift. Es sei aber rein zufällig, dass die Anzeigenseite ähnlich wie der redaktionelle Teil gestaltet worden sei. Die Anzeigenseite sei erst sehr spät in das Blatt eingefügt worden. Dabei habe man die verstärkende Wirkung übersehen. Die Zeitschrift habe mit der Agentur der werbenden Firma Kontakt aufgenommen und sie verpflichtet, bei künftigen Veröffentlichungen den Anzeigenhinweis zu platzieren. Die Redaktion entschuldigt sich für ihr Versehen. (2008)

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Mutmaßlicher Täter auf Fotos erkennbar

„Kinderschänder lockt 13-Jährige in Sex-Falle“ und „Der Kinderschänder und die 13-Jährige“ titelt eine Boulevardzeitung über ein Ermittlungsverfahren gegen den anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer. In beiden Artikeln wird dieser als „Kinderschänder“ bezeichnet. Auf abgedruckten Fotos ist der Mann erkennbar. Es wird berichtet, er habe das Mädchen im Internet kennen gelernt, zu sich nach Hause gelockt und dort vier Wochen lang versteckt. Sowohl nach Aussagen des Beschwerdeführers als auch des Mädchens habe es zwischen ihnen einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gegeben. Der Anwalt sieht den Pressekodex in vier Punkten verletzt. Durch die Bezeichnung „Kinderschänder“ ohne jegliche Einschränkung sei eine Vorverurteilung nach Ziffer 13 des Pressekodex gegeben. Die Schuld sei gerichtlich nicht erwiesen. Vielmehr habe die Staatsanwaltschaft bereits nach einer Woche die Aufhebung des Haftbefehls beantragt. Durch die Veröffentlichung der Fotos seien die Persönlichkeitsrechte nach Ziffer 8 des Pressekodex verletzt. Das Foto, auf dem der Beschwerdeführer zusammen mit dem Mädchen zu sehen ist, sei – so der Anwalt – auf unlautere Weise aus den Privaträumen des Beschwerdeführers beschafft worden – ein Verstoß gegen Ziffer 4 des Pressekodex (unlautere Recherchemethoden). Schließlich kritisiert der Anwalt unwahre Tatsachenbehauptungen nach Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht). Unwahr sei sowohl die Bildunterschrift „In diesem Gartenhäuschen auf dem Hotelgrundstück fanden die Ermittler Kinderpornos“ als auch die Behauptung „Der Mann fiel der Polizei schon früher auf: Als 17-Jähriger soll er erstmals zwei Mädchen in einen Schuppen gelockt und gefesselt haben“. Der Anwalt: Diese Behauptungen sind frei erfunden. Die Rechtsabteilung der Zeitung nimmt zu den Vorwürfen Stellung. Der Beschuldigte sei schon vor Jahren wegen eines ähnlichen Delikts zu drei Jahren Jugendstrafe verurteilt worden. Der erneute Fall werde sowohl vom Beschwerdeführer als auch von dem Mädchen wie beschrieben dargestellt. Damit sei der Tatbestand des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern erfüllt. Die Wertung als „Kinderschänder“ sei somit erfüllt. Die Rechtsabteilung reklamiert ein rechtfertigendes öffentliches Interesse an der Veröffentlichung der Fotos. Wenn jemand eine 13-jährige Schülerin vier Wochen lang vor deren Eltern versteckt halte, sei das so außergewöhnlich, dass die Fotoveröffentlichung auch gegen den Willen des Abgebildeten gerechtfertigt sei. Die Mutter des Beschwerdeführers habe das strittige Foto zur Verfügung gestellt. Sie habe damit zeigen wollen, dass es sich um eine einvernehmliche Beziehung zwischen ihrem Sohn und dem Mädchen gehandelt habe. Somit entfalle der Vorwurf, gegen Ziffer 4 des Pressekodex verstoßen zu haben. Schließlich beruhten die angeblich „frei erfundenen Behauptungen“ auf Informationen der Ermittlungsbehörden. Auch die Mutter des Beschwerdeführers habe den Sachverhalt hinsichtlich der beiden Mädchen, die der Mann als 17-Jähriger in einen Schuppen gelockt haben soll, bestätigt. Diese Behauptungen seien – so die Rechtsabteilung – nicht als Tatsachen, sondern in der Soll-Form wiedergegeben worden. (2008)

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Von “Sackklamotten“ und „Fettsäcken“

Eine Regionalzeitung veröffentlicht in der Print- und in der Online-Ausgabe eine Glosse unter der Überschrift „Lebendig begraben – Eine schlanke Frau beginnt, sich vor den Dicken zu fürchten“. Die Autorin schildert subjektive Erlebnisse und mokiert sich über die Faulheit von „dicken Menschen“. Kostproben: „An Sonntagen, wenn die Vernünftigen wenigstens noch einen Nachmittagsspaziergang machen, entdeckt man kaum Dicke auf der Straße. Die liegen alle in ihren Wohnungen herum, weil sie freiwillig keinen Finger rühren“. Oder: „Alles, was ihre Knochen in Unordnung bringt, verstehen sie als persönliche Beleidigung. Andere körperliche Sensationen als den Gaumenkitzel kennen sie nicht“. Des Weiteren: „Mit der Bewegungslust haben sie auch ihr Gefühl für Raum verloren, sie schwanken, wenn sie fremde Zimmer betreten“. Die Autorin benutzt Formulierungen wie „Sackklamotten“, „gigantische Maden“, „Fettsäcke“, „Fettkloß“, „aus Schuhen quellenden Füßen“, „Sie gehen nicht, sondern watscheln und trotten, füllen die öffentliche Luft mit Keuchen und Seufzen“. Ein Betroffenenverband sieht die Ziffern 1 (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde), 2 (Journalistische Sorgfaltspflicht) und 12 (Diskriminierungen) des Pressekodex verletzt. Er spricht von gebildeten Dicken, die – so die Selbstbeschreibung – „voll im Leben stehen“ und sich mit dem Bild des „tumben, bewegungslosen Hamburger mampfenden Monsters in keiner Weise identifizieren können“. Der Verband spricht von einem Hass-Artikel auf Dicke. Dass es sich dabei um Menschen handele, scheine sowohl der Autorin als auch der Redaktion unklar zu sein. Die journalistische Sorgfaltspflicht sieht der Verband dadurch verletzt, dass die Zeitung nicht auf die vielfältigen Ursachen des Übergewichts hinweise. Der Beschwerdeführer sieht schließlich dicke Menschen durch den Beitrag diskriminiert. Der Verlag bedauert, dass mit dem Beitrag Ärger ausgelöst worden ist. Man habe nicht die Gefühle dicker Menschen verletzen wollen. Die kritisierten Formulierungen seien nach Ansicht der Redaktion so offensichtlich als sarkastische Übertreibung erkennbar, dass sie vermutet habe, der Beitrag werde als Satire aufgenommen. Der Verlag räumt Fehler ein; er hat den Artikel aus dem Online-Angebot genommen. (2008)

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