Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
Eine überregionale Zeitung veröffentlicht in großer Aufmachung Empfehlungen für die private Altersvorsorge und eine Rangliste von Anbietern. Dabei handelt es sich um die Ergebnisse einer Studie, die ein Marktforschungsinstitut im Auftrag eines verlagseigenen Think-Tank-Instituts erstellt hat. Über der Print-Veröffentlichung steht ein grüner Balken mit dem Wort
„Verlagsangebot“. Ein QR-Code und ein Link unter dem Text führen zu einer ausführlicheren Online-Veröffentlichung. Der Beschwerdeführer hält das Ranking für grundlegend falsch. Man habe Parameter verwechselt. Nachdem er die Zeitung auf die Fehler hingewiesen habe, sei die Online-Veröffentlichung korrigiert worden, allerdings unter der falschen Überschrift
„Aktualisierung“ statt „Korrektur“. In der Printausgabe fehle dagegen eine solche Richtigstellung. Der Verlag weist darauf hin, dass es sich bei den Online- und Printartikeln nicht um redaktionelle Inhalte handelte, sondern um Anzeigen. Ziel der Print-Anzeige sei es gewesen, auf den ausführlicheren Online-Artikel hinzuweisen. Dort seien die Fehler umgehend und transparent korrigiert worden. Vor diesem Hintergrund habe man die erneute Veröffentlichung einer korrigierten Anzeige in der Printausgabe als unverhältnismäßig eingestuft. Es habe auch keine Korrektur im redaktionellen Teil stattgefunden, da es sich nicht um einen redaktionell-journalistischen Inhalt gehandelt habe. Die Fehler seien auf jeden Fall bedauerlich und widersprächen dem qualitativen Anspruch des Think-Tank-Instituts als Teil des Verlages. Als Konsequenz sei inzwischen die Partnerschaft mit dem für die Ergebnislieferung zuständigen Meinungsforschungsinstitut beendet worden. Außerdem seien die internen Kontrollprozesse für zukünftige Ranking-Veröffentlichungen mit allen involvierten Abteilungen überarbeitet und verschärft worden. Der Presserat erweitert die Beschwerde auf mögliche Verstöße gegen Ziffer 7 des Pressekodex („Trennung von Werbung und Redaktion“). Der Verlag erklärt dazu, dass dem Trennungsgebot in mehrfacher Hinsicht Rechnung getragen worden sei: Die Bezeichnung „Verlagsangebot“ mache deutlich, dass die Verantwortlichkeit für den Inhalt beim Verlag und nicht bei der Redaktion liege.
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„Oma Herta (85) starb bei Haus-Explosion“: Unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung online über eine Gasexplosion und zeigt dabei ein unverpixeltes Foto des späteren Todesopfers. Die Beschwerdeführerin findet es herabwürdigend und diskriminierend, dass die Zeitung ältere Menschen oft einfach als „Oma“ oder „Opa“ bezeichne. Unklar sei, ob das Foto illegal veröffentlicht worden sei. Der Presserat sieht in der Bezeichnung „Oma“ keine Ehrverletzung und beschränkt die Beschwerde auf Ziffer 8 des Pressekodex („Schutz der Persönlichkeit“). Die Zeitung nimmt inhaltlich keine Stellung.
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In verschiedenen Artikeln berichtet eine Boulevardzeitung online über einen Fernsehserien-Schauspieler, der in der Öffentlichkeit randaliert hatte. Er sei fluchend vor seinem Wohnhaus auf- und abgelaufen. Laut Polizei hätten verängstigte Bewohner den Notruf gewählt. Später habe er eine Eisenstange in der Hand gehabt. Die Beamten seien mit vier Streifenwagen und Hundeführern sowie einer Spezialeinheit angerückt, die Feuerwehr habe einen Rettungswagen geschickt. Die Spezialeinheit habe seine Wohnung gestürmt und ihn gegen seinen Widerstand auf dem Balkon überwältigt. Dort habe er gerufen: „Heil Thomas Tuchel und Adolf Hitler hat mit beiden Hoden einen der dicksten Schw… überhaupt“. Eine der Überschriften lautet: „[...]-Star schrie ,Heil Hitler‘!“ Wiederholt zeigt die Redaktion ein Foto davon, wie der Schauspieler in Unterhose von Polizisten aus dem Haus getragen wird. In seiner Wohnung hätten die Fahnder kleinere Mengen Drogen gefunden. Ein Sucht-Experte erklärt, dass beide Substanzen, Cannabis und Pilze, halluzinogene Substanzen enthielten und psychotische Störungen auslösen könnten. Die Polizei ermittele nun wegen der Verwendung verfassungsfeindlicher Zeichen, Widerstands gegen die Staatsgewalt und des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz. Der Schauspieler befinde sich derzeit in der Psychiatrie einer Uni-Klinik. Seine Agentur habe auf Anfrage keinen Kommentar abgeben wollen. Fünf Personen beschweren sich beim Presserat: Es sei nicht in Ordnung, identifizierend über den Schauspieler zu berichten. Ein Beschwerdeführer beklagt die
„unwürdige Darstellung“ des „Opfers“. Es sei zudem unklar, ob der Schauspieler wirklich
„Heil Hitler” gerufen haben soll. Im Zitat sei die Rede von „Heil Thomas Tuchel”. Gegen den Verlag erwirkt der Schauspieler später eine Einstweilige Verfügung. Die Zeitung nimmt die Berichterstattung vom Netz, äußert sich gegenüber dem Presserat aber nicht inhaltlich zu dem Vorgang.
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In einem Online-Bericht über Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea schreibt eine überregionale Tageszeitung als Einleitung: „Das Regime von Diktator Kim Jong-un soll sechs Jugendliche erschossen haben, weil sie Videos aus Südkorea schauten.“ In dem Beitrag selbst heißt es ausführlicher, dass laut einem südkoreanischen Regierungsbericht „in Nordkorea Menschen hingerichtet würden, weil sie Drogen nutzten, südkoreanische Videos verbreiteten oder sich an religiösen Aktivitäten beteiligten. […] 2015 seien sechs Jugendliche im Alter von 16 bis 17 Jahren erschossen worden, weil sie südkoreanische Videos schauten.“ Der Beschwerdeführer macht Verstöße gegen die Wahrhaftigkeit und die Sorgfaltspflicht geltend. Denn laut dem südkoreanischen Regierungsbericht seien die Jugendlichen nicht nur wegen der Videos, sondern auch wegen des Konsums von Opium hingerichtet worden. Die Zeitung weist darauf hin, dass sie bei den Gründen, aus denen Menschen in Nordkorea hingerichtet würden, durchaus auch Drogenkonsum erwähnt habe.
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Eine Boulevardzeitung berichtet über die erfolgreiche Klage eines Berliner Magistrats-Direktors auf Zahlung einer Hauptstadtzulage auch für Besoldungsgruppen oberhalb von A13. Der Beitrag enthält ein Foto des Klägers. Sein Gesicht wurde erst in einer späteren Version verpixelt. Der Kläger beschwert sich beim Presserat über die Fotoveröffentlichung. Die Zeitung habe ihn nach der Gerichtsverhandlung um ein Interview und ein Foto gebeten. Das Interview habe er zugesagt, den Fotowunsch habe er eindeutig verneint. Ersatzweise habe sich ein Gewerkschaftsvertreter dafür angeboten. Dieses Foto sei umgehend gefertigt und veröffentlicht worden. Von ihm selbst sei heimlich ein Foto aufgenommen und am späten Abend im Internet veröffentlicht worden. Er habe die Zeitung umgehend dazu aufgefordert, alle Fotos von ihm sofort zu löschen und nicht zu drucken, da sie eindeutig widerrechtlich gefertigt worden seien. (Straf-)Rechtliche Schritte habe er sich ausdrücklich vorbehalten. Am nächsten Morgen sei im Internetbeitrag zwar das Gesicht verpixelt worden; er sei aber im Kontext weiterhin erkennbar. In der Printausgabe sei das Foto ohne jede Schwärzung im Großformat erschienen. Er sei in seinen Persönlichkeitsrechten und seiner Ehre unmittelbar grob und wissentlich verletzt worden. Außerdem beanstandet er einen Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht. Die Zeitung äußert sich erst nach Ablauf der vorgegebenen Stellungnahmefrist, so dass ihre Erwiderung nicht berücksichtigt werden kann
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Unter dem Titel „Anwohner erleichtert: Autoschreck ist gefasst“ berichtet eine Lokalzeitung über die Festnahme eines 32-jährigen Marokkaners wegen des Verdachts, sieben geparkte Fahrzeuge beschädigt zu haben. Da er wohnsitzlos sei, sei er im Rahmen eines „beschleunigten Verfahrens" noch am gleichen Tag zu einer Geldstrafe im dreistelligen Bereich verurteilt worden. Die Beschwerdeführerin beanstandet die Nennung der Nationalität des Festgenommenen. Diese sei unnötig. Die Redaktion entgegnet, dass insbesondere die Ereignisse in der Kölner Silvesternacht 2015/16 und die teils zögerliche Nennung der Nationalitäten der Tatverdächtigen dazu geführt hätten, dass bei vielen Menschen ein Misstrauen gegenüber den Medien entstanden sei.
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Eine Lokalzeitung berichtet über ein Treffen in der örtlichen Stadthalle, wo „rund 300 Konservative und Rechte“ darüber diskutierten, ob Deutschland eine „neue Partei zwischen CDU und AfD“ brauche. Bebildert wird der Beitrag online und in der Druckfassung mit einem Foto, das den regionalen CDU-Vorsitzenden zusammen mit dem „Werte-Union“-Vorsitzenden Hans-Georg Maaßen zeigt. In der Bildunterschrift der Print-Version heißt es, Maaßen sei „voriges Jahr“ auf Einladung des CDU-Vorsitzenden in die Stadt gekommen. „Am Wochenende haben sie sich in der Stadthalle bei der ‚Vollversammlung der Schwarmintelligenz‘ wiedergesehen.“ In der Online-Version steht unter dem Bild nur der Name des Fotografen, aber keine Bildbeschreibung. Im ersten Absatz der Print-Version schreibt die Redaktion, der CDU-Vorsitzende „spricht in der Stadthalle die Grußworte“. Weiter unten heißt es, „Teilnehmer berichten“, dass er „Grußworte gesprochen hat“. Beschwerdeführer ist der CDU-Vorsitzende. Er macht Verstöße gegen mehrere Ziffern des Pressekodex geltend. Unter anderem kritisiert er, dass das Foto von 2020 stamme, also bereits drei Jahre alt sei. Außerdem habe er kein Grußwort gesprochen, sondern mit seiner Frau in der letzten Reihe gesessen. In der Vorprüfung beschränkt der Presserat das Verfahren auf die Frage des Grußwortes und auf die fehlende Kennzeichnung des Bildes als nicht aktuelles Symbolfoto. Der Chefredakteur erklärt dazu, in der Printausgabe sei das verwendete Archivfoto deutlich als solches gekennzeichnet worden.
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Die Onlineredaktion einer Tageszeitung veröffentlicht zwei Artikel zu den Freien Wählern (FW) und ihrem Landesvorsitzenden. Er habe „offensichtlich beste Verbindungen zur UID (Union Internationaler Demokraten), die Lobbyorganisation der türkischen Regierungspartei AKP und Präsident Recep Tayyip Erdogan“, heißt es im ersten Beitrag. Belegt wird dies mit einem „Anstandsbesuch“ des FW-Landeschefs und Europaabgeordneten 2018 beim UID-Landesvorsitzenden; diese Begegnung sei vom UID-Hessen als „bedeutend“ bezeichnet worden. Außerdem habe der UID-Präsident den Politiker 2019 in der Kölner UID-Zentrale empfangen. „Beste Beziehungen“ pflege er offenbar auch zu dem Erdogan-nahen Unternehmerverband MÜSIAD; dort sei er 2019 und 2023 zu Veranstaltungen eingeladen worden. In einem Interview mit einer Videoplattform habe er die Treffen so kommentiert: „Mir ist das wichtig, mit allen Menschen ins Gespräch zu kommen“. Er wisse, dass die UID vom Verfassungsschutz beobachtet werde. Sich selbst bezeichnete er als „Friedensstifter“. Auf Nachfrage der Redaktion habe das Büro des Politikers allerdings berichtet, er habe in diesem Jahr an keiner Veranstaltung der MÜSIAD, UID oder anderer AKP-naher Organisationen teilgenommen. Zum angeblichen Anstandsbesuch habe das Büro erklärt, der Politiker sei lediglich eingeladen worden. Inzwischen hätten sich die Freien Wähler sogar für ein UID-Verbot ausgesprochen. In dem zweiten Online-Artikel schreibt die Zeitung, dass der Landesvorsitzende 2022 auch an einer UID-Veranstaltung zum Fastenbrechen teilgenommen habe. In Teilen der türkischen Presse werde er als Politiker gefeiert, der von der UID unterstützt werde. Recherchen der Zeitung hätten ergeben, dass auch andere FW-Vertreter Verbindungen zu Organisationen hätten, die vom Verfassungsschutz beobachtet würden. Mindestens zwei der Gründer der FW-Landesarbeitsgemeinschaft Integration (LAG) hätten enge Verbindungen zum Moscheeverein IGMG, auch bekannt als Milli Görüs. Der LAG-Vorsitzende habe die Aktivität von einem der beiden Mitbegründer bei Milli Görüs bestätigt. Laut Zeitung war der andere dort zumindest früher aktiv. Sie berichtet auch von zwei weiteren früheren Kontakten zwischen FW-Politikern und Milli Görüs. Der FW-Landesvorsitzende macht einen Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht geltend. Die Zeitung habe mehrfach versucht, einzelne FW-Mitglieder in die Nähe von UID und Milli Görüs zu rücken, ohne auf Einsprüche der Personen selbst zu reagieren. Angebote eines persönlichen Gesprächs seien vom Redakteur und auch von der Chefredaktion nicht wahrgenommen worden. Der Landesvorsitzende sei schon als Jugendlicher in einer christlichen Jugendorganisation aktiv gewesen. Mit UID-Vertretern habe er sich zum ersten Mal im Landtagswahlkampf 2018 getroffen. Die Teilnahme an einer UID-Veranstaltung zum Fastenbrechen 2022 werde als Aufhänger genutzt, um eine ideologische Nähe zur UID zu konstruieren. Dabei verschweige die Zeitung, dass auch CDU- und SPD-Politiker teilgenommen hätten. Die Digital-Redaktion bekräftigt, dass sich der FW-Landesvorsitzende mindestens zweimal zu offiziellen, hochrangigen Terminen mit der UID getroffen habe.
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„Ziviler Protest muss aus dem Volk kommen“: Unter dieser Überschrift kommentiert eine Tageszeitung einen vom Bund geplanten Autobahnausbau in einer Großstadt. Der Autor erwähnt einen „quasi städtisch geführten Arbeitskreis“, der die Initiativen gegen den Ausbau zusammenfasse und den Protest institutionalisieren solle. Der Kommentar endet mit den Worten: „Der städtische Arbeitskreis kann keine überregional wirksamen zivilen Proteste oder gar Straßenblockaden anschieben gegen den Wahnsinn, bis zu zwölfspurige Autobahnen durch eine Stadt zu bauen. Um erfolgreich zu sein, müssen die Aktionsformen sich immer am Rande des Erlaubten bewegen, manchmal auch darüber hinaus. Dafür braucht es ein paar Mutige aus dem Volk. Freiwillige vor." Der Beschwerdeführer sieht in dem Beitrag einen Aufruf zum gesetzeswidrigen Handeln, eventuell sogar zu Straftaten. Die Redaktion erwidert, dass es sich hier um einen Autobahnausbau auf bis zu zwölf Spuren mitten in der Innenstadt handele. Der Ausbau werde sogar von der Stadtverwaltung als eigentlich untragbar bezeichnet. Bisher gebe es aber keine wirksamen Proteste aus der Bevölkerung.
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Unter der Überschrift „Wieder Reichsbürger-Razzia“ berichtet eine überregionale Boulevardzeitung über eine Durchsuchungsaktion im Umfeld der Terror-Gruppe „Vereinte Patrioten“. Beigestellt ist ein Portraitfoto mit der Bildunterschrift „Heinrich XIII. Prinz Reuß (71) soll der Kopf der ‚Vereinten Patrioten‘ sein“. Der Beschwerdeführer weist darauf hin, dass der mutmaßliche Terrorist Prinz Reuß keine Verbindung zu den „Vereinten Patrioten“ habe. Die Gruppe um Reuß sowie die „Vereinten Patrioten“ seien zwei unabhängig voneinander operierende „Reichsbürger“-Terrorzellen in zwei völlig unterschiedlichen Ermittlungsverfahren. Der Bericht erwecke beim durchschnittlich verständigen Leser den Eindruck, Reuß solle der Kopf der genannten Terrorzelle sein. Die Zeitung nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.
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