Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Zwei Fotos einer geschundenen Frau

Eine Frau wird brutal überfallen und zusammengeschlagen, nachdem sie an einer Tankstelle eingekauft hatte. Eine Boulevardzeitung berichtet unter den Überschriften „Sie wollte nur kurz zur Tanke“ und „In die Klinik geprügelt für 300 Euro“. Sie veröffentlicht zwei großformatige Fotos, die die schwer verletzte Frau im Krankenhaus zeigen. Eine der beiden Bildunterschriften lautet: „Mit blau geprügeltem Gesicht und gebrochenen Knochen liegt Claudia B. (48) im Krankenhaus“. Die Frau ist erkennbar; die Bilder wurden nicht verfremdet. Ein Leser ist der Ansicht, die Berichterstattung sei unangemessen sensationell und verletze die Frau sowohl in ihrer Ehre als auch in ihrer Menschenwürde. Er schreibt: „Einen durch Gewalt gedemütigten und gezeichneten Menschen groß, farbig, wieder erkennbar und als Aufmacherbild zu präsentieren, kommt einer zweiten Gewalttat gegen diese Frau gleich“. Was dem Opfer durch diese Veröffentlichung an weiterem Leid zugefügt werde, sei kaum zu ermessen und durch den journalistischen Sinn – Berichterstattung über und damit gegen Gewalttaten in der Stadt – nicht im Entferntesten zu rechtfertigen“. Es laufe dem sogar zuwider. Der stellvertretende Chefredakteur teilt mit, die Fotos seien mit dem Einverständnis der Frau gemacht und veröffentlicht worden. Die Begegnung der Überfallenen mit dem Reporter habe in einer Atmosphäre der Ruhe und ohne Hast stattgefunden. Bei einem weiteren Besuch des Journalisten im Krankenhaus nach der Veröffentlichung habe sich Frau B. weder über die Berichterstattung beklagt noch habe sie presserechtliche Ansprüche erhoben. Die Presse dürfe in Fällen von Gewaltanwendung nicht wegsehen. Der häufig wiederholte Appell an den Bürger- und Gemeinsinn, bei Notlagen Dritter nicht wegzusehen, könne nur dann wirksam an die Leser gerichtet werden, wenn auch drastische Darstellungen eines Geschehens oder seiner Folgen möglich seien. Hätte die Redaktion, so der stellvertretende Chefredakteur, das Gesicht der Überfallenen verfremdet, hätte sie wesentliche und dokumentationswichtige Verletzungen unterschlagen. (2008)

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Model als „Hungerhaken“ bezeichnet

Modenschau im Zirkuszelt. Die Regionalzeitung berichtet über die bei dieser Gelegenheit präsentierte Mode sowie über die Models. Über diese heißt es: „Die Models! Die Stadt … schreit nach neuen Gesichtern! Hungerhaken wie das superdürre Model Claudia Sch. sollte das Modeteam (…) nicht auf den Laufsteg schicken.“ Die so Bezeichnete verpflichtet einen Anwalt und wendet sich als Beschwerdeführerin an den Deutschen Presserat. Sie verwahrt sich gegen die Bezeichnung als „Hungerhaken“, die noch dazu mit ihrem Namen verknüpft worden sei. Sie fühlt sich in ihrer persönlichen Ehre verletzt. Als „Hungerhaken“ würden nur Frauen abwertend bezeichnet, die sich gezielt dünn hungern bzw. unter Essstörungen leiden. Es handele sich um eine Schmähkritik. Als sachgerechte Kritik an ihrer Arbeit könne diese Bezeichnung nicht gewertet werden. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist die Kritik an der Berichterstattung zurück. Das Model sei nicht mit vollem Namen genannt worden. Es sei auch kein Foto abgedruckt worden, so dass die Beschwerdeführerin unerkannt geblieben sei. Insgesamt handele es sich um eine Meinungsäußerung. Der Verfasserin des Artikels sei es darum gegangen, auf das Leitbild hungernder Models hinzuweisen, die dem Schlankheitsideal um jeden Preis entsprechen wollten. (2007)

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Betreuer mit vollem Namen genannt

Eine chronisch kranke Frau bestellt freiwillig einen Betreuer. Sie kämpft um ihre Erwerbsminderungsrente. Mit dem Betreuer jedoch scheinen sich ihre Probleme noch zu verschlimmern. Die örtliche Zeitung berichtet über den Fall und nennt den vollen Namen des Mannes. Sein Verhalten wird damit in Verbindung gebracht, dass der Frau wegen unbezahlter Rechnungen der Strom abgestellt werden soll. Ein Freund der kranken Frau wird mit der Einschätzung zitiert, von dem Betreuer „komme zu wenig“. Der Betreuer sieht durch die Veröffentlichung seine Persönlichkeitsrechte verletzt. Die Darstellung, seine Arbeit sei mangelhaft, sei geeignet, seinen Ruf in der Öffentlichkeit nachhaltig zu schädigen. Dabei sei er nicht nur als öffentlich-rechtliche Person zu betrachten, sondern auch als Einzelunternehmer. Die Nennung seines Namens sei nicht mit einem öffentlichen Interesse verbunden und daher unnötig gewesen. Der kritisierte Beitrag sei unkritisch, unreflektiert und nicht ausreichend recherchiert. Die Chefredaktion der Zeitung hält den Beitrag für korrekt; Tendenzen, wie sie in der Beschwerde kritisiert werden, seien nicht erkennbar. Die Namensnennung sei zulässig gewesen. Der Beschwerdeführer nehme eine gerichtlich bestellte öffentliche Aufgabe wahr und müsse sich daher auch öffentliche Kritik gefallen lassen. Missstände im Betreuungswesen müssten von der Presse erörtert werden. Das Persönlichkeitsrecht des Betreuers sei nicht verletzt worden. (2007)

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Eine Art Neuschwanstein im Norden

Eine Regionalzeitung berichtet über den Streifzug eines Journalisten durch ein Dorf. Dort throne ein neugotisches Schloss gewaltig und bestimmend über dem Ort, eine Art Neuschwanstein in Norddeutschland. Allerdings stehe es leer, es drohe der Verfall und seit zwei Jahren habe der neue und gräfliche Besitzer den Klotz mitten im Ort zu allem Überfluss mit Stacheldraht und Sichtblenden abgeriegelt. Das sei ein Ärgernis im Dorf. Der namentlich genannte Adelige, der sich von einem Anwalt vertreten lässt, ist mit der Berichterstattung nicht einverstanden und wendet sich an den Deutschen Presserat. Er habe das Schloss mit dem Ziel erworben, es vor dem Verfall zu bewahren. Dies koste Zeit und viel Geld. Das Schloss sei mit einem Maschendrahtzaun umgeben worden, um es vor unbefugten Besuchern zu schützen und Unfälle zu vermeiden. Der Berichterstatter habe seine subjektiven Eindrücke geschildert, ohne sich mit ihm in Verbindung zu setzen. Die namentliche Nennung ist nach seiner Auffassung nicht zulässig. Sie treffe ihn in seinem sozialen Geltungsanspruch und schädige seinen Ruf. Die Namensnennung habe im öffentlichen Interesse gelegen und sei deshalb zulässig gewesen, entgegnet der Chefredakteur der Zeitung. Das Schloss dominiere den Ort. Schon deshalb hätten Zustand und äußeres Erscheinungsbild erheblichen Einfluss auf die Befindlichkeit der Menschen. Als Tourismusfaktor sei das Schloss auch von wirtschaftlicher Bedeutung. Außerdem habe zuvor schon der Ortsanzeiger über den neuen Besitzer mit vollem Namen berichtet. Der Autor des Beitrages habe alle ihm zur Verfügung stehenden Quellen genutzt, doch habe sich der Graf verweigert. Auch sei nicht geschrieben worden „das Schloss verfalle“, sondern „der Verfall drohe“. Der Redaktion erschließe sich nicht, inwieweit der Graf durch den Artikel stigmatisiert werde und in seiner Menschenwürde verletzt worden sei. (2007)

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Sieben Tote und ihre Bilder

Der Überfall auf ein chinesisches Restaurant, bei dem sieben Menschen ermordet wurden, ist Thema eines Beitrags in einem Nachrichtenmagazin. Die polizeilichen Ermittlungen werden detailliert wiedergegeben. Es werden Fotos vom Tatort, den beiden Angeklagten sowie den Leichen gezeigt. Die Zeitschrift veröffentlicht mit namentlicher Nennung Porträtfotos der sieben Opfer. Zwei Leser und die evangelische Kirchengemeinde des Ortes, in dem das Massaker geschah, wenden sich an den Deutschen Presserat. Einer der Beschwerdeführer sieht durch die detaillierte Darstellung die Ehre der Opfer und auch das Empfinden der Leser verletzt. Ein anderer moniert Verstöße gegen die Ziffern 1, 4, 9 und 11 des Pressekodex. Die Veröffentlichung der Bilder verstoße gegen die Menschenwürde. Da es sich offensichtlich um Fotos aus der Tatnacht handele, liege der Verdacht nahe, dass die Bilder nicht auf legale Art beschafft worden seien. Diese Fotos dienten nicht der erläuternden Ergänzung des Wortbeitrages, sondern verletzten die Ehre der Opfer und ihrer Angehörigen. Der Beschwerdeführer spricht von einer üblen Art der Sensationsberichterstattung. Die Kirchengemeinde kritisiert, dass mit der Wiedergabe der Fotos aus der Tatnacht die Wahrung der Menschenwürde nach Ziffer 1 des Pressekodex nicht beachtet worden sei. Diese gelte auch für tote Menschen und die Erinnerung an sie. Der Beschwerdeführer fragt nach einem Verstoß gegen Ziffer 4 (Grenzen der Recherche), da eine Reihe von Fotos ohne Herkunftsangabe wiedergegeben worden sei. Er sieht auch Ziffer 9 (Schutz der Ehre) verletzt. Auch eine unangemessene sensationelle Darstellung nach Ziffer 11 des Pressekodex sei gegeben. Für den Chefredakteur der Zeitschrift geht es in den Beschwerden um die Frage, wie die Informationsaufgabe der Presse bei Unglücksfällen oder schweren Verbrechen so erfüllt werden könne, dass die Würde der Opfer gewahrt bleibe. Nach seiner Ansicht träfen die erhobenen Vorwürfe nicht zu. Sein Blatt habe nach wochenlangen Recherchen über eines der schwersten in Deutschland je verübten Verbrechen berichtet. Insbesondere sei es darum gegangen, den Opfern, deren Biografie ausgelöscht schien, ihre Geschichte wiederzugeben. Der Beitrag respektiere die Würde der Toten. Er berichte von ihrem Leben, rekonstruiere ihr Schicksal und versuche gerade dadurch, das Ausmaß des Verbrechens zu verdeutlichen. (2007)

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Vergleich mit „SED-Vordenker“ hinkt

Eine überregionale Zeitung berichtet über eine Debatte zur alten und neuen Form der katholischen Messe. Konkretes Thema der Diskussion war, dass Papst Benedikt XVI. die Feier der vorreformierten Messe am 7. Juli 2007 allgemein zugelassen hatte. Vier Redner kamen in der Diskussion zu Wort; einer von ihnen ist der Beschwerdeführer. Die Zeitung schreibt über seine Äußerungen unter anderem wie folgt: „Jetzt verteidigt er tapfer und schlecht gelaunt das nicht näher erläuterte Gute an der Reform der 60er Jahre wie ein SED-Vordenker nach dem Mauerfall die Errungenschaften der DDR“. Der Diskussionsteilnehmer empfindet den SED-Vergleich in hohem Maße als ehrenrührig. Dieser widerspreche Ziffer 9 des Pressekodex (Schutz der Ehre). Die Passage werde inzwischen so kolportiert: „… spricht wie ein Kommunist nach dem Fall der Mauer“. Die Geschäftsführung der Zeitung stellt sich hinter den Bericht über eine hochkarätig besetzte Diskussionsrunde, in der sich die vier Teilnehmer in Sache und Stil scharf voneinander abgehoben hätten. Dies zu charakterisieren, sei sozusagen „Chronistenpflicht“ gewesen. Der kritisierte Satz sei ausdrücklich und ausschließlich auf das Auftreten des Beschwerdeführers an diesem Abend bezogen gewesen. Der Vergleich mit dem Mauerfall habe sich aufgedrängt, denn der Mainstream der deutschen Wissenschaft mit dem Beschwerdeführer als Sprecher habe nun einmal jahrelang „gemauert“. Die Grundlage für den Vergleich sei auch im Artikel beschrieben. Darin sei ein zwar pointiertes, aber auch mit Bedacht gefälltes und wohl abgewogenes Urteil abgegeben worden. Der Autor habe den Beschwerdeführer dann auch ohne Ironie als tapfer und nicht etwa als starrsinnig oder uneinsichtig beschrieben. Als Vergleich habe er bewusst den SED-Vordenker und nicht etwa den SED-Chefideologen oder das SED-Politbüromitglied herangezogen. Es dürfe nicht von vornherein ehrenrührig sein, die katholische Kirche einschließlich der theologischen Wissenschaft und den „wissenschaftlichen Sozialismus“ miteinander zu vergleichen. (2007)

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Fotos jugendlicher Täter nicht gepixelt

Ein Nachrichtenmagazin berichtet unter der Überschrift „Finale Phantasie“ über den Mord an einem Ehepaar. Die beiden jugendlichen Täter werden mit Vornamen und abgekürzten Familiennamen sowie ungepixelten Fotos dargestellt. Die besondere Grausamkeit der Tat wird dadurch deutlich, dass die Täter die Eltern eines ehemaligen Freundes „niedergemetzelt“ hatten. Den Vater hatten sie mit 66 Messerstichen umgebracht, die Mutter mit einer nicht mehr exakt feststellbaren Zahl von Messerstichen getötet und ihr Gesicht „bis zur Unkenntlichkeit zerfetzt“. Ein Leser des Magazins sieht in der erkennbaren Darstellung der jugendlichen Täter einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Er beruft sich dabei auf den besonderen Schutz, unter den das Persönlichkeitsrecht Jugendlicher gestellt sei. Die Täter seien durch die Fotos deutlich zu erkennen. Nach Auffassung der Rechtsabteilung des Magazins könne die Regel, dass jugendliche Straftäter besonders schützenswert seien, nicht ausnahmslos gelten. Die Redaktion habe sich die Entscheidung, die Täter zu zeigen, nicht leicht gemacht. Wegen ihrer Geständnisse könne es keinen Zweifel an ihrer Täterschaft geben. Jeder in dem 400-Einwohner-Ort wisse, wer die Täter seien, wie sie aussehen und wo sie wohnen. Es habe somit nichts zu schützen gegeben. Die beanstandeten Fotos seien bei der Festnahme entstanden. Sie zeigten zwei normale, entspannt wirkende Jugendliche. Unbegreifliche Gewalt ohne erkennbaren Anlass breche immer häufiger aus. Die Stellungnahme der Rechtsabteilung endet mit dem Hinweis, das Magazin habe eine Unterlassungserklärung abgegeben, die Fotos nicht erneut zu veröffentlichen. (2007)

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Angeklagte mehrfach als „Türken“ bezeichnet

Zwei Männer stehen wegen Totschlags bzw. gefährlicher Körperverletzung vor Gericht. Die berichtende Zeitung nennt die Angeklagten mit dem Vornamen, dem abgekürzten Familiennamen und ihrem Alter. Im Artikel werden die beiden mehrfach als „Türken“ bezeichnet. Es heißt, einer der Täter habe sein Opfer gegen die Schläfe geschlagen und dabei gesagt: „So müsse man allen Deutschen den Schädel spalten“. In einem weiteren Bericht – diesmal über die Urteilsbegründung – werden die Angeklagten im Bild (mit Augenbalken) gezeigt. Auch diesmal werden beide als Türken bezeichnet. Einige Tage später bringt die Zeitung einen Kommentar, der sich mit ausländerfeindlichen Ausschreitungen in einer Kleinstadt beschäftigt. Der Autor thematisiert die Ermordung eines Mannes, der von Türken mit einer Bierflasche erschlagen worden sei. Ein Leser der Zeitung beschwert sich über die wiederholte Nennung der türkischen Herkunft der beiden Angeklagten. Dieses Detail sei für das Verständnis des Berichteten nicht erforderlich gewesen. Die Täter hätten das deutsche Opfer nicht auf Grund seiner Nationalität attackiert. Der Beschwerdeführer kritisiert auch die Passage im Kommentar, in der von der „Ermordung“ eines Mannes die Rede gewesen sei. Das Urteil des Gerichts habe auf Körperverletzung mit Todesfolge und nicht auf Mord gelautet. Der Chefredakteur hält an der Nennung der Nationalität fest. Täter ausländischer Herkunft bestimmten, gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil, überproportional die Kriminalitätshäufigkeit in Deutschland. Er beruft sich auf amtliche Polizeistatistiken. Die Presse sei verpflichtet, die besorgte Öffentlichkeit „offen und umfassend über die Täter bzw. Urheber vor allem auch schwerer und schwerster Verbrechen zu informieren“. Polizei und Ermittlungsbehörden praktizierten dies, indem sie in ihren Mitteilungen an die Presse die Herkunft von Tätern bzw. dringend tatverdächtigen Personen auswiesen. Es sei absurd – so der Chefredakteur - von einer freien und unabhängigen Presse zu verlangen, die Herkunft von Verbrechern zu verschweigen. Diese abstruse Logik würde im Umkehrschluss bedeuten, dass sich auch gebürtige Deutsche durch die Nennung ihrer Nationalität und Herkunft diskriminiert fühlen könnten. (2007)

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Das Verlagsinteresse nicht deklariert

Eine Regionalzeitung berichtet unter dem Titel „Blaue Briefkästen für Kunden der …-Post“ über ein privates Postunternehmen. In der Berichterstattung werden das Angebot des Dienstes sowie Annahmestellen ausführlich beschrieben. Weiterhin werden eine Internetadresse und eine Service-Telefonnummer genannt. Ein Leser der Zeitung bemängelt, dass der Leser nicht darüber informiert werde, dass das Unternehmen eine Tochter des Verlagshauses sei, das auch die Regionalzeitung herausgebe. Das Eigeninteresse des Verlages werde nicht deutlich. Er sieht einen Verstoß gegen das Trennungsgebot, das in Ziffer 7 des Pressekodex definiert ist. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt zu dem beanstandeten Beitrag mit, dass es sich dabei nicht um Werbung handele, sondern um einen an den Interessen der Leserschaft ausgerichteten Beitrag. Dieser enthalte keinerlei unsachliche werbliche Anpreisungen der Leistungen des Briefdienstes. Die Zeitung rechtfertigt die Berichterstattung mit dem Hinweis auf ein begründetes öffentliches Interesse. Den Lesern sei die Verbindung von Zeitung und Briefdienst durchaus bekannt, da dieser regelmäßig in der Zeitung mit Anzeigen beworben werde. (2007)

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Ein „neues Informationszeitalter“

Der Chefredakteur einer Regionalzeitung führt ein Interview mit den Herausgebern eines neuen Magazins, das sich in erster Linie an Studenten richtet. Gleich zu Beginn fällt der Satz: „Gestern brach in den Mensen der Universität quasi ein neues Informationszeitalter an“. In einem zum Interview gestellten Kasten wird mitgeteilt, dass das bisherige Magazin jahrelang ein Quasi-Monopol hatte, wenn Studenten etwas verkaufen wollten oder einen Job suchten. Dieses Monopol werde nun durch das neue Magazin aufgebrochen. Die beiden Magazine dürften sich einen erbitterten Kampf um den Markt der 50.000 Studenten der Universität und um die Kleinanzeigen liefern. Der Beschwerdeführer ist Herausgeber des bislang konkurrenzlosen Studentenmagazins. Er sieht in dem Interview eine Verletzung des Trennungsgrundsatzes nach Ziffer 7 des Pressekodex. Die Leser würden nicht darüber informiert, dass das neue Blatt wirtschaftlich eng mit dem Verlag der Zeitung verbunden sei. 100 der 105 Kleinanzeigen aus dem Bereich „Wohnen“ seien in Wort und Reihenfolge aus dem Datenbestand der Regionalzeitung übernommen worden. Mit dieser Datenüberlassung sei den Machern des neuen Magazins überhaupt erst der Markteintritt ermöglicht worden. Der Beschwerdeführer merkt an, dass das vom Chefredakteur angekündigte „neue Informationszeitalter“ aus Werbung und getarnter PR bestehe. Die Veröffentlichung sei von keinerlei journalistischem Interesse geleitet, sondern entspreche dem Willen des Verlegers, mit dem neuen Wochenheft Marktanteile für den eigenen Verlag zu gewinnen. Der Chefredakteur der Zeitung hält seinen Beitrag für eine angemessene Berichterstattung über eine wichtige Neuerung in der lokalen studentischen und städtischen Medienszene. Sie sei von öffentlichem Interesse. Das neue Studentenmagazin reklamiere für sich ein anderes redaktionelles Konzept und suche andere Vertriebswege. Der Chefredakteur teilt mit, er habe dem Beschwerdeführer angeboten, auch mit ihm ein Interview zu führen. Der habe jedoch nicht auf das Angebot geantwortet, sondern einen für die Redaktion nicht erklärlichen Kommentar übersandt. Abschließend stellt der Chefredakteur fest, dass seine Zeitung bzw. der herausgebende Verlag an der neuen Zeitschrift in keiner Weise gesellschaftsrechtlich beteiligt sei. (2007)

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