Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

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Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Beschwerde zu fünf Kodexpunkten

In einer Revisionsentscheidung verweist der Bundesgerichtshof (BGH) einen Fall von Totschlag zurück an das Landgericht. Es soll über das Strafmaß neu befinden. Die örtliche Zeitung berichtet über den Fall. Dabei wird deutlich, dass der Schuldspruch selbst nicht erneut überprüft werden soll. Das vom Gericht festgestellte Tatgeschehen wird geschildert. Der Autor erwähnt die Brisanz des Falles. Wegen der ausländischen Herkunft des Täters hätten Angehörige und Freunde rechtsextreme Äußerungen von sich gegeben. Eine Leserin sieht durch die Berichterstattung die Ziffern 1 (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde), 2 (Journalistische Sorgfaltspflicht), 3 (Richtigstellung), 8 (Persönlichkeitsrechte) und 9 (Schutz der Ehre) des Pressekodex verletzt. Sie wendet sich an den Deutschen Presserat. Der kritisierte Bericht erwecke den Eindruck, als habe der BGH das Urteil insgesamt aufgehoben. Das Tatgeschehen sei unwahr wiedergegeben worden. Die Urteilsbegründung gehe von einem anderen Tathergang aus. Dies habe der beim Prozess anwesende Autor gewusst. Die Berichterstattung – so die Beschwerdeführerin weiter – verletze die Würde des Verstorbenen und verunglimpfe die Angehörigen. Zu keiner Zeit seien rechtsextreme Argumente benutzt worden. Es sei lediglich geäußert worden, dass Probleme bei Jugendlichen mit „Migrationshintergrund“ nicht verdrängt werden dürften. Schließlich vertritt die Frau die Ansicht, die Redaktion hätte in Kenntnis berichteter Unwahrheiten eine Richtigstellung bringen müssen. Der Chefredakteur gibt der Beschwerdeführerin in einem Punkt Recht: Die Schilderung des Tathergangs durch den Berichterstatter sei ungenau und entspreche nicht den Prozesserkenntnissen. Deshalb habe man einen weiteren Bericht veröffentlicht, in dem die Zeitung vor allem auf die Sichtweise der Richter zum Tathergang eingegangen sei. Somit habe die Zeitung bereits auf die Kritik an dem Beitrag reagiert und den Sachverhalt richtig gestellt. Alle übrigen Beschwerdepunkte seien haltlos, da es sich um Behauptungen und Unterstellungen handele. Im Artikel werde darauf hingewiesen, dass der Angeklagte weiterhin wegen Totschlags verurteilt bleibe. Der Artikel vermittle nicht vorsätzlich den Eindruck, das Strafmaß sei nicht gerecht. Das berichtete Zitat stamme vom Verteidiger des Angeklagten und laute: „Jedoch habe … (Name des Angeklagten) nun aus Sicht des Verteidigers die Chance auf ein gerechtes Strafmaß statt den verhängten sieben Jahren“. Dieses indirekte Zitat sei zweifelsfrei zulässig und korrekt wiedergegeben worden. Der Chefredakteur abschließend: Die Brisanz des Ereignisses sei allein durch Äußerungen Hinterbliebener und Trauernder entstanden. Dabei habe die Beschwerdeführerin eine wichtige Rolle gespielt, so als sie das angebliche Problem mit Banden ausländischer Jugendlicher in die Öffentlichkeit gebracht habe. (2007)

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Anwalt für die Zeitung nicht zu sprechen

Eine Regionalzeitung berichtet über den neuen Vorsitzenden eines Mietervereins, der die anwaltliche Vertretung eines Vermieters in einem Rechtsstreit gegen ein Mitglied des Mietervereins übernommen habe, was einer unvereinbaren Interessenkollision gleichkomme. Die Zeitung zitiert aus einem Anwaltsschreiben des Vorsitzenden, in dem er den Mieter zur Zahlung einer Restmiete und der Anwaltsgebühren aufgefordert habe. Der Anwalt wendet sich an den Deutschen Presserat, weil die Berichterstattung aus seiner Sicht gegen die Ziffern 1 (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde) und 2 (Journalistische Sorgfaltspflicht) des Pressekodex verstoße. Die Berichterstattung sei geeignet, seinen Ruf beruflich und persönlich nachhaltig zu schädigen. Die Überschrift des kritisierten Artikels („Vorstand handelt im Auftrag von Vermieter“) sei irreführend und der Inhalt ungeprüft abgedruckt worden. Es sei der Eindruck erweckt worden, als habe er in seiner Funktion als Vorstand des Vereins bewusst einen Rechtsstreit gegen ein Mitglied des Vereins geführt. Zu dem betreffenden Zeitpunkt sei er aber noch gar nicht Vereinsvorstand gewesen. Dies sei der Zeitung bekannt gewesen. Die Zeitung habe außerdem ungeprüft behauptet, die Tätigkeit eines Rechtsanwalts in der dargestellten Konstellation stelle eine unvereinbare Interessenkollision dar. Die Redaktion habe es versäumt, von ihm eine Stellungnahme einzuholen. Die Antwort auf die Beschwerde kommt vom Chefredakteur und dessen Anwalt. Im kritisierten Beitrag sei deutlich zum Ausdruck gekommen, dass über eine Verdächtigung durch Dritte berichtet worden sei. Diesen Verdacht habe die Redaktion nicht selbst geäußert, sondern sich gerade nicht zueigen gemacht. Sie sei ihrer Sorgfalt nachgekommen, über kursierende Gerüchte und Vermutungen als solche erkennbar zu berichten. Die Zeitung sehe sich nicht in der Pflicht, eine „vorherige Stellungnahme“ einzuholen. Erst recht unterliege sie keinem Verbot, etwas ohne vorherige Stellungnahme des Beschwerdeführers zu veröffentlichen. Trotzdem habe die Redaktion versucht, mit dem Anwalt zu reden. Sie sei aber mit der Bemerkung abgewiesen worden, für die Zeitung sei er nicht zu sprechen. In dem Artikel sei schließlich nicht behauptet oder suggeriert worden, der Beschwerdeführer hätte als Anwalt einen Parteiverrat begangen. (2007)

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Lehrer bekannt wie ein „bunter Hund“

„Ausbildung der Kinder in Gefahr?“ überschreibt eine Lokalzeitung ihren Bericht über die Eltern-Kritik an einem namentlich genannten Lehrer. Detailliert werden die Vorwürfe der Eltern aufgelistet. Es wird auch berichtet, wie der Rektor der Schule zu dem Problem steht, wie der Schulrat damit umgeht und was der Schulverbandsvorsitzende davon hält. Der betroffene Lehrer kommt zu Wort. Für den Lehrer beschwert sich der „dbb-Beamtenbund und Tarifunion“ beim Deutschen Presserat. Er kritisiert, dass der vollständige Name des Lehrers genannt worden sei. Zwar komme dieser in dem Artikel zu Wort, nachdem er mit der Autorin zweimal gesprochen habe. Dabei habe er sich weder mit dem Abdruck seiner Aussagen einverstanden erklärt, noch der Nennung seines Namens zugestimmt. Ein öffentliches Interesse an der identifizierenden Berichterstattung, so der Beschwerdeführer, habe nicht vorgelegen. Das kritisierte Blatt erscheint im Verbund einer Regionalzeitung, für die sich ein Mitglied der Gesamtredaktionsleitung zu der Beschwerde äußert. Der kritisierte Lehrer habe bei den Gesprächen mit der Verfasserin niemals erwähnt, dass er den Abdruck seiner Aussagen nicht wünsche. Er habe vielmehr geäußert, dass es nur gut sei, wenn er seine Sicht der Dinge öffentlich darstellen könne. Es sei auch über die Namensnennung gesprochen worden. Aufgrund der Berichterstattung in anderen Medien sei er bekannt wie ein bunter Hund. Deshalb könne die Autorin seinen Namen ruhigen Gewissens in ihrem Bericht nennen. (2007)

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E-Book-Reiseführer allein auf dem Markt

Eine Zeitschrift veröffentlicht unter der Überschrift „Muss i denn zum Städele hinein“ einen Beitrag über Städtereisen mit Tipps der Redaktion. Es folgt ein kurzer Artikel mit der Überschrift „Gewusst, wo“. Darin wird auf das E-Book-Reiseführer-Angebot eines Verlags und eine Download-Möglichkeit von Demoversionen hingewiesen. Ein Leser sieht einen Verstoß gegen das in Ziffer 7 des Pressekodex definierte Trennungsgebot und wendet sich an den Deutschen Presserat. Er konstatiert Schleichwerbung für den genannten Verlag und werbende Formulierungen. Außerdem würden keine anderen Anbieter genannt. Der Redaktionsleiter der Zeitschrift nimmt Stellung. Die elektronischen Reiseführer aus dem Verlag waren nach dem Kenntnisstand der Redaktion die einzigen auf dem Markt. Die Produkte anderer Anbieter hätten im Vergleich mit der Buchausgabe nur ausgedünnt zur Verfügung gestanden. Die Stellungnahme endet mit dem Hinweis auf das Alleinstellungsmerkmal. (2007)

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„Einer muss den Job ja machen“

Eine Jugendzeitschrift berichtet unter der Überschrift „King Orgasmus One – Pornokönig“ über eine Tour des gleichnamigen Rappers, die diesen auch zu einem Pornodreh führt. Im Text heißt es, er sei der „versauteste Rapper der Republik“, habe die „schmutzigsten Texte“ und drehe obendrein noch Pornofilme. Die Zeitschrift berichtet auch über ein „Konzert“ des Rappers. Dabei seien vier Mädchen aus dem Publikum aufgetreten, die sich auf der Bühne ihrer Kleidung entledigt hätten. Hinter der Bühne sei es dann zur Sache gegangen. Kommentar des Rappers: Es sei ein schmutziger Job, aber einer müsse ihn ja machen. Die Zeitschrift bebildert ihren Beitrag mit einigen zum Gesamtthema passenden Fotos. Der Beschwerdeführer moniert, der Betrag gefährde die Entwicklung Jugendlicher hin zu einem würdigen, respektvollen, verantwortungsbewussten und von gegenseitiger Achtung geprägten Umgang miteinander im Bereich von Sexualität, Zärtlichkeit, Liebe und Partnerschaft. Der Artikel leiste der Verrohung von Jugendlichen Vorschub, indem er die Würde der menschlichen Sexualität und Liebesfähigkeit missachte und sie zu einer banalen kommerziellen Lust- und Handelsware degradiere. Die Fotos in diesem Beitrag suggerierten den Jugendlichen, dass es normal sei, wenn wildfremde Menschen miteinander Sex hätten, sich gegenseitig als Ware behandelten und dabei auch noch gefilmt würden. Der Beschwerdeführer wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Medienrechts-Abteilung des Verlags bezeichnet die Äußerung des Beschwerdeführers als falsch, die Zeitschrift wende sich ausschließlich an Jugendliche. Die Leserschaft sei vielmehr bis zu 25 Jahre alt. Außerdem stehe auf dem Titel: „Verbraucherhinweis: Harte Texte“. Dieser Hinweis diene vor allem dem Schutz der Jugend, so dass Eltern davon Abstand nehmen könnten, die Zeitschrift ihren Kindern zu kaufen. Zusätzlich, so die Zeitschrift, überdecke die Redaktion brisante Stellen in ihrer Bebilderung mit einem roten Herz. Sinn der Berichterstattung sei es gewesen, die Leserschaft darüber zu informieren, wie schamlos der Rapper „King Orgasmus One“ seine Außendarstellung betreibe. (2007)

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Foto in Text und Anzeige fast identisch

Eine Heilsalbe und eine Fußcreme sind Themen in einer Zeitschrift. Für beide Produkte wird im gleichen Heft mit Anzeigen geworben. Ein Leser sieht eine Verletzung des in Ziffer 7 des Pressekodex definierten Trennungsgrundsatzes. Eines der geschilderten und beworbenen Produkte werde im Bericht und in der Anzeige mit einem fast identischen Foto gezeigt. Der Leser ruft den Deutschen Presserat an. Der Verlag der Zeitschrift teilt mit, die Anzeigen seien unabhängig von den redaktionellen Schwerpunktthemen in Auftrag gegeben worden. Die Druckvorlagen für Anzeigen kämen teils erst kurz vor dem Druck, in vielen Fällen sogar direkt in die Druckerei. In der Anzeigenabteilung erfolge nur ein Abgleich auf rechtliche Fragen wie politisch oder rechtlich fragwürdige Aussagen. Ein Abgleich wegen gleicher Produktabbildungen, wie sie in diesem Fall an die Redaktion gesandt worden seien, werde nicht gemacht. Als Konsequenz aus der Beschwerde habe man hausintern die Organisation dahingehend verändert, dass ein solcher Abgleich künftig vor Drucklegung erfolgt. (2007)

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Homosexualität als „heilbar“ bezeichnet

Unter der Überschrift „Heilung in Gottes Namen“ setzt sich eine Wochenzeitung mit einem Verein auseinander, der versuche, „Schwule von ihrer Homosexualität zu ´befreien´“. Es wird geschildert, dass die Vereinigung unter der Leitung eines 44-jährigen angeblichen Theologen stehe. Dessen Überzeugung sei es, dass Homosexualität Ausdruck eines Traumas sei und suchtartige Züge annehmen könne. Zum Glück sei sie nicht genetisch bedingt und damit „heilbar“. Der Vereinschef ziehe seine Leitsätze aus der Bibel und aus einem Buch, für dessen Autor Schwule schlicht verhaltensgestört seien. Ihm werde nachgesagt, dass er der amerikanischen Ex-Gay-Bewegung angehöre, die Schwule und Lesben mit Gebetssitzungen und stationären Therapien „umpole“. Der Beschwerdeführer vertritt den Verein. Er ruft den Deutschen Presserat an, weil der Artikel nach seiner Auffassung mehrere unwahre Tatsachenbehauptungen und Unterstellungen enthalte, die geeignet seien, den Ruf des Vereins und seines Vorsitzenden herabzuwürdigen. Es liege damit eine unwahre Berichterstattung vor, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht sowohl des Vereins als auch der Person des Vorsitzenden verletze. Im Wesentlichen – so der Beschwerdeführer – sei die gesamte Grundaussage des Artikels falsch. Der Verein versuche nicht, Schwule von ihrer Homosexualität zu „befreien“. Sein Anliegen sei es vielmehr, Ratsuchende beim Erreichen ihrer eigenen Ziele zu unterstützen. Darüber hinaus stelle die Zeitung eine Vielzahl von Details falsch dar. So habe der Verein nicht behauptet, dass Homosexualität eine Krankheit sei und suchtartige Züge annehmen könne. Falsch sei es auch, dass der Vorsitzende seine Leitsätze aus der Bibel und dem oben erwähnten Buch beziehe. Eine „Umpolung“ im Sinn einer Gehirnwäsche werde ebenfalls nicht betrieben. Der Beschwerdeführer nennt noch weitere Passagen des Textes, die nach seiner Darstellung falsch seien. Die Rechtsvertretung der Wochenzeitung weist darauf hin, dass für die Richtigkeit der Wortzitate die Autorin als Zeugin zur Verfügung stehe. Die Formulierung „…von ihrer Homosexualität zu befreien“ sei eine Zusammenfassung des Vereinsprogramms. Ein Band von dem Gespräch mit dem Vereinsvorsitzenden existiere nicht, da dieser die Aufzeichnung untersagt habe. Da der Beschwerdeführer darauf bestehe, „Traumatherapeut“ zu sein, sei die Interpretation zulässig, dass er Homosexualität zumindest als möglichen Ausdruck eines Traumas betrachte. Der Bezug zur „Überwindung“ von Suchtverhalten werde in der Selbstbeschreibung des Vereins und in eigenen Stellungnahmen hergestellt. (2007)

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Hinweis auf Sinti und Roma nicht erforderlich

„Falscher Prinz leimte Arzt“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung von einer Betrugsmasche, auf die ein Mediziner hereingefallen ist. Zwei Männer hätten sich als „Prinzen“ ausgegeben und dem Arzt lukrative Geldwechselgeschäfte angeboten. Nachdem ein Geschäft erfolgreich verlaufen sei, hätten die Männer den Doktor bei einem weiteren Geschäft um einen hohen Geldbetrag betrogen. Die Zeitung veröffentlicht einen Warnhinweis der Polizei. Darin heißt es, dass die Männer vermutlich der Gruppe der Sinti und Roma angehörten. Der Zentralrat der Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex (Diskriminierung) sowie Richtlinie 12.1. Die Minderheitenkennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Nach Auffassung der Rechtsabteilung der Zeitung will der Zentralrat ein über die gegenwärtige Rechtslage hinausgehendes, so genanntes Diskriminierungsverbot erreichen. Die Beschwerde sei politisch motiviert. Dafür spreche der Zeitpunkt der Beschwerde. Die kritisierte Veröffentlichung liege fast ein Jahr zurück. Eine zeitnahe Reaktion, eventuell mit Korrektur, sei also gar nicht mehr möglich. (2007)

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Kindesentführer im Bild gezeigt

Eine Regionalzeitung berichtet über die Entführung eines Bankierssohns. Sie druckt Bilder zweier Brüder, die zum Zeitpunkt der Berichterstattung der Tat verdächtigt werden. Eines der Fotos zeigt einen der Entführer mit seiner Tochter in der Badewanne. Beide Verdächtige sind erkennbar. Ein Leser der Zeitung wendet sich an den Deutschen Presserat, weil nach seiner Meinung die Darstellung die Grenze des ethisch Vertretbaren überschreitet. Dabei bezieht er sich vor allem auf die Veröffentlichung der Fotos. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung seien die beiden Brüder noch nicht verurteilt gewesen. Eine derartige Zurschaustellung mit Hilfe privater Fotos komme einer Vorverurteilung gleich. Vor allem bei dem Badewannenfoto handele es sich um eine Darstellung aus der Privatsphäre. Es hätte nicht veröffentlicht werden dürfen. Die Rechtsabteilung der Zeitung bezeichnet die Berichterstattung als vorurteilsfrei. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung hätten keine Zweifel an der Täterschaft der Festgenommenen bestanden; beide seien voll geständig gewesen. Die Redaktion bezeichnet die Formulierungen im Artikel als angemessen. Auch einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte) kann die Rechtsabteilung nicht erkennen. Die Redaktion habe die Tat ihrer Schwere und Verwerflichkeit nach dem Bereich der Kapitalverbrechen zugeordnet. Dabei stützte sie sich auf die Strafandrohung für Totschlag, die der im Fall von gemeinschaftlicher Geiselnahme – wie im vorliegenden Fall – entspreche. Die Redaktion habe sich für das Foto mit einem der Verdächtigen in der Badewanne entschieden, weil es im Zusammenhang mit der Straftat einen fast schon paradoxen Aussagegehalt habe. Die Rechtsvertretung räumt jedoch ein, dass die Redaktion das Badewannenbild heute nicht mehr veröffentlichen würde. (2006)

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Jan Ullrich als „Blutpanscher“ bezeichnet

Unter der Überschrift „daily dope (114)“ veröffentlicht eine überregionale Zeitung eine Kurzmeldung über eine Umfrage, mit der man herausbekommen wollte, ob die Öffentlichkeit trotz der Doping-Vorwürfe Jan Ullrich wieder im Radsport sehen möchte. Dabei bezeichnet die Zeitung Jan Ullrich als „Blutpanscher“. Ein Leser der Zeitung sieht in dieser Bezeichnung einen Verstoß gegen Ziffer 13 des Pressekodex. Danach muss die Berichterstattung über Strafverfahren und sonstige förmliche Verfahren frei von Vorurteilen sein. Es gilt der Grundsatz der Unschuldsvermutung. Diese Forderung sieht der Beschwerdeführer in diesem Fall verletzt, weshalb er den Deutschen Presserat anruft. Nach Auffassung der Chefredakteurin der Zeitung wurde nicht über ein Ermittlungs- bzw. Strafverfahren berichtet. Auch sei Jan Ullrich nicht als Täter bezeichnet oder seine Täterschaft auf sonstige Weise suggeriert worden. Die Zeitung sei mit dieser Meldung weit hinter ihren Möglichkeiten zurückgeblieben, da es sich bei Jan Ullrich um den Protagonisten einer Sportart handele, die zum Zeitpunkt der Berichterstattung wie keine andere mit Vorwürfen des planmäßigen Dopings im großen Stil assoziiert werde. Es handele sich um ein Paradebeispiel der Tatbegehung unter den Augen der Öffentlichkeit, so dass Ullrich als Täter habe vorgestellt werden dürfen. Zudem sei die Zeitung nicht an juristische Begrifflichkeiten gebunden. Die Zeitung habe deutlich zwischen Verdacht und erwiesener Schuld unterschieden. Die Bezeichnung „Blutpanscher“ sei Ausdruck einer Meinungsäußerung, die noch keine Schmähkritik darstelle. Sie sei nicht aus dem Zusammenhang gerissen, sondern auf die Dopingvorwürfe gegen Jan Ullrich bezogen. (2007)

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