Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Verletzter Soldat auf dem Markt von Kunduz

Terroranschlag im nordafghanischen Kunduz. Drei deutsche Soldaten sterben. Andere überleben das Attentat verletzt. Einen von ihnen zeigt ein Boulevardblatt im Bild. Die Unterschrift lautet: „Sekunden nach der Explosion: Verstört liegt ein schwer verletzter deutscher Soldat auf dem Markt von Kunduz“. Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Reinhold Robbe, wendet sich als Beschwerdeführer an den Deutschen Presserat. Er ist mit der Veröffentlichung des Fotos nicht einverstanden. Der Soldat sei deutlich zu erkennen. Es hätte den publizistischen Wert des Fotos nicht beeinträchtigt, wenn man den Verletzten unkenntlich gemacht hätte. Neben einer Verletzung der Persönlichkeitsrechte moniert Robbe eine unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt und Leid. Er vermisst eine angemessene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Publikation und den Gefühlen der Angehörigen. Der Stellvertretende Chefredakteur der Zeitung vertritt die Auffassung, dass die Veröffentlichung des Fotos presserechtlich nicht angreifbar sei. Bilder aus Kriegen müssten gezeigt werden können, auch um jedem Leser die schrecklichen Folgen kriegerischer Auseinandersetzungen bewusst zu machen. Er erinnert daran, dass erst aufgrund der Berichterstattung in den amerikanischen Medien der Vietnam-Krieg ein Ende gefunden habe. Grundsätzlich äußert die Chefredaktion Verständnis für die Empörung von Soldaten und des Wehrbeauftragten. Die Tatsache, dass die Veröffentlichung offensichtlich Gefühle verletzt habe, sei ihr erst bewusst geworden, nachdem sich der Presseoffizier der Bundeswehr in Afghanistan entsetzt darüber geäußert habe. Die Chefredaktion habe sich daraufhin per E-Mail bei dem Bundeswehrsprecher entschuldigt. (2007)

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Schreckenstat eines „Milchgesichts“

„32 Tote! Der Killer“ lautet die Überschrift, unter der eine Boulevardzeitung über einen Amoklauf im Bundesstaat Virginia berichtet. In dem Beitrag wird der Täter mit vollem Namen und seinem Alter genannt. Die Bildunterschrift lautet: „Ein Milchgesicht als Massenmörder: Student Cho Seung-Hui (23) stammt aus Südkorea“. Ein Leser der Zeitung beschwert sich darüber, dass die Nationalität des Täters erwähnt wird. Er sieht darin einen Verstoß gegen die Richtlinie 12.1 des Pressekodex und ruft den Deutschen Presserat an. Nach seiner Meinung gibt es dafür keinen begründeten Sachbezug. Die Tat hätte ebenso gut von einer Person anderer Nationalität begangen werden können. Außerdem habe der Mann den größten Teil seines Lebens in den USA verbracht. Die Nennung der Nationalität könne Vorurteile gegenüber einer Minderheit schüren. Schließlich kritisiert der Beschwerdeführer die Bezeichnung des Täters als „Milchgesicht“. Dies zeuge nicht von seriösem Journalismus. Die Rechtsabteilung des Verlages hält die Nennung der Nationalität des Täters nicht für eine Diskriminierung nach Ziffer 12 des Pressekodex. Gerade an der Person und ihren Motiven habe in diesem Fall ein besonderes öffentliches Interesse bestanden. Eine Diskriminierung habe schon deshalb nicht vorgelegen, weil die Darstellung des Blattes keine Verallgemeinerung beinhalte. Das veröffentlichte Foto habe einen Mann mit asiatischen Gesichtszügen gezeigt. Ein begründeter Sachbezug habe deshalb vorgelegen, schon an dieser Stelle auf die Nationalität hinzuweisen. Auch die Bezeichnung „Milchgesicht“ verletze den Kodex nicht. Es handelte sich bei der geschilderten Tat um den schlimmsten Amoklauf in der Geschichte der USA mit 32 Toten. Es sei sicherlich kein Kodex-Verstoß, wenn eine Zeitung sich eine Bewertung erlaube, die das Gesicht eines Amokläufers in Beziehung zu der verübten Tat setze. Dies sei mit der Bezeichnung „Milchgesicht“ geschehen. Eine Bewertung dürfe auch in überspitzter Form zum Ausdruck gebracht werden. Sie dokumentiere, wie unvorstellbar es sei, dass ein Student, der eher kindlich aussehe, eine so grauenvolle Tat begangen habe. Diese Meinungsäußerung sei presseethisch nicht zu beanstanden. (2007)

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Entschuldigung wegen Bildabdruck

Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Mit mörderischer Routine gegen die ´Ungläubigen´“ über das Attentat im nordafghanischen Kunduz, bei dem drei Bundeswehrsoldaten ums Leben kamen und mehrere verletzt wurden. Ein dem Bericht beigestelltes Foto zeigt einen verletzten Soldaten. Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Reinhold Robbe, wendet sich als Beschwerdeführer an den Deutschen Presserat. Er kritisiert die Veröffentlichung des Fotos. Der verletzte Soldat sei deutlich zu erkennen. Robbe sieht in dieser Abbildung eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Betroffenen und der Gefühle seiner Angehörigen. Es hätte den publizistischen Wert des Fotos in keiner Weise gemindert, wenn der Verletzte unkenntlich gemacht worden wäre. Er moniert eine unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt und Leid und vermisst schließlich eine Abwägung zwischen der Publikation und den Gefühlen der Angehörigen. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung bekennt, dass die Veröffentlichung auch verlagsintern diskutiert worden sei. Er bedauere den Abdruck und könne die Einwände im Hinblick auf die identifizierende Berichterstattung verstehen. Er weist aber darauf hin, dass es unüblich und überzogen sei, generell die Fotos von Verwundeten mit Augenbalken zu versehen, und erinnert an Bilder von den Terroranschlägen in New York, Washington und Madrid. Letztlich sei eine sorgfältige Abwägung im Einzelfall erforderlich. Im vorliegenden Fall sprächen zwei Aspekte gegen die Veröffentlichung des Fotos: die besondere Schwere der Verletzungen und die Erkennbarkeit des Soldaten im Verbreitungsgebiet der Zeitung. Beides sei der Redaktion zum Zeitpunkt des Abdrucks nicht bekannt gewesen. Dieser Hinweis solle nicht als Rechtfertigung, sondern vielmehr als Erläuterung für den Abdruck gelten, für den sich die Redaktion entschuldige. (2007)

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„Dem Leid ein Gesicht geben“

„Bundeswehr auf verlorenem Posten“ titelt eine Boulevardzeitung nach dem Anschlag im nordafghanischen Kunduz. Damals waren drei Bundeswehrsoldaten getötet und mehrere verletzt worden. Der Artikel ist mit dem Foto eines der verletzten Soldaten illustriert. Reinhold Robbe, Wehrbeauftragter des Bundestages, wendet sich als Beschwerdeführer an den Deutschen Presserat. In der identifizierenden Abbildung sieht er eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Betroffenen und seiner Angehörigen. Es hätte den publizistischen Wert des Fotos nicht gemindert, wenn die Redaktion das Gesicht des Soldaten verfremdet hätte. Robbe moniert auch eine unangemessen sensationelle Darstellung und vermisst eine Abwägung zwischen der Publikation und den Gefühlen der Angehörigen. Die Rechtsabteilung des Verlags hält die Veröffentlich für presseethisch zulässig. Der berichtete Anschlag habe neun Menschenleben gefordert und 22 Verletzte auf dem Markt von Kunduz hinterlassen. Durch dieses Ereignis werde erneut die Gefahr deutlich, in der sich Soldaten bei ihrem Einsatz in Krisengebieten täglich befänden. Damit komme dem Anschlag eine zeitgeschichtliche Bedeutung zu. Ein öffentliches Informationsinteresse sei zweifellos gegeben. Gerade durch die Individualisierung werde eine besondere Aufmerksamkeit erregt, die dazu führe, dass dieser Terroranschlag in der politischen Debatte über den Afghanistan-Einsatz eine angemessene Beurteilung findet. Nach Auffassung der Zeitung sei es auch Aufgabe der Presse, dem Elend und der Gefahr in Kriegen „ein Gesicht zu geben“. (2007)

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Tod und Leid ganz nahe gekommen

Ein Nachrichtenmagazin veröffentlicht einen Artikel unter der Überschrift „Eingeschränkte Solidarität“. Es geht um den Terroranschlag im nordafghanischen Kunduz, dem mehrere Bundeswehrsoldaten zum Opfer fielen. Mehrere wurden zum Teil schwer verletzt. Dem Artikel beigestellt ist das Foto eines verletzten Soldaten. Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Reinhold Robbe, kritisiert die Veröffentlichung des Fotos, auf dem der verletzte Soldat identifizierbar dargestellt ist. Er sieht eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Betroffenen und der Gefühle seiner Angehörigen. Es hätte den publizistischen Wert des Fotos in keiner Weise gemindert, wenn die Redaktion den Bundeswehrangehörigen unkenntlich gemacht hätte. Robbe, der den Deutschen Presserat anruft, sieht auch eine unangemessen sensationelle Darstellung von Leid und Gewalt und vermisst eine Abwägung zwischen der Publikation und den Gefühlen der Angehörigen. Der Verlag des Magazins spricht von einem zeitgeschichtlichen Dokument. Der Anschlag in Kunduz habe eine erneute und verstärkte öffentliche Diskussion über den Sinn des Afghanistan-Einsatzes entfacht. Der Tod von Bundeswehrangehörigen und Afghanen und das Leid in den betroffenen Familien seien plötzlich ganz nahe gekommen. Es gehe hier nicht um eine politisch-abstrakte Frage, sondern es werde deutlich, was auf dem Spiel stehe: Es sei abzuwägen zwischen dem Leben und der Gesundheit der Soldaten auf der einen Seite. Dieser stehe die Unterstützung Afghanistans im Kampf um halbwegs erträgliche Lebensbedingungen gegenüber. Die Grenze zwischen notwendiger Information und unangemessener Darstellung von Opfern sieht das Justitiariat des Magazins nicht überschritten. Das Bild sei klein und die Perspektive so gewählt, dass der Soldat eher nicht zu erkennen sei. Er werde nicht zur Schau gestellt. Andererseits solle und müsse deutlich werden, dass es sich hier um einen leidenden Menschen handelt. (2007)

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Täter war relative Person der Zeitgeschichte

„Student aus Südkorea tötete 32 Menschen“ – so lautet die Überschrift, unter der eine Regionalzeitung über ein Massaker im US-Bundesstaat Virginia berichtet. Der Beschwerdeführer kritisiert, dass die Nationalität des Täters erwähnt wird. Er sieht darin einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex (Diskriminierung). Die Tat hätte ebenso gut von einer Person mit anderer Nationalität begangen werden können. Der Täter habe im Übrigen den größten Teil seines Lebens in den USA verbracht. Die Erwähnung der Nationalität könne zudem Vorurteile schüren. Der Leser und Beschwerdeführer wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Verlagsleiter der Zeitung nimmt Stellung. Er weist auf Sinn und Zweck der Ziffer 12 hin. Sie sei eine Festschreibung des in Artikel 3, Absatz 3, des Grundgesetzes verfassungsrechtlich verankerten Verbots der Diskriminierung eines Menschen. Umgesetzt auf das Presserecht beinhalte diese Regelung das Gebot, in der Berichterstattung ohne sachlichen Grund keinen Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder nationalen Gruppe und der Negativberichterstattung zu schaffen, die geeignet wäre, den Betroffenen gerade wegen seiner Abstammung oder Zugehörigkeit in der öffentlichen Meinung herabzusetzen. Bei der Berichterstattung im vorliegenden Fall handele es sich, so der Verlagsleiter weiter, gerade nicht um eine Diskriminierung von Südkoreanern, da aus dem Text hervorgehe, dass der Hintergrund der Tat in der schwierigen Persönlichkeit des jungen Mannes zu suchen sei. Die Berichterstattung gebe keine Veranlassung, Südkoreaner etwa als typische Gewalttäter anzusehen. Schließlich sei auch die Namensnennung aufgrund des erheblichen öffentlichen Interesses gerechtfertigt gewesen. Der Amokläufer sei zweifellos eine relative Person der Zeitgeschichte, deren Identität preisgegeben werden könne. (2007)

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Eine Überschrift verkürzt oft zwangsläufig

Die Kritik des Augsburger Bischofs Mixa an der Familienpolitik von Familienministerin Ursula von der Leyen ist Gegenstand zweier Artikel in einer Regionalzeitung. Der auf der Titelseite ist überschrieben mit „Arbeiten verletzt Würde der Frau“, der andere im Innern des Blattes trägt die Überschrift „Die Katholiken ringen um ihr Familienbild“. Die Überschrift des ersten Artikels ist als Zitat gekennzeichnet. Im Beitrag selbst heißt es hierzu: „Mixa sagte, es sei ´inhuman´ und gegen die ´Würde der Frau´, wenn sie ihr Kind maximal ein Jahr betreue“. Der Beschwerdeführer sieht eine Diskrepanz zwischen der Überschrift und dem Inhalt der beiden Veröffentlichungen. Weder in der konkreten Meldung auf der Titelseite noch im anschließenden Artikel werde das in der Überschrift veröffentlichte Zitat so wieder aufgegriffen bzw. nachgewiesen, dass es tatsächlich so gesagt wurde. Der Chefredakteur der Zeitung räumt zwar ein, dass die Überschrift eine Verkürzung sei, doch sei im Kontext der damaligen Debatte völlig klar, dass der Bischof nicht das Arbeiten generell gemeint habe. Er legt einen Artikel aus einem anderen Medium mit der Überschrift „Bischof Mixa sieht Würde der Frau gefährdet“ bei. Daraus werde ersichtlich, dass der geistliche Würdenträger die beiden Begriffe „Würde“ und „Arbeit“ sehr wohl in einen engen Zusammenhang – nämlich den der Kindererziehung – gestellt habe. Dies im Detail in einer Überschrift unterzubringen, sei aber nicht möglich. (2007)

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Weniger wäre ein bisschen besser gewesen

Auf der Titelseite einer Regionalzeitung erscheint das Foto einer Frau, die eine neue Bio-Pizza in die Kamera hält. In einer dem Bild beigestellten Meldung wird das Produkt näher vorgestellt. Das Ganze ist ein Anreißer für einen ausführlichen Bericht im Innenteil des Blattes. Thema: Das neue Produkt in allen Einzelheiten. Eine Leserin ruft den Deutschen Presserat an, weil sie in der Veröffentlichung Schleichwerbung sieht. Der Chefredakteur der Zeitung kann für die Beschwerde kein Verständnis aufbringen. Nach seiner Meinung sei Schleichwerbung eine dem Leser nicht bewusste Heraushebung eines Produkts und eine Dienstleistung, die sich der „Schleichwerbende“ entgelten lasse. Die Veröffentlichung beziehe sich auf die erste Bio-Pizza einer bestimmten Firma. Der Hersteller sei mit vielen tausend Beschäftigten für den Verlagsort wichtig. Viele Arbeitsplätze in der Region hingen von der erfolgreichen Einführung neuer Produkte der Firma ab. Deshalb werde alles, was in dem Unternehmen passiere, von der Zeitung registriert. Überdies sei das Produkt neu und einzigartig. Deshalb sei darüber berichtet worden. Die Zeitung habe keinerlei materielle Vorteile aus der Veröffentlichung gezogen. Trotzdem sei der Artikel bei der Blattkritik besprochen worden. Auch nach Meinung des Chefredakteurs hätte der Beitrag ein wenig kürzer, ein bisschen zurückhaltender und in diesem Sinne weniger werbend sein dürfen. (2007)

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Leser vermutet Product Placement

Noch nach einem Jahr den Namen genannt