Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Mitgefangenem zwei Morde gestanden

„Er hat mir die Morde gestanden“ titelt eine Boulevardzeitung. Sie berichtet über die Aussage eines Zeugen in einem Mordprozess. Dieser – ein früherer Mitgefangener des Angeklagten – gibt dem Verfahren eine überraschende Wendung, als er aussagt, der Angeklagte habe ihm in der Haftanstalt gestanden, Frau und Tochter umgebracht zu haben. Der Beschwerdeführer wird von der Zeitung mit vollständigem Vornamen, abgekürztem Nachnamen und seinem Alter genannt. Außerdem wird er im Bild vorgestellt und als „Frauenmörder“ bezeichnet. Der Mann ist (nicht rechtskräftig) wegen Mordes an seiner Frau verurteilt. Der Beschwerdeführer, der sich an den Deutschen Presserat wendet, kritisiert die Veröffentlichung seines Fotos, auf dem er gut erkennbar sei. Er sieht sich in der Untersuchungshaft den Repressalien durch Mitgefangene ausgesetzt. Außerdem kritisiert er, dass ihn die Zeitung als „Frauenmörder“ bezeichnet habe. Er sei jedoch nicht rechtskräftig verurteilt. Nach Meinung der Rechtsabteilung der Zeitung ist die Abbildung des Beschwerdeführers zulässig. Der Prozess habe bundesweit Schlagzeilen gemacht. Der Zeuge habe sich wenige Tage vor Prozessbeginn ins Spiel gebracht. Diese Wendung stelle ein zeitgeschichtliches Ereignis dar. Er sei zu einem wichtigen Zeugen der Anklage geworden. Nicht die Zeitung, sondern der Beschwerdeführer selbst habe sich in die Gefahr möglicher Repressalien durch Mitgefangene gebracht, indem er ausgesagt habe. In der Erstveröffentlichung vor Prozessbeginn habe das Blatt weder ein Foto des Zeugen gedruckt noch seinen Namen genannt, eben um ihn vor Repressalien zu schützen. Eine andere Zeitung habe diese Rücksicht nicht genommen, wodurch er in einschlägigen Kreisen identifizierbar war. Spätestens nach seiner Zeugenaussage habe man identifizierend berichten dürfen. Dass die Staatsanwaltschaft den Aussagen des Zeugen großes Gewicht eingeräumt habe, mache ihn zu einer zeitgeschichtlichen Person. (2007)

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Ohne Erlaubnis keine Namensnennung

„Neues aus Neuseeland: Camping unterm Totenkopf“ – so überschreibt eine überregionale Tageszeitung ihre Glosse zu einem Bericht in einer neuseeländischen Zeitung. Diese hatte über einen namentlich genannten und aus Deutschland stammenden Campingplatzwart berichtet, der nun in der Glosse als „Aussteiger“ und „Öko“ bezeichnet wird. Der beschwert sich nun über diese Bezeichnungen und wendet sich an den Deutschen Presserat. Außerdem stört er sich an der Namensnennung. Dazu habe er der Autorin keine Erlaubnis gegeben. Diese verweist darauf, dass sie einen Meinungsartikel verfasst habe, der naturgemäß keine hart recherchierten Fakten enthalte und in Teilen übertreibe. Grundlage ihrer Glosse sei der Artikel in der neuseeländischen Zeitung gewesen. Darin sei der Beschwerdeführer mit vollem Namen genannt worden und auch, dass er vor 15 Jahren in Neuseeland mit dem Motorrad unterwegs gewesen und dort „hängen geblieben“ sei. Daraus habe sie einen „Aussteiger“ und „Öko“ gebastelt. Dies sei nicht als Beleidigung gemeint gewesen. Die Chefredakteurin der Zeitung teilt mit, der jetzige Campingplatzwart habe sich selbst in die Öffentlichkeit begeben, als er mit der neuseeländischen Zeitung sprach und nicht beanstandete, dass diese seinen Namen nannte. Die nunmehr beanstandete Glosse stelle den Mann wesentlich positiver dar, als dies in der neuseeländischen Zeitung der Fall war. Die Titulierung als „Aussteiger“ und „Öko“ sei als „extrem subjektiv geprägt“ hervorgehoben. Um eine Schmähkritik handele es sich dabei nicht. (2007)

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Kriminalstrukturen offen gelegt

Unter der Überschrift „Auto-Mafia kaufte Luxusschlitten zum Spartarif“ berichtet eine Regionalzeitung von einem Strafverfahren gegen zwei Italiener. Die Masche der beiden wird dargestellt. Sie haben hochwertige Autos erworben, indem sie gefälschte Lohnbescheinigungen und Personalpapiere vorlegten und nur geringe Anzahlungen leisteten. Weiter heißt es, die Italiener hätten „Sinti und Roma“ aus verschiedenen Ländern angeheuert, um die Autos nach Italien zu bringen. Dort wurden die Wagen dann in einem Autohaus mit frisierten Papieren angeboten. Der Zentralrat der Sinti und Roma sieht einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex sowie Richtlinie 12.1. Die Minderheitenkennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Die Chefredaktion der Zeitung weist darauf hin, dass in dem Beitrag Sinti und Roma nicht als Beschuldigte genannt worden seien. Vor allem sei es um die beiden Italiener gegangen. Dennoch sollte in dem Bericht dargestellt werden, dass die hinter den Italienern stehende Mafia die Sinti und Roma für ihre Machenschaften benutzt haben soll. Sinti und Roma würden in der Berichterstattung weder herabwürdigend dargestellt noch würden Vorurteile gegen sie geschürt. Dennoch sollte die Herkunft der Beteiligten genannt werden, um die Struktur der Organisation darzulegen. (2007)

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Nachbarn auf Papptafeln beleidigt

„´Aktivistin´ nervt den Richter“ titelt eine Regionalzeitung über ein Verfahren vor dem Landgericht. Es geht um eine Berufungsverhandlung, in der sich eine Frau – die Beschwerdeführerin, die sich an den Deutschen Presserat wendet – gegen die erstinstanzliche Verurteilung wegen Beleidigung wehrt. Ihr wird vorgeworfen, an einem Nachbarhaus beleidigende Papptafeln angebracht zu haben. Auch habe sie ihre Freude über das Ausscheiden der deutschen Mannschaft bei der Fußball-WM gegen Italien kundgetan. Sie habe – so die Zeitung weiter – ihr Handeln damit verteidigt, dass sie ihr „Haus gestalten und sich ausprobieren“ wolle. Der Richter habe die Frau gefragt, ob sie sich in psychiatrischer Behandlung befinde. Er brauche ein Gutachten, da bei ihr etwas auffällig zu sein scheine. Ein Gutachter solle gehört werden, um die Schuldfähigkeit der Frau beurteilen zu können. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen den Artikel, weil sie meint, er enthalte Lügen. Auch wendet sie sich gegen die Wiedergabe der Bemerkungen des Richters. Sie verweist auf ein Gegendarstellungsersuchen an die Zeitung, auf das sie keine Antwort bekommen habe. Auch habe sie im Landgericht niemals geäußert, sie wolle ihr Haus gestalten und sich ausprobieren. Auch habe sie nie ihre Freude über die deutsche Fußballniederlage auf Plakaten kundgetan. Der Mediendirektor der Zeitung teilt mit, ein Gegendarstellungsersuchen der Frau sei im Verlag nicht eingegangen. So könne man auf die Vorwürfe auch nicht reagieren. Die Korrektheit der Berichterstattung sei durch die Notizen des berichtenden Mitarbeiters zu belegen. (2006)

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„Todesmutter“ und „Grab der Schande“

„Das Horror-Geständnis der Todes-Mutter“ und „Haftbefehl! Hier bringen sie die Todes-Mutter in den Knast“ titelt eine Boulevardzeitung über den Haftbefehl gegen eine 24-jährige Arbeitslose, die auf der Toilette eines Krankenhauses ein Baby geboren und es später in ein Gebüsch geworfen haben soll. Die Zeitung druckt Fotos der Frau mit Gesichtsbalken. Zwei Ausgaben später wird über die Beerdigung des Babys unter der Überschrift „Das Grab der Schande“ berichtet. Es wird behauptet, daran habe niemand von der Familie teilgenommen. Neben dem Grab des Kindes wird erneut die junge Frau mit Gesichtsbalken gezeigt. Fünf Repräsentanten aus dem Ort – der Bürgermeister, ein Pfarrer, eine pastorale Mitarbeiterin, ein Journalist und ein Blog-Autor – wenden sich mit Beschwerden an den Deutschen Presserat. Sie sind der Auffassung, dass die Berichterstattung die Persönlichkeitsrechte der Frau verletze, da sie trotz des Augenbalkens auf den veröffentlichten Fotos zu identifizieren sei. Außerdem nenne die Zeitung Haarfarbe, Statur, Nationalität, Wohnort und Lebenssituation der Frau. Die Tatsache, dass die Polizei im Zuge der Fahndung Informationen über die Frau und ein Fahndungsfoto veröffentlicht habe, rechtfertige diese Berichterstattung nicht. Die Rechtsabteilung der Zeitung stellt fest, dass es sich wegen der Wortgleichheit in allen Fällen um eine und nicht um fünf Beschwerden handele. Die Frau sei eine relative Person der Zeitgeschichte. Diese Einschätzung ergebe sich aus der Fahndung, der Schwere und den Umständen der Tat sowie aus dem Geständnis der Abgebildeten. Die Erkennbarkeit ergebe sich nicht aus der Berichterstattung der Zeitung, sondern vielmehr aus dem Fahndungsaufruf der Polizei. Außerdem sei der Fall bereits Stadtgespräch gewesen. Es sei nicht wahrheitswidrig über die Abwesenheit von Familienmitgliedern bei der Beerdigung berichtet worden. Die Redaktion habe sich auf Informationen des Bestatters und Recherchen vor Ort gestützt. Für die Bezeichnung „Horror-Geständnis“ und „Todes-Mutter“ nimmt die Redaktion das Recht der freien Meinungsäußerung in Anspruch. Sie stützt sich damit auf die Tatsachengrundlage, die sich aus dem Artikel ergebe. (2007)

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Schüler gestalten Hamburger-Beilage

Eine Regionalzeitung veröffentlicht eine achtseitige Anzeigenbeilage, die von Schülern gestaltet wurde. Thema: Die Aktivitäten einer weltweit operierenden Schnellrestaurants. Auf der ersten Seite stellt einer der drei Geschäftsführer der Zeitung das Projekt vor. Dort steht auch der Hinweis „Eine Anzeigenbeilage von …“. Es folgt der Name der Schnellrestaurant-Kette. Ähnliche Hinweise erscheinen im Innern der Beilage. Im Impressum ist der Geschäftsführer als Verantwortlicher genannt. Erwähnt werden auch die jugendlichen Autoren. Der Beschwerdeführer – ein Leser der Zeitung – ruft den Deutschen Presserat an. Nach seiner Auffassung wird nicht zuletzt durch das Editorial des Geschäftsführers der Eindruck erweckt, dass es sich bei der Beilage um ein journalistisches Produkt handelt. Er sieht einen Verstoß gegen Ziffer 7 des Pressekodex (Trennung von Werbung und Redaktion), da die Beilage für den Durchschnittsleser nicht als PR-Produkt erkennbar sei. Der Leser sieht zudem eine Verletzung des Ansehens der Presse. Es sei irreführend, Jugendlichen den Eindruck zu vermitteln, es werde journalistisch gearbeitet, wenn Unternehmensinformationen unrecherchiert übernommen würden, Kritiker nicht zu Wort kämen und dem Unternehmen viel Platz eingeräumt werde, um teilweise unwahre Behauptungen zu verbreiten. Die Jugendlichen erhielten so ein falsches Bild von der Presse. Die Rechtsabteilung der Zeitung steht auf dem Standpunkt, die Beilage sei aufgrund der deutlichen Kennzeichnung sowie des Formats, des Layouts und der einführenden Worte im Editorial des Geschäftsführers eindeutig als Anzeigenbeilage zu erkennen. Diese hebe sich völlig von der sonst üblichen Gestaltung der Zeitung ab. Durch die deutliche Kennzeichnung könne auch von einer Schädigung des Ansehens der Presse keine Rede sein. Auch den Vorwurf, den Jugendlichen sei es nicht gestattet gewesen, kritische Fragen zu stellen, weist die Zeitung zurück. Für das Projekt hätten sich überzeugte Vegetarier gemeldet, denen eine kritische Distanz zu Fast Food und Fleischklopsen nicht abzusprechen sei. In einem Interview mit einem leitenden Angestellten der Hamburger-Kette hätten die jungen Leute erstaunlich kritische Fragen gestellt. Auch werde eine Untersuchung der Stiftung Warentest zum Thema zitiert. (2007)

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Neue Masche: Das „AGG-Hopping“

„Das schnelle Geld mit der Gleichbehandlung“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über die Klage eines Mannes auf Schadenersatz wegen diskriminierender Stellenausschreibung und -besetzung. Der Mann hatte 8400 Euro, und damit entgangenen Lohn, gefordert. Die Zeitung weist auf das so genannte „AGG-Hopping“ hin, bei dem sich Bewerber systematisch auf Stellenanzeigen bewerben, die nicht geschlechtsneutral ausgeschrieben sind. Bei Ablehnung ihrer Bewerbung klagen die Bewerber dann auf der Basis des neuen Antidiskriminierungsgesetzes auf Schadenersatz. Der Artikel enthält mehrere Details zur Person des Beschwerdeführers, der sich an den Deutschen Presserat wendet. Der Anwalt des Mannes kritisiert sachliche Fehler in der Berichterstattung und eine Vorverurteilung. Sein Mandant sei nicht, wie von der Zeitung geschrieben, arbeitslos, die Stellenausschreibung nicht in einer Fachzeitschrift, sondern online erschienen, der beantragte Schadenersatz belaufe sich nicht auf 8400, sondern auf 4800 Euro und sein Mandant komme nicht aus Brandenburg, sondern aus Berlin. Durch den Hinweis auf das „AGG-Hopping“ werde – so der Anwalt – sein Mandant vorverurteilt. Ihm werde unterstellt, dass er zu den beschriebenen AGG-Hoppern gehöre. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, dass in dem Beitrag das grundsätzliche Problem des „AGG-Hoppings“ behandelt worden sei. Dabei seien weder Namen noch sonstige identifizierende Merkmale des Klägers und Beschwerdeführers genannt worden, die ihn in seinen Persönlichkeitsrechten hätten verletzen können. Im Rahmen der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht habe es Hinweise darauf gegeben, dass die Stellenausschreibung in einem Ärzteblatt gestanden habe. Von einer Online-Veröffentlichung sei nicht die Rede gewesen. Auch werde in dem Artikel zweimal erwähnt, dass der Mann in Berlin, bzw. im Berliner Raum lebe. Den vorliegenden Notizen der berichtenden Redakteurin sei zu entnehmen, dass es sich bei der Schadenersatzforderung um 8400 Euro gehandelt habe. Diese Zahl sei im Artikel korrekt wiedergegeben worden. Während der Gerichtsverhandlung – so die Rechtsabteilung – sei tatsächlich von „AGG-Hopping“ gesprochen worden. (2007)

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Fingiertem Leserbrief aufgesessen

Eine Regionalzeitung veröffentlicht einen Leserbrief, in dem einem Bürgermeisterkandidaten mangelnde Sensibilität für Interessenskonflikte vorgeworfen wird. Die Ehefrau des Bürgermeisterkandidaten und Beschwerdeführers sei in der Verwaltung für die Wahlen zuständig. Der Brief ist mit vollem Namen und Adresse gekennzeichnet. Der Anwalt des Kommunalpolitikers wendet sich an den Deutschen Presserat, weil sein Mandant den Leserbrief für gefälscht hält. Nach entsprechender Recherche teilt die Zeitung mit, dass sie einem fingierten Brief aufgesessen sei. Sie entschuldigt sich. Kurz darauf geht ein Redakteur des Blattes in der Kolumne „Die Woche im Blick“ nochmals auf den Brief ein und erläutert den Vorgang. Der Beschwerdeführer sieht sich und seine Ehefrau in Misskredit gebracht. Er kritisiert, dass die Zeitung ungeprüft schwere Beschuldigungen veröffentlicht hat. Gleichzeitig hält er die Klarstellung für nicht ausreichend. Die Zeitung hat sich weder bei ihm noch bei seiner Frau entschuldigt. Die Chefredaktion der Zeitung hat nach eigener Auskunft mittlerweile zweimal mit dem Beschwerdeführer telefoniert, um zu klären, ob er trotz seiner erfolgreichen Wahl zum Bürgermeister das Beschwerdeverfahren weiterführen wolle. Das habe er bejaht. Der beanstandete Leserbrief sei einer von mehreren gewesen, die zum Thema Bürgermeisterwahl veröffentlicht worden seien. Insofern sei der Inhalt bei oberflächlichem Studium nicht völlig abwegig gewesen. Zweifel an der Identität der Verfasserin hätten nicht bestanden. Sofort nach Bekanntwerden der Fälschung habe die Redaktion den Sachverhalt auf der ersten Lokalseite richtig gestellt und sich in aller Öffentlichkeit für die Veröffentlichung entschuldigt. Drei Tage später habe der Redaktionsleiter nochmals Stellung bezogen und den Sachverhalt ein zweites Mal klargestellt. Aus Sicht der Redaktion sei der Vorgang höchst bedauerlich. Aufgrund der umgehenden Richtigstellung und der Entschuldigung habe er aber nicht zu einem für den Beschwerdeführer nachteiligen Wahlausgang geführt. Ein vom Beschwerdeführer festgestellter Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht liege – so die Zeitung – nicht vor, da die Redaktion vor Bekanntwerden der Fälschung keine Zweifel an der Identität der Verfasserin gehabt habe. Postleitzahl, Ort und Straße hätten keinen Grund zu Argwohn geboten, und auch der angegebene Name sei in der betreffenden Stadt zu finden. (2007)

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Anwalt und seine Frau namentlich genannt

„´Schaden´ beim Schaufenster-Bummel?“ – so überschreibt eine Lokalzeitung einen Artikel, in dem es um Forderungen einer Kundin gegen örtliche Geschäftsleute geht. Sie habe über ihren Anwalt Schadenersatz dafür verlangt, dass Geschäfte ihre Waren im Schaufenster nicht ordentlich ausgezeichnet hätten. Der Anwalt, Ehemann der Kundin, wird namentlich genannt. Zum Artikel gehört ein Foto, auf dem eine Ladeninhaberin dem Fotografen ein Schreiben entgegenhält. Lesbar ist zumindest der Name des Anwalts. Der Anwalt beschwert sich, weil er durch die Art und Weise der Recherche Ziffer 4 des Pressekodex (Grenzen der Recherche) verletzt sieht. Außerdem verletze der Artikel Ziffer 7 (Schleichwerbung), weil die Inhaberin eines Geschäfts und das Geschäft selbst namentlich genannt würden. Das sei Werbung im redaktionellen Teil. Außerdem verstoße die Zeitung gegen die Ziffer 8 (Persönlichkeitsrechte), weil auf dem Foto der Briefkopf seiner Kanzlei und diverse Interna zu erkennen seien. Insbesondere die Bankverbindung sei gut lesbar. Ziffer 8 sei auch dadurch verletzt, dass seine Frau und er namentlich genannt seien. Auch sieht der Anwalt Ziffer 2 (journalistische Sorgfaltspflicht) verletzt, weil die Zeitung nicht darüber berichtet habe, dass ein Anwalt auch Familienmitglieder bzw. sich selbst vertreten könne. Schließlich sei Ziffer 9 (Schutz der Ehre) verletzt, da er und seine Frau als „Abzocker“ dargestellt würden. Auch fühle er sich diffamiert, weil die Zeitung darauf hingewiesen hatte, dass mehrere Unterschriften seiner Frau auf verschiedenen Schriftstücken sehr unterschiedlich aussähen. Insgesamt handele es sich nicht um eine ausgewogene Berichterstattung, da auch nicht berichtet werde, dass eine Preisauszeichnungspflicht bestehe. Er selbst sei nicht gefragt worden, welcher rechtliche Schaden durch den Verstoß gegen diese Pflicht entstehe. Je ein Vertreter von Redaktion und Verlag merken an, der Autor des kritisierten Beitrages habe gründlich recherchiert und mit dem für Wettbewerbsfragen zuständigen Mitarbeiter der Industrie- und Handelskammer ebenso gesprochen wie mit der regionalen Anwaltskammer. Das Fazit dieser Gespräche habe der Autor wiedergegeben: Es handele sich um eine „bizarre Forderung“. Es sei gerechtfertigt gewesen, den Anwalt namentlich zu nennen. Er sei als Anwalt zur Sache befragt worden. Namensnennungen von Anwälten seien auch bei öffentlichen Verhandlungen durchaus üblich. Der Name der Ehefrau sei jedoch ungenannt geblieben. Der Artikel enthalte keine Formulierung, die den Beschwerdeführer als „Abzocker“ verdächtige. Es werde auch an keiner Stelle der Verdacht in die Welt gesetzt, der Anwalt wolle sich eine Nebenerwerbsquelle erschließen. Nach Meinung der Redaktion ist es falsch, von versteckter Werbung für ein Ladengeschäft zu sprechen. Die Bereitschaft der Inhaberin, öffentlich über die Forderung zu sprechen, sei die Basis des Artikels gewesen. Auch die „extreme Ehrverletzung“, die der Anwalt in der Anmerkung über die unterschiedlichen Unterschriften seiner Frau beklagt, können die Zeitungsleute nicht nachvollziehen. Eine der Unterschriften lasse den Namenszug er Frau tatsächlich nicht erkennen. (2007)

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Info „mit einer gewissen Freude“

Ein lokales Wochenblatt berichtet unter der Überschrift „Schlagabtausch zu allen Themen …“ über eine öffentliche Stadtratssitzung mit anschließender Fragestunde. Dabei geht es um die Nutzungsänderung einer Wohnung zu gewerblichen Zwecken. Der Beschwerdeführer kommt in der Ratssitzung als Initiator einer Unterschriftenaktion gegen diese Nutzungsänderung zu Wort. Diese vermindere massiv den wirtschaftlichen Wert und die Lebensqualität im Viertel. In der Fragestunde teilt der Bürgermeister „mit einer gewissen Freude“ mit, dass derselbe Mann fünfzehn Jahre zuvor eine Gewerbeanmeldung für die gleiche Wohnung gestellt habe. Der Bürgermeister nennt den kompletten Namen und die exakte Adresse. Der Beschwerdeführer sieht sein Recht auf Datenschutz verletzt. 22 Stadträte und ca. 50 Bürger hätten mitbekommen, wie seine persönlichen Daten öffentlich gemacht worden seien. Er wendet sich vor allem gegen die Nennung seiner Adresse. Vom Bürgermeister seien auch Halbwahrheiten gegen ihn verbreitet worden. Die Zeitung habe diese Halbwahrheiten übernommen und den Bruch des Datenschutzrechts öffentlich wiederholt. Verschlimmert worden sei dies dadurch, dass die Zeitung eine Richtigstellung oder die Veröffentlichung eines Leserbriefes abgelehnt habe. Der Mann wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Redaktion des Wochenblattes bedauert, dass es zum Abdruck des Namens und der kompletten Adresse gekommen sei. Zur Wiedergutmachung habe das Blatt angeboten, einen Leserbrief oder ähnliches nach Absprache abzudrucken. Die Frau des Beschwerdeführers habe dies aber abgelehnt. Insofern sei die Darstellung im Beschwerdeschreiben zumindest missverständlich. (2007)

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