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Anwalt und seine Frau namentlich genannt

Jurist machte seinen Fall selbst zum öffentlichen Thema

„´Schaden´ beim Schaufenster-Bummel?“ – so überschreibt eine Lokalzeitung einen Artikel, in dem es um Forderungen einer Kundin gegen örtliche Geschäftsleute geht. Sie habe über ihren Anwalt Schadenersatz dafür verlangt, dass Geschäfte ihre Waren im Schaufenster nicht ordentlich ausgezeichnet hätten. Der Anwalt, Ehemann der Kundin, wird namentlich genannt. Zum Artikel gehört ein Foto, auf dem eine Ladeninhaberin dem Fotografen ein Schreiben entgegenhält. Lesbar ist zumindest der Name des Anwalts. Der Anwalt beschwert sich, weil er durch die Art und Weise der Recherche Ziffer 4 des Pressekodex (Grenzen der Recherche) verletzt sieht. Außerdem verletze der Artikel Ziffer 7 (Schleichwerbung), weil die Inhaberin eines Geschäfts und das Geschäft selbst namentlich genannt würden. Das sei Werbung im redaktionellen Teil. Außerdem verstoße die Zeitung gegen die Ziffer 8 (Persönlichkeitsrechte), weil auf dem Foto der Briefkopf seiner Kanzlei und diverse Interna zu erkennen seien. Insbesondere die Bankverbindung sei gut lesbar. Ziffer 8 sei auch dadurch verletzt, dass seine Frau und er namentlich genannt seien. Auch sieht der Anwalt Ziffer 2 (journalistische Sorgfaltspflicht) verletzt, weil die Zeitung nicht darüber berichtet habe, dass ein Anwalt auch Familienmitglieder bzw. sich selbst vertreten könne. Schließlich sei Ziffer 9 (Schutz der Ehre) verletzt, da er und seine Frau als „Abzocker“ dargestellt würden. Auch fühle er sich diffamiert, weil die Zeitung darauf hingewiesen hatte, dass mehrere Unterschriften seiner Frau auf verschiedenen Schriftstücken sehr unterschiedlich aussähen. Insgesamt handele es sich nicht um eine ausgewogene Berichterstattung, da auch nicht berichtet werde, dass eine Preisauszeichnungspflicht bestehe. Er selbst sei nicht gefragt worden, welcher rechtliche Schaden durch den Verstoß gegen diese Pflicht entstehe. Je ein Vertreter von Redaktion und Verlag merken an, der Autor des kritisierten Beitrages habe gründlich recherchiert und mit dem für Wettbewerbsfragen zuständigen Mitarbeiter der Industrie- und Handelskammer ebenso gesprochen wie mit der regionalen Anwaltskammer. Das Fazit dieser Gespräche habe der Autor wiedergegeben: Es handele sich um eine „bizarre Forderung“. Es sei gerechtfertigt gewesen, den Anwalt namentlich zu nennen. Er sei als Anwalt zur Sache befragt worden. Namensnennungen von Anwälten seien auch bei öffentlichen Verhandlungen durchaus üblich. Der Name der Ehefrau sei jedoch ungenannt geblieben. Der Artikel enthalte keine Formulierung, die den Beschwerdeführer als „Abzocker“ verdächtige. Es werde auch an keiner Stelle der Verdacht in die Welt gesetzt, der Anwalt wolle sich eine Nebenerwerbsquelle erschließen. Nach Meinung der Redaktion ist es falsch, von versteckter Werbung für ein Ladengeschäft zu sprechen. Die Bereitschaft der Inhaberin, öffentlich über die Forderung zu sprechen, sei die Basis des Artikels gewesen. Auch die „extreme Ehrverletzung“, die der Anwalt in der Anmerkung über die unterschiedlichen Unterschriften seiner Frau beklagt, können die Zeitungsleute nicht nachvollziehen. Eine der Unterschriften lasse den Namenszug er Frau tatsächlich nicht erkennen. (2007)