Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6739 Entscheidungen
Die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung berichtet über einen offenen Brief, in dem die Familie des Amokläufers von Winnenden die Hinterbliebenen der Opfer um Entschuldigung bittet und ihnen ihr Mitgefühl ausspricht. Der Beitrag enthält eine achtteilige Fotostrecke, die Motive der Beisetzungen, der Trauerfeiern und der Gedenkstätten zeigt. Grundlage ist die Beschwerde eines Lesers. Dieser sieht durch die Fotostrecke die Persönlichkeitsrechte der Opfer verletzt. Mit erheblichem Aufwand sei versucht worden, die Opfer ohne Presse beizusetzen. Dennoch seien auf dem Weg von der Kirche zum Friedhof Bilder gemacht worden. Zum einen hätten die meisten Anwesenden nicht fotografiert werden wollen, zum anderen sei durch die dauernd betätigten Aufnahmegeräte ein Geräuschpegel entstanden, der besser zu einem Presseempfang als zu einer würdigen Trauerfeier gepasst hätte. Die so entstandenen Bilder seien für die Berichterstattung verwendet worden. Da bei mehreren Fotos eine bestimmte Agentur als Quelle angegeben worden ist, leitet der Presserat gegen diese ein Beschwerdeverfahren ein. Der Chefredakteur der Nachrichtenagentur hält die veröffentlichten Bilder insgesamt für zulässig. Grundsätzlich könne Trauer in der Presse abgebildet werden. Das Interesse der Presse und der Öffentlichkeit sei in der Regel nicht von Voyeurismus getrieben. Die Abbildung an sich verletze die Privatsphäre Trauernder nicht. Dies gelte auch für die Fotos in diesem Fall. Im Einzelfall könne allerdings eine Trauerfeier durch die Arbeit von Journalisten erheblich gestört werden. Das dürfe nicht passieren. Trauer, so der Chefredakteur weiter, sei von jeher nicht nur ein individueller, sondern ein gesellschaftlicher Akt. Das Wesen einer Trauerfeier sei öffentlich. Trauern sei ein archaisches Bedürfnis des Nachfühlens und des Mitleidens. Dessen Befriedigung sei geeignet, die Gemeinschaft in sich selbst zu bestärken. Der Chefredakteur ist vor diesem Hintergrund der Meinung, dass die Bilder zulässig waren, da es sich um die Trauer nicht nur einer Familie, sondern hunderter oder tausender Menschen gehandelt habe. (2009)
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Eine Fachzeitschrift berichtet auf ihrer Titelseite über das Insolvenzverfahren eines Möbelgeschäfts. Schon in der Überschrift erscheint das Wort „Vetternwirtschaft“. Es ist davon die Rede, dass der Insolvenzverwalter seinen Schwager mit der Sanierung der Firma beauftragt habe. Die Rechtsvertretung des namentlich erwähnten Insolvenzverwalters sieht eine falsche Berichterstattung, die die Persönlichkeitsrechte ihres Mandanten verletze. Der Beauftragte sei zwar ein Freund des Beschwerdeführers, aber nicht sein Schwager. Ausschlaggebend für den Auftrag sei die sehr gute Qualifikation gewesen. Die Zeitschrift teilt mit, sie habe eine Gegendarstellung des Beschwerdeführers abgedruckt. Aus dem anwaltlichen Schriftverkehr gehe hervor, dass man sich zügig mit der Gegenseite geeinigt habe. Eine fehlerhafte Recherche habe zu der falschen Behauptung geführt, dass der Beschwerdeführer seinen Schwager als Geschäftsführer eingesetzt habe. Die beiden Herren seien nicht verschwägert, was die Redaktion richtig gestellt habe. (2009)
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Ein Magazin berichtet umfassend über den Absturz einer Air France-Maschine auf dem Flug zwischen Rio de Janeiro und Paris. Der Beitrag enthält viele Fotos der Opfer mit persönlichen Angaben. In einem Fall wird auch ein Angehöriger eines der Opfer im Bild gezeigt. Ein Leser der Illustrierten sieht eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der abgebildeten Opfer. Es lägen keine besonderen Begleitumstände nach Richtlinie 8.1, Absatz 1, des Pressekodex vor, die eine Identifizierung rechtfertigen würden. Auch würden die Persönlichkeitsrechte des abgebildeten Angehörigen verletzt. Die Rechtsabteilung des Verlages berichtet, dass die Redaktion sehr bewusst abgewogen habe zwischen der im Pressekodex festgehaltenen Verpflichtung zur Wahrung der Menschenwürde sowie der Achtung der Persönlichkeitsrechte einerseits und dem Veröffentlichungsinteresse andererseits. Im Rahmen dieser Abwägung sei die Redaktion zu dem Ergebnis gekommen, dass die Art der Abbildung mit Namensnennung zulässig sei. Es habe sich nicht um einen „normalen Absturz“, sondern um das schwerste Unglück in der Geschichte der Air France gehandelt. Darüber hinaus wiesen einige der Unglücksopfer besondere Merkmale auf, die eine Veröffentlichung rechtfertigten. So etwa seien ein bekannter Architekt, ein berühmter Dirigent und ein Vorstandsmitglied eines DAX-Konzerns unter den Opfern gewesen. Die Rechtsabteilung weist auch darauf hin, dass sie die Bilder von Angehörigen bekommen habe oder aber von Web-Sites, auf denen Hinterbliebene um die Opfer trauerten. Einige der Angehörigen hätten ausdrücklich gewollt, dass Fotos veröffentlicht würden, um die Opfer nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. (2009)
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„Entsetzlicher Unfall in (…) – Bauer (62) zerhäckselt seinen eigenen Sohn (29)“ – so überschreibt eine Boulevardzeitung ihren Bericht über einen Unfall auf einem Bauernhof. Dabei ist offensichtlich ein junger Mann aus einer Dachbodenluke in den darunter stehenden Treckeranhänger mit Häcksler gestürzt. Der Vater sei mit dem Trecker losgefahren und habe die automatische Walze angestellt, mit der das Stroh auf dem Feld zerkleinert werden sollte. Unbemerkt sei dabei der Sohn ins Werk gedrückt und furchtbar entstellt worden. Die achte Klasse einer Realschule hat den Beitrag im Unterricht behandelt. Sie kritisiert die Überschrift, die suggeriere, der Vater habe den Sohn bewusst getötet. Dies sei jedoch nicht wahr. Die Schüler haben den Fall recherchiert und einen Nachbarn des Bauern befragt. Von ihm wüssten sie, dass der junge Mann in den Anhänger gestürzt sei und sich dabei das Genick gebrochen habe. Er sei sofort tot gewesen. Im Übrigen sei das Kennzeichen des Traktors im beigestellten Foto deutlich erkennbar. Offensichtlich sei das Foto auf dem Hof des Bauern gemacht worden. Dies sei Hausfriedensbruch. Die örtlichen Gegebenheiten machten ein Foto aus der Distanz unmöglich. Nach Angaben der Zeitung hätte ein Nachbar Leichenteile auf dem Feld des Bauern gefunden. Dies – so die Schüler abschließend zu diesem Fall – sei nicht richtig. Damit habe die Redaktion die presseethischen Grundsätze der Menschenwürde und des Wahrheitsgehalts verletzt. Obendrein seien unlautere Recherchemethoden angewendet worden. Deren Ergebnis sei eine unangemessen sensationelle Darstellung gewesen. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, ihre Teilausgabe mit dem kritisierten Bericht werde am Ort der Schule, nicht aber am Ort des Geschehens vertrieben. Obwohl das Traktor-Kennzeichen klar erkennbar sei, sei deshalb eine Identifizierung und Zuordnung nicht möglich. Die Zeitung berichtet, der Autor des Beitrags und der Fotograf seien zu dem Bauernhof gefahren und hätten einen Angehörigen zu dem Unfall befragt. Er sei nicht sehr gesprächig gewesen. Immerhin hätte er auf das Unglücksfahrzeug gezeigt und dem Fotografen eine Aufnahme nicht verwehrt. Die Überschrift mit dem Hinweis „Entsetzlicher Unfall…..“ sage klar aus, dass es sich nicht um eine Straftat, sondern eben um einen Unfall gehandelt habe. Der Hinweis eines Nachbarn, auf dem Feld hätten sich Leichenteile gefunden, sei von der Polizei und zwei Anwohnern bestätigt worden. Aus alldem ergebe sich, dass keine unlauteren Recherchemethoden angewendet worden seien. Auch sei die Berichterstattung nicht unwahr im Sinne der Ziffer 1 des Pressekodex. Ebenso wenig seien die Menschenwürde der Betroffenen oder ihre Persönlichkeitsrechte verletzt worden. Die Öffentlichkeit habe Anspruch auf eine Information über derartig schwerwiegende Unfälle. Dass hier letztlich eine Landmaschine den Körper eines jungen Mannes so fürchterlich zugerichtet habe, sei Teil der wahrheitsgemäßen Berichterstattung und könne nicht als Verstoß gegen Ziffer 11 gewertet werden. (2009)
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung veröffentlicht unter der Überschrift „War es ein Mordversuch aus Liebe?“ einen Beitrag. Eine Zweitüberschrift lautet „Thai Transe niedergestochen“. Es geht um einen Familienvater aus einer Kleinstadt, der sich in einen jungen Thailänder verliebt hatte. Diese Beziehung habe mit einem Mordversuch geendet. Der Asiat wird im Beitrag „Transsexueller“ genannt, in der Überschrift „Transe“ und im weiteren Text immer als „der Liebhaber“ oder „der Thailänder“. Als der zehn Jahre jüngere Callboy zum Anschaffen quer durch Deutschland gereist sei, sei ihm der Familienvater hinterhergefahren. Nach einer Aussprache sei der Thailänder blutend am Boden gelegen. Die Staatsanwaltschaft habe die Tat als versuchten Mord aus niederen Motiven bewertet. Die „Aktion Transsexualität und Menschenrechte e. V.“ sieht in dem Beitrag einen Verstoß gegen den Pressekodex. Sie zitiert eine Erklärung des Presserats, in dem dieser die Presse aufgefordert habe, respektvollen Umfang mit transsexuellen Menschen zu pflegen. Es sei ein Verstoß gegen die Menschenwürde, einer transsexuellen Frau die richtigen Personalpronomen zu verwehren. Eine transsexuelle Frau öffentlich als „er“ zu bezeichnen, sei nicht nur ein Zwangsouting, sondern eine Ehrverletzung. Die Rechtsabteilung der Zeitung widerspricht dem Vorwurf, die Redaktion habe gegen das Gebot der Menschenwürde und des Schutzes der Ehre verstoßen. Im Artikel werde sachlich und objektiv über Vorgeschichte und Tatgeschehen berichtet. Es gehe dabei nur um Fakten, so dass keine Diskriminierung oder Herabwürdigung von Transvestiten oder Transsexuellen erkennbar sei. Bei der Berichterstattung zu diesem Thema sei es für den Autor oft schwierig zu entscheiden, welches Personalpronomen zu verwenden sei. Wichtig sei, dass in dem Artikel der Leser nicht falsch informiert werde oder diskriminierend über diese Menschen berichtet werde. Die Lesbarkeit und Verständlichkeit eines Textes müssten gegeben sein, was hier ohne Zweifel der Fall sei. Dass in dem Beitrag das Opfer einmal als „Transsexueller“, dann als „Transvestit“ bezeichnet worden sei, bedauere man. Dennoch sei der Beitrag nicht herabwürdigend. (2009)
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Eine Regionalzeitung berichtet in einer Artikelserie über die Verurteilung eines Gymnasial-Lehrers wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Schutzbefohlenen in 18 Fällen zu einem Jahr auf Bewährung. Die Zeitung berichtet, dass der Lehrer 38 Jahre alt sei und eine Zauber- und Varieté-Arbeitsgemeinschaft geleitet habe. Der Mann sei bei verminderten Bezügen vom Schuldienst suspendiert worden. Schließlich wird berichtet, dass sich der Lehrer das Leben genommen habe. Gegenstand der Berichterstattung ist auch ein Brief, den die Elternvertretung nach Abschluss des Strafverfahrens an die Eltern und damit an die Öffentlichkeit gerichtet habe. In diesem Brief sei es vor allem darum gegangen, wie wichtig es sei, dass Kinder zu Hause von Missbrauchsfällen berichten. Ein Leser der Zeitung moniert, dass der betroffene Lehrer durch die Angaben der Zeitung identifizierbar sei. Ihm missfällt auch die Art der Berichterstattung. Diese erwecke den Eindruck, die Zeitung wolle jemanden fertig machen. Die Zeitung lässt ihre Rechtsvertretung Stellung nehmen. Die Angaben über das Alter und die Tätigkeit des Lehrers sei nötig gewesen, um nicht andere Lehrer des Gymnasiums in Tatverdacht zu bringen. Selbstverständlich interessiere es nicht nur die betroffenen Schüler und deren Eltern, sondern auch die Öffentlichkeit, ob der verurteilte Lehrer noch weiter im Schuldienst bleibe oder nicht. In diesem Kontext sei die Redaktion ihrer Informationspflicht nachgekommen und habe auch über den Freitod des Lehrers berichtet. (2009)
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Unter der Überschrift „Familie im Größenwahn“ berichtet eine Regionalzeitung über die Geschichte und architektonische Entwicklung eines Familienanwesens. Zwei Fotos sind dem Artikel beigestellt. Eines zeigt das Haus. Die Bildunterschrift lautet: „Groß wie ein Wohnblock: das Herrenhaus in (…) war nach 1945 ein Jugendheim und ist ein Ort geblieben, an dem benachteiligte Jugendliche auf ein selbstbestimmtes Leben vorbereitet werden.“ Das zweite Foto zeigt das Anwesen um 1850. Der Bildtext lautet: „Da war es noch gemütlich: Das (…) Herrenhaus um 1850, bevor der Kaufmann (…) es kaufte und umbauen ließ“. Ein Nachkomme der Familie kritisiert die Berichterstattung als ehrabschneidend. Er wirft der Redaktion vor, falsche Fakten zu veröffentlichen und stößt sich vor allem an der Überschrift. Er führt weitere Punkte an, die nach seiner Meinung nicht korrekt dargestellt werden. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung führt den Fall auf das übersteigerte Ehrgefühl des Beschwerdeführers zurück. Eine Verletzung des Gebots der journalistischen Sorgfaltspflicht liege nicht vor; die Tatsachen im Bericht seien ausnahmslos richtig wiedergegeben worden. Auch scheide eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts aus. Der Autor erwähne lediglich zwei Vorfahren des Beschwerdeführers. Das Eigentum habe die Familie jedoch schon vor 60 Jahren verloren. Die Persönlichkeitsrechte von Verstorbenen könnten in eng umgrenzten Fällen bestenfalls 30 Jahre nach dem Ablehnen von den Nachkommen geltend gemacht werden. (2009)
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über einen Unfall. Dabei war ein Fußball-Fan einer auswärts spielenden Mannschaft im Stadion der Gastgeber schwer gestürzt. Zum Beitrag gestellt ist ein Bild, auf dem der Verunglückte von hinten zu sehen ist. Deutlich erkennbar sind seine Tätowierungen. Ein Nutzer der Online-Ausgabe sieht die Menschenwürde, das Privatleben und die Intimsphäre des Opfers verletzt. Auch meint er, der Unfall sei unangemessen sensationell dargestellt worden. Die Rechtsabteilung der Zeitung spricht von einem dramatischen Ereignis, welches das Fußballspiel überschattet habe. Zuschauer und Spieler seien Zeugen des Unfalls gewesen. Dieser habe bundesweite Aufmerksamkeit gefunden. Er habe vor allem deshalb weithin interessiert, weil er sich in einem neu eröffneten Stadion ereignet habe. Die Sicherheitsstandards, gerade erst von Polizei und Feuerwehr für gut befunden, seien erneut überprüft worden. Auch im Verein sei diskutiert worden, ob eine Balustrade im Gästeblock erhöht werden müsse. Fotos zeigten den verunglückten Fan, wie er kurz nach dem Spiel auf der etwa bauchhohen Brüstung saß und den Spielern seiner Mannschaft zujubelte. Die Rechtsabteilung hält das vom Beschwerdeführer kritisierte Foto nicht für geeignet, den Verletzten erneut zum Opfer zu machen. Das Gesicht, das üblicherweise das Leid von Verunglückten widerspiegle, sei nicht zu sehen. (2009)
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Unter der Überschrift „Familie im Größenwahn“ berichtet eine Regionalzeitung über die Geschichte und die architektonische Entwicklung eines Familienbesitzes. Zum Beitrag gehören zwei Bilder. Das eine zeigt das Anwesen und trägt die Unterschrift: „Groß wie ein Wohnblock: Das Herrenhaus in (…) war nach 1945 ein Kinder- und Jugendheim und ist ein Ort geblieben, an dem benachteiligte Jugendliche auf ein selbst bestimmtes Leben vorbereitet werden“. Das zweite Foto zeigt den Besitz um 1850. Der Text dazu: „Da war es noch gemütlich: Das (…) Herrenhaus um 1850, bevor der Kaufmann … es kaufte und umbauen ließ“. Beschwerdeführer ist ein Nachkomme der Familie. Er kritisiert die Berichterstattung als ehrabschneidend und wirft der Redaktion vor, falsche Fakten zu veröffentlichen. Die Überschrift des Beitrages verletze die Persönlichkeitsrechte seiner Familie und sei ehrenrührig. Der Text zum Aufmacherbild zeige das 1952 umgebaute ehemalige Schloss, das heute eher einem Wohnblock gleiche. Seine Familie – so der Beschwerdeführer – sei für das abgebildete Gebäude nicht mehr verantwortlich. Die Bildunterschrift sei falsch, da es sich nicht um ein Herrenhaus und schon gar nicht um das ehemalige Schloss handele. Auch andere Behauptungen – so etwa der Besuch Theodor Fontanes auf dem Familiensitz – seien falsch. Der stellvertretende Chefredakteur sieht keine Verletzung der vom Beschwerdeführer angeführten Ziffern 2, 8 und 9 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht, Persönlichkeitsrechte und Schutz der Ehre). Der Fall sei wegen des übersteigerten Ehrgefühls des Beschwerdeführers überhaupt erst zu einem „Fall“ geworden. Die Chefredaktion habe diesem mehrfach angeboten, einen weiteren Beitrag unter seiner Beteiligung zu verfassen und abzudrucken. Die Redaktion vermag die Verärgerung des Beschwerdeführers nachzuvollziehen. Die Besitztümer der Familie seien während der Nazi-Diktatur und anschließend unter kommunistischer Herrschaft verloren gegangen. Der Familiennachkomme habe sich nach der Wiedervereinigung erfolglos um eine Rückerlangung bzw. die Entschädigung für den Verlust der Anwesen bemüht. Er fühle sich offensichtlich vom Staat beraubt. Er scheine in der Berichterstattung zudem eine „Beschmutzung seiner Familienehre“ zu sehen. Den Vorwurf, die Redaktion habe nicht sauber recherchiert und berichtet, weist der stellvertretende Chefredakteur zurück. Mit weiterführenden Angaben hätte sich die Redaktion in einer Anschlussberichterstattung auseinandergesetzt. Dies habe jedoch nicht den Vorstellungen des Beschwerdeführers entsprochen. (2009)
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Bei einem Auswärtsspiel seines Klubs stürzt ein Fußball-Fan schwer. Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über den Unfall und dessen Wirkung auf Spieler und Zuschauer. Dem Artikel beigestellt ist ein Foto des Verunglückten. Darauf ist er von hinten zu sehen, verdeckt durch das Bein eines Helfers. Der Beschwerdeführer, ein Nutzer des Internet-Auftritts wirft der Online-Ausgabe vor, sie achte weder das Wahrheitsgebot noch die Menschenwürde. Auch das Privatleben und die Intimsphäre hätte die Redaktion verletzt. Er meint, die Berichterstattung stelle Gewalt und Brutalität unangemessen sensationell dar. Die Rechtsabteilung der Zeitung stellt fest, die Berichterstattung habe einen schrecklichen Zwischenfall im Stadion zum Gegenstand gehabt. Viele Medien hätten den Unfall aufgegriffen. Dieser sei auf großes Interesse gestoßen, weil die Frage der Sicherheit in Fußballstadien von größter Relevanz sei. Vor diesem Hintergrund habe die Online-Ausgabe berichtet. Es sei in diesem Zusammenhang gerechtfertigt gewesen, das kritisierte Foto zu veröffentlichen. Die Redaktion zeige die Situation nach dem Unfall in besonderer Grausamkeit, doch sei dieser auch besonders grausam gewesen. Nicht zuletzt diene die Darstellung allen Fußballfans zur Warnung, nicht – wie der Verunglückte – waghalsig auf der Tribüne herumzuturnen. Vor diesem Hintergrund könne von einer unangemessen sensationellen Darstellung keine Rede sein. Selbstverständlich habe die Redaktion bei der Bildauswahl darauf geachtet, die Persönlichkeitsrechte des Opfers zu wahren. Seine Tattoos, in anderen Zeitungen auf der Titelseite gezeigt, seien nicht zu erkennen; sein Spitzname werde – wie in anderen Medien geschehen - nicht genannt. Auch wenn sich die Redaktion keines Verstoßes gegen den Pressekodex bewusst sei, habe sie das von dem Nutzer beanstandete Foto bereits nach einigen Stunden aus dem Netz genommen und gegen ein anderes ausgetauscht. (2009)
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