Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Redaktionen treffen letztlich die Entscheidung

Eine Nachrichtenagentur verbreitet Fotos von der Amokfahrt im niederländischen Apeldoorn am Königinnen-Tag 2009. Sie werden in der Online-Ausgabe einer regionalen Tageszeitung veröffentlicht. Zu sehen sind schwer verletzte und angefahrene Menschen, zum Teil noch durch die Luft fliegend. Gezeigt werden auch der schwer verletzte Amokfahrer und Versuche der Helfer, den Opfern beizustehen. Ein Nutzer sieht in den Agenturfotos einen Verstoß gegen den Pressekodex, der die unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt verbietet. Auf einem Bild sei ein gerade angefahrenes Kind zu sehen. Die Abteilung Personal und Recht der Agentur stellt fest, dass auf einigen der Fotos sterbende Menschen dargestellt seien. Diese Tatsache allein könne jedoch keinen Verstoß begründen. Eine Bildberichterstattung in der Presse könne nicht deshalb unterbleiben, weil Menschen sterben. Sowohl die Bildberichterstattung über Unglücksfälle als auch über Kriege gehörten zu den ureigensten Aufgaben der Presse. Der Anschlag von Apeldoorn habe sich vor den Augen vieler Medienvertreter ereignet, die wegen der königlichen Parade angereist waren. Dass ein Fotograf, wenn sich vor seinen Augen eine so schreckliche Tat ereigne, dies festhalten müsse, stehe außer Frage. Ob Bilder später in einen Kontext gebracht und in einer Form veröffentlicht würden, die die Grenze unangemessener Darstellung überschritten, könne die Agentur als Bildlieferant weder festlegen noch beeinflussen. Ungeachtet dessen gebe es in der Bildredaktion immer wieder Diskussionen und Überlegungen, ob bestimmte Bilder aus ethischen Gründen nicht zur Weiterleitung an die Kunden geeignet seien. Das sei selbstverständlich auch in diesem Fall diskutiert worden. Man sei als Nachrichtenagentur jedoch der objektiven Berichterstattung in Wort und Bild verpflichtet. (2009)

Weiterlesen

„Beschreibung der schrecklichen Realität“

Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Neonazis treten Studenten fast zu Tode“ über den Überfall auf einen jungen Mann in Berlin-Friedrichshain, der bei der Prügelattacke schwer verletzt wurde. Der Beitrag enthält vier Bilder. Eines davon zeigt eine Computer-Zeichnung des Überfalls. Die Bildunterschrift lautet: „So hat der …-Zeichner die Tat nachempfunden: Das Opfer liegt auf dem Boden, einer der Täter tritt mit dem Fuß gegen den Kopf“. Die übrigen Bilder zeigen den Hauptverdächtigen, das Opfer und den Tatort. Ein Leser hält die Grafik für eine unangemessen sensationelle Darstellung und damit einen klaren Verstoß gegen die Richtlinie 11.1 des Pressekodex. Die Rechtsabteilung der Zeitung bezeichnet die Grafik als eine sachliche Rekonstruktion des Tatgeschehens. Die Darstellung erscheine zwar grausam, denn ihr liege eine schreckliche Realität zugrunde. Sie könne schon deshalb publizistische Grundsätze nicht verletzen, weil sie als Beschreibung einer brutalen Wahrheit diene. Die Grafik diene nicht der Unterhaltung. Die Rechtsabteilung verweist auf die Entscheidung des Presserats unter dem Aktenzeichen BK2-251/05. Damals habe dieser die Zeichnung der Leiche des abgemagerten Mädchens Jessica unbeanstandet gelassen. Die Grafik im vorliegenden Fall gehe ebenfalls nicht über das Informationsinteresse der Leser hinaus. Ihnen solle gezeigt werden, wie brutal der Überfall auf den Studenten gewesen sei. Eine Herabwürdigung des Opfers zu einem Objekt sei nicht gegeben. (2009)

Weiterlesen

Foto zeigt blutüberströmten Amokfahrer

„Anschlag auf Königin – Gedenkgottesdienst abgesagt“ – so überschreibt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung ihren Bericht über die Amokfahrt am Königinnen-Tag 2009 im niederländischen Apeldoorn. Der Beitrag enthält eine Reihe von Fotos, darunter eines vom schwer verletzten Amokfahrer. Dieser ist blutüberströmt in seinem Auto zu sehen. Ein Nutzer des Internetauftritts sieht in der großformatigen Abbildung des Mannes eine unangemessene und unnötige Darstellung von Gewalt und vermutet einen Verstoß gegen den Pressekodex. Er spricht von Sensationslüsternheit. Die Rechtsabteilung des Verlags steht auf dem Standpunkt, die Berichterstattung über die Geschehnisse von Apeldoorn sei nicht unangemessen sensationell gewesen. Das kritisierte Bild vermittle eben nicht den Eindruck, dass der stark verletzte Mensch als Objekt und seine körperlichen Leiden Schwerpunkt der Berichterstattung seien. Sein Gesicht ist nicht erkennbar. Der Mann habe keine besondere Schutzwürdigkeit im Hinblick auf seine Persönlichkeitsrechte. Er, der zum Zeitpunkt der Aufnahme noch lebte, sei als Tatverdächtiger einer in ganz besonderem Maße im öffentlichen Interesse stehenden Tat als relative Person der Zeitgeschichte anzusehen. (2009)

Weiterlesen

Ex-Häftlinge berichten über Nächte im Knast

Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Nachts holen sich die Wärterinnen Häftlinge zum Sex“. Es geht um fragwürdige Zustände in deutschen Justizvollzugsanstalten. Grundlage für die Berichterstattung sind die Aussagen von zwei ehemaligen Häftlingen. Diese behaupten, dass die Vollzugsbeamten mit den Häftlingen in verschiedenster Weise kooperieren. Den Presserat erreichen in diesem Fall drei Beschwerden. Einer von ihnen kritisiert die unkommentierte Übernahme der Aussagen zweier Ex-Häftlinge. Deren Behauptungen seien zu bezweifeln. Die Zeitung erwecke den Eindruck, als seien sie wahr. Im Übrigen würden die Persönlichkeitsrechte der beiden Informanten durch die Nennung ihrer Namen verletzt. Ein anderer Leser kritisiert die reißerische Aufmachung. Die Redaktion hätte die Informationen der beiden Ex-Häftlinge nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Beamtinnen würden zudem in ihrer Würde verletzt. Der Bund der Strafvollzugsbediensteten betont, dass die Bezeichnung der Justizvollzugsbediensteten als „Wärter“ abfällig sei. Mit der Überschrift und der gesamten Aufmachung des Beitrages würden nicht nur die Bediensteten beleidigt, sondern auch die große Mehrheit der Gefangenen. Die Überschrift „Nachts holen sich die Wärterinnen Häftlinge zum Sex“ sei eine massive Beleidigung des gesamten Justizvollzugssystems und insbesondere der dort tätigen 8000 Frauen. Die Behauptungen der Häftlinge seien schlichtweg nur böswillig und fernab von der Realität. Nach Darstellung der Rechtsabteilung der Zeitung greift der Beitrag eine aktuelle und weite Teile der Bevölkerung interessierende Frage auf. Auslöser sei die spektakuläre Flucht zweier Häftlinge aus der JVA Aachen gewesen. Die Redaktion habe mit mehreren Strafgefangenen gesprochen und nicht nur mit den im Bericht erwähnten. Als das Verhältnis einer Beamtin mit einem Gefangenen bekannt geworden sei, habe man diesen in eine andere JVA verlegt. (2009)

Weiterlesen

Verdächtige von Lesern diffamiert

Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung berichtet über Ermittlungen wegen Betrugs gegen ein Ehepaar, das gemeinsam ein Unternehmen führte. Zu dem Vorgang erscheinen mehrere Leserkommentare. Der Anwalt des Ehepaares sieht eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Frau durch die Veröffentlichung ihres Bildes. Zudem sei der Beitrag vorverurteilend und verletze die Betroffene in ihrer Ehre. Die Kommentare der Leser seien überwiegend anklagend, hetzerisch und diffamierend. Die Redaktion teilt mit, ihre wichtigste Quelle sei ein vom Unternehmer selbst zur Verfügung gestelltes Dossier gewesen. Alle dargestellten Vorgänge seien durch mindestens zwei glaubwürdige Quellen belegt. Beleidigende Kommentare zu der Online-Veröffentlichung seien sofort nach Eingang der Beanstandung entfernt worden. Eine vorherige Überprüfung finde wegen der Vielzahl der Kommentare nicht statt. Insofern seien Kommentare im Online-Bereich auch nicht mit der Veröffentlichung von Leserbriefen vergleichbar. Die Kommentarfunktion sei von der Redaktion nach dem Suizid des Unternehmers komplett ausgeschaltet worden. (2009)

Weiterlesen

Bildberichterstattung als „Drahtseilakt“

Die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung berichtet unter der Überschrift „Verletzte Lehrer schützten Schüler vor Amokläufer“ über das Verhalten der Lehrkräfte bei der Tragödie von Winnenden. Der Beitrag handelt auch von der psychologischen Betreuung der Schüler. Er ist mit 13 Fotos bebildert, die Trauerszenen vor der Altbertville-Realschule sowie von der Beerdigung des ersten Opfers auf dem Stadtfriedhof von Winnenden zeigen. Grundlage ist die Beschwerde BK2-65/09, in der die Veröffentlichung der Fotos von der Beerdigung der Opfer des Amoklaufs kritisiert wird. Die Veröffentlichung sei gegen den ausdrücklichen Wunsch der Beteiligten erfolgt. Der Beschwerdeführer sieht hierin die Verletzung mehrerer presseethischer Grundsätze. Er kritisiert auch den Abdruck von Fotos, auf denen diese Schriftzüge zu erkennen sind: „Film- und Fotografierverbot“ und „Lasst uns in Ruhe trauern“. Großaufnahmen von Sarg, Sargträgern und Trauergästen hält er für eine provokante Pietätlosigkeit. Da die Fotos unter anderem von einer Nachrichtenagentur stammen, leitet der Presserat eine Beschwerde gegen diese ein. Deren Chefredakteur stellt fest, die Redaktion habe im Fall Winnenden durchweg zurückhaltend agiert und sich an sämtliche Vorgaben der örtlichen Behörden gehalten. Die Bildberichterstattung vom Schauplatz eines so fürchterlichen Verbrechens sei für alle Beteiligten ein „Drahtseilakt“. Dem begründeten Interesse der Öffentlichkeit an Bildern vom Geschehen stehe der zu respektierende Wunsch der Betroffenen gegenüber, in Ruhe gelassen zu werden. Vor allem bei den Trauerfeiern und Beerdigungen habe es klare Vorgaben der Einsatzleitung der Polizei gegeben. An diese hätten sich die Agenturfotografen strikt gehalten. So sei zum Beispiel bei der ersten Beerdigung in Winnenden ausdrücklich genehmigt gewesen, von einem Standort außerhalb des Friedhofs ein Foto der Sargträger auf dem Weg zur Grabstätte zu machen, nicht jedoch Bilder der Angehörigen. Die besondere Problematik der Berichterstattung zeige die häufig zitierte Titelseite der lokalen Winnender Zeitung. Unter einem Foto mit zwei Jugendlichen sei dort zu lesen gewesen: „Lasst uns in Ruhe trauern“. Darauf seien sechs Sonderseiten mit vielen Berichten und Fotos, auch der Nachrichtenagenturen, gefolgt. Bei seiner Agentur – so der Chefredakteur – seien keinerlei Beschwerden über das Verhalten der Kollegen oder ihre Fotos eingegangen. Dass die Fotografen in Winnenden verantwortungsbewusst und umsichtig gehandelt hätten, zeige die Tatsache, dass einer der Kollegen vom Staatsministerium Baden-Württemberg und von Bundespresseamt gebeten worden sei, den Pool für alle Nachrichtenagenturen bei der zentralen Trauerfeier zu übernehmen. Beide Stellen hätten sich anschließend für die zurückhaltende, angemessene Arbeitsweise der Agentur-Fotografen bedankt. (2009)

Weiterlesen

Mord und Selbstmord im Bild gezeigt

Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Frau erschießt eigenen Sohn und sich selbst – Überwachungskamera filmt Wahnsinnstat am Schießstand“ über einen Mord, den eine Mutter an ihrem 20-jährigen Sohn beging. Im Text werden die Hintergründe beleuchtet. Die aus dem Überwachungsvideo generierte Bildstrecke zeigt, wie sich die Frau ihrem Sohn von hinten in Schusshaltung nähert und ihn erschießt. Auf den Bildern ist auch erkennbar, wie die Frau anschließend ihre Waffe gegen sich selbst richtet. Ein Nutzer des Online-Auftritts sieht die Ziffern 8 und 11 des Pressekodex verletzt. Er meint, dass der einzige Zweck der Veröffentlichung der Bildstrecke sei, zu schockieren. Das Leid der Betroffenen werde schamlos ausgenutzt. Darüber hinaus verstoße das in Teilen wiedergegebene Video gegen die Persönlichkeitsrechte der beteiligten Personen. Es sei von psychischen Problemen der Täterin die Rede. Das sei entwürdigend und Effekt heischend. Nach Ansicht der Rechtsabteilung der Zeitung dienten die gezeigten Fotos lediglich der Veranschaulichung der Berichterstattung. Alle Personen seien von hinten aufgenommen. Gesichter seien nicht zu erkennen. Eine Identifizierung der Beteiligten sei nicht möglich. Daher liege auch keine Verletzung von Persönlichkeitsrechten vor. Auch gegen Ziffer 11 sei nicht verstoßen worden. Deren Verletzung liege nur dann vor, wenn eine Darstellung unangemessen sensationell sei. Dies sei der Fall, wenn ein Mensch zum Objekt, zu einem bloßen Mittel, herabgewürdigt werde. Die Berichterstattung in der vorliegenden Form sei vertretbar, weil es außerordentlich selten passiere, dass eine Mutter ihren Sohn auf einem Schiessstand hinterrücks erschieße. Es müsse einer Redaktion erlaubt sein, solche Vorgänge darzustellen, da das öffentliche Interesse überwiege. Die im Bericht geschilderte Tat sei ein weiterer Beleg dafür, welche Folgen das kaum geregelte Waffenrecht in den USA haben könne. Der Vorwurf der Effekthascherei gehe ins Leere. Der Bericht schildere sehr sachlich die Tat und ihre Umstände. Die psychisch labile Lage der Täterin werde nicht ausgenutzt. Durch den Beitrag würden psychisch kranke Menschen nicht diskriminiert. (2009)

Weiterlesen

Entgegen ausdrücklichem Wunsch berichtet

Die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung berichtet unter der Überschrift „Verletzte Lehrer schützen Schüler vor Amokläufer“ über das Verhalten der Lehrkräfte im Verlauf der Tragödie von Winnenden. Es geht in dem Beitrag auch um die psychologische Betreuung der Schüler. Zum Beitrag gehört eine Fotostrecke mit 13 Bildern, die Trauerszenen vor der Albertville-Realschule – dem Tatort – sowie von der Beerdigung des ersten Opfers zeigt. Grundlage ist die Beschwerde BK2-65/09. Darin wurde die Veröffentlichung der Fotos von der Beerdigung der Opfer des Amoklaufes kritisiert. Die Veröffentlichung sei entgegen dem offensichtlich erklärten Wunsch der Trauergemeinde erfolgt. Er sieht durch dieses Verhalten mehrere presseethische Grundsätze verletzt. Der Beschwerdeführer im genannten Fall kritisiert auch den Abdruck von Fotos, auf denen Schriftzüge wie „Film- und Fotografierverbot“ und „Lasst uns in Ruhe trauern“ zu lesen sind. Großaufnahmen von Sarg, Sargträgern und Trauergästen hält er für eine provokante Pietätlosigkeit. Da die Fotos unter anderem von Agenturen stammen, leitet der Presserat ein Beschwerdeverfahren gegen eine von ihnen ein. Die Agentur gibt keine Stellungnahme ab. (2009)

Weiterlesen

Unfallhelfer rückt sich in den Mittelpunkt

Unter der Überschrift „Wahrhaftig eine Heldentat“ berichtet eine Lokalzeitung über einen Verkehrsunfall, bei dem zwei Menschen starben. Ein vorbeikommender Autofahrer erzählt von seinen Rettungsversuchen und schildert dabei drastisch die Situation eines brennenden Mannes und sein eigenes Vorgehen zu dessen Rettung. Der Helfer wird im Bild gezeigt und sein Arbeitgeber genannt. Er selbst rückt immer stärker in den Mittelpunkt des Artikels. Eine Angehörige des Verbrannten sieht eine unangemessen sensationelle Darstellung des Unfallgeschehens durch die Wiedergabe der detaillierten Schilderungen des Helfers. Sie erkennt auch eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Toten, da er durch eine in der gleichen Ausgabe veröffentlichten Todesanzeige identifizierbar sei. Die Chefredakteurin der Zeitung berichtet, die Redaktion habe zunächst die Version des Feuerwehrpressewarts abgedruckt. Der Fall sei nochmals aufgegriffen worden, als der Helfer in einer E-Mail einen Bericht vom Unfall gab, der von der ersten Darstellung abwich. Man habe den Fall deshalb noch einmal aufgegriffen. Dabei sollte deutlich gemacht werden, wie schnell Autofahrer in eine Situation kommen können, die ihr Leben verändert, obwohl sie nicht unmittelbar betroffen sind. Gleichzeitig sollte auch vermittelt werden, welch enormen psychischen Belastungen Ersthelfer ausgesetzt sind. Dieser zweite Bericht habe in der Familie des Getöteten große Betroffenheit ausgelöst. Grund dafür sei, dass die Familie versucht hatte, die Todesumstände des zweiten Opfers vor dessen Vater geheim zu halten. Die Zeitung mit dem ersten Bericht, habe man beseitigt und dem Vater gesagt, dass an diesem Tag keine Zeitung gekommen sei. Dieser Plan sei aufgegangen, bis die Ausgabe mit dem zweiten Bericht im Briefkasten steckte. (2009)

Weiterlesen

Agentur-Fotografen arbeiteten zurückhaltend

In ihrer Online-Ausgabe berichtet eine überregionale Zeitung über einen offenen Brief der Familie des Amokläufers Tim K., in dem diese die Hinterbliebenen der Opfer von Winnenden um Entschuldigung bittet und ihnen ihr Mitgefühl bekundet. Der Beitrag ist begleitet von einer Fotostrecke, die Motive der Beerdigungen, der Trauerfeiern und der Gedenkstätten zeigt. Grundlage in diesem Fall ist die Beschwerde eines Lesers, der mit den Fotos die Persönlichkeitsrechte der Opfer und ihrer Angehörigen verletzt sieht. Mit erheblichem Aufwand sei versucht worden, die Opfer ohne Presse zu beerdigen. Trotz der Bitte auf Verzicht von Foto-, Video- und Tonbandgeräten seien auf dem Weg von der Kirche zum Friedhof Aufnahmen gemacht worden. Die meisten Beteiligten hätten nicht fotografiert werden wollen. Zum anderen hätten die dauernd betätigten Aufnahmegeräte einen Geräuschpegel erzeugt, der eher zu einem Presseempfang als zu einer würdigen Trauerfeier gepasst hätte. Die so entstandenen Fotos seien in dem kritisierten Bericht verwendet worden. Da bei drei der acht Fotos eine bestimmte Agentur als Quelle angegeben worden ist, hat der Presserat gegen diese ein Beschwerdeverfahren eingeleitet. Der Agentur-Chefredakteur stellt sich vor seine Fotografen und bescheinigt ihnen eine zurückhaltende Arbeitsweise. Sie hätten sich korrekt an die behördlichen Vorgaben gehalten. Er spricht im Zusammenhang mit der Berichterstattung von einem so fürchterlichen Verbrechen wie dem in Winnenden von einem „Drahtseilakt“. Dem begründeten Interesse der Öffentlichkeit an Bildern vom Geschehen stehe der zu respektierende Wunsch der Betroffenen gegenüber, in Ruhe gelassen zu werden. Vor allem bei den Trauerfeiern und Beerdigungen habe es klare Vorgaben der Einsatzleitung der Polizei gegeben. An diese hätten sich die Fotografen der Agentur strikt gehalten. So sei etwa bei der ersten Beerdigung in Winnenden ausdrücklich genehmigt gewesen, von einem Standort außerhalb des Friedhofs ein Foto der Sargträger auf dem Weg zur Grabstätte zu machen, jedoch keine Bilder von Angehörigen. Selbstverständlich hätten sich die Fotografen an diese Vorgabe gehalten. (2009)

Weiterlesen