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Agentur-Fotografen arbeiteten zurückhaltend

Chefredakteur: Berichterstattung wird zum „Drahtseilakt“

In ihrer Online-Ausgabe berichtet eine überregionale Zeitung über einen offenen Brief der Familie des Amokläufers Tim K., in dem diese die Hinterbliebenen der Opfer von Winnenden um Entschuldigung bittet und ihnen ihr Mitgefühl bekundet. Der Beitrag ist begleitet von einer Fotostrecke, die Motive der Beerdigungen, der Trauerfeiern und der Gedenkstätten zeigt. Grundlage in diesem Fall ist die Beschwerde eines Lesers, der mit den Fotos die Persönlichkeitsrechte der Opfer und ihrer Angehörigen verletzt sieht. Mit erheblichem Aufwand sei versucht worden, die Opfer ohne Presse zu beerdigen. Trotz der Bitte auf Verzicht von Foto-, Video- und Tonbandgeräten seien auf dem Weg von der Kirche zum Friedhof Aufnahmen gemacht worden. Die meisten Beteiligten hätten nicht fotografiert werden wollen. Zum anderen hätten die dauernd betätigten Aufnahmegeräte einen Geräuschpegel erzeugt, der eher zu einem Presseempfang als zu einer würdigen Trauerfeier gepasst hätte. Die so entstandenen Fotos seien in dem kritisierten Bericht verwendet worden. Da bei drei der acht Fotos eine bestimmte Agentur als Quelle angegeben worden ist, hat der Presserat gegen diese ein Beschwerdeverfahren eingeleitet. Der Agentur-Chefredakteur stellt sich vor seine Fotografen und bescheinigt ihnen eine zurückhaltende Arbeitsweise. Sie hätten sich korrekt an die behördlichen Vorgaben gehalten. Er spricht im Zusammenhang mit der Berichterstattung von einem so fürchterlichen Verbrechen wie dem in Winnenden von einem „Drahtseilakt“. Dem begründeten Interesse der Öffentlichkeit an Bildern vom Geschehen stehe der zu respektierende Wunsch der Betroffenen gegenüber, in Ruhe gelassen zu werden. Vor allem bei den Trauerfeiern und Beerdigungen habe es klare Vorgaben der Einsatzleitung der Polizei gegeben. An diese hätten sich die Fotografen der Agentur strikt gehalten. So sei etwa bei der ersten Beerdigung in Winnenden ausdrücklich genehmigt gewesen, von einem Standort außerhalb des Friedhofs ein Foto der Sargträger auf dem Weg zur Grabstätte zu machen, jedoch keine Bilder von Angehörigen. Selbstverständlich hätten sich die Fotografen an diese Vorgabe gehalten. (2009)