Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6739 Entscheidungen
In der Print- und in der Online-Ausgabe berichtet eine überregionale Zeitung unter der Überschrift „Frau des Polizisten gesteht die Bluttat“ über das Geständnis einer Frau, ihren Mann, einen Polizisten, getötet und zerstückelt zu haben. Die beiden werden als „Heike S.“ und „Thomas S.“ bezeichnet. Die Zeitung teilt mit, der Getötete sei Hundeführer gewesen. Im Artikel sind Details zum Engagement des Ehepaares in einem Schäferhundeverein sowie die Namen ihrer Zuchthunde enthalten. Ein Leser der Zeitung beanstandet, dass das Ehepaar durch die berichteten Details über das Internet problemlos zu identifizieren sei. Das verstoße gegen ihr Persönlichkeitsrecht. Laut Chefredaktion habe sich der Autor des Beitrages auf Angaben der Behörden gestützt. Die Details des Falles seien wegen der grausamen Tatumstände vor allem in der Region um den Tatort auf großes Interesse gestoßen. In Zeiten des Internets sei es einfach, die Identität von Personen zu erfahren. Dabei könne man auch Namen von Tätern und Opfern erfahren. Wolle man dies verhindern, dürfe im Umkehrschluss künftig kaum mehr über Details berichtet werden. Im konkreten Fall hätte man dann weder schreiben dürfen, dass es sich bei dem Opfer um einen Polizisten handelt, noch dass er Diensthundeführer gewesen sei oder aus einem gestimmten Ort gestammt habe. All diese Informationen hätten sich in sämtlichen Berichten von Zeitungen, Radio- und Fernsehsendern gefunden. Die Zeitung habe ebenfalls diese Informationen veröffentlicht und dabei – wie es die Richtlinie des Pressekodex fordert – die Namen der Beteiligten abgekürzt. Privatsphäre und öffentliches Interesse stünden stets in einem Spannungsverhältnis, so die Chefredaktion weiter. Allerdings könne sich die Berichterstattung nicht daran ausrichten, dass es einem auf Computerthemen spezialisierten professionellen Rechercheur wie dem Beschwerdeführer möglich sei, einen nach den üblichen Regeln der Berichterstattung geschriebenen Artikel zur Grundlage einer Internet-Recherche zu nehmen. Diese könne dann Informationen ergeben, die nicht in dem Artikel stünden. (2009)
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Die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins bringt eine Fotostrecke mit zwölf Motiven, in der ein Basketball-Magazin zehn überragende amerikanische Basketball-Nachwuchsspieler vorstellt. Eines der Bilder zeigt die Titelseite des Magazins. Darunter befindet sich ein Link mit dem Hinweis „Abo bestellen“. Ein User der Online-Ausgabe beschwert sich darüber, dass die Kennzeichnung als Anzeige unterblieben sei. Die Wiedergabe des Abo-Hinweises hätte dies geboten. Nach Auffassung des Justitiariats des Nachrichtenmagazins erfährt der User beim Anklicken der Fotostrecke vorab, dass die Auswahl der abgebildeten Spieler sich an einer Bewertung des Fachmagazins orientiere. Die Online-Ausgabe übernehme gelegentlich ganze Texte aus dem Basketball-Magazin, natürlich entsprechend gekennzeichnet und ohne Gegenleistung veröffentlicht. Es werde lediglich ein Link auf die Homepage der Fachzeitschrift angegeben. Wenn der Beschwerdeführer glaube, es handele sich um eine Anzeige, so treffe gerade dies nicht zu. (2009)
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Eine medizinische Fachzeitschrift veröffentlicht online unter der Überschrift „Neue PJ-Ausbildung in der Uniklinik Heidelberg“ ein Interview, das eine freie Mitarbeiterin mit drei Ärzten führt, die für die Ausbildung von Studenten im praktischen Jahr zuständig sind. Die drei Ärzte beschreiben in dem Gespräch, wie die Ausbildung abläuft. Die Beschwerdeführerin, die selbst gerade ein praktisches Jahr an der Uni absolviert, sieht in den Aussagen der Ärzte nicht die reale Ausbildungssituation wiedergegeben. Sie schreibt einen Online-Kommentar an die Fachzeitschrift, der auch veröffentlicht wird. Später wird dieser Kommentar jedoch entfernt. Stattdessen erläutert die Redaktion, dass der Beitrag aus verschiedenen Gründen gelöscht worden sei. Sie teilt mit, dass die Autorin des Kommentars von der Universität angebotene Klärungsgespräche abgelehnt habe. Die Beschwerdeführerin kritisiert aus ihrer Sicht falsche Darstellungen in dem Interview. Die ganze Veröffentlichung wirke wie ein PR-Beitrag. Sie kritisiert ferner, dass ihr Kommentar gekürzt und später gelöscht wurde. Eine Kürzung ohne Gegenlesen habe sie der Redaktion untersagt. Die nach der Löschung veröffentlichte Anmerkung der Redaktion enthalte falsche Aussagen, da sie entgegen der dort aufgestellten Behauptung sehr wohl mit den Verantwortlichen der Universität Gespräche geführt habe. Die Chefredaktion der Fachzeitschrift teilt mit, der Leserbrief der Beschwerdeführerin habe die Lehrenden der Uni und die Autorin des Interviews diffamiert. Deshalb habe man ihn entfernt. Die Redaktion sei an einem Treffen der Beschwerdeführerin mit den Verantwortlichen der Uni interessiert gewesen und hätte darüber auch einen Artikel veröffentlicht. Dann hätte die Kritik der Beschwerdeführerin auf „breiteren Füßen“ gestanden. Ein Treffen habe diese jedoch abgelehnt. (2009)
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung veröffentlicht unter der Überschrift „Polizist von seiner Frau zersägt“ einen Artikel über das Geständnis einer Frau (Heike S.), ihren Mann (Thomas S.), einen Polizisten und Diensthundeausbilder, getötet und zerstückelt zu haben. In der Dachzeile der Überschrift ist von einem „grausamen Mord“ die Rede. Im Text spricht das Blatt von einer „kaltblütigen Mörderin“. Der Beschwerdeführer, ein Leser der Zeitung, sieht eine Vorverurteilung durch die Verwendung des Begriffes „Mord“. Ob Mord vorliege, könne nur das Gericht entscheiden. Die Formulierung „kaltblütig“ verstärke zu dem die Vorverurteilung. Laut Rechtsabteilung der Zeitung ist Gegenstand der Beschwerde die Berichterstattung über ein Kapitalverbrechen und den Stand der Ermittlungen gegen die inhaftierte Täterin. Grundlage des Beitrages seien die Angaben, die die Frau in ihrem Geständnis gemacht habe. Bei den verwendeten Formulierungen handele es sich um zulässige Wertungen der Tatumstände. Eine Vorverurteilung durch die Verwendung des Begriffes „Mord“ liege nicht vor, da der Anklagevorwurf auf Mord laute und gegen die Täterin Haftbefehl wegen Mordes erlassen worden sei. Darüber hinaus verlange der Pressekodex in Richtlinie 13.1 von Journalisten ausdrücklich keine Bindung an exakte juristische Begriffe. (2009)
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„Nostalgie? Ja, bitte!“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über die Haltung von Jugendlichen zum Parlamentsneubau in der Landeshauptstadt Potsdam. Erwähnt wird eine Umfrage von Infratest-Dimap, nach der 68 Prozent der Jugendlichen zwischen 18 und 24 Jahren sich einen Neubau in Form des historischen Stadtschlosses wünschen. Fünf junge Leute kommen zu Wort, die sich für einen „historischen Neubau“ aussprechen. In der Unterzeile zum Beitrag heißt es: „Jugendliche fordern Rekonstruktion nach historischem Vorbild“. Ein Leser der Zeitung wendet sich an die Redaktion und an Infratest und bittet um genauere Angaben zur Umfrage. Die Redaktion meldet sich nicht. Allerdings erscheint kurz darauf ein weiterer Beitrag unter der Überschrift „Kontroverse Diskussion“. Darin wird mitgeteilt, dass sich im November 2006 eine Mehrheit der befragten 18- bis 24-Jährigen in einer Umfrage für den Neubau des Landtags auf dem Gelände des Stadtschlosses ausgesprochen hätte. Von Infratest erfährt der Beschwerdeführer, dass man dort keine entsprechende Umfrage finden könne. Die Redaktion habe Infratest gegenüber von einer Verwechslung mit einer Umfrage zum Berliner Stadtschloss gesprochen. Es gebe die in der Zeit veröffentlichten Umfrageergebnisse nicht. Der Beschwerdeführer sieht eine falsche und manipulierte Berichterstattung. Die Zeitung und hier besonders der Autor der Beiträge seien Befürworter des Stadtschloss-Nachbaus nach historischem Vorbild. Der erste Beitrag sei am Tag der Entscheidung über den Bau erschienen und sollte die Jury beeinflussen, die über Entwürfe zum Neubau befinden sollte. Der Autor habe sich schon früher für den Neubau in seinem Sinne ausgesprochen und sei politisch aktiv in dieser Sache tätig. Hier würden persönliche politische Interessen mit journalistischer Tätigkeit verquickt. Die Zeitung informiere auch nicht über Details der angeblichen Umfrage. Der später veröffentlichte Artikel sei keine Richtigstellung, so der Beschwerdeführer abschließend, da er nicht auf den ersten Bericht Bezug genommen habe. Der Chefredakteur weist den Vorwurf der Manipulation zurück. Der beanstandete Text erhebe nicht den Anspruch, eine repräsentative Umfrage wiederzugeben. Auslöser der Beschwerde sei ein Redigierfehler gewesen. Die Jugendlichen hätten – so stand es im Urtext – im Trend gelegen. Dabei habe sich der Autor jedoch auf eine Umfrage zum Berliner Stadtschloss bezogen. Die mit den örtlichen Gegebenheiten noch nicht so vertraute Volontärin, die den Beitrag druckfertig gemacht habe, habe „Berlin“ für einen Fehler gehalten und ohne Rücksprache „Potsdam“ daraus gemacht. (2009)
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Eine Wirtschaftszeitung veröffentlicht eine Beilage zum Thema Zeitarbeit. Das Heft enthält auf der Titelseite den Hinweis „Sponsored by …“ Die entsprechende Firma wird hier und im Heft wiederholt erwähnt. Mitarbeiter des Unternehmens kommen zu Wort; der Chef schreibt einen Kommentar. Die Beilage enthält drei Anzeigen des Unternehmens. Nach Auffassung einer Leserin wird nicht klar, inwieweit die Beilage von dieser Firma finanziert wurde. Sie kritisiert die wiederholte Erwähnung des Unternehmens in mehreren Beiträgen sowie dessen positive Darstellung. Die Zeitarbeitsbranche werde in der Beilage generell sehr positiv dargestellt. Wenn die Beilage nicht komplett als Anzeige bewertet werden solle, dann beinhalte sie Schleichwerbung. Die Rechtsvertretung der Zeitung bezeichnet die Beilage als redaktionelle Sonderveröffentlichung. Auf den redaktionellen Inhalt habe die als Sponsor genannte Firma keinen Einfluss gehabt. Durch den Hinweis auf der Titelseite werde für den Leser klar, dass die dort erwähnte Firma die redaktionell unabhängige Beleuchtung des Themas Zeitarbeit finanziell unterstützt habe. Als Gegenleistung seien in der Beilage drei ganzseitige Anzeigen, die als solche erkennbar seien, veröffentlicht worden. Darüber hinaus habe die Firma die Möglichkeit gehabt, im Rahmen eines Kommentars des Sponsors in die Thematik einzuführen. Auch dieser Kommentar sei entsprechend gekennzeichnet worden. Dem Vorwurf der Beschwerdeführerin, die als Sponsor auftretende Firma sei mehrmals in der Beilage erwähnt worden, hält die Rechtsvertretung entgegen, dass das Unternehmen in vielen Beiträgen nicht erwähnt worden sei. Sie betont, dass der redaktionelle Teil der Beilage ohne jegliche Einflussnahme des Sponsors produziert worden sei. Für den Leser sei durch Kennzeichnung und Gestaltung klar erkennbar, welche Bestandteile Anzeigen seien und welche unabhängige redaktionelle Berichterstattung. (2009)
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Unter der Überschrift „Wir Zappelkinder“ beschäftigt sich eine Zeitschrift mit der Verwendung des Medikaments Ritalin als Leistungsdroge. Eine Leserin ist der Auffassung, dass der Beitrag den Gebrauch des Medikaments verharmlost. Es werde Werbung für Stoffe gemacht, die dem Arzneimittelgesetz unterlägen. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift ist gegenteiliger Meinung und weist auf die eindeutig kritische Zustandsbeschreibung beim derzeitigen Umfang mit Ritalin und ähnlichen Medikamenten im Beitrag hin. Ziel des Artikels sei es, die teilweise schockierend offen praktizierte Sorglosigkeit im Umgang mit dem Medikament ohne „schrillen Alarmismus“ zu thematisieren und damit eine ernsthafte Grundsatzdiskussion zu fördern. Bereits die Überschrift verdeutliche, dass sich der Artikel auf satirisch kritische Weise mit dem Thema auseinandersetze. Gleich zu Anfang werde klar, dass es sich nicht um ein Randproblem von Medikamentenmissbrauch handele. Der Hauptteil des Artikels, so die Rechtsabteilung weiter, widme sich ausführlich den Risiken und Nebenwirkungen, Gefahren und Grundsatzproblemen von Ritalin und anderen Produkten. Da der Artikel eine ausgewogene Zustandsbeschreibung leisten wolle, kämen stellvertretend für das Denken vieler Studenten und anderer Konsumenten auch Personen zu Wort, die nach wie vor überzeugt von Ritalin seien. (2009)
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In einer Boulevardzeitung erscheinen mehrere Berichte über eine Malerin, die wegen Betruges zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden ist. Ihr Mann wurde zu einer Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt. Hier eine kleine Auswahl der Überschriften: „Hartz-IV-Betrug! Schöne Promi-Malerin zockt über 100.000 Euro ab“, „Nach Hartz-IV-Betrug! Malerin nun auch Sängerin“, „Hartz-IV-Betrug! Ankläger will härtere Strafe für schöne Malerin“. Die Zeitung nennt den Namen der Frau und veröffentlicht mehrere Fotos, darunter auch solche, die die Beschuldigte im Kreis von Prominenten zeigen. Ein Leser der Zeitung sieht die Frau an den Pranger gestellt und eine Kampagne gegen sie und ihre Familie. Die Rechtsabteilung des Boulevardblattes bedauert, dass der Beschwerdeführer nicht mitteilt, welche presseethischen Grundsätze er verletzt sieht. In einem Brief an die Redaktion habe er die Berichterstattung als „charakterlos, rücksichtslos, schamlos und menschenverachtend bezeichnet“. Die Malerin, so die Rechtsabteilung, bezeichne sich selbst als „erfolgreiche Global Playerin mit zahlreichen Kunden aus Wirtschaft, Politik und Adel“. Sie tauche durch eine Buchveröffentlichung und Kunstwerken an öffentlichen Gebäuden immer wieder in der Öffentlichkeit auf und lasse sich in den Medien feiern. Wenn angesichts dieser Umstände offenbar werde, dass sie und ihr Mann vorsätzlich betrogen und mehr als 100.000 Euro staatliche Unterstützung erschlichen hätten, dann müsse sie akzeptieren, dass darüber berichtet werde. Insgesamt sieht die Rechtsabteilung der Zeitung keinen Verstoß gegen den Pressekodex. Das öffentliche Auftreten der Malerin rechtfertigte es im konkreten Fall, dass ihr Fehlverhalten öffentlich gemacht worden sei. (2009)
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„Alles, nur nicht zweite Wahl“ titelt eine Fernsehzeitschrift. Die Überschrift steht über einem Interview mit einem „Experten für Pflanzenheilkunde“. In seiner letzten Antwort weist dieser auf ein bestimmtes Produkt hin und fügt auch gleich noch die Internetadresse hinzu. Nach Auffassung des Beschwerdeführers im Fall BK2-53/09 handelt es sich bei der Veröffentlichung um nicht als Anzeige gekennzeichnete Werbung. Der Interviewte fungiere auf der von ihm genannten Website als Experte und vertreibe offenbar das von ihm genannte Produkt. Der Beschwerdeführer im Fall BK2-54/09 argumentiert in gleicher Weise. Die Chefredaktion der Zeitschrift teilt mit, im Vordergrund des kritisierten Interviews hätten allgemeine Fragen gestanden. Der Experte habe ein bestimmtes Produkt beispielhaft erwähnt. Dieses sei zum Zeitpunkt der Veröffentlichung gerade ein halbes Jahr auf dem Markt gewesen. Es verfüge über eine Reihe signifikanter Alleinstellungsmerkmale. Deshalb sei aus redaktioneller Sicht eine Erwähnung zu rechtfertigen gewesen. Einen Verweis auf weiterführende Internetseiten erlaube man sich in nahezu jedem Artikel. Dies sei bei vielen Zeitungen und Illustrierten mittlerweile üblich. (2009)
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Unter der Überschrift „Die Unsterblichkeit des Amok-Täters“ kommentiert der Chefredakteur einer Sonntagszeitung die Bluttat von Winnenden. Dem Beitrag beigestellt ist das Foto eines jungen Mannes, der nicht der Amok-Täter ist. Es gibt keinen Hinweis auf die Identität des Jugendlichen. Beschriftet ist das Foto lediglich durch die Überschrift und den Vorspann: „Die Unsterblichkeit des Amok-Täters – Tim K. wusste wohl, dass er schon Stunden nach seiner Tat auf immer in die Hall of Fame des Verbrechens eingehen würde. Mit seiner Tat hat er die große Erzählung vom Amok weitergesponnen. Dass er das konnte, ist auch eine Folge von medialer Demokratisierung“. Ein Leser der Zeitung hält das für eine Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht. Die Zeitung sorge durch die von ihr gewählte Aufmachung dafür, dass der unbefangene Leser den abgebildeten jungen Mann für den Amokläufer Tim K. halten müsse. Das Foto sei jedoch im Verlauf einer Trauerfeier in Winnenden entstanden und zeige einen der Trauernden. Die Zeitung hat ihren Fehler trotz mehrerer Hinweise nicht korrigiert. Nach Darstellung der Rechtsabteilung der Zeitung hat es keine Foto-Verwechslung gegeben. Die Redaktion habe Trauer und Hilflosigkeit bebildern wollen, die die Tat hinterlassen habe und die in dem Gesichtsausdruck des im Bild gezeigten jungen Mannes zum Ausdruck komme. Die Bebilderung sei unglücklich gewählt. Das Foto hätte mit einem separaten Bildtext versehen werden müssen, um jeden noch so geringen Zweifel an der Identität der gezeigten Person auszuschließen. Dies sei bedauerlicherweise nicht geschehen. Ein Hinweis in der folgenden Ausgabe sei unterblieben, da die Redaktion davon überzeugt gewesen sei, dass Mediennutzer das Aussehen des Amokläufers Tim K. schon vor dem Erscheinen der Sonntagszeitung gekannt hätten. Insofern gehe man im Gegensatz zum Beschwerdeführer davon aus, dass mit der Seitenoptik kein falscher Eindruck entstanden sei. Somit sei auch keine Korrektur erforderlich gewesen. Der Junge auf dem Foto habe sich auch nicht beschwert. (2009)
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