Foto gibt Anlass zur Verwirrung
Bild eines Trauernden illustriert Geschichte über Amokläufer Tim K.
Unter der Überschrift „Die Unsterblichkeit des Amok-Täters“ kommentiert der Chefredakteur einer Sonntagszeitung die Bluttat von Winnenden. Dem Beitrag beigestellt ist das Foto eines jungen Mannes, der nicht der Amok-Täter ist. Es gibt keinen Hinweis auf die Identität des Jugendlichen. Beschriftet ist das Foto lediglich durch die Überschrift und den Vorspann: „Die Unsterblichkeit des Amok-Täters – Tim K. wusste wohl, dass er schon Stunden nach seiner Tat auf immer in die Hall of Fame des Verbrechens eingehen würde. Mit seiner Tat hat er die große Erzählung vom Amok weitergesponnen. Dass er das konnte, ist auch eine Folge von medialer Demokratisierung“. Ein Leser der Zeitung hält das für eine Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht. Die Zeitung sorge durch die von ihr gewählte Aufmachung dafür, dass der unbefangene Leser den abgebildeten jungen Mann für den Amokläufer Tim K. halten müsse. Das Foto sei jedoch im Verlauf einer Trauerfeier in Winnenden entstanden und zeige einen der Trauernden. Die Zeitung hat ihren Fehler trotz mehrerer Hinweise nicht korrigiert. Nach Darstellung der Rechtsabteilung der Zeitung hat es keine Foto-Verwechslung gegeben. Die Redaktion habe Trauer und Hilflosigkeit bebildern wollen, die die Tat hinterlassen habe und die in dem Gesichtsausdruck des im Bild gezeigten jungen Mannes zum Ausdruck komme. Die Bebilderung sei unglücklich gewählt. Das Foto hätte mit einem separaten Bildtext versehen werden müssen, um jeden noch so geringen Zweifel an der Identität der gezeigten Person auszuschließen. Dies sei bedauerlicherweise nicht geschehen. Ein Hinweis in der folgenden Ausgabe sei unterblieben, da die Redaktion davon überzeugt gewesen sei, dass Mediennutzer das Aussehen des Amokläufers Tim K. schon vor dem Erscheinen der Sonntagszeitung gekannt hätten. Insofern gehe man im Gegensatz zum Beschwerdeführer davon aus, dass mit der Seitenoptik kein falscher Eindruck entstanden sei. Somit sei auch keine Korrektur erforderlich gewesen. Der Junge auf dem Foto habe sich auch nicht beschwert. (2009)