Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Musikschüler namentlich kritisiert

Eine Regionalzeitung berichtet im Rahmen der Kooperation zwischen einer Musik- und einer Grundschule über eine Veranstaltung. Schüler treten auf. Die Zeitung nennt in ihrem Artikel zwei junge Musiker mit Namen und schreibt, sie hätten ihren Auftritt wohl auf die leichte Schulter genommen. Auch die Wiederholung einer misslungenen Vorstellung sei danebengegangen. Der stellvertretende Leiter der Schule habe dazu festgestellt, dass die beiden wohl mehr üben müssten. Der Vater eines der beiden Kinder sieht eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte sowie der Menschenwürde seines Sohnes und dessen Freundes. Die Darstellung durch die Zeitung sei ehrverletzend. Die Zeitung habe unkritisch die Äußerung des stellvertretenden Schulleiters wiedergegeben. Sie hätte hinterfragen müssen, in welchem Umfang die beiden Jungen überhaupt hätten üben können. Der Chefredakteur der Zeitung stellt fest, dass die schriftliche Einladung zur üblichen Präsentation der Musikschüler allen Interessenten mit Programm und vollständigen Namen der Mitwirkenden zugänglich gewesen sei. Ziel der Veranstaltung sei es gewesen, ein Bild von den Ausbildungsmöglichkeiten der Schule zu zeichnen. Dabei habe der Autor mit Formulierungen wie „allzu sehr auf die leichte Schulter“ bis „Krönung der Saalstunde“ das Spektrum des Ausbildungsstandes verdeutlichen wollen. Die Formulierung „allzu sehr auf die leichte Schulter“ verletze keine Rechtsgüter der Kinder, zumal der stellvertretende Musikschulleiter die reale Stimmung vor Ort mit den Worten „Ihr hattet euren Spaß“ trefflich geschildert habe. Es sei um Spaß und nicht um unbefriedigende Leistungen gegangen. Der Autor des kritisierten Beitrages äußert sich ebenfalls. Die Bemerkung des stellvertretenden Musikschulleiters „Ihr hattet euren Spaß, aber ihr müsst mehr üben“ sei in aller Öffentlichkeit vor dem Publikum gefallen, nachdem die beiden Jungen ihren Beitrag wiederholt und sich dabei ebenfalls verspielt hätten.

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Foto vermittelt einen unbelegten Eindruck

Eine Zeitung veröffentlicht einen Beitrag unter dem Titel „Kriminelle in Hamburg ausgebildet“. Die Redaktion interviewt einen Journalisten, der die Zusammenarbeit der Führungsakademie der Bundeswehr mit Diktaturen, hier der in Guinea, kritisiert. Zum Beitrag gehört ein Foto, das zwei Offiziere aus Guinea und den Präsidenten des Freundeskreises ausländischer Offiziere zeigt. Im Bildtext heißt es, dass ein halbes Jahr vor Entstehen des Fotos vom Regime in Guinea 150 Oppositionelle getötet worden seien. Der Journalist stellt im Hinblick auf den Freundeskreispräsidenten fest: „Also, ich hätte mich mit denen nicht fotografieren lassen.“ Eine Nutzerin der Online-Ausgabe stellt in ihrer Beschwerde fest, dass auf dem Foto ihr Freund zu sehen sei, der in Deutschland eine Bundeswehr-Ausbildung und ein Elektronikstudium absolviert habe. Das veröffentlichte Bild sei zum Zeitpunkt der aktuellen Berichterstattung etwa ein Jahr alt gewesen und bei einer anderen Veranstaltung aufgenommen worden. Nun sei es erneut – diesmal in einem negativen Kontext und ohne Rückfrage bei den Abgebildeten – publiziert worden. Die Frau betont, dass ihr Lebenspartner weder etwas mit der Führungsakademie der Bundeswehr noch mit den beschriebenen Vorgängen in Guinea zu tun habe. Zu dem Foto teilt die Rechtsabteilung der Zeitung mit, dass eine Beteiligung des Lebensgefährten der Beschwerdeführerin an dem geschilderten Massaker nicht behauptet werde. Auch ein Bezug zu ihm werde nicht hergestellt. Nach Auskunft des Autors des Artikels vergibt das Auswärtige Amt die „Ausbildungsplätze“ an der Bundeswehr-Universität an vorgeschlagene Kandidaten der Herkunftsländer. Da die Auswahl von den Regimes selbst vorgenommen werde, stellten sie sicher, dass ihnen die Ausbildung in Deutschland später einmal zugutekommen werde. Nur dies sei der Grund dafür gewesen, warum der interviewte Journalist gesagt habe, dass er sich mit Offizieren des Guinea-Militärs nicht hätte fotografieren lassen wollen. Die Redaktion ist der Auffassung, dass das kritisierte Foto berechtigterweise zur Illustration des kritischen Artikels verwendet werden konnte, auch wenn es bei einem anderen Anlass aufgenommen worden sei.

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Persönlichkeitsrechte von Jungunternehmer verletzt

Unter der Überschrift „Leidet Julius (…) (16) am Münchhausen-Syndrom?“ berichtet die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung über einen mit Bild vorgestellten Jungen, der vermutlich in einer Scheinwelt lebe und sich als erfolgreicher Jungunternehmer ausgebe. Zu dem Fall wird ein namentlich genannter Psychologe befragt, der meint, das Verhalten deute auf eine multiple Persönlichkeitsstörung hin. Liege auch ein krankhafter Hang zum Lügen vor, spreche man vom Münchhausen-Syndrom. Die Zeitung schreibt, der Fall sei nun den Ermittlungs- und Obhutsbehörden zur Überprüfung vorgelegt worden. Zunächst müsse festgestellt werden, ob der junge Mann psychisch krank sei. Ein Leser der Zeitung kritisiert, die Zeitung habe einen spekulativen Bericht über die mutmaßliche psychische Krankheit eines 16-Jährigen veröffentlicht und dabei auch seinen vollen Namen genannt. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass es sich bei dem jungen Mann um einen Unternehmer handele, der Vorstandsvorsitzender einer Firma mit mehr als 70 Mitarbeitern in fünf Geschäftsbereichen sei. Er sei vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie ausgezeichnet worden. Außerdem sei er Geschäftsführer eines Medieninstituts. Aufgrund seines Lebenslaufes hätten die Medien immer wieder über ihn berichtet. Aufgrund der Vorwürfe, über die die Zeitung berichtet habe, seien mehrere Strafanzeigen gegen den Jungunternehmer gestellt worden. Der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft habe dem Autor des Beitrages bestätigt, dass die Ermittlungen noch liefen und aufgrund ihres Umfangs mehr Zeit erforderten. Der beschriebene Jungunternehmer, so die Rechtsabteilung abschließend, suche trotz der erhobenen Vorwürfe weiterhin die Öffentlichkeit. Auch andere Medien hätten mit vollem Namen und mit unverfremdeten Bildern über den Fall berichtet.

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Streit um Interessen unter der Sonne

„Verfahrenes Verfahren“ titelt eine Zeitschrift im Oktober 2011. Es geht um Konflikte in der Solarenergiebranche. Diese entzünden sich am RAL-Gütezeichen Solar, einem Qualitätsstandard für Solaranlagen. Die Redaktion berichtet über einen offenen Brief, den die Fachausschüsse der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) an alle Unternehmen geschrieben haben, die als Mitglieder der RAL-Gütegemeinschaft Solaranlage das Gütesiegel tragen. In dem Brief wird der Entwurf für die neuen Güte- und Prüfbestimmungen des Gütezeichens stark kritisiert. Beschwerdeführer ist der Vorstand der RAL-Gütegemeinschaft Solarenergieanlagen e.V., der der Redaktion Verstöße gegen die Ziffern 2 (Journalistische Sorgfaltspflicht) und 6 (Trennung von Tätigkeiten) vorwirft. Der Hauptvorwurf: Die Redaktion habe mit keinem der Beteiligten gesprochen (RAL Gütegemeinschaft Solarenergieanlagen, Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie, RAL Institut für Güte- und Prüfbestimmungen). Sie hätte recherchieren müssen, ob die Vorwürfe der Fachausschüsse stimmen. Die Redaktion könne außer dem offenen Brief eines Landesverbandes der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) vom Juli 2011 keine weitere Quelle vorweisen. Dieser Brief sei vom Bundesvorstand der DGS sofort zurückgenommen worden. Der Inhalt des zurückgezogenen Schreibens sei von der Redaktion wahrheitswidrig als Verfahrensstand vom Oktober 2011 dargestellt worden. Die RAL Gütegemeinschaft Solarenergieanlagen wirft dem Verlag zudem vor, den Umsatz der eigenen Qualitätssicherungsabteilung steigern zu wollen. Der Verlag biete eigene Qualitätstest und Testdienstleistungen an. Der Autor des kritisierten Beitrages werbe seit Jahren für das verlagseigene Gütezeichen. Dieses solle als angebliches unabhängiges Gütezeichen am Markt aufgebaut werden. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift erläutert, in dem fraglichen Beitrag gehe es um eine vereinsinterne Auseinandersetzung zwischen DGS und RAL Gütegemeinschaft. Die Redaktion stütze ihre Behauptungen auf den offenen Brief eines Mitgliederverbandes. Eine weitere Quelle sei die Aussage eines DGS-Mitarbeiters, der anonym bleiben wolle. Er habe der Redaktion gegenüber Interna glaubwürdig dargelegt. Die Rechtsabteilung hätte es jedoch für angemessen gehalten, wenn die Redaktion alle Beteiligten zum Thema befragt hätte. Dies habe sie im Nachhinein erkannt. Den Vorwurf, die Zeitschrift wolle mit dem Artikel das RAL-Gütezeichen zugunsten des eigenen Qualitätstest schwächen, weist der Verlag zurück. Die Zeitschrift veröffentliche und bewerte nur Testergebnisse. Ein Prüfsiegel verleihe die Zeitschrift nicht. Sie führe auch keine Qualitätstests durch. Solche würden von einer unabhängigen Firma ausgeführt (deren Name enthält allerdings den Titel der Zeitschrift, d. Red.).

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Halbnackte Frau zu schnell unterwegs

„Nackte Raserin überrascht Polizei“ – unter dieser Überschrift berichtet eine überregionale Zeitung in ihrer Online-Ausgabe mit einem Video über eine Frau, die in den USA mit überhöhter Geschwindigkeit in ihrem Auto unterwegs war. Als sie die flotte Fahrerin stoppten, seien die Polizisten verblüfft gewesen: Sie sei halbnackt am Steuer gesessen. Im Beitrag wird der Name der Frau genannt. Sie ist auf einem beigestellten Bild identifizierbar dargestellt. Ein Leser der Zeitung sieht Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte) verletzt, da die Frau mit vollen Namen genannt und mit einem unverfremdeten Foto gezeigt werde. Diese Art der Darstellung – so der Beschwerdeführer – sei unzulässig. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, dass die Redaktion den Beitrag von einer amerikanischen Fernsehgesellschaft übernommen habe. Das Video zeige eine in den USA verübte Straftat und verstoße nicht gegen die dort üblichen presseethischen Grundsätze. Im Original sei das Video weltweit abrufbar. Die Redaktion habe deshalb nachträgliche Anonymisierung nicht für erforderlich gehalten.

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Die „Aktion“, die keine „Umfrage“ war

Eine Regionalzeitung informiert über die Sieger der Aktion „Unsere Besten“. Die Redaktion hatte Leser aufgerufen, Namen von Leuten zu nennen, die aus ihrer Sicht in ihrer Stadt besonders wichtig sind. Aus den Vorschlägen wurde eine Auswahl getroffen. Zum Abschluss trafen die Leser ihre Entscheidung. Als „Sieger“ präsentiert die Zeitung den nach der Love-Parade-Katastrophe umstrittenen Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass die Redaktion keine Details über das Zustandekommen des Votings mitteilt. Der Leser erfahre nicht die Zahl der Teilnehmer und nichts über das Abstimmungsverhältnis innerhalb des Kreises der vorgeschlagenen Kandidaten. Der Beschwerdeführer hält Ziffer 2 des Pressekodex, Richtlinie 2.1 (Umfrageergebnisse) für verletzt. Der Chef vom Dienst der Zeitung hält dem Beschwerdeführer eine falsche Argumentation entgegen. Es sei falsch, dass die Berichterstattung der Zeitung auf eine Umfrage zurückgehe. Richtig sei, dass eine „Aktion“ dem Artikel zugrunde liege. Davon hätte sich der Leser ohne große Mühe überzeugen können. Zur Stärkung der Leser-Blatt-Bindung habe die Redaktion die Leser von Lokalausgaben der gedruckten Zeitung aufgefordert, den „Besten“ oder die „Beste“ der jeweiligen Stadt zu benennen. Danach seien die von den Lesern Genannten ausführlich porträtiert worden. Dann sei gefragt worden, wer denn der „Beste“ oder die „Beste“ insgesamt sei. Die „Aktion“ sei keine „Umfrage“ gewesen. Der Chef vom Dienst vermutet, dass es sich bei der Beschwerde um die späte Folge einer Debatte in Duisburg gehandelt habe. Die Wahl des umstrittenen Oberbürgermeisters zum besten Duisburger habe nämlich bundesweites Aufsehen erregt. Ein Nachrichtenmagazin habe seinerzeit berichtet, über die Zeitung sei ein „Shitstorm“ (früher hätte man „Protestlawine“ gesagt) hereingebrochen.

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Lokale Diskussion ohne Namen geführt

Eine Regionalzeitung publiziert Stellungnahmen von Nutzern der Online-Plattform der Zeitung. Die Leser sagen kritisch ihre Meinung zu einem Kunstquartier in der Stadt. Weder die Namen der Verfasser noch ihre Online-Nutzernamen werden genannt. Ein Leser der Zeitung vermisst die Namensnennung und leitet aus dieser Tatsache einen Verstoß gegen Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht) ab. In anderen Zeitungen würden sogar spezielle Usernamen im Online-Bereich nicht mehr akzeptiert. Nach Mitteilung des Chefredakteurs der Zeitung handelt es sich bei den veröffentlichten Leserbeiträgen um Reaktionen auf die Berichterstattung über ein in der Stadt angesiedeltes Museum. Dieses sei zum dritten Mal in Folge im Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler erwähnt worden. Wie sehr das Thema die Bevölkerung bewege, zeige die große Anzahl von Kommentaren, die innerhalb von zwei Tagen auf dem Internetportal der Zeitung eingegangen seien. Es sei Aufgabe der Medien, diese Debatte abzubilden. Deshalb habe die Redaktion Teile der Online-Kommentare auf der lokalen Meinungsseite veröffentlicht und mit Hilfe einer Rubrik klar gekennzeichnet, dass es sich um Beiträge aus dem Internet handele. Der Chefredakteur stellt fest, es sei übliche Praxis im Netz, Alias-Namen zu verwenden. Es sei also auch zulässig, so auf der Internet-Plattform der Zeitung zu verfahren. Im konkreten Fall habe die Printredaktion sich bewusst dagegen entschieden, diese Alias-Namen in die Autorenzeile der Kommentare zu nehmen. Sie habe aber die Quelle durch eine entsprechende Rubrik deutlich gemacht. Die Online-Nutzer seien den journalistisch Verantwortlichen durch ihre Registrierung bekannt. Der Chefredakteur schließt seine Stellungnahme mit dem Hinweis ab, dass eine Veröffentlichung in der Print-Ausgabe nicht zu beanstanden sei, da damit abgebildet werde, welche Diskussionen zunehmend auf den Internet-Plattformen geführt würden. Dürften solche Debatten nicht übernommen werden, wäre ein vollständiges Abbilden lokalen Lebens nicht oder nur unter größten Mühen möglich.

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Schnelle Korrektur ist Kodex-konform

„Was noch fehlt, ist ein Geständnis“ titelt eine Regionalzeitung. Im Beitrag geht es um die Ermittlungen um die Ermordung einer Polizistin in Heilbronn Jahre zuvor. Die Polizei habe im ausgebrannten Wohnmobil der beiden Bankräuber von Eisenach die Waffen der jungen Beamtin und ihres Kollegen gefunden. Auch andere Beweisstücke deuteten darauf hin, dass die beiden Männer die Mörder von Heilbronn gewesen sein könnten. Die Zeitung nennt den vollen Namen einer möglichen Komplizin der beiden. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Namensnennung. Ihr Persönlichkeitsrecht werde dadurch verletzt. Ein besonderes Informationsinteresse an der Nennung sei nicht gegeben. Auch sei kein weiterer Ausnahmetatbestand zu erkennen, der die Angabe rechtfertigen könnte. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sei die Frau wegen des Tötungsdeliktes an der Polizeibeamtin nicht tatverdächtig gewesen. Dies habe die zuständige Staatsanwaltschaft am Tage der Veröffentlichung mitgeteilt. Der stellvertretende Chefredakteur stellt klar, es sei richtig, dass auf der Onlineseite der Name der Frau nicht abgekürzt worden sei. Dies sei erst aufgefallen, nachdem die Chefredaktion die Printausgabe abgenommen und dabei angewiesen habe, den auch dort noch vollständigen Namen abzukürzen. Diese Anweisung sei auf der monierten Onlineseite sofort umgesetzt worden.

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Frau hat Einverständnis nicht gegeben

Die Flucht eines Ehepaares aus der einstigen DDR ist Thema in einer Regionalzeitung. Der Artikel erscheint unter der Überschrift „Operationsvorgang Schleuser“. Der Verfasser hat mit dem Ehemann gesprochen. Der Vor- und Zuname der Ehefrau wird ebenso genannt wie ihr Geburtsname. Sie sei Englischlehrerin in einer Stadt in der DDR gewesen. Zum Beitrag gestellt ist ein Bild, das die Eheleute mit den gemeinsamen Kindern zeigt. Die Ehefrau beschwert sich beim Presserat. Sie kritisiert die Zeitung, die über sie mit persönlichen Einzelheiten berichtet habe, ohne ihr Einverständnis einzuholen. Die Redaktion teilt mit, der Artikel über die Flucht sei nach einer längeren schriftlichen und mündlichen Kontaktaufnahme mit dem Ehemann zustande gekommen. Dabei sei der Eindruck entstanden, dass die mittlerweile geschiedenen Eheleute nach wie vor in Kontakt stünden. Der Autor habe das Einverständnis der Ehefrau zur Nennung persönlicher Details vorausgesetzt. Sicherheitshalber habe er den direkten Kontakt zu der Frau gesucht und ihr schriftlich ein Gespräch angeboten, in dem die Nennung von persönlichen Einzelheiten geklärt werden sollte. Sie habe auf den Brief nicht reagiert.

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Familie versteckt sich vor einem Verbrecher

Gedruckt und online berichtet eine Boulevardzeitung über die Ermittlungen im Fall der Tochter eines Brandenburger Unternehmers, die Opfer eines Anschlages am Stadtrand von Berlin geworden war. Die Zeitung zeigt Mutter und Tochter auf dem Weg zur Befragung bei der Mordkommission. Weil sich die Millionärsfamilie aus Angst vor weiteren Anschlägen in der Hauptstadt verstecke, leiste die Berliner Mordkommission Amtshilfe für die Kollegen aus Brandenburg. Die Familie solle für Befragungen nicht immer zur Mordkommission nach Frankfurt/Oder fahren müssen. Die Zeitung berichtet, ein Mann in Tarnkleidung habe zweimal versucht, in ein Wohnhaus in Berlin-Charlottenburg zu gelangen, in dem sich ein Familienmitglied verstecke. Die Bewacher hätten versäumt, die Personalien des Mannes aufzunehmen. Daraufhin sei die „Schutzperson“ in ein Luxushotel umgezogen. Andere Familienmitglieder seien in einer Villa untergekommen. Sie stünden unter dem Schutz von sechs Polizeibeamten. Die Familie kritisiert, dass die Zeitung ihre Aufenthaltsorte genannt habe. An diesen Informationen bestehe kein öffentliches Interesse. Die Rechtsvertretung der Familie sieht jedenfalls keines, dass das schützenswerte Interesse der Opfer an ihrer Sicherheit überwiegen könnte. Bislang sei nur bekannt gewesen, dass die Familie ihr Wohnhaus verlassen habe. Sie hätte sich überall auf der Welt aufhalten können. Die Zeitung habe mit ihrer Berichterstattung auch die mutmaßlichen Täter über den erweiterten Aufenthaltsort der Familie informiert. Die Rechtsvertretung der Zeitung geht von einem zeitgeschichtlichen Ereignis aus, das die vorliegende Berichterstattung rechtfertige. Der Unternehmer habe von sich aus die Öffentlichkeit gesucht und den Medien für Fragen zur Verfügung gestanden. Er habe öffentlichkeitswirksam eine Belohnung für Hinweise ausgelobt, die zur Ergreifung des Täters oder der Täter führen. Dies zeige, dass sich die Betroffenen in dieser Sache ein Stück weit ihrer Privatsphäre entledigt hätten. Die abgedruckten Bilder – so die Rechtsvertretung weiter – stünden im unmittelbaren Zusammenhang mit der Tat. Das Foto von den beiden Frauen auf dem Weg zur Mordkommission sei von hinten aufgenommen und zusätzlich gepixelt worden. Die Zeitung hält ihre Vorgehensweise auch unter diesem Gesichtspunkt für richtig. Aus dem Text ergebe sich nicht, dass sich die Familie in Berlin aufhalte. Thema des Artikels sei lediglich, dass auch Berliner Polizisten zum Personenschutz eingesetzt worden seien. Ein Rückschluss auf das damalige Versteck der Familie sei durch den Beitrag nicht möglich.

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