Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Merkwürdiges passiert in der „Linie Sex“

Eine Boulevardzeitung berichtet über eine betrunkene Frau, die sich in einer U-Bahn den übrigen Fahrgästen hemmungslos präsentiert. Die Überschrift des Beitrages lautet: „Linie Sex: Peep Show in der U-Bahn“. Die Zeitung veröffentlicht online eine Fotostrecke. Die Motive zeigen die Frau, als sie sich mit hochgezogenem Rock präsentiert. Es sind Standbilder eines Videos, das auf der Internet-Seite ebenfalls abrufbar ist. Ein Leser der Zeitung sieht die Ziffer 11 des Pressekodex (Sensationsberichterstattung, Jugendschutz) verletzt. Auf den Fotos und auf dem Video sei der Genitalbereich der Frau zu sehen. Die Zeitung werde auch von Kindern gelesen. Die Rechtsabteilung des Verlags widerspricht dem Beschwerdeführer. Die Fotos zeigten ebenso wie das Video eine junge Frau, die in der U-Bahn tanzt und singt. Das Video veranschauliche das Ereignis für den Leser. Der überraschende Vorfall habe sich in aller Öffentlichkeit zugetragen. Eine unangemessen sensationelle Darstellung oder eine Herabwürdigung der Frau als Objekt sei nicht zu erkennen. Für den Beschwerdeführer möge das Video anstößig sein, weil es nicht seinen Moralvorstellungen entspreche. Es handele sich jedoch nicht um Pornografie. Sexuelle Handlungen würden nicht gezeigt.

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Redaktion zeigt ein falsches Haus

Eine Zeitung berichtet über einen Inzest- und Kindesmissbrauchsfall. Der 48-jährige Vater einer ländlichen Großfamilie soll sich zusammen mit seinen 16 und 18 Jahre alten Söhnen mehrfach an seinen Töchtern vergangen haben. Dem Bericht unter der Überschrift „Haftbefehl erlassen“ ist ein Foto beigestellt, auf dem ein Wohnhaus zu sehen ist. Im Bildtext wird der Ort genannt, in dem das Haus steht. Die Bewohner dieses Gebäudes wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Sie teilen mit, dass die Zeitung ein falsches Haus zeigt. Zwar befinde sich das Haus der im Bericht genannten Großfamilie am gleichen Ort, jedoch an einer ganz anderen Stelle. Die Beschwerdeführer werfen der Zeitung einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex vor. Sie beklagen einen erheblichen Leidensdruck, dem sie seit der Veröffentlichung ausgesetzt sind. Die Rechtsabteilung des Verlages sieht die Beschwerde als unbegründet an. Nachdem die Redaktion auf das falsche Foto hingewiesen worden sei, habe sie das Bild in ihrer Online-Ausgabe sofort gegen ein Symbolfoto ausgetauscht. Die Rechtsabteilung habe sich bei den Beschwerdeführern entschuldigt. Sie bedauert die Verwechslung. Die Redaktion habe sich auf die Agentur verlassen, die das Foto zur Verfügung gestellt habe.

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Ein Ticket kaufen, eins extra dazu

Die Aktion einer Privatbahn, Kunden, die ein Ticket kaufen, ein zweites kostenlos dazu zu geben, ist Thema in einer Regionalzeitung. Ein Leser kritisiert, dass in dem Beitrag eine Trennung zwischen redaktionellem und werblichem Inhalt nicht erkennbar sei. Er sieht damit Ziffer 7 des Pressekodex verletzt. Der Leiter der Lokalredaktion weist darauf hin, dass die Veröffentlichung weder von dritter Seite bezahlt worden sei, noch geldwerte Vorteile oder ein Kopplungsgeschäft vorlägen. Er teilt mit, dass auf der ersten Lokalseite unter einer festen Rubrik täglich Nachrichten erscheinen, die positiv auf den neuen Tag einstimmen sollen. Im konkreten Fall sei unter Servicegesichtspunkten auf das Angebot eines privaten Bahnbetreibers hingewiesen worden. Eine übermäßig werbende oder überschwängliche Formulierung sei in dem Beitrag nicht enthalten.

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Massive Vorwürfe gegen Polizisten

„Außer Kontrolle“ steht über einem Artikel, in dem eine überregionale Zeitung über die Festnahme einer Frau berichtet. Diese erhebt den Vorwurf, bei einer Polizeikontrolle geschlagen und gedemütigt worden zu sein. Die zuständige Polizeipräsidentin stelle sich schützend vor ihre Beamten, heißt es im Beitrag. Die beiden Polizisten, die die schwer alkoholisierte Frau festgenommen hätten, seien von dieser angegriffen worden. Daraufhin habe die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt. Beschwerdeführerin ist die Polizeipräsidentin. Nach ihrer Auffassung hat die Zeitung Ziffer 2 des Pressekodex verletzt, da sie der journalistischen Sorgfaltspflicht nicht gerecht geworden sei. Weder die Polizisten noch ihre vorgesetzte Dienststelle hätten Gelegenheit gehabt, zu den massiven Vorwürfen Stellung zu nehmen. Die Redaktion zitiere lediglich aus einem Brief an die betroffene Frau, der bereits einige Wochen alt sei. Die Polizeipräsidentin sieht sich nicht korrekt zitiert. Zudem habe die Zeitung gegen die Kodexziffern 8 (Persönlichkeitsrechte) und 13 (Unschuldsvermutung) verstoßen. Ein betroffener Polizist sei durch das verwendete Namenskürzel sowie den Hinweis auf eine Schulveranstaltung identifizierbar dargestellt worden. Dies habe zu gravierenden Folgen für ihn und seine Familie geführt. Auch wenn das Strafverfahren inzwischen eingestellt worden sei, schwebe immer noch ein Zivilverfahren. Eine identifizierende Berichterstattung sei deshalb nicht zulässig. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist die Vorwürfe zurück. Der Beitrag sei sorgfältig recherchiert worden. Nach der Stellungnahme eines Polizeisprechers sei es nicht erforderlich gewesen, auch die betroffenen Beamten zu hören. Außerdem seien diese nicht zu identifizieren, weshalb eine Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht gegeben sei. Der Autor des kritisierten Beitrages teilt mit, er habe die Position der Polizei eindeutig erwähnt. Es sei bemerkenswert gewesen, dass es den Polizisten nicht eingefallen sei, eine richterliche Erlaubnis für eine Blutprobe zu erwirken. Das Gesetz hätte unter bestimmten Umständen so etwas erlaubt. Auch andere gewichtige Fragen habe die Staatsanwaltschaft unberücksichtigt gelassen. So sei sie laut Aktenlage nicht der Frage nachgegangen, warum der Frau ein Anruf bei ihrem Anwalt verwehrt worden sei.

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Opfer in der Datei „Gewalttäter Sport“ geführt

Eine Boulevardzeitung berichtet über den Unfall eines jungen Mannes am Hauptbahnhof einer Großstadt unter der Überschrift „(…)-Fan verliert Arm bei Schlägerei“. Der 19-Jährige war nach einer tätlichen Auseinandersetzung vor einen einfahrenden Zug gestoßen worden. Der Artikel beginnt mit diesem Satz: „Seinen Hang zu körperlichen Auseinandersetzungen hat ein (…)-Fan am Samstagabend teuer bezahlt“. Ein Leser der Zeitung kritisiert diesen Satz. Darin stelle die Redaktion eine Tatsachenbehauptung auf, die sie nicht belegen könne. Die Redaktion wisse nicht genau, ob der junge Mann aktiv an einer Auseinandersetzung beteiligt gewesen sei. Das Opfer werde als eigenverantwortlich dargestellt. Die Darstellung im ersten Satz des Beitrages sei – so der Beschwerdeführer – unangemessen. Das Opfer der Auseinandersetzung werde von der Zeitung zum Täter gemacht, ohne dass es konkrete Anhaltspunkte gebe. Aus der zugrundeliegenden Agenturmeldung ergebe sich keine Mitschuld des Opfers. Der Beschwerdeführer sieht auch einen Verstoß gegen die Unschuldsvermutung nach Ziffer 13, Richtlinie 13,1. Der 19-Jährige wird als „Hooligan“ mit „Hang zur Gewalt“ dargestellt. Damit werde behauptet, er habe sich selbst strafbar gemacht. Nach Darstellung der Rechtsvertretung der Zeitung hat sich die Redaktion nicht allein auf die Agenturmeldung verlassen. Sie habe selbst zusätzlich recherchiert. Danach sei das Opfer nicht als Hooligan bekannt und nicht zur Personenkontrolle ausgeschrieben gewesen. Der Redaktion gegenüber habe die Polizei jedoch bestätigt, dass der junge Mann in der Datei „Gewalttäter Sport“ geführt werde. Im Übrigen habe sich dieser kurz vor dem Unfall mit den „Fans“ eines anderen Vereins eine Prügelei geliefert. Einer von diesen habe den 19-Jährigen dann vor einen Regionalzug gestoßen. Die Zeitung hat nach eigenen Angaben den Namen des Verunglückten nicht genannt. Durch die Berichterstattung sei er nicht identifizierbar.

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Der Profi-Fußball lebt von der Öffentlichkeit

In einer Regionalzeitung werden nach dem Wochenende unter der Rubrik „Einzelkritik“, die Leistungen der örtlichen Profi-Fußballer benotet. Gleiches gilt für die Rubrik „Taktische Aufstellung mit Spielerbenotung“. Ein Leser der Zeitung stört sich an der Benotungspraxis durch die Redaktion. Er sieht den Datenschutz verletzt. Eine öffentliche Diskussion über persönliche Leistungen von Sportlern sei unangemessen. Die Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Sie verweist auf die Kolumne des Ombudsrates der Zeitung, der sich ebenfalls mit der Beschwerde befasst hat. Darin heißt es: „(…) Basketball- und Fußballspieler sind dagegen öffentlich – im weitestmöglichen Sinn des Wortes. Etliche tausend Fans schauen den Spielen in den Fußballstadien zu, noch mehr Menschen verfolgen das Geschehen am Fernsehgerät. Gerade diese große Öffentlichkeit ist es, die das bestehende Geschäftsmodell des Profifußballs möglich macht. Indem Sportler im bezahlten Sport diese Öffentlichkeit sogar fordern, setzen sie sich im Gegenzug auch dem Urteil der Öffentlichkeit aus: den Bewertungen durch die Fans und – wie im Fall dieser Zeitung – durch qualifizierte Sportjournalisten.“

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Produktwerbung im redaktionellen Teil

Eine Illustrierte bringt ein Interview mit einer bekannten Schauspielerin, die gerade einen TV-Spot für eine bestimmte Kosmetikmarke dreht. Eine Creme wird namentlich genannt. Unter der Überschrift „So viel Schönheit auf zwei Etagen“ stellt das Blatt eine neue Schmuckfiliale vor. Es zeigt Fotos von einzelnen Schmuckstücken mit Preisangabe, die in dem neuen Geschäft zu kaufen sind. In der gleichen Ausgabe gibt es Tipps für günstige Flugreisen. Die Redaktion hat für den Beitrag mit der Serviceexpertin einer bestimmten Fluglinie gesprochen. Flugangebote und auch Preise werden genannt. Unter der Rubrik „Society-News“ berichtet die Illustrierte über einen „neuen Trend“ bei Promi-Festen. Immer mehr Gastgeber – so behauptet es der Autor - ließen ihren Gästen den Sekt einer namentlich genannten Sektmarke ausschenken. Das Logo des Sektes wird im Bild gezeigt. In allen diesen Fällen sieht ein Leser der Zeitschrift Verstöße gegen das Trennungsgebot nach Ziffer 7 des Pressekodex. Einmal stört er sich an der detaillierten Beschreibung einer Creme mit Preisangabe. Die Vorstellung der Schmuckfiliale mutet ihn an wie ein Werbeprospekt. Bei dem Flugbeitrag gehe es ausschließlich um Angebote einer bestimmten und namentlich genannten Fluggesellschaft. Der Beitrag unter der Rubrik „Society-News“ enthalte das identische Foto, das auch in einer Anzeige, geschaltet in der gleichen Ausgabe, abgedruckt sei. Die Chefredaktion der Zeitschrift betont, dass keiner der kritisierten Beiträge direkt oder indirekt bezahlt worden sei. Alle Beiträge seien in Eigenarbeit der Redaktion und ohne Beteiligung von kaufmännischen Verlagsbereichen entstanden. Es handele sich nicht um Werbung. Die Redaktion gehe stets verantwortungsvoll mit den Vorgängen um und wolle den Anschein von Käuflichkeit vermeiden. Es könne jedoch nicht sein, dass die Redaktion auf Berichte – auch positive – über Unternehmen verzichten müsse. (0817/11/2)

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Redaktion hat schnell eingegriffen

Ein schwerer Verkehrsunfall ist Thema in einer Regionalzeitung. Mit dem Artikel wird ein Foto vom Einsatz der Rettungskräfte veröffentlicht. Darauf ist der Unfallwagen mit amtlichem Kennzeichen zu sehen. Ein Leser sieht durch die Veröffentlichung Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte) verletzt. Das Kfz-Kennzeichnen mache das Unfallopfer identifizierbar. Außerdem sei auf dem Bild ein Verletzter erkennbar. Für die Zeitung antwortet der Chef vom Dienst. Die Beschwerde hält er für unbegründet, weil die verletzte Person auf der Trage nicht identifizierbar sei. Das Kennzeichen des Unfallwagens sei eine Stunde lang erkennbar gewesen. Die Redaktion habe den Fehler entdeckt und sofort behoben. Mit der Stellungnahme übermittelt der Chef vom Dienst den Link auf die aktualisierte Fotostrecke zu dem Unfall-Bericht. Darauf ist weder die verletzte Person noch das Kfz-Kennzeichen identifizierbar zu erkennen.

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Polizeibeamter erschießt sich mit Dienstwaffe

Kollegen finden einen 45-jährigen Polizeioberrat, der sich mit seiner Dienstwaffe erschossen hat. Die örtliche Zeitung berichtet in zwei Beiträgen. Danach schließt die Polizei ein Fremdverschulden aus. Ausschlaggebend seien private Probleme des Beamten gewesen. Beschwerdeführerin in diesem Fall ist die Ehefrau des Verstorbenen. Sie kritisiert inhaltliche Fehler in der Berichterstattung. Die Zeitung unterstelle zudem leichtfertig ein Motiv („private Probleme“) für die Tat. Das sei nicht hinnehmbar. Für sie und die drei Kinder sei die Unterstellung eine verletzende Zumutung. Die Frau sieht Ziffer 8, Richtlinie 8.5 (Selbsttötung) verletzt. Der Chefredakteur der Zeitung äußert großes Verständnis für die Betroffenheit der Hinterbliebenen und ihrer Kinder. Dennoch ist die Beschwerde nach seiner Auffassung unbegründet. Die Zeitung gehe grundsätzlich äußerst zurückhaltend bis restriktiv mit Veröffentlichungen über Selbsttötungen um. Begründungen für Ausnahmen von dieser Regel könnten nur im Ort, in den Auswirkungen der Selbsttötung oder in der Person liegen. Im vorliegenden Fall seien es der Ort, nämlich eine Großbehörde, und der Gebrauch der Dienstwaffe gewesen, die zur Berichterstattung geführt hätten. Von der Polizeipressestelle sei neben der Bestätigung der Selbsttötung auch die Aussage gekommen, dass ersten Ermittlungen zufolge keine dienstlichen Gründe oder Dienstvergehen vorgelegen hätten, sondern offenbar private Gründe Ursache des Suizids gewesen sein könnten. Von inhaltlichen Fehlern in der Berichterstattung könne daher keine Rede sein, da die Redaktion nicht leichtfertig ein Motiv für die Tat beschrieben oder unterstellt habe.

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Besonderer Schutz für Minderjährige

Eine Boulevardzeitung veröffentlicht einen Bericht unter der Überschrift „Erstochen! Danny (15) findet tote Mutter in der Wohnung“. Es geht um ein noch ungelöstes Tötungsdelikt in einer Großstadt. Die Vornamen der Toten und ihres Sohnes, das jeweilige Alter und die familiären Umstände werden geschildert. Die Zeitung teilt auch mit, dass die Frau eine behinderte Tochter hinterlässt. Die Redaktion druckt Bilder des von der Familie bewohnten Hauses, eines von Mutter und Sohn und des Wohnzimmers ab. Auf letzterem Bild ist Blut erkennbar. Ein Nutzer des Internet-Portals sieht Persönlichkeitsrechte verletzt, weil Namen und Details von Minderjährigen genannt würden. Außerdem kritisiert er das Bild mit den Blutspuren im Wohnzimmer. Die Redaktion weist die Vorwürfe zurück. Sie habe alle Namen abgekürzt und – abgesehen vom Alter – keine weiteren Informationen veröffentlicht, die zu einer Identifizierung der Kinder hätten beitragen können. Auch andere Informationen, die in dem Artikel enthalten seien, führten nicht zu Verstößen gegen presseethische Grundsätze.

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