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Massive Vorwürfe gegen Polizisten

Zeitung macht Beteiligtenauskunft zur Tatsachenbehauptung

„Außer Kontrolle“ steht über einem Artikel, in dem eine überregionale Zeitung über die Festnahme einer Frau berichtet. Diese erhebt den Vorwurf, bei einer Polizeikontrolle geschlagen und gedemütigt worden zu sein. Die zuständige Polizeipräsidentin stelle sich schützend vor ihre Beamten, heißt es im Beitrag. Die beiden Polizisten, die die schwer alkoholisierte Frau festgenommen hätten, seien von dieser angegriffen worden. Daraufhin habe die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt. Beschwerdeführerin ist die Polizeipräsidentin. Nach ihrer Auffassung hat die Zeitung Ziffer 2 des Pressekodex verletzt, da sie der journalistischen Sorgfaltspflicht nicht gerecht geworden sei. Weder die Polizisten noch ihre vorgesetzte Dienststelle hätten Gelegenheit gehabt, zu den massiven Vorwürfen Stellung zu nehmen. Die Redaktion zitiere lediglich aus einem Brief an die betroffene Frau, der bereits einige Wochen alt sei. Die Polizeipräsidentin sieht sich nicht korrekt zitiert. Zudem habe die Zeitung gegen die Kodexziffern 8 (Persönlichkeitsrechte) und 13 (Unschuldsvermutung) verstoßen. Ein betroffener Polizist sei durch das verwendete Namenskürzel sowie den Hinweis auf eine Schulveranstaltung identifizierbar dargestellt worden. Dies habe zu gravierenden Folgen für ihn und seine Familie geführt. Auch wenn das Strafverfahren inzwischen eingestellt worden sei, schwebe immer noch ein Zivilverfahren. Eine identifizierende Berichterstattung sei deshalb nicht zulässig. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist die Vorwürfe zurück. Der Beitrag sei sorgfältig recherchiert worden. Nach der Stellungnahme eines Polizeisprechers sei es nicht erforderlich gewesen, auch die betroffenen Beamten zu hören. Außerdem seien diese nicht zu identifizieren, weshalb eine Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht gegeben sei. Der Autor des kritisierten Beitrages teilt mit, er habe die Position der Polizei eindeutig erwähnt. Es sei bemerkenswert gewesen, dass es den Polizisten nicht eingefallen sei, eine richterliche Erlaubnis für eine Blutprobe zu erwirken. Das Gesetz hätte unter bestimmten Umständen so etwas erlaubt. Auch andere gewichtige Fragen habe die Staatsanwaltschaft unberücksichtigt gelassen. So sei sie laut Aktenlage nicht der Frage nachgegangen, warum der Frau ein Anruf bei ihrem Anwalt verwehrt worden sei.