Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6739 Entscheidungen
Ein Nachrichtenmagazin veröffentlicht einen Beitrag über neue technische Geräte. Die Redaktion informiert im Vorspann darüber, dass es sich um die wöchentliche Geräteschau eines Anbieters handelt, dessen Internetadresse sie angibt. Vorgestellt wird ein mögliches Geschenk für Berufspendler: Eine Thermotasse mit einem Anschluss für den Zigarettenanzünder. In einem gesonderten Kasten wird der Anbieter noch einmal genannt. Ein Nutzer des Internet-Portals hält den Beitrag für Werbung. Die Redaktion nenne Produkte und Adresse des Anbieters, verzichte jedoch auf die Kennzeichnung als Werbung. Der Beitrag erwecke den Eindruck einer neutralen Berichterstattung. Er sieht Ziffer 7 des Pressekodex (Trennungsgebot) verletzt. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift weist den Vorwurf der Schleichwerbung zurück. Die genannte Firma sei kein kommerzieller Web-Shop, sondern ein reines Weblog. Die kommerzielle Vermarktung von Produkten finde nicht statt. Die Firma berichte ausschließlich redaktionell über neue, oft skurrile technische Geräte und Spielereien der unterschiedlichsten Hersteller. Die Auswahl erfolge ausschließlich nach redaktionellen Kriterien. Die Online-Redaktion kooperiere mit diesem kompetenten Blog. Dies bedeute, dass die Redaktion in gewissem Umfang Texte übernehme. Die Kooperation werde deutlich durch den Hinweis „Wöchentliche Geräteschau“. (2011)
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„Blutiger Sonntag in Disco und Bus“ titelt eine Regionalzeitung. Thema des Berichts sind zwei Auseinandersetzungen in einer Stadt im Verbreitungsgebiet. Eine davon ist „in der überwiegend von türkischen Gästen besuchten Diskothek“ vorgefallen, eine andere in einem Linienbus. Im ersten Fall ist eine „Gruppe von vier jungen Türken“ mit Besuchern einer Diskothek in Streit geraten. Im Laufe der Auseinandersetzung wurde die Polizei gerufen. Dabei weist die Zeitung erneut darauf hin, dass es sich bei den Tätern um „vier Türken“ handelt. In der zweiten Auseinandersetzung sei der Haupttäter ein „polizeibekannter Russlanddeutscher“ gewesen. Ein Leser der Zeitung erkennt einen Verstoß gegen Ziffer 12, Richtlinie 12.1, des Pressekodex (Diskriminierungen; Berichterstattung über Straftaten). Die Nennung der Nationalität („vier Türken“) sei nicht notwendig gewesen. Solche Taten könnten grundsätzlich auch von Vertretern jeder anderen Bevölkerungsgruppe verübt werden. Sie seien nicht zwingend der einen oder anderen ethnischen Gruppe zuzuordnen. Gleiches gelte – so der Beschwerdeführer – im Fall des Russlanddeutschen. Auch hier sei die Nennung der Herkunft überflüssig gewesen. Die Redaktion habe es in beiden Fällen in Kauf genommen, dass Vorurteile gegen Minderheiten geschürt werden. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist den Vorwurf der Diskriminierung zurück und beruft sich auf das Informationsinteresse ihrer Leser. Die vorwiegend von Türken besuchte Diskothek sei schon mehrmals Schauplatz von kriminellen Auseinandersetzungen gewesen. Schon der Name des Etablissements lasse keinen Zweifel daran, dass es sich bei den Besuchern zumeist um Türken handele. Gleiches gelte für den Vorfall im Linienbus. Die Leser hätten ein berechtigtes Interesse daran zu erfahren, wer in einem Linienbus unbeteiligte Fahrgäste attackiert. Der Angriff sei von einem polizeibekannten Serientäter ausgegangen. Wenn es der Redaktion nicht erlaubt sei, in diesem Kontext die Zugehörigkeit des Täters zu einer ethnischen Minderheit anzugeben, dann müsse es ebenso verboten sein, das Alter oder das Geschlecht eines Täters zu erwähnen. Dies seien aber genau die Hintergrundinformationen, die der Leser einer guten Zeitung heutzutage erwarte. Die Redaktion müsse diesem Informationsinteresse der Leser nachkommen dürfen, ohne sich dem Vorwurf der Diskriminierung von ethnischen Minderheiten auszusetzen. Die Zeitung sei seriös und für ihre sachliche Berichterstattung bekannt. Sie behaupte nicht, dass alle Russlanddeutschen Schläger seien. Vielmehr beziehe sich die Angabe der Herkunft nur auf diesen konkreten Täter in diesem konkreten Fall. Der Mann sei schon mehrmals durch aggressives Verhalten gegenüber völlig unbeteiligten Menschen aufgefallen. Von einer Diskriminierung könne keine Rede sein.
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Im redaktionellen Teil einer Regionalzeitung erscheint eine Geschäftsnotiz, in der auf die „Weihnachtspreisgarantie“ eines Elektronikmarktes hingewiesen wird. Der erste Satz des Beitrages lautet: „Weihnachten wird unterm Baum entschieden“. Ein Leser der Zeitung wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat, weil er in der Veröffentlichung einen Fall von Schleichwerbung (Ziffer 7 des Pressekodex) sieht. Der Beitrag im redaktionellen Teil beschreibe die Werbekampagne eines Marktes für Unterhaltungselektronik. Der Chefredakteur argumentiert, schon seit Jahren existiere auf den Lokal- bzw. Regionalseiten der Zeitung eine Rubrik „Geschäftsnotiz“, mit der sie regionalen Unternehmen die notwendige Aufmerksamkeit verschaffen wolle. Dies vor allem, wenn die Firmen in der Region aufgrund ihrer Größe und Beliebtheit bei den Kunden eine besondere Rolle spielten. An der Weihnachtsaktion des Elektronikmarktes habe ein hohes öffentliches Informationsinteresse bestanden. Durch die optische Ausgestaltung der Rubrik „Geschäftsnotiz“ mache die Redaktion zudem deutlich, dass Informationen über ein Unternehmen mit seinen wirtschaftlichen Aktivitäten im Vordergrund stünden.
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Eine Regionalzeitung berichtet über die Behauptung eines „Hells Angel“-Mitgliedes, ein Ratsherr der Grünen in einer Kleinstadt habe von ihm eine Wahlkampfspende angenommen. Das Ratsmitglied kritisiert die ihn betreffende Textpassage in einer E-Mail an die Redaktion und bittet um Richtigstellung. Er habe die Behauptung, von einem „Hells Angel“ eine Wahlkampfspende angenommen, mehrfach dementiert. Er habe nicht gewusst, von wem die Spende gekommen sei. Die Mail wird als Leserbrief veröffentlicht. Der Beschwerdeführer kritisiert diese Verfahrensweise. Die E-Mail an die Redaktion sei nicht als Leserbrief gedacht gewesen. Somit hätte sie nicht veröffentlicht werden dürfen. Die Rechtsvertretung der Zeitung steht auf dem Standpunkt, dass die beanstandete Textpassage keine eigene Behauptung der Redaktion sei. Es werde deutlich, dass sie auf einen Hinweis des „Hells Angel“-Mitgliedes zurückgehe. Der Hinweis sei im Konjunktiv wiedergegeben worden. Die Zeitung habe somit lediglich eine Information verbreitet und sich diese nicht zu Eigen gemacht. Unabhängig davon habe der Beschwerdeführer selbst gesagt, dass eine Geldspende für den Bürgermeisterwahlkampf geflossen sei. Damit hätten alle Beteiligten, also auch der Beschwerdeführer, eine Geldspende angenommen. Der Redaktionsleiter teilt mit, dass ihn auf seiner dienstlichen Adresse die Mail des Beschwerdeführers erreicht habe. Der Bitte um Richtigstellung habe er in Form eines Leserbriefes entsprochen. Für ihn sei nicht ersichtlich gewesen, dass es sich um ein persönliches Schreiben und nicht um einen Leserbrief gehandelt habe. Schließlich habe der Mail-Absender um eine Richtigstellung gebeten. Dass er – der Redaktionsleiter – mit der Vermutung offenbar richtig gelegen hatte, zeige auch die später per Rechtsanwalt geforderte „Richtigstellung“ gleichen Inhalts.
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Ein Magazin, das sich mit Themen rund um den PC beschäftigt, veröffentlicht einen Beitrag unter dem Titel „Quellen der Raubkopierer“. Die Veröffentlichung ist auf der Titelseite angekündigt mit der Schlagzeile „Hier saugen Profi-Piraten“. Weiter heißt es: „So haben Polizei und Abmahner keine Chancen“. Im Innenteil geht es dann um illegales Herunterladen von Musik, Filmen und Software. Diverse Download-Möglichkeiten und ihre Risiken werden dargestellt. In einer Tabelle unter dem Titel „Übersicht Download-Dienste“ wird bewertet, wie hoch der Risikofaktor bei Nutzung der jeweiligen Möglichkeit ist. Vier Unternehmen der Musikindustrie schalten über eine gemeinsame Rechtsvertretung den Presserat ein. Diese sieht in der Veröffentlichung eine Förderung illegalen Handels durch die genaue Beschreibung und Bewertung von Download-Möglichkeiten. Das Ansehen der Presse werde dadurch verletzt, dass die Redaktion die Leser durch detaillierte Informationen in die Lage versetzt, sich illegal Musik, Filme und Software zu beschaffen. Die Rechtsvertretung kritisiert weiterhin, dass die Redaktion eine DVD mit einer Software beigelegt habe, die die Downloads unterstütze. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift bezeichnet deren Titelgestaltung als völlig neutral. Es könne keine Rede davon sein, dass die Redaktion Anleitungen zum rechtswidrigen Download geschützter Inhalte gebe und vorsätzlich Rechtsverletzungen fördere. Die Darstellung und die vergleichende Übersicht sei vielmehr klassische und neutrale Berichterstattung. Die Zeitschrift weist darauf hin, dass die ständige Bezeichnung der Profi-Piraten als „Raubkopierer“ und die Überschrift des Artikels „Illegale Downloads – Quellen der Raubkopierer“ belege, dass die Zeitschrift die Aktionen gerade nicht billige, sondern sich von ihnen distanziere. An keiner Stelle des Berichts seien Anleitungen zu illegalen Handlungen enthalten.
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In einer Lokalzeitung erscheint wöchentlich die Rubrik „Glückskreis“. Im Mittelpunkt steht dabei ein Foto, das willkürlich Passanten auf der Straße zeigt. Einer von ihnen wird durch den „Glückskreis“ besonders hervorgehoben. Ihr oder ihm wird im Text ein Einkaufsgutschein im Wert von 25 Euro in Aussicht gestellt, wenn sie oder er sich innerhalb von vier Wochen bei der Redaktion meldet. Der Beschwerdeführer, ein Leser der Zeitung, hat sich über diese Praxis der Zeitung schon mehrmals beim Presserat beschwert. Die Folge waren zwei Missbilligungen und eine öffentliche Rüge. Der Beschwerdeführer bemängelt, dass die Zeitung die Rüge nicht abgedruckt hat. Der Verlag lässt sich von einem Anwalt vertreten, der die Beschwerde für unbegründet hält, da sie keine aktuelle Veröffentlichung betreffe. Vielmehr gehe es um Fragen im Verhältnis zwischen Presserat und Zeitung. Ziffer 8 des Pressekodex sei nicht berührt. Im Übrigen sei die Haltung der Zeitung dem Presserat bekannt. Sie werde unverändert aufrechterhalten. Zu den vom Leser angeführten früheren Beschwerden vertritt der Anwalt die Meinung, die Aktion „Glückskreis“ sei an Harmlosigkeit nicht zu überbieten und diene der Förderung der Leser/Blatt-Bindung. Die Fotos dürften als „Stimmungsbilder“ nach Paragraf 23, Absatz 1, Nr. 3, des Kunsturhebergesetzes veröffentlicht werden. Sie zeigten Menschen auf öffentlichen Straßen und Plätzen in Alltagssituationen. Es handele sich um typische Übersichtsaufnahmen, ohne dabei einzelne Personen zu individualisieren. Dafür müssten diese Personen nicht um ihre Einwilligung zur Veröffentlichung gefragt werden. Ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte liege nicht vor.
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Eine Regionalzeitung berichtet gedruckt und online über einen Polizeieinsatz in einer mittleren Großstadt. Ein in Chile verurteilter „Sektenarzt“ habe die Ordnungshüter zu Hilfe gerufen, weil sich ihm ein chilenisches Kamerateam genähert habe. Daraufhin seien zwei Polizei-Fahrradstreifen erschienen, die die Chilenen gebeten hätten, zu dem Arzt Abstand zu halten. Dem Artikel ist ein Foto beigestellt. Darauf sind ein Kameramann, ein Polizist und der „Sektenarzt“ zu sehen. Der Nutzer kann sich außerdem durch eine Fotostrecke klicken, die den Vorgang illustriert. Ein Leser der Zeitung sieht einen Verstoß gegen die Ziffern 8 (Persönlichkeitsrechte) und 13 (Unschuldsvermutung). Er meint, der Vorgang sei für die Öffentlichkeit irrelevant. Der Arzt sei keine Person der Zeitgeschichte. Weder sein voller Name noch sein Aufenthaltsort und auch kein Foto von ihm hätten aus Sicht des Beschwerdeführers veröffentlicht werden dürfen. In Deutschland existiere kein strafrechtliches Urteil gegen den Mann. Das chilenische Urteil sei rechtsstaatlich nicht haltbar. Wenn Zeitungen in Deutschland dieses heranzögen, käme dies einer Vorverurteilung gleich. Das kritisierte Bild sei zunächst anonymisiert, dann aber wieder unverfremdet wiedergegeben worden. Die Chefredaktion hätte das Anliegen gern mit dem Beschwerdeführer selbst besprochen, doch stehe er nicht im Telefonbuch. Er reagiere auch nicht auf E-Mails. Der „Sektenarzt“ sei als zweiter Mann der chilenischen „Colonia Dignidad“ eine Person der Zeitgeschichte. Eine Google-News-Suche führe zu 277.000 Treffern. Der Mann werde auch im Zusammenhang mit sexueller Belästigung von Kindern genannt. Er sei in Chile rechtskräftig verurteilt worden. Das Land sei als Rechtsstaat anzusehen. Die Redaktion habe zudem darauf hingewiesen, dass die Verurteilung in Chile erfolgt sei und in Deutschland lediglich ermittelt werde. Der geschilderte Polizeieinsatz habe sich in der Öffentlichkeit abgespielt. Dies habe in der Stadt Fragen aufgeworfen, die die Zeitung mit ihrer Berichterstattung beantwortet habe.
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„Auto in zwei Teile zerfetzt: Drei junge Männer tot“ – so lautet die Überschrift in einer Boulevardzeitung. Der Online-Fassung des Printbeitrages ist eine siebenteilige Fotostrecke beigestellt. Auf den Bildern sind unter anderem Blutlachen, ein Sarg und der Abtransport eines der Opfer zu sehen. Ein Leser der Zeitung sieht in der Veröffentlichung der Fotos eine unangemessen sensationelle Darstellung und eine Verletzung der Menschenwürde. Das Leid von Opfern und die Gefühle von Angehörigen würden verletzt. Zudem sei die Berichterstattung auch für Kinder zugänglich. Für diese sei es ein Schock, unvorbereitet auf solche Fotos zu treffen. Die Rechtsabteilung der Zeitung widerspricht dem Beschwerdeführer. Die Berichterstattung verletze weder die Menschenwürde der Opfer (Ziffer 1 des Pressekodex) noch ihrer Angehörigen. Text und Fotos überschritten keinerlei sittlich-moralische Grenzen. Die Fotos dokumentierten lediglich aus der Distanz die Zerstörung des Autos und die Arbeit der Rettungskräfte. Auf keinem der Fotos seien die drei getöteten Menschen zu sehen. Insgesamt solle die Fotostrecke Gewalt und Kräfte demonstrieren, die bei einem so schweren Unfall frei werden. Auch eine Verletzung der Menschenwürde nach Ziffer 11 des Pressekodex liegt nach Auffassung der Rechtsvertretung der Zeitung nicht vor. Die Fotos seien allgemeiner Art und zeigten keine Toten, sondern lediglich das Wrack eines Autos. Die Darstellung sei pietätvoll, distanziert und zurückhaltend. Es werde nicht sensationslüstern über den Fall berichtet. Zusammenfassend stellt die Vertretung der Zeitung fest, dass mit der Berichterstattung die Öffentlichkeit und junge Fahranfänger auf die Gefahren des Straßenverkehrs aufmerksam gemacht werden sollten. Sie diene der Prävention im Verkehr und mahne zu Konzentration und Rücksicht.
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In einer Frauenzeitschrift geht es um den Abschuss von Hauskatzen durch Jäger. Die Redaktion verweist in diesem Zusammenhang auf einen Paragrafen des Jagdgesetzes von 1934, der unter bestimmten Voraussetzungen noch heute gelte. Die Vertreterin einer Katzenschutz-Organisation vertritt die Auffassung, dass es den Jägern beim Abschuss von Haustieren nicht um den Artenschutz gehe, sondern allein um die Lust am Töten. Ein Leser der Zeitschrift beschwert sich über eine aus seiner Sicht falsche Darstellung. Das geltende Bundesjagdgesetz stamme von 1952. Mit dem Hinweis auf 1934 werde suggeriert, dass das Handeln der Jäger mit dem von Nationalsozialisten zu vergleichen sei. Dadurch würden Jäger verunglimpft. Weiterhin kritisiert der Beschwerdeführer die aus seiner Sicht einseitige Berichterstattung. Die Redaktion habe keine Stellungnahme des Jagdschutzverbandes eingeholt. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, dass selbstverständlich formal das Jagdgesetz von 1934 nicht mehr gelte, sondern das Bundesjagdgesetz. Der Autor habe aber nicht zum Ausdruck bringen wollen, dass heute noch das Reichsjagdgesetz gelte, sondern eine Regelung aus diesem fast wortgleich übernommen worden sei. Paragraf 23 bestimme, dass der Jagdschutz unter anderem auch den Schutz des Wildes vor wildernden Hunden und Katzen umfasse. Diese auch als „Haustierabschuss“ bezeichnete Regelung sei immer wieder Gegenstand von öffentlichen Diskussionen in den Medien. Die vom Beschwerdeführer unterstellte Suggestion, dass das Handeln der Jäger mit dem von Nationalsozialisten verglichen werde, sei abwegig. An keiner Stelle der Berichterstattung weise die Zeitschrift auf ein Gesetz aus der Nazizeit oder auf die Federführung von „Reichsjägermeister“ Hermann Göring beim Erlass des Reichsjagdgesetzes hin. Ziel des Artikels sei es ausschließlich, deutlich zu machen, dass auch heute noch eine völlig überalterte Vorschrift gelte. (2011)
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Ein Musiklehrer und Konzertpianist steht unter dem Vorwurf des sexuellen Missbrauchs. Die örtliche Zeitung berichtet über den Fall. Der 63-Jährige soll einen jugendlichen Klavierschüler zunächst dazu überredet haben, mit ihm gemeinsam in seinem Bett zu übernachten. Als der Jugendliche eingeschlafen war, soll der Lehrer ihn entkleidet und sexuell missbraucht haben. Inzwischen hätten sich weitere Musikschüler bei der Polizei gemeldet. Die Ermittlungen – so die Zeitung – stünden noch ganz am Anfang. Der Musiker sei in der Stadt weithin auch als Investor bekannt. Er habe vor Jahren ein Gelände gekauft und ein modernes Kulturhaus mit großem Konzertsaal geplant. Als der Rohbau fast fertig gewesen sei, sei ihm das Geld ausgegangen. Später habe die Stadt die Bauruine gekauft. Ein Leser der Zeitung sieht in dem Beitrag einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Der Name des Tatverdächtigen werde genannt, ohne dass die Taten in der Öffentlichkeit begangen worden seien oder die Nennung des Namens der Verbrechensaufklärung dienlich sei. Die Zeitung verbinde die Vorwürfe mit altbekannten Geschichten über die Insolvenz des Künstlers. Durch diese Verquickung werde die Berichterstattung sensationell aufgebauscht. Die Redaktion der Zeitung hat nach eigenem Bekunden sehr intensiv über Für und Wider der Namensnennung diskutiert. Zur Sicherheit habe man sie auch rechtlich prüfen lassen. Nach der Veröffentlichung habe die Redaktion mehrere Zuschriften bekommen. Einige der Einsender hielten die Namensnennung für richtig, andere nicht. Um der Angelegenheit ein sachliches Fundament zu geben, habe die Redaktion auf einer Leserbriefseite eine Erklärung zu ihrer Entscheidung, den Namen zu nennen, abgedruckt. Dass die identifizierende Berichterstattung hilfreich sein kann, Licht in zurückliegende, bisher unbekannte Vorfälle zu bringen, habe sich seither durch die Reaktionen mutmaßlich missbrauchter Schüler gezeigt.
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