Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Eine Schönheitscreme im Mittelpunkt

In einer Fernsehzeitschrift erscheint ein Beitrag unter der Überschrift „10 Jahre jünger in 4 Wochen“. Thema des Artikels sind Anti-Aging-Produkte. Im Mittelpunkt steht dabei ein mit Namen genanntes und besonders herausgestelltes Präparat. Dessen maßgeblicher Bestandteil sind laut Artikel Extrakte der Hohowi-Pflanze. Die Zeitschrift zitiert einen Experten, der sich über die Creme positiv äußert. Ein Leser des Blattes sieht in der Veröffentlichung einen Fall von Schleichwerbung für ein bestimmtes Produkt. Der Verlag lässt seine Stabsstelle Medienrecht antworten. Diese hält die Nennung des Produktnamens nicht für unethisch im Sinne des Pressekodex. Im Artikel gehe es vor allem um die Hohowi-Pflanze und ihre Wirkung auf die Haut, was vielen Lesern sicherlich nicht geläufig sei. Wenn diese Pflanze mit weiteren Substanzen kombiniert werde, ergebe sich daraus ein hochwirksames Präparat, das die Redaktion beim Namen nennen dürfe. Der Hinweis auf das Produkt sei dezent und ohne werbliche Stilmittel erfolgt. Weder die Redaktion noch der Verlag seien für die Nennung des Produktnamens entlohnt worden oder hätten einen sonstigen Vermögensvorteil erhalten.

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Daten von mutmaßlichem Betrüger genannt

Ein mutmaßlicher Betrüger, der Anleger geprellt haben soll, wird zum Thema in einem Nachrichtenmagazin. Der Autor nennt den vollen Namen des Mannes und auch die genaue Adresse, unter der seine Frau und seine Töchter anzutreffen sind. Ein Leser des Magazins sieht eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Tatverdächtigen und seiner Familie. Die Rechtsabteilung des Verlages verweist auf die Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen nach Richtlinie 8.1 des Pressekodex. Nach Überzeugung des Blattes sollte es unstrittig sein, dass angesichts der Dimension der Vorwürfe und der Umstände der mutmaßlichen Tat identifizierend über das Ermittlungsverfahren berichtet werden durfte. Die gesamte Presse und auch andere Medien hätten dies getan. Offen bleibe die Frage, ob man die Adresse der Familie habe nennen dürfen. Nach der Verhaftung des Tatverdächtigen durch ein Polizeikommando sei der Fall in der Nachbarschaft und im ganzen Ortsteil bekannt gewesen. Unter Abwägung aller Umstände ist die Nennung der Adresse nach Auffassung der Rechtsabteilung zulässig. Dies vor allem, da es sich nicht nur um den Wohnsitz, sondern auch um den zentralen Geschäftssitz des mutmaßlichen Betrügers gehandelt habe. (2009)

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Bild von Verdächtigem ungepixelt abgedruckt

Eine Tageszeitung veröffentlicht auf ihrer Titelseite unter der Überschrift „Sex-Bestie“ in (…) Kinderklinik“ das Foto eines mutmaßlichen Sextäters, dem vorgeworfen wird, als Pfleger Kinder in einer Klinik missbraucht zu haben. Die Bildunterschrift lautet: „Tatort (…)-Klinikum: Pfleger (…) (27) missbraucht mindestens 5 Jungen auf der Intensivstation.“ Ein Leser der Zeitung beschwert sich beim Presserat wegen eines Verstoßes gegen die Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Er kritisiert, dass der Mann auf dem Foto nicht unkenntlich gemacht worden sei. Er hält auch die Bezeichnung „Sex-Bestie“ für unzulässig. Menschen dürften nicht zu Tieren degradiert werden. Der Beschwerdeführer hält die Überschrift für einen Verstoß gegen die Menschenwürde. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält dagegen, für die Verletzung der Menschenwürde fehle eine Degradierung der Person zum Objekt. Sie verweist auf eine Gerichtsentscheidung, wonach der Bezeichnung „Sexmonster“ kein schmähender Charakter beigemessen werden könne, solange eine solche Bezeichnung einen sachlichen Bezug habe. So sei es auch im vorliegenden Fall: Dem Wort Bestie werde der Begriff „Sex“ vorangestellt, so dass deutlich werde, worauf die Meinungsäußerung beruhe, nämlich auf einer moralischen Bewertung von Sexualstraftaten, derer sich der Beschuldigte selbst bezichtigt habe. „Sex-Bestie“ sei die schlagwortartige Verkürzung der emotionalen Reaktion auf die Taten. Der Name des Verdächtigen sei in einer Pressekonferenz des Klinikums der Öffentlichkeit bekannt gemacht worden. Sein Bild habe der Mann in mehreren sozialen Netzwerken im Internet veröffentlicht. Im Übrigen sei das gedruckte Foto unscharf, so dass der Mann nur im eigenen Umfeld, nicht aber von Dritten erkannt werden könne. (2010)

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Mädchen hat mit zwölf Sex und mit 13 ein Kind

„Deutschlands jüngste Eltern“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Es geht in dem Bericht um ein minderjähriges Paar, das kürzlich ein Baby bekommen hat. Dem Beitrag ist ein Video mit der folgenden Textpassage über den Vater des Kindes beigestellt: „Seinen ersten Sex hatte er mit Katrin, als sie noch 12 war. Seitdem ist er auf Bewährung. Geschlechtsverkehr mit Kindern ist strafbar“. Eine Nutzerin des Online-Auftritts hält diesen Text für einen Verstoß gegen die Menschenwürde. Außerdem verstoße der Beitrag gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Jugendschutz). Der Bericht führe dazu, dass das Mädchen dauerhaft mit dem Stigma „Sex mit 12“ verbunden wäre. Dies verstoße gegen die Persönlichkeitsrechte. Die Rechtsabteilung der Boulevardzeitung macht darauf aufmerksam, dass die kritisierte Passage nur einen kleinen Teil der Gesamtberichterstattung über „Deutschlands jüngste Eltern“ betreffe. Das im Bericht erwähnte junge Elternpaar habe sich selbst bei der Zeitung gemeldet. Angesichts des jugendlichen Alters der beiden habe man schriftlich das Einverständnis der Eltern eingeholt. Für weitere Berichte, Interviews, sowie Foto- und Filmaufnahmen hätten nicht nur die jungen Leute, sondern auch ihre Eltern zur Verfügung gestanden. Den Umstand, dass die beiden Minderjährigen Sex hatten, als Katrin noch 12 Jahre alt gewesen sei, habe die Redaktion lediglich erwähnt, um die Schwangerschaft und die Bewährungsstrafe des jungen Vaters zu erklären. In der gesamten Berichterstattung sei es vorwiegend darum gegangen, wie die jungen Eltern ihr Leben mit der kleinen Tochter meistern. In jeder Phase der Berichterstattung seien die Eltern der jungen Leute eingebunden und einverstanden gewesen. (2010)

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Unhöflicher Ton macht sich breit

Eine Lokalzeitung veröffentlicht Leserbriefe mit vollständiger Adresse des Einsenders. Einer ihrer Leser vertritt die Ansicht, dass die Veröffentlichung der Adressen der Leserbriefschreiber gegen den Pressekodex verstoße und den Datenschutz nicht hinreichend achte. Die Zeitung weist darauf hin, dass Leserbriefe ein wichtiger Bestandteil des Blattes seien. In der Redaktion gebe es klare Regeln: Presserecht beachten, maximal 40 Druckzeilen, kompletter Name und Adresse. Dies sei den Lesern bekannt. Im Verbreitungsgebiet gebe es zahlreiche weit verbreitete Familiennamen. In der Vergangenheit habe es immer wieder Beschwerden gegeben, wenn ein bestimmter Leserbrief wegen der Namensgleichheit einer Person zugeschrieben werden konnte, die ihn gar nicht verfasst hatte. Betroffene Leser hätten die Redaktion mehrmals aufgefordert, Erklärungen abzudrucken, dass sie einen bestimmten Brief nicht geschrieben hätten. Es hätte auch Forderungen gegeben, Leserbriefe anonym abzudrucken. Das habe die Zeitung aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt. Seit Eingang dieser Beschwerde veröffentlicht die Redaktion nur noch Briefe mit dem Namen des Verfassers und seinem Wohnort. Das schlage sich jedoch negativ auf die Qualität der Einsendungen nieder. Ein unhöflicher Ton mache sich breit, seit die Adressenangabe fehle. Auch meldeten sich wieder Leser wegen Namensverwechslungen. Die Redaktion bittet den Presserat um Rat. Sie ist einstweilen wieder zur alten Übung (volle Adressenangabe) zurückgekehrt. (2010)

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Kritik auch im monierten Themenschwerpunkt

Die Online-Ausgabe einer Tageszeitung veröffentlicht unter dem Bereich „Wirtschaft“ einen Unterpunkt „Energie und Wirtschaft“. Klickt man auf diesen, so gelangt man auf eine Seite mit mehreren Teasern (Anreißern), die mit der Formulierung „mit freundlicher Unterstützung von Vattenfall“ überschrieben ist. Zwei der Teaser mit den Überschriften „Wir setzen auf Dialog“ und „Neue Kraftwerke braucht die Stadt“ sind mit dem Wort „Anzeige“ überschrieben und hellbeige unterlegt. Ein Nutzer der Internet-Ausgabe vertritt die Meinung, dass die PR-Beiträge nicht als Werbung erkennbar sind. Gleichzeitig hat er die Befürchtung, dass der gesamte Bereich Energie und Umwelt von dem Energieerzeuger beeinflusst sei. Die Redaktionsleitung beginnt ihre Antwort mit dem Hinweis, dass die Redaktion peinlich genau die korrekte Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten beachte. Auch im vorliegenden Fall habe es keinen Eingriff in redaktionelle Inhalte durch die Werbewirtschaft gegeben. Werbetexte seien deutlich als Anzeigen gekennzeichnet. Die übrigen Texte seien rein journalistische Beiträge ohne jeden werblichen Einfluss. Im vorliegenden Fall würden nur beide Veröffentlichungsformen zu einem Schwerpunkt gebündelt. Diese Praxis sei nach seiner – des Redaktionsleiters – Auffassung vergleichbar mit ähnlichen Präsentationen wie zum Beispiel im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Die Zeitung werde weder gedruckt noch online eine Vattenfall-kritische Berichterstattung unterdrücken. Im Gegenteil: Sogar im kritisierten Themenschwerpunkt fänden sich kritische Beiträge über das Unternehmen. (2010)

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Artikel von 2003 wird heute noch bereit gehalten

Unter der Überschrift „Deutsche Gastarbeiter“ veröffentlicht eine Großstadtzeitung 2003 einen Beitrag über Deutsche, die im europäischen Ausland neue Arbeit finden. Vorlage für die Geschichte ist der Fall des namentlich genannten Beschwerdeführers. Über ihn berichtet die Zeitung, dass er 23 Monate lang arbeitslos gewesen sei und nun Arbeit im schwedischen Halmstadt gefunden habe. 2010 ist der Artikel immer noch im Online-Archiv der Zeitung zu finden. Gibt man den Namen des Mannes in die Suchmaschine Google ein, erscheint ein Anreißer, aus dem hervorgeht, dass der Beschwerdeführer 23 Monate lang arbeitslos gewesen sei. Dieser hält es für unzulässig, den Artikel im Online-Archiv weiterhin bereitzuhalten. Er habe Nachteile bei der Jobsuche. Hintergrund des Berichts sei gewesen, dass er im September 2003 einer Journalistin ein Interview gegeben habe. Daraus sei ein Artikel entstanden, der erschienen sei, ohne dass er den Text autorisiert habe. Der Beschwerdeführer gibt an, dass er nicht – wie im Artikel behauptet – 23 Monate lang arbeitslos gewesen sei, bevor er nach Schweden auswanderte. Er bereut, seinerzeit das Interview gegeben zu haben, ohne die Konsequenzen absehen zu können. Ihm gehe es vor allem darum, dass der Artikel künftig nicht mehr über Google aufgerufen werden könne. Die Rechtsabteilung des Verlages ist sich unklar darüber, ob der Beschwerdeführer zum Ausdruck bringen möchte, dass er nicht 23 Monate lang durchgängig arbeitslos gewesen oder insgesamt betrachtet weniger als 23 Monate lang arbeitslos gewesen sei. Dass er überhaupt nicht arbeitslos war, hält die Rechtsabteilung für unwahrscheinlich, da es sonst 2003 nicht zu diesem Interview gekommen wäre. Unbestritten sei, dass das Telefoninterview seinerzeit geführt worden sei. Die Redakteurin erinnere sich noch gut an den Vorgang und gebe an, dass eine Autorisierung des Textes nicht vereinbart worden sei. (2010)

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„Ein bedauerliches Versehen“

Unter der Überschrift „Horror-Geständnis vor Gericht“ berichtet eine Boulevardzeitung über den Prozess gegen einen Mann, dem zur Last gelegt wird, seinen Vater auf offener Straße angezündet zu haben. Der Angeklagte wird mit einem ungepixelten Bild vorgestellt. Beschwerdeführer in diesem Fall ist der Präsident des Landgerichts. Nach seiner Darstellung stammt das Foto aus Filmaufnahmen, die nur unter der Auflage zugelassen worden seien, dass der Angeklagte unkenntlich gemacht werde. Eine Ausnahme habe für den Fall gegolten, dass der Angeklagte der Veröffentlichung zustimme. Diese Einwilligung habe der Mann jedoch nicht abgegeben. Der Beschwerdeführer steht zudem auf dem Standpunkt, dass die Berichterstattung die Persönlichkeitsrechte des Angeklagten verletze. Die Rechtsabteilung des Zeitungsverlags teilt mit, die verantwortliche Redakteurin sei durch die Beschwerde des Landgerichts persönlich stark betroffen gewesen. Sie arbeite seit Jahren als Gerichtsreporterin, ohne dass es jemals Unstimmigkeiten gegeben habe. Die ungepixelte Veröffentlichung des Fotos sei nicht absichtlich, sondern durch ein bedauerliches Versehen passiert. Technische Probleme und eine unzureichende Abstimmung hätten dazu geführt, dass die Pixelung unterblieben sei. Die Redakteurin habe sich daraufhin umgehend beim zuständigen Richter entschuldigt und die Hintergründe erläutert. Sie habe den Eindruck gewonnen, dass der Richter die Entschuldigung angenommen habe. Außerdem stellt die Rechtsvertretung die Frage, ob Strafgerichte durch sitzungspolizeiliche Anordnungen wie im vorliegenden Fall die Bildberichterstattung durch die Medien ganz untersagen oder durch Anonymisierungsanordnungen oder ähnliches einschränken dürften. Juristisch sei nicht abschließend geklärt, ob Anonymisierungsanordnungen überhaupt rechtmäßig seien. Daher könne in Fällen wie diesem aus presseethischer Sicht erst recht nicht entschieden werden. Zur presseethischen Beurteilung führt die Rechtsabteilung aus, dass die besonders Aufsehen erregende Tat und das Geständnis des Angeklagten die Berichterstattung zulässig gemacht hätten. Sie gibt auch zu bedenken, ob nicht das Verhalten des Beschwerdeführers – der Zeitung werden nun überhaupt keine Fotografier- und Drehgenehmigungen für strafrechtliche Verhandlungen mehr erteilt – mit dem Grundrecht nach Artikel 5 zu vereinbaren sei. Derartige Sanktionen schränkten den grundsätzlichen Auftrag der Presse, dessen Schutz sich ausweislich der Präambel des Pressekodex auch der Presserat verpflichtet sieht, in nicht zu rechtfertigender Art und Weise ein. (2010)

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Kandidaten entwürdigend bloßgestellt

„Rekord bei Quote und Peinlichkeiten – Denn sie wissen, was sie tun“ überschreibt eine Regionalzeitung einen Bericht über den Staffelstart von „Deutschland sucht den Superstar“. Sie berichtet über Szenen von Kandidaten, die vorgeführt wurden. Im Blickpunkt steht ein 18-Jähriger, der wegen eines nassen Flecks auf der Hose von der Jury lächerlich gemacht worden war. Zum Beitrag gehört ein Kommentar, der die entwürdigende Bloßstellung der Kandidaten grundsätzlich kritisiert. Ein Leser der Zeitung hält den Beitrag für presseethisch problematisch, da die Zeitung ihrerseits den rufschädigenden Inhalt der Sendung verbreite. Unter dem Deckmantel der seriösen Information werde die Menschenwürde eines Heranwachsenden verletzt. Der junge Mann werde mit vollem Namen und Alter genannt. Er sei auf dem beigefügten Foto zu erkennen. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt Stellung. Natürlich sei es für einen jungen Mann wenig erfreulich, auf diese Weise bundesweite Bekanntheit zu erlangen. Die Redaktion habe dies jedoch weder verhindern können, noch habe sie diesen Umstand mit dem Beitrag über Gebühr strapaziert. Der Vorwurf, sie habe unter dem Deckmantel seriöser Information die Menschenwürde eines Heranwachsenden verletzt, treffe die Redaktion sehr. Der Chefredakteur weist darauf hin, dass der Kandidat sich aus eigenem Antrieb bei dem Sender beworben habe. Hinzugekommen sei die bundesweite Berichterstattung in vielen anderen Medien. Auf der RTL-Hompage sei der junge Mann immer noch mit vollen Namen und Bildmaterial mit der nassen Hose zu sehen. Selbst wenn die Redaktion auf Nennung der Fakten verzichtet hätte, so hätte dies an der für den jungen Mann unangenehmen Bekanntheit nichts geändert. Auch im Text beschränke sich die Redaktion auf das, was RTL gesendet habe. Im Übrigen berichte die Zeitung auch, dass der Vater des jungen Mannes nach der Sendung an die Öffentlichkeit gegangen sei, um seinen Unmut über Dieter Bohlen zu äußern bzw. dem Sender mit einer Klage zu drohen. (2010)

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Die Stammkneipe als Gerüchteküche

In ihrer Online-Ausgabe berichtet eine Regionalzeitung über den Mord an einer jungen Frau unter der Überschrift „Zerstückelte Frauenleiche aus (…) identifiziert“. Im Beitrag werden nähere Informationen über die Herkunft des Opfers gegeben. So heißt es darin, dass die Frau zuweilen auf dem Straßenstrich gearbeitet habe. Die Zeitung berichtet auch dies: „Nach (…)-Informationen soll Monika P. eine geistige Behinderung gehabt und regelmäßig Alkohol getrunken und Marihuana geraucht haben“. Ein Leser der Zeitung sieht die Ehre der Getöteten verletzt. Die von der Zeitung gegebenen Informationen seien zum Verständnis des Vorgangs nicht erforderlich gewesen. Überdies habe es sich nicht um recherchierte Fakten, sondern um Gerüchte aus der Stammkneipe des Opfers gehandelt. Die Zeitung erwähne zudem eine geistige Behinderung der Getöteten. Gerade vor diesem Hintergrund hätten die Schutzinteressen nach Ziffer 8 des Pressekodex besonders berücksichtigt werden müssen. Der Chefredakteur der Zeitung weist den Vorwurf der ehrabschneidenden Berichterstattung über das Opfer zurück. Im Gegenteil sei der Hinweis darauf, dass die Ermordete geistig behindert gewesen sei, als ein weiteres Indiz für die Verwerflichkeit der grausamen Tat zu sehen. Die Redaktion sei nach entsprechenden Hinweisen der Polizei der Frage nachgegangen, wo Monika P. sich in den letzten Stunden ihres Lebens aufgehalten habe. Den Aussagen von Zeugen zufolge habe sich die Frau in einem bestimmten Milieu bewegt, in dem der Konsum von Alkohol und anderen Drogen üblich sei. Auch die Tatsache, dass sie gelegentlich auf den Straßenstrich gegangen sei, könne für die Hintergründe der Tat von Bedeutung sein. (2010)

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