Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6739 Entscheidungen
Die Wiedereröffnung des örtlichen Ladens einer Schmuck- und Uhren-Kette ist Thema in einer Regionalzeitung. Die Filiale war sechs Wochen lang wegen Umbauarbeiten geschlossen. Das Angebot des Geschäfts wird von der Redaktion ausführlich beschrieben. Für einen Leser der Zeitung ist der verwendete Text eindeutig PR-Material der Ladenkette. Er vermutet in der Veröffentlichung eine Gefälligkeit für einen guten Anzeigenkunden. Der kritisierte Artikel sei eindeutig werblicher Natur. Der zuständige Ressortleiter der Redaktion berichtet, diese habe über die Wiedereröffnung berichtet, da der Laden an einem markanten Punkt mitten in der Stadt liege, der täglich von Tausenden passiert werde. Es sei für die Öffentlichkeit interessant zu wissen, dass das Geschäft wiedereröffnet habe und dass eine Baulücke im Stadtzentrum geschlossen worden sei. Die Kritik des Lesers an einem Teil des Artikels sei jedoch gerechtfertigt. Diesen hätte sich die Redaktion sparen können, da einzelne Passagen nicht mehr durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt seien. Normalerweise sei es gute Übung in der Redaktion, redaktionelle und werbliche Informationen streng zu trennen. Im vorliegenden Fall sei ein Lapsus geschehen, den die Zeitung bedauere. (2010)
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Eine Lokalzeitung veröffentlicht unter der Überschrift „Kamera hält Fußtritte an Kopf fest“ in ihrer Online-Ausgabe einen Beitrag, in dem es um einen Fall von gefährlicher Körperverletzung geht. Die Polizei hatte einen 21-jährigen Mann festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, einen 19-Jährigen mit Fußtritten verletzt zu haben. Den Angriff hat ein weiterer Jugendlicher mit seinem Handy gefilmt. Das Video liegt der Redaktion vor. Am Ende des Beitrages verweist diese auf „Ausschnitte aus dem Handy-Video“. Dieses dauert etwa anderthalb Minuten. Die Jugendlichen werden anonymisiert dargestellt. Die Printausgabe der Zeitung veröffentlicht den Beitrag ebenfalls, illustriert durch ein Foto aus dem Video. Eine Nutzerin der Online-Ausgabe und Leserin der Zeitung sieht durch das großformatige Foto mit der Gewaltszene sowie durch das Video, mit dem der Beitrag verlinkt ist, die Ziffer 11 des Pressekodex (Sensationsberichterstattung, Jugendschutz) verletzt. Der Chefredakteur der Zeitung betont, dass die Redaktion dieses Thema mit besonderer journalistischer Sorgfalt aufbereitet habe. Das Video sei so bearbeitet, dass es eben nicht Gewalt verherrlichend, sondern dokumentarisch sei. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die U-Bahn-Attacken in München. Die Berichterstattung über Gewalt unter Jugendlichen sei von öffentlichem Interesse. Bei dem inzwischen Verurteilten handele es sich zudem um einen Wiederholungstäter. Das Video sei ursprünglich zehn Minuten lang gewesen. Es sei gekürzt worden, damit der Betrachter einen kurzen Endruck der Vorfälle bekäme und die Gewalt nicht zu lange auf ihn einwirke. Darüber hinaus enthalte das Video einen Vorspann mit diesem Hinweis: „Die folgenden Szenen beinhalten Gewalt und sind in der Wohnung eines Beschuldigten mit einer Handy-Kamera aufgenommen worden“. Dadurch kann der Leser bzw. der Nutzer die folgenden Szenen einschätzen. Die Redaktion habe alle in dem Video handelnden oder zuschauenden Personen gepixelt. (2010)
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Eine Regionalzeitung berichtet über das Wohnungsangebot in einem renovierten Gebäude. Das Ergebnis der Erneuerung wird positiv beschrieben. Es heißt, dass das Haus „ein schönes Zuhause“ geworden sei, in dem man sich wohl fühle und die Vorzüge zur nahen Innenstadt genießen könne. Die Zeitung weist auf schöne und helle Wohnungen hin. Am Ende des Artikels steht ein Hinweis auf Ansprechpartner für Mietinteressenten mit den entsprechenden Adressen und Telefonnummern. Ein Leser der Zeitung sieht in dem Beitrag Schleichwerbung. Nach Darstellung der Redaktionsleitung beschäftige sich der Artikel mit einem Wohnkomplex, der jahrelang einen extrem schlechtern Ruf gehabt habe und oftmals im Polizeibericht erwähnt worden sei. Die Redaktion habe nunmehr bei den Recherchen für den kritisierten Artikel festgestellt, dass Ruhe eingekehrt sei. Dies sei dem neuen Eigentümer bzw. Vermarkter zu verdanken, dem es offensichtlich gelungen sei, die Mieterstruktur in dem Gebäude auf ein anderes Niveau zu bringen. Der Wohnkomplex liege im Zentrum der Stadt. Ein sozialer und krimineller Brennpunkt sei entschärft worden. Dies verdiene eine Würdigung durch die Zeitung. Da es sich beim Vermarkter um eine auswärtige Firma handele, sei die Nennung von Adresse und Telefonnummer gerechtfertigt. (2010)
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Eine Großstadtzeitung berichtet unter der Überschrift „Deutsche Bahn: Billigkräfte auf den Gleisen“ über vermeintliche Missstände bei der Bahn. Unter anderem berichtet die Zeitung über das Ermittlungsverfahren einer Rechtsanwaltskammer gegen den ehemaligen Ombudsmann der Bahn. Nach Konzerninformationen habe dieser von einer Detektei die Geldbewegungen auf Mitarbeiterkonten beobachten lassen. Ein Anwalt habe über die Detektei sogar Steuererklärungen besorgen lassen. Auch Unterhaltszahlungen von Bahnmitarbeitern seien ausgewertet worden, heißt es in internen Unterlagen. Strafrechtlich seien die Vorgänge verjährt. Das Verhalten des Ombudsmannes und des Rechtsanwalts seien standeswidrig. Das Verfahren sei erfolglos verlaufen, weil die Bahn AG die internen Unterlagen nicht herausgebe. So zitiert die Zeitung einen Mitarbeiter der Rechtsanwaltskammer. Der ehemalige Ombudsmann beschwert sich beim Presserat über den Bericht. Er wirft der Redaktion einen Verstoß gegen Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht) vor, da die veröffentlichten Informationen nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft worden seien. Der Autor des Berichts habe das Verfahren vor der Rechtsanwaltskammer selbst angestrengt. Außerdem habe er aus einem Bericht des zuständigen Datenschutzbeauftragten zitiert. Inzwischen sei das Prüfverfahren auch dort abgeschlossen. Darüber hätte berichtet werden müssen. Der Beschwerdeführer sieht auch einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Es habe kein Strafverfahren gegen ihn gegeben. Deshalb habe sein Name nicht genannt werden dürfen. Auch gegen Ziffer 13 (Unschuldsvermutung) habe die Zeitung verstoßen. Der Artikel suggeriere eine strafrechtliche Schuld des Beschwerdeführers. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist die Vorwürfe zurück. Der Autor des Berichts habe keine Beschwerde bei der Rechtsanwaltskammer eingereicht. Er habe lediglich im Rahmen seiner Recherchearbeit mehrmals die Kammer gefragt, wie sie das Verhalten des Beschwerdeführers bewerte. Auch die Behauptung, der Redakteur stütze sich in seiner Berichterstattung ausschließlich auf veraltete Berichte des Datenschutzbeauftragten und ignoriere neue Erkenntnisse, sei falsch. Die Recherchen hätten sich auch auf die internen Bahnermittlungen und die Ermittlungen der vom Aufsichtsrat der Bahn eingesetzten Sonderermittler gestützt. (2010)
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Mord in (…) – Das ist die zerstückelte Hure“ über einen Leichenfund. Im Artikel wird Näheres über Herkunft und Lebensgewohnheiten der Frau mitgeteilt. Die Zeitung schreibt: „Opfer Monika P. arbeitete in einer Behindertenwerkstatt, war geistig behindert. Gelegentlich schaffte sie als Prostituierte auf dem Straßenstrich in der (…)-Straße an“. Eine Nutzerin der Online-Ausgabe hält die Bezeichnung „Hure“ für abschätzig und diskriminierend. Sie sieht die Menschenwürde nach Ziffer 1 des Pressekodex verletzt. Der Redaktion gehe es weniger um den Mord als vielmehr um die Tätigkeit des Opfers. In diesem Punkt sei die Berichterstattung ehrabschneidend. Die Beschwerdeführerin sieht in der Kombination des Fotos und der Überschrift das Opfer zudem diffamiert. Monika P. werde nicht als Opfer betrauert, sondern als Sensation ausgebeutet. Gerade mit Rücksicht auf die Hinterbliebenen hätte diese Art der Berichterstattung unterbleiben müssen. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, das fragliche Foto sei von der Polizei zu Fahndungszwecken herausgegeben worden. Das Bild sei in sämtlichen Zeitungen der Region erschienen. Die Bezeichnung „Hure“ sei ebenfalls zulässig. Im Zuge der Fahndung habe es der Beschreibung der Tätigkeit der jungen Frau bedurft, da sich daraus möglicherweise Hinweise auf den Täter ergeben könnten. Da sich Prostituierte häufig selbst so bezeichnen, sei „Hure“ im Gegensatz zu „Hurenbock“ oder „Hurensohn“ auch keine Beschimpfung. (2010)
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„Das Gold von Marokko“, über das die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung schreibt, dient der Produktion von Hautpflegeprodukten. Im Beitrag steht ein Hinweis auf eine große Palette von Cremes und Körperlotionen mit dem exotischen Wirkstoff. Kurz vor Artikelende informiert die Zeitung über die Internet-Adresse eines bestimmten Unternehmens und dessen kommerzielles Angebot. Ein Nutzer des Internet-Auftritts hält den Artikel nicht für neutral formuliert. Er ähnle vielmehr einem PR-Text. Vor allem die Nennung eines bestimmten Vermarkters mute an wie Werbung. Die Chefredaktion der Zeitung berichtet, zu der Veröffentlichung sei es durch ein technisches Versehen gekommen. Der Artikel stamme aus einem Anzeigenkollektiv, das zuvor in der Printausgabe erschienen sei. Normalerweise würden solche Beiträge automatisch vom Online-Export ausgeschlossen. In diesem Fall sei eine Kultur- kurzfristig in eine Technik-Seite umgewidmet worden, was eine unvorhersehbare Auswirkung gehabt habe. Unmittelbar nachdem der Fehler bemerkt worden sei, habe man den Artikel aus dem Internet entfernt. Das hausinterne Ablauf-Schema sei sofort geändert worden, so dass ein derartiger Fehler sich nicht wiederholen werde. (2010)
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Die schlimmsten Schießereien im Rhein-Main-Gebiet“. Drei Tage später folgt ein Bericht mit der Überschrift „Die blutigsten Messerstechereien im Rhein-Main-Gebiet“. Beide Beiträge enthalten eine umfangreiche Fotostrecke; beide sind im Text identisch. Darin berichtet ein Fotograf der Zeitung, wie er die schlimmsten und blutigsten Messerstechereien/Schießereien als Pressemann erlebte. In den Fotostrecken geht es um die aufsehenerregendsten Fälle. Gezeigt werden Aufnahmen der Tatorte; auf verschiedenen Bildern sind Leichen zu sehen. Nähere Einzelheiten wie Tat, Tatort und Datum werden in den Bildtexten erläutert. Ein Nutzer des Internetauftritts der Zeitung sieht in einigen der Bilder die Menschenwürde verletzt. Er hält es nicht für zulässig, ermordete Menschen im Bild zu zeigen. Nach seiner Ansicht hat die Zeitung die Menschenwürde der Getöteten verletzt. Ein journalistisches Interesse kann der Beschwerdeführer nicht erkennen. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, die kritisierten Beiträge seien Teil einer Serie, in der ein Journalist nach zwei Jahrzehnten Tätigkeit als Polizeifotograf sein Archiv geöffnet habe. Alle Bilder seien mit dem Einverständnis der Ermittlungsbehörden gemacht worden. Die Fotos zeigten nicht mehr als die Realität. Sie seien so ausgewählt worden, dass die dargestellten Personen nicht erkennbar seien. Angelehnt sei diese Aktion an die Veröffentlichungen des berühmten Fotografen „Weegee“ in den dreißiger Jahren in New York, der als erster journalistischer Polizei-Fotograf gelte. Es gehe nicht um Effekthascherei, sondern vielmehr um die Präsentation des Lebenswerkes eines Bildjournalisten und die abschreckende Darstellung von Gewalt. Die Darstellung von Grausamkeit verletze nicht die Würde der Opfer. Sie entlarve vielmehr die Täter (2009)
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht unter der Überschrift „Der ´famila´-Markt heißt jetzt ´Kaufland´“ einen Artikel über die Eröffnung der dritten Kaufland-Filiale am Ort. Der Beitrag enthält eine ausführliche und positive Beschreibung des Angebots des Verbrauchermarktes. So unter anderem die Formulierung „von der Discount-Marke ´K-Classic´ über die für bewusste Ernährung konzipierte Marke „K-Classic Well You“ und die auf biologische Produkte spezialisierte „K-Bio“ – „Hier gibt es für jeden Geschmack etwas.“ Ein Leser der Zeitung ist der Auffassung, dass in der Veröffentlichung in werbender Weise über den Verbrauchermarkt berichtet wird. Der Beitrag hätte nach seiner Meinung als Anzeige gekennzeichnet sein müssen. Die Chefredaktion der Zeitung sieht in dem Beitrag keine Schleichwerbung, sondern eine relevante Verbraucherinformation. Wenn eine der größten „Shopping-Malls“ der Stadt, die seit Jahrzehnten unter dem Namen „famila“ geführt werde, plötzlich den Namen ändere und „Kaufland“ heiße, so sei die Information über diesen Vorgang für den Leser von Interesse. Dass in diesem Zusammenhang über die künftige Sortimentsstruktur oder die geänderten Einkaufszeiten einmalig informiert werde, ohne im Detail Preisbeispiele zu nennen, halte man ebenfalls für richtig. (2010)
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In ihrer Online-Ausgabe berichtet eine Boulevardzeitung unter der Überschrift „Lesen Sie hier Michael Jacksons Todesakte“ über den Prozess gegen den Arzt des Popstars. Der Leser erhält Einblick in den Autopsie-Bericht, der während des Prozesses veröffentlicht wurde. Darin sind zahlreiche Angaben über den Zustand von Michael Jacksons Körper enthalten, die durch mehrere Skizzen ergänzt werden. Neben anatomischen Fakten, Krankheiten, Narben und Tätowierungen nennt die Zeitung weitere Auffälligkeiten. Sie berichtet von einer künstlichen Nase, wobei jedoch die Prothese fehle. Die Nasenspitze sei mit Mull bedeckt gewesen. Über die Berichterstattung beschweren sich mehrere Leser. Eine Nutzerin des Internet-Auftritts wirft der Redaktion eine falsche Berichterstattung vor. Von der im Beitrag erwähnten künstlichen Nase sei im Originalbericht keine Rede. Die Berichterstattung – so die Beschwerdeführer – sei geeignet, die Ehre und die Persönlichkeitsrechte von Michael Jackson zu verletzen. Aus Sicht der Redaktion hat Jacksons Tod ein hochgradiges Informationsinteresse ausgelöst. Gleiches gelte auch für die näheren Todesumstände. Während des Prozesses gegen Jacksons Leibarzt sei auch die Autopsie-Akte des Sängers bekannt geworden. Über deren Inhalt hätten viele Medien berichtet. Nicht aus „Sensationslust“ habe die Redaktion berichtet, sondern allein wegen des Informationsinteresses. Sie sei ihrer Chronistenpflicht nachgekommen. Die Berichterstattung gefalle den Beschwerdeführern nicht, entspreche aber den Tatsachen. (2010)
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