Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6739 Entscheidungen
Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung veröffentlicht ein so genanntes „Kundenspecial“ einer privaten Bahngesellschaft. Darin werden Angebote des Unternehmens vorgestellt, zu dem der Nutzer über mehrere Links geführt wird. Aus Sicht eines Lesers der Zeitung handelt es sich bei der Veröffentlichung um Werbung, die nicht als solche gekennzeichnet ist. Die Zeitung teilt mit, dass der beanstandete Beitrag unter der Rubrik „Specials“ und dort unter „Kundenspecials“ stehe. Dadurch werde deutlich, dass es sich im Gegensatz zu einem üblichen Special, das meist Informationen über Eigenveranstaltungen und ähnliches enthalte, um das Special eines Kunden handele. Für den Leser sei diese Kennzeichnung ausreichend, um die Werbung zu erkennen. Das beanstandete Kundenspecial sei mit einem Logo des Kunden versehen. Die veröffentlichten Fotos seien mit PR gekennzeichnet. Um etwaige Missverständnisse künftig zu vermeiden, werde man ab sofort auf den Begriff „Kundenspecial“ verzichten und die Bezeichnung „Werbespecial“ verwenden. Die Zeitung bittet den Presserat – sollten dagegen Bedenken bestehen – um einen entsprechenden Hinweis. (2010)
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Die Online-Ausgabe einer Lokalzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Grundstoff für Biodiesel-Produktion“. Darin geht es um ein Projekt, in dessen Rahmen ein großer Auto-Bauer in Indien Bauern beim Anbau der Jatropha-Pflanze, deren Nüsse Grundstoff für Biodiesel ist, unterstützt. Gezeichnet ist der Artikel mit dem Namen eines Redakteurs. Ein Nutzer der Online-Ausgabe weist darauf hin, dass einen Tag vor der Veröffentlichung in der Online-Ausgabe der Artikel auf der Homepage des Autobauers ohne einen Autorenhinweis erschienen sei. Dieser Beitrag habe den Copyright-Vermerk „(…)-AG – Alle Rechte vorbehalten“ enthalten. Der gleiche Artikel werde in der Online-Ausgabe der Zeitung jedoch nicht als Anzeige gekennzeichnet, sondern als Beitrag eines Redakteurs ausgewiesen. Nach Darstellung der Chefredaktion sei die Grundlage des veröffentlichten Beitrags eine Pressemitteilung des Autoproduzenten. In dem Beitrag werde nicht für ein Produkt geworben, sondern über ein Projekt berichtet. Die Redaktion räumt ein, dass am Ende des Artikels die Bewertung der CO2-Bilanz als Meinung der Autofirma hätte deutlich gemacht werden müssen. Es sei in der Redaktion üblich, dass man den Verfasser kenntlich mache, wenn man aus Pressemitteilungen zitiere. (2010)
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Ein DGB-Forum demonstriert gegen eine Mahnwache der Rechten. Die am Ort erscheinende Zeitung kommentiert den Vorgang. Im Beitrag ist davon die Rede, dass die Gegendemonstration nicht genehmigt gewesen sei. Daraufhin sei die Polizei eingeschritten. Die Zeitung berichtet, auch Autonome hätten an der DGB-Demonstration teilgenommen. Auf einem Video, das Übergriffe der Polizei zeigen sollte, sei – so die Zeitung weiter – lediglich ein Fußtritt zu sehen. Die Beschwerdeführerin, Mitglied von „Eltern gegen Rechts“, kritisiert die Aussage der Zeitung, die Gegendemonstration sei nicht genehmigt gewesen. In diesem Punkt liege der Kommentator falsch. Dies habe die Zeitung lediglich mit einer kurzen Notiz berichtigt. Zudem hätten an der Gegendemonstration keine Autonomen, sondern Antifa-Mitglieder teilgenommen. Das Video zeige entgegen der Darstellung im Kommentar durchaus Polizeigewalt. Der Chefredakteur beteuert, dass seine Zeitung von Übergriffen der Polizei nach Rücksprache mit Demonstrationsteilnehmern nichts gehört habe. Auf dem Video sei ebenfalls kein polizeiliches Fehlverhalten festzustellen. Die Darstellung, die Gegendemonstration sei nicht genehmigt gewesen, habe seine Zeitung korrigiert. (2010)
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über einen ehemaligen Bundesliga-Fußballprofi und seine Verhaftung im Zusammenhang mit dem größten Drogenfund, der je in Deutschland gemacht wurde. Im Hamburger Hafen hatte die Polizei 1,33 Tonnen Kokain beschlagnahmt. Die Zeitung schreibt: „ Die Beamten nahmen sieben Verdächtige fest, darunter Ex-Bundesligaspieler Kevin H. (30)“. Über Kevin H. heißt es, er habe in der Saison 2001/2002 bei Hansa Rostock gespielt und gegen Bayern München sein erstes Bundesligator geschossen. Auch weitere Stationen seiner Fußballer-Karriere nennt die Redaktion. Wörtlich geht es so weiter: „Dienstag Abend hätte er eigentlich im Pokal gegen Harburg spielen müssen. Doch das Trikot mit der Nummer 14 bleibt im Schrank“. Zum Beitrag gehört ein Bild des Verdächtigen im Trikot von Hansa Rostock. Die Augenpartie ist mit einem schwarzen Balken überdeckt. Ein Leser sieht die Persönlichkeitsrechte von Kevin H. verletzt. Durch den abgekürzten Namen in Verbindung mit Details über seine Fußballkarriere ist der Spieler problemlos identifizierbar. Die Rechtsabteilung des Verlags sieht die Berichterstattung allein schon angesichts des Drogenfundes im Hamburger Hafen (Verkaufswert rund 40 Millionen Euro) gerechtfertigt. Kaum ein Medium in Deutschland habe nicht über den Fall berichtet. Die Nennung des Namens des Fußballers in abgekürzter Form sei zulässig. Bei Kevin H. handele es sich um eine Person der Zeitgeschichte. Er habe gerade als Fußballspieler eine besondere Vorbildfunktion. Die in Richtlinie 8.1, Absatz 1, des Pressekodex geforderte Abwägung falle in diesem Fall eindeutig zugunsten des öffentlichen Interesses aus. Kevin H. sei Mitglied einer der gefährlichsten Rauschgiftbanden Deutschlands gewesen. Der Handel mit Rauschgift stehe eindeutig im Widerspruch zum positiven Bild des Vorzeigesportlers. Der Verdächtige sitze weiter in Untersuchungshaft. (2010)
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Die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins veröffentlicht unter dem Titel „Berauschender Mendelssohn“ eine positive Rezension der neuen CD eines Quartetts mit Werken von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Zu Beginn des Beitrags wird ein Link zum Archiv des Nachrichtenmagazins zu dem Komponisten angegeben. Am Ende des Artikels wird auf den magazineigenen Shop hingewiesen, in dem die CD bestellt werden kann. Ein Nutzer des Internet-Auftritts sieht darin Werbung für die vom Magazin vertriebene CD. Das Justitiariat des Verlages hält es unter dem Gesichtspunkt der Ziffer 6 für unbedenklich, dass der Verlag Co-Betreiber des Shops sei. Solange keine Vermischung von Kommerziellem und Redaktionellem stattfinde, sei dies nicht zu beanstanden. Es sei einzig und allein Sache der Redaktion, einzelne Werke positiv oder negativ zu bewerten und zu besprechen. Auch ein Verstoß gegen Ziffer 7 des Pressekodex (Trennung von Werbung und Redaktion) liege nicht vor, da in verschiedensten Darstellungsformen Bewertungen und Meinungen zu allen Bereichen und Formen von „Kulturgütern’“ veröffentlicht würden. Der Hinweis auf den Magazin-Shop sei ein Service für den Leser. Für diesen sei sofort erkennbar, dass es sich um einen kommerziellen Link zum Shop handelt. (2010)
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Eine Gesellschaft, die sich mit dem Nachlass eines Karikaturisten beschäftigt, hat Streit mit dem Kulturausschuss der Stadt. Im Fokus steht ein Mitarbeiter des städtischen Kulturbetriebs. Der wiederum hat eine Auseinandersetzung mit einem Mitglied des Kulturausschusses. Ein Kommentator der örtlichen Zeitung vertritt die Ansicht, dass der Streit auf dem Rücken des Karikaturisten ausgetragen wird. Dabei geht es auch um den Vorwurf des Kulturausschussmitgliedes, der Kulturbetrieb-Mitarbeiter sei Stasi-Mitarbeiter gewesen. Bewertet wird zudem die Rolle einer Frau, die früher Mitglied der Gesellschaft war. Sie beschwert sich beim Presserat über den Kommentar, weil darin falsche Behauptungen aufgestellt würden. Falsch sei die Darstellung einer Privatfehde. Der Autor des Kommentars und der Mitarbeiter des städtischen Kulturbetriebes seien „Kumpel“. Die Kritiker von letzterem drängten lediglich auf die Einhaltung der Landesverfassung, in der festgehalten sei, dass Stasi-Belastete nicht im öffentlichen Dienst beschäftigt werden dürften. Ihr – der Beschwerdeführerin – Motiv sei die fachgerechte Bearbeitung des Nachlasses des Karikaturisten. Sie wolle verhindern, dass dessen Name mit der Stasi-Belastung beschmutzt werde. Sie sei 60 Jahre alt. Es sei absurd zu behaupten, sie habe Ambitionen auf den Posten des Kulturbetrieb-Mitarbeiters. Der Herausgeber der Zeitung und zugleich Autor des Kommentars sieht in der Beschwerde eine Reihe von Unwahrheiten. Er bezeichnet die Beschwerdeführerin als Querulantin, die gegen bestimmte Leute in der Stadt Kampagnen führe. Das grenze teilweise an Rufmord. Im vorliegenden Fall sei es der Kulturbetriebs-Mitarbeiter, der das Werk des Karikaturisten anders beurteile als die Beschwerdeführerin. Am meisten störe sie, dass der Mitarbeiter zwei Kataloge im Auftrag der Stadt herausgegeben habe. Diese Aufträge hätten nach ihrer Ansicht ihr zugestanden. Der Auftraggeber werde von der Frau ständig als früherer Stasi-Mitarbeiter bezeichnet. Das Gegenteil sei richtig. Der Mann habe wegen seiner Äußerungen gegen das DDR-Regime sogar im Gefängnis gesessen. Es sei auch Aufgabe der Presse – so der Herausgeber – Einzelpersonen gegen Kampagnen zu schützen. Er als Kommentator habe unter anderem die „unschöne Rolle“ der Beschwerdeführerin in dem sehr komplexen Thema kritisieren wollen. (2009)
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Unter dem Titel „Liebeskummer: Lehrling (18) warf sich in (…) vor den Zug“ berichtet die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung über den Suizid eines jungen Mannes. In dem Artikel wird ein Vergleich zwischen dem aktuellen Fall und dem Freitod des Hannover 96-Torwarts Robert Enke gezogen, weil der Lehrling auch Fußballer war. Die Umstände des tragischen Ereignisses werden in allen Einzelheiten geschildert. Die Zeitung schreibt, der junge Mann habe Stress mit seiner Freundin gehabt und sei darauf mit dem VW-Bus seiner Eltern an die Bahngleise gefahren. Vom Zug, der um 20.35 Uhr die Stelle passiert habe, sei er überfahren worden. Ein Nutzer des Internetauftritts sieht Ziffer 8, Richtlinie 8.5, des Pressekodex verletzt. Er mahnt den Werther-Effekt der Berichterstattung an. Die Zeitung hat den Bericht aus einem anderen Blatt übernommen. Dessen Chefredaktion antwortet. Danach hat die Redaktion nüchtern und wahrheitsgemäß über den tragischen Suizid berichtet. Dieser habe eine ganze Region schon vor der Veröffentlichung erschüttert und intensiv beschäftigt. Damit sei auch der Vorwurf des Beschwerdeführers widerlegt, die Redaktion habe „über einen solchen Vorfall berichtet, ohne dass dafür ein nachvollziehbarer Anlass“ bestanden habe. Die Zeitung habe neutrales Bildmaterial gemäß den üblichen Standards der Presse verwendet. Aus dem Kreis der Betroffenen habe es keinerlei Beanstandungen gegeben. Die Chefredaktion weiß auch nichts davon, dass Goethes Werther, nachdem es zu einer Selbstmordwelle gekommen sei, verboten worden wäre. Vielmehr sei das Buch überall im Handel erhältlich. Es sei gängiger Unterrichtsstoff, ohne dass es in den betreffenden Schulklassen zu Werther-Effekten komme. Wäre es anders, würden diese Zeitung und sicherlich auch alle anderen groß darüber berichten. Die Chefredaktion schließt mit der Anmerkung, sie solle auf der Grundlage unbewiesener Annahmen und Mutmaßungen willkürlich für etwas gerügt werden, das der Beschwerdeführer im Kern anderen anlaste, nämlich die Enke-Berichterstattung in allen Medien. (2010)
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Eine junge Frau stirbt. Zunächst aufgenommene Ermittlungen zur Klärung der Todesursache werden eingestellt. Die Behörden gehen von einem Suizid aus. Freunde der toten Studentin glauben nicht daran. Sie bilden eine Initiative mit dem Ziel, ihre Annahme zu untermauern, dass die junge Frau sich nicht selbst umgebracht habe. Die örtliche Zeitung berichtet unter der Überschrift „Keine Ruhe für ertrunkene Kunststudentin“. Um die privaten Untersuchungen finanzieren zu können, hätten die Freunde Spenden gesammelt. Das entsprechende Konto sei unter dem Namen der Mutter der Toten eingerichtet. Die Zeitung nennt zwei Mitglieder der Initiative mit Namen. Eines von ihnen wird als „Politikwissenschaftler“ bezeichnet. Einer der Genannten moniert die Missachtung von Persönlichkeitsrechten. Die Namen der Mutter und jene der Mitglieder der Initiative hätten nicht genannt werden dürfen. Die Zeitung verstoße auch gegen die journalistische Sorgfaltspflicht, wenn sie berichte, dass das Konto schon seit Jahren laufe. Es sei jedoch erst vor kurzem auf den Namen der Mutter der Toten eingerichtet worden. Darüber hinaus, so der Beschwerdeführer weiter, gebe die Zeitung den Gründungszweck der Initiative falsch wieder. Statt „der Freundeskreis geht nach wie vor von einem Verbrechen aus“ müsse es heißen, „der Freundeskreis geht nach wie vor von einem anderen Tat- oder Unfallhergang aus“. Die Zeitung habe eine Berichtigung abgelehnt. Das Gegenangebot der Redaktion, einen Leserbrief zum Vorgang abzudrucken, hätte wiederum die Initiative abgelehnt. Die Redaktion steht auf dem Standpunkt, dass die Namen aus dem Freundskreis hätten genannt werden dürfen, da beide ihre Aktion auch im Internet publik gemacht und dabei ihre Namen genannt hätten. Der Beschwerdeführer sei auch im Fernsehen im Zusammenhang mit der Initiative aufgetreten. Der Name der Mutter der toten Frau sei über öffentlich zugängliche Quellen für jedermann leicht zu ermitteln gewesen. Zur Frage der Sorgfalt teilt die Redaktion mit, sie habe bei der entsprechenden Bank recherchiert. Der Name der Mutter sei genannt worden. Der Zeitung scheint es bemerkenswert, dass das Konto der Initiative drei Tage vor dem Auffinden der toten Studentin eingerichtet worden sei. (2010)
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Ein Ketchup-Hersteller und die Caritas schließen einen Kooperationsvertrag. Eine Regionalzeitung berichtet über den Vorgang. Der Beitrag enthält die großformatige Abbildung einer Ketchup-Flasche. Ein kleineres Bild zeigt deutlich den Markennamen. Im Artikel äußern sich zwei Küchenchefs positiv zu dem Produkt. Sie werden mit diesen Aussagen zitiert: „Der Ketchup ist nicht der billigste, aber man schmeckt den Unterschied“ und „Wir haben mehrere Tests gemacht, sind aber bei (…) geblieben. Ein Leser der Zeitung sieht einen Fall von Schleichwerbung. Das sei reinste PR. Infos über das eigentliche Thema, nämlich die Kooperation der Ketchup-Firma mit der Caritas, enthalte der Beitrag nicht. Der Chef vom Dienst der Zeitung teilt mit, die Redaktion habe schon vor Jahren damit begonnen, die Wirtschaftsberichterstattung im lokalen Bereich deutlich auszuweiten. Artikel über Unternehmen sollten nicht nur die Pflichtzahlen-Vorlage oder den Krisenfall beleuchten, sondern auch ein allgemeines Interesse bedienen. Damit dies sachkundig geschehen kann, habe man in vielen Lokalteilen spezielle Seiten eingerichtet und junge Redakteure mit wirtschaftlicher Vorbildung eingestellt. Im vorliegenden Fall handele es sich um den Bericht über ein Unternehmen, das einen weltweit bekannten Konsumartikel vertreibe. Den Beitrag habe man mit einer Ketchup-Flasche illustriert. Dies mache auf den ersten Blick deutlich, worum es gehe. Der CvD spricht von einer „optischen Leserführung“. Die vom Beschwerdeführer beanstandeten lobenden Zitate hätten einen klaren Zweck. Sie belegten, warum Ketchup in den letzten Jahren seinen Marktanteil erheblich habe vergrößern können. Die Zitate seien zudem klar Personen, in diesem Fall bekannten Küchenchefs, zuzuordnen. Äußerer Anlass, aber eben nur der Anlass, sei der Abschluss eines Rahmenabkommens zwischen der Firma und der Caritas gewesen. Der Chef vom Dienst räumt ein, dass der Anlass ein wenig näher hätte beleuchtet werden müssen. (2010)
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„Gastronom von Ex-Liebhaber ermordet“ titelt eine Regionalzeitung. Im Bericht geht es um den Mord an einem namentlich genannten Restaurantbetreiber. Die Zeitung berichtet, was offiziell nicht bestätigt ist: Eine angebliche Liebesgeschichte zwischen Opfer und Täter, einem Angestellten des Gastronomen. Dieser wollte nach der Darstellung der Zeitung eine dauerhafte Beziehung, sein Chef jedoch nicht. Die Meinungsverschiedenheit endete mit der Entlassung des späteren Täters von einem Tag auf den anderen. Ein Leser der Zeitung ist der Ansicht, die Berichterstattung verletze Persönlichkeitsrechte. Der Name des Opfers werde genannt, ohne dass daran ein überwiegendes öffentliches Interesse bestehe. Weiterhin spekuliere die Zeitung über ein Liebesverhältnis zwischen den beiden Männern. Das verstoße gegen die journalistische Sorgfaltspflicht. Die Chefredaktion der Zeitung stellt fest, dass die Redaktion im Vorfeld der Berichterstattung intensiv darüber diskutiert habe, ob das Opfer namentlich genannt und das Verhältnis von Täter und Opfer angesprochen werden dürfe. Sie meint, dass sie sich mit ihrer Entscheidung, diese Details zu nennen, im Rahmen des Pressekodex bewege. Die Zeitung argumentiert, das Opfer sei ein stadtbekannter Gastronom gewesen, der in einigen Veröffentlichungen sogar als „Promi-Wirt“ bezeichnet werde. Er sei auch öffentlich aufgetreten und habe sich wiederholt der Presse als Gesprächspartner angeboten. Damit sei der Mann eine Person des öffentlichen Interesses gewesen. Ein weiterer Grund für die Art und Weise der Veröffentlichung seien die Umstände der Tat. Das besondere Informationsinteresse ergebe sich aus den extremen Umständen der Tat und der Bekanntheit des Opfers. Die berichtenden Redakteurinnen konnten sich schließlich auf die Seriosität ihrer Quelle, die in Kreisen der Polizei angesiedelt sei, verlassen. Daher stamme auch die Information, zwischen Täter und Opfer habe eine Liebesziehung bestanden. Dieser Umstand sei im Hinblick auf das Tatmotiv von entscheidender Bedeutung. (2010)
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