Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6739 Entscheidungen
Eine in einer Großstadt erscheinende Boulevardzeitung veröffentlicht unter der Überschrift „Olympia weint“ das Foto eines schwer verletzten Rodlers, der in Nahaufnahme während der Reanimation gezeigt wird. Eine Leserin der Zeitung sieht mit dem Foto die Menschenwürde des Verunglückten verletzt. Es sei entwürdigend, einen Sterbenden so zur Schau zu stellen. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung antwortet mit einem Brief, den er der Beschwerdeführerin geschickt hat. Darin bekennt er, dass die Veröffentlichung ein Fehler gewesen sei. Da dieser Fehler dem zuständigen Redakteur, der Leitung der Sportredaktion und auch der Chefredaktion sehr schnell bewusst war, habe man sich bei allen Lesern, die sich gemeldet hätten, schriftlich entschuldigt. Der stellvertretende Chefredakteur bittet auch die Beschwerdeführerin um Entschuldigung. (2010)
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„Die gefährlichsten Sportarten, die Sturzspiele von Vancouver“ – so überschreibt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung einen Beitrag, in dem auch eine Fotogalerie mit Stürzen zu sehen ist. Eine Nutzerin des Online-Auftritts stört sich vor allem an dem Foto eines gestürzten Bobfahrers. Die Zeitung zeigt, wie der Mann aus der Bahn fliegt. Auf einem weiteren Foto wird in Nahaufnahme das Gesicht des schwer verletzten, blutenden Fahrers während der Reanimation gezeigt. Die Beschwerdeführerin sieht Verstöße gegen den Pressekodex. Zwar bejaht auch sie ein öffentliches Interesse des Publikums und der Medien an den Stürzen, doch sei nach den Vorgaben des Pressekodex zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen abzuwägen. In den Augen der Nutzerin ist das Bild des Toten, welches unter der Rubrik „Meistgeklickte Fotogalerie Vancouver 2010“ zu finden ist, auch ein Verstoß gegen Ziffer 9 (Schutz der Ehre). Die Rechtsabteilung der Zeitung sieht keinen Verstoß gegen presseethische Grundsätze. Die Zeitung habe über die schweren Unfälle berichtet, die die olympischen Winterspiele in Kanada überschattet hätten. An dem schrecklichen Unfall des Bobfahrers habe ein beträchtliches Informationsinteresse der Öffentlichkeit bestanden. Zwischen den widerstreitenden Interessen habe die Redaktion abgewogen. Sie sei zu dem Schluss gekommen, dass die Fotos auch aus pressethischer Sicht veröffentlicht werden durften. Sie habe nicht den toten, sondern den schwer verletzten Bobfahrer gezeigt. Der Sportler sei der erste Tote in der Geschichte der olympischen Winterspiele. Sein Tod sei somit ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung. Mit der Berichterstattung erfülle die Zeitung ihre Chronistenpflicht. Es sei für die Öffentlichkeit von großem Interesse, zu erfahren, ob und wenn ja, wie verunglückten Olympiateilnehmern geholfen werde. Die Berichterstattung sei nicht von Sensationsgier geprägt, sondern diene vielmehr der sachlichen und ausgewogenen Befriedigung eines überragenden öffentlichen Informationsinteresses. (2010)
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht das Foto eines Rodlers, der bei den olympischen Winterspielen in Vancouver gestürzt war. Der schwerstverletzte Sportler wird in Nahaufnahme gezeigt, als er reanimiert wird. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass durch die Nahaufnahme des Gesichts die Menschenwürde des jungen Mannes verletzt worden sei. Er sieht Verstöße gegen die Ziffern 1 (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde), 8 (Persönlichkeitsrechte) und 9 (Schutz der Ehre) des Pressekodex. Der Redaktionsleiter bekennt, dass die Veröffentlichung des Fotos ein schwerwiegender Fehler gewesen sei, für den man sich entschuldige. Das Foto sei nicht für die Veröffentlichung vorgesehen gewesen und lediglich aus Zeitdruck mit einem anderen Bild verwechselt und veröffentlicht worden. Alle Redaktionsmitglieder seien belehrt worden, dass es dem Pressekodex und dem Selbstverständnis des Hauses widerspreche, Bilder von Sterbenden zu veröffentlichen. Zudem habe sich die Redaktion am Tag nach dem Erscheinen des Fotos auf der Titelseite bei ihren Lesern entschuldigt. (2010)
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„Wie viel Schuld tragen die Behörden an dem Tod des kleinen Mädchens?“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Es geht um das Ableben der neun Monate alten Lara-Mia, deren Eltern sie verhungern ließen. Dem Beitrag beigestellt ist eine Zeichnung, die die Redaktion auf der Basis der Aktenangaben erstellt hat. Sie zeigt die völlig abgemagerte, nackte Leiche des Kindes. Ein Nutzer der Internet-Ausgabe sieht durch die Wiedergabe der Zeichnung die Menschenwürde des Kindes verletzt. Er hält die Berichterstattung für unangemessen sensationell. Die Rechtsabteilung der Zeitung bemerkt in ihrer Stellungnahme, der Fall Lara-Mia habe seiner Zeit weite Kreise der Bevölkerung erschüttert. Die beanstandete Zeichnung sei nach Fotos angefertigt worden, die sich in Behördenakten befunden hätten. Sie seien der Hamburger Bürgerschaft übergeben worden. Das Originalbild sei weit drastischer. Es zeige die Spuren der ärztlichen Versuche, das Kind wieder zu beleben. Die Redaktion habe sich für die Veröffentlichung der Zeichnung entschieden, um nicht mehr als nötig die Brutalität des Vorgangs in den Vordergrund zu stellen. Es gehe nicht um die sensationelle Darstellung eines toten Kindes. Kurz vor dem Jahrestag habe die Zeitung den Fall in die Erinnerung der Leser rufen und fragen wollen, ob in den Behörden mittlerweile ein Umdenken stattgefunden habe. Mit der Zeichnung habe die Redaktion dokumentieren wollen, dass sowohl die Eltern als auch die amtliche Betreuerin den hohen Grad der Vernachlässigung des Kindes hätten erkennen müssen. Die Redaktion könne nicht erkennen, dass mit der Veröffentlichung die Menschenwürde des Kindes verletzt worden sei. (2010)
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Eine Regionalzeitung berichtet über einen evangelischen Gemeindepfarrer, der im Jahr 2000 wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen verurteilt worden ist. Seit Sommer 2009 sei er – so die Zeitung – in einer Stadt des Verbreitungsgebietes als Seelsorger tätig und halte auch Gottesdienste ab. Im Jahr 2005 sei er als Gemeindepfarrer eingesetzt worden, ohne dass die Öffentlichkeit von seiner Vorgeschichte erfahren habe. In dieser Zeit habe er unter anderem Konfirmanden- und Kindergartengruppen betreut – jedoch nur in Begleitung eines weiteren Erwachsenen. Als Angehörige von der Vergangenheit des Pfarrers erfuhren, hätten sie dafür gesorgt, dass der Geistliche im Frühjahr 2009 gehen musste. Die Frage, warum der Mann nicht generell vom Gemeindedienst ferngehalten worden sei, habe der zuständige Dekan nicht beantworten können. Ein Leser der Zeitung vermutet, der betroffene Pfarrer sei in der Stadt sofort identifizierbar. Dies verletze seine Persönlichkeitsrechte. Außerdem handele es sich um ein „altes“ Thema, das die Zeitung erneut aufgegriffen habe, um die öffentliche Diskussion zu den Missbrauchsvorwürfen in der katholischen Kirche zu befruchten. Die Redaktionsleitung der Zeitung merkt an, dass weder in der Print- noch in der Online-Ausgabe Namen genannt oder gar Bilder veröffentlicht worden seien. Eine Kirchenzeitung habe dagegen den vollen Namen und den Dienstort des Geistlichen genannt. Bei der Berichterstattung sei es darum gegangen, dass der Pfarrer entgegen anders lautenden Beteuerungen der Kirche wieder mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt gekommen sei. Nachdem die Zeitung auf diesen Sachverhalt hingewiesen worden sei, habe sie es für ihre Pflicht gehalten, über den Fall zu berichten. (2010)
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Eine Regionalzeitung berichtet über Nebeneinkünfte der in einer Stadt des Verbreitungsgebietes tätigen Bürgermeisterin. Detailliert berichtet die Zeitung über die Beträge, die für verschiedene Tätigkeiten an die Bürgermeisterin gezahlt werden. Schließlich behauptet die Zeitung, die Gesamtnebeneinkünfte in Höhe von 24.960 Euro müssten versteuert werden, so dass ihr rund 12.500 Euro im Jahr bzw. 1.000 Euro monatlich verblieben. Die Bürgermeisterin beschwert sich über die Berichterstattung. Es handele sich um personenbezogene Daten, die der Rat bzw. ein Ratsmitglied an die Presse weitergegeben habe. Damit habe der Rat gegen kommunalrechtliche und datenschutzrechtliche Vorschriften verstoßen. Die Redaktion hätte diese Informationen nicht veröffentlichen dürfen. Die Rechtsabteilung der Zeitung beruft sich auf Artikel 5 Grundgesetz. Nach der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts sei nicht die Informationsbeschaffung, wohl aber die Verbreitung der Information von Artikel 5 gedeckt. Es reiche also nicht aus, die Beschaffung der Information zu missbilligen, wie es die Beschwerdeführerin vortrage. Die Verbreitung der Nebeneinkünfte hält das Justitiariat unter dem Aspekt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts für zulässig. Das öffentliche Interesse an den Nebeneinkünften der Beschwerdeführerin überwiege gegenüber ihrem Persönlichkeitsrecht, zu dem die Information über die Nebeneinkünfte zähle. Die Bürgermeisterin sei hauptamtlich tätig. Die Bürger der Stadt hätten daher ein Interesse zu erfahren, ob ihre Bürgermeisterin ihr Amt unabhängig ausübe. (2010)
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Das Titelbild einer Satire-Zeitschrift zeigt einen katholischen Geistlichen, der in Schritthöhe vor einem Kreuz mit Jesus zu sehen ist. Die Hände des Geistlichen sind ebenfalls ungefähr auf Schritthöhe zu erkennen. Aus einer Wunde des Gekreuzigten fließt Blut. Die Überschrift lautet „Kirche heute“ 198 Leser haben sich gegen die Karikatur gewandt und beim Presserat Beschwerde eingelegt. Hier eine kleine Auswahl der Argumente:
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„Wir klauen auf Bestellung“ titelt eine Jugendzeitschrift. Im Bericht geht es um eine diebische Mädchenbande, deren vier Mitglieder regelmäßig auf Beutezug gingen und danach die gestohlenen Waren verkauften. Der Beitrag geht auch auf die Motive der Kinder ein. Über Ciara (13) heißt es: „Denn anders als unzählige Gelegenheitsdiebe in Deutschland stielt die Schülerin quasi beruflich. ´Babsitten oder Zeitungen austragen wie andere Gleichaltrige auch? Nein, danke! So ist es viel einfacher, an Kohle zu kommen´, sagt das zierliche Mädchen.“ Zum Beitrag gehören mehrere Fotos, die die Mädchen bei ihren Diebestouren zeigen. Ihre Gesichter sind durch schwarze Balken anonymisiert. Am Ende des Beitrags steht ein Verweis auf die Homepage der Zeitschrift. Dort können Leser über das Thema „Klauen“ diskutieren. Eine Leserin ist der Meinung, dass die Berichterstattung wie eine Anleitung erscheine, wie junge Leute ihr Taschengeld aufbessern könnten. Es werde genau geschildert, wie die Diebinnen auf ihren Beutezügen vorgingen. Das Stehlen selbst werde im letzten Absatz des Berichts zwar kritisch kommentiert, die Hehlerei jedoch nicht. Kritisch bewertet die Beschwerdeführerin auch den Verweis auf die Internetumfrage. Insgesamt erwecke der Artikel den Anschein, als handele es sich beim Stehlen um ein Kavaliersdelikt und junge Leute mit niedrigem Einkommen hätten ein Recht darauf. Die Folgen von Straftaten würden verharmlost. Kritik auch an den Fotos. Es werde nicht erwähnt, dass die Zeitschrift die Beutezüge nachgestellt habe. So entstehe der Eindruck, als sei die Redaktion beim Stehlen dabei gewesen. Die Chefredakteurin der Zeitschrift teilt mit, die Redaktion habe sich für das Thema entschieden, weil Ladendiebstahl bei Mädchen in der Altersgruppe bis 16 Jahren das häufigste Delikt sei. Nach ihrer Ansicht habe die Redaktion keinen Zweifel daran gelassen, dass Klauen kein Kavaliersdelikt sondern eine kriminelle Handlung sei. Die Redaktion habe sich mit der Beschwerdeführerin in Verbindung gesetzt. Sie werde deren Schreiben als Leserbrief demnächst veröffentlichen. (2010)
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Eine Berliner Zeitung berichtet unter den Überschriften „Verfassungsschutz spitzelte im Parlament“ und „Geheimdienstler im Büro von Abgeordneten“ an zwei aufeinander folgenden Tagen über den Mitarbeiter eines Bundestagsabgeordneten, der auch für den Verfassungsschutz tätig sei. Er soll – der Überschrift im ersten Artikel zufolge – „gespitzelt“ haben. Im Text ist davon die Rede, dass er „angeworben“ worden sein soll. Eine Angehörige der Senatsverwaltung tritt in diesem Fall als Beschwerdeführerin auf. Sie teilt mit, dass der Berliner Verfassungsschutz keine Quelle im Bundestag gehabt habe. Der Mann habe sich lediglich um eine offiziell ausgeschriebene und auf sechs Monate begrenzte Stelle als Auswerter beworben. Gespitzelt habe er nicht. Im zweiten Artikel werde der Vorwurf der „Quellenführung“ durch Worte wie „Kontakt“ und „Kooperation“ suggeriert. Auch diese Formulierungen seien – so die Beschwerdeführerin – nicht zutreffend. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass die Redaktion schon bald nach der Veröffentlichung eine Gegendarstellung des Betroffenen veröffentlicht habe. In einem „Redaktionsschwanz“ sei klar gestellt worden, dass der Mann Recht habe. Die Überschrift „Verfassungsschutz spitzelte im Parlament“ sei falsch und durch den Text nicht gedeckt gewesen. Nicht der Autor des Beitrages, sondern der bearbeitende Redakteur sei für den Fehler verantwortlich. Auch in die beiden veröffentlichten Texte seien Informationen eingeflossen, die sich später als unwahr oder zweifelhaft erwiesen hätten. Allerdings habe der Autor keinen Grund gehabt, an der Seriosität seiner Quellen zu zweifeln. (2010)
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über einen Therapeuten, der seinen Patienten Drogen verabreicht habe, die bei zwei von ihnen zum Tod geführt hätten. Dem Artikel ist eine Fotostrecke beigefügt. Auf einem der Bilder ist der Therapeut ungepixelt zu sehen. Ein Nutzer des Online-Auftritts weist auf das laufende Verfahren hin, in dem noch kein Urteil gesprochen worden sei. Die Redaktion habe mit der erkennbaren Darstellung des Mannes dessen Persönlichkeitsrechte missachtet. Die Rechtsabteilung der Zeitung spricht von einem Vorfall, der aufgrund seiner außergewöhnlichen Umstände von fast allen deutschsprachigen Medien aufgegriffen worden sei. Er habe eine lebhafte Diskussion über Sinn und Unsinn von Drogeneinnahmen unter medizinischer Aufsicht ausgelöst. Niemals zuvor seien zwei Menschen auf derart ungewöhnliche Weise zu Tode gekommen. Das Strafverfahren gegen den Arzt wegen versuchten Mordes in mehreren Fällen sei Gegenstand der Berichterstattung in vielen Medien gewesen. Auch andere Zeitungen und Zeitschriften hätten das Bild des Therapeuten ungepixelt veröffentlicht. Das Geständnis des Angeklagten gleich zu Prozessbeginn habe die Verfahrensweise zusätzlich gerechtfertigt. (2010)
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