Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Angeklagte identifizierbar dargestellt

Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über den Prozess gegen die mutmaßlichen Mörder von Dominik Brunner. Sie hatten den Mann, der sich schützend vor eine Gruppe von Kindern gestellt hatte, auf einem S-Bahnsteig in München-Solln totgeschlagen. Der Beitrag ist illustriert mit zwei ungepixelten Fotos der 18- und 19-jährigen Angeklagten. Der Beschwerdeführer – Nutzer des Internetauftritts – sieht durch den ungepixelten Abdruck der Bilder die Persönlichkeitsrechte der Angeklagten verletzt. Die Rechtsabteilung des Verlags beruft sich auf besondere Umstände nach Ziffer 8, Richtlinie 8.1, des Pressekodex. Der Fall Dominik Brunner habe in besonderer Weise das Interesse der Öffentlichkeit erlangt. Hier sei eine Person zum Opfer geworden, die offenbar die Absicht hatte, anderen, die bedroht gewesen seien, zu helfen. Brunners Tod sei daher besonders tragisch und – verglichen mit der Motivation der Täter – besonders sinnlos gewesen. Artikel und Fotos seien am fünften Prozesstag veröffentlicht worden. Schon am ersten Tag hätten die mutmaßlichen Mörder ein Geständnis abgelegt. Das habe sie zu relativen Personen der Zeitgeschichte gemacht mit der Folge, dass identifizierend über sie berichtet werden durfte. Bei diesem letzten Argument bezieht sich die Rechtsvertretung auf frühere Presseratsentscheidungen. (2010)

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Fotos von Menschen in Panik

Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung veröffentlicht nach der Loveparade-Katastrophe von Duisburg immer wieder Fotostrecken, auf denen Menschen in Panik zu sehen sind. Es sind Bilder von abgedeckten Leichen und von Verletzten dabei. Insbesondere die Strecke „Die Bilder des Todesdramas – Panik am Eingang"hat zu Beschwerden geführt. Insgesamt 179 Nutzer des Online-Portals wandten sich an den Presserat. Fast alle Beschwerdeführer kritisieren Fotos, die notdürftig abgedeckte Leichen zeigen. In einigen Fällen sind Details zu erkennen, so etwa eine besonders auffällige Uhr. In anderen Fällen werden Menschen gezeigt, die in Panik sind und nach Luft ringen. Hierin erkennen die Beschwerdeführer Verstöße gegen die Ziffern 1 (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde) und 11 (Sensationsberichterstattung und Jugendschutz) des Pressekodex. Sie sehen eine unangemessen sensationelle Darstellung sowie einen Verstoß gegen die Menschenwürde. Einige Beschwerdeführer nennen die Ziffer 9 als Beschwerdegrund, da die Ehre von Menschen verletzt worden sei. Auch einige Bildtexte erzeugen bei Lesern Widerspruch, so etwa diese: „Die Leiche eines jungen Ravers liegt abgedeckt im Müll", „Ein Foto, das Gänsehaut vermittelt – zwei Tote am Haupteingang" oder „Die Hand im Tode verkrampft. Auch dieser Mann wurde bei der Panik vermutlich zerquetscht". Die Rechtsabteilung des Verlags nimmt Stellung. Bei Geschehnissen von besonderem öffentlichem Interesse und herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung habe die Presse eine umfassende Informations- und Chronistenpflicht. Dies bedeute für den Journalisten immer wieder eine schwierige Gratwanderung zwischen zurückhaltender und nicht zu drastischer, gleichzeitig jedoch vollständiger und ungefilterter Darstellung des zeitgeschichtlichen Moments. In ihrer umfangreichen Stellungnahme geht die Rechtsvertretung des Verlags auf die einzelnen Vorwürfe der Beschwerdeführer ein. Fazit: Der Zeitung sei presseethisch kein Vorwurf zu machen. Auch beim zentralen Punkt der einzelnen Beschwerden – die Abbildung leidender Menschen – ist sich der Verlag keines Fehlverhaltens bewusst. Auf den Fotos würden die abgebildeten Personen weder systematisch öffentlich herabgewürdigt, noch sei mit ihnen in unerträglicher Weise umgegangen worden. Die Zeitung habe vielmehr ein Ereignis von überragendem öffentlichem Interesse dokumentiert. Dieses sei grausam und in der Betrachtung unangenehm. Jedoch gelte, dass nicht die Darstellung, sondern die ihr zu Grunde liegende Realität brutal sei. In diesem Kontext Angst und Panik darzustellen, kollidiere nicht mit der Menschenwürde der abgebildeten Personen. Die Fotos dokumentierten auf einzigartige Weise die dramatischen Momente, die authentische Informationen über das Geschehen beinhalteten. Keine der dargestellten Personen sei in irgendeiner Weise herabgewürdigt oder aus voyeuristischen Zwecken zum bloßen Objekt degradiert worden. Ein Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte der abgebildeten Personen liege nicht vor. Die Bilder seien aufgrund der herausragenden Bedeutung presseethisch nicht zu beanstanden. Dies ergebe die gemäß Richtlinie 8.1, Absatz 1, Satz 3, vorzunehmende Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Persönlichkeitsinteresse der Betroffenen. (2010)

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Kleiner Junge von Bus überrollt

Unter der Überschrift „Warum ist der Fahrer einfach losgefahren?" berichtet eine Boulevardzeitung über den tödlichen Unfall eines dreijährigen Kindes. Mit Hilfe einer Zeichnung wird der Moment des Unfalls gezeigt: Der Kopf des Kindes liegt unter einem Reifen des gerade abfahrenden Busses. Drei andere Kinder laufen rufend und winkend hinter dem Fahrzeug her. Der Untertitel der Zeichnung lautet: „Mohammed von Bus überrollt. Warum ist der Fahrer einfach losgefahren? Der Moment des schrecklichen Unfalls, wie ihn der (…)-Zeichner sieht". Eine Leserin der Zeitung kritisiert, dass der Bericht den Eindruck erwecke, dass der Busfahrer den Unfall verschuldet habe. Die Illustration zeige den Moment des Unfalls. Sie sei sensationslüstern und menschenverachtend. Die Rechtsabteilung der Zeitung steht auf dem Standpunkt, dass der Bericht den Busfahrer nicht vorverurteile. Auch sei die Illustration nicht sensationell im Sinne der Ziffer 11 des Pressekodex. Mit der als Frage formulierten Überschrift sei keine Schuldzuweisung an den Busfahrer verbunden. Ein Verstoß gegen die Menschenwürde sei auch nicht festzustellen, da von einer Herabwürdigung des Opfers zum bloßen Objekt nicht gesprochen werden könne. Die Illustration erscheine auf den ersten Blick als Zeichnung. Der getötete Junge sei auf ihr nicht zu erkennen. (2010)

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Duisburg nicht mit Winnenden zu vergleichen

Eine Boulevardzeitung veröffentlicht gedruckt und online eine Fotostrecke mit einigen der Opfer der Loveparade-Tragödie von Duisburg. Dargestellt sind die jungen Leute mit Vornamen, abgekürzten Nachnamen, Alter, häufig auch mit Hinweisen auf ihren Beruf, Wohnort und weiteren Details zu ihrem Leben. Dazu liegen dem Presserat 13 Beschwerden vor. Sie alle richten sich gegen die Darstellung der Opfer in identifizierender Weise. Alle sehen die Persönlichkeitsrechte der jungen Menschen verletzt. Einige der Beschwerden richten sich auch dagegen, dass die Zeitung die Fotos offensichtlich aus Facebook und anderen sozialen Netzwerken herauskopiert hat und dies ohne Einwilligung der Hinterbliebenen. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist die Vorwürfe zurück, gegen presseethische Grundsätze verstoßen zu haben. Zwar hätten die Opfer von Unglücksfällen einen Anspruch auf besonderen Schutz ihres Namens, doch könnten Ausnahmen bei Personen der Zeitgeschichte oder in Fällen mit besonderen Begleitumständen gerechtfertigt sein. Die Tragödie von Duisburg sei jedoch der schwerste und aufsehenerregendste Unglücksfall dieses Jahrzehnts in Deutschland. Dieser sei von besonderem öffentlichem Interesse geprägt. Im vorliegenden Fall seien die Abbildungen der Opfer angemessen und zurückhaltend gestaltet. (2010)

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Schleichwerbung in „leicht ironisierendem Ton"

„Miss Germany schläft mit Strümpfen" titelt die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung. Der Beitrag beschäftigt sich mit einem Besuch der amtierenden Miss Germany bei einer namentlich genannten Strumpf-Firma, die sogenannte „Basische Strümpfe“ herstellt. Es heißt, die junge Frau schwöre auf dieses Produkt. Dieses wird von der Zeitung ausführlich beschrieben. Der Beitrag wird durch mehrere Fotos illustriert, die in der Firma aufgenommen worden sind. Ein Nutzer der Online-Ausgabe sieht in der Veröffentlichung Schleichwerbung. Der Chefredakteur der Zeitung spricht von einem „Prominentenbesuch“ den man den Lesern nicht habe vorenthalten wollen. Die Berichterstattung sei bewusst in einem leicht ironisierenden Ton gehalten. In der Print-Version habe der Artikel auf einer lokalen Wirtschaftsseite gestanden. Dort sei der Name der Firma nur einmal erwähnt worden. Bedauerlicherweise habe sich aber in der Online-Bilderstrecke eine Häufung des Herstellernamens ergeben. Hier sei beim Import ins Online-System fehlerhaft gearbeitet worden. Der Chefredakteur betont, dass sich in der Regel bei einer solchen Berichterstattung nicht vermeiden lasse, dass ein Unternehmen bzw. seine Produkte erwähnt würden. Dass es sich bei den „Gesundheitsstrümpfen" möglicherweise um ein nicht wirkungsvolles Produkt handeln könnte, habe die Redaktion nicht zu entscheiden. (2010)

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Lokalpolitik mit Leserbriefen gemacht

Eine Regionalzeitung veröffentlicht in der gedruckten Ausgabe und online einen Artikel unter der Überschrift „Wirkte SPD-Vorsitzender bei Leserbrief-Fälschung mit?" Gegenstand des Beitrages ist unter anderem ein Leserbrief, den der Beschwerdeführer an die Zeitung geschickt hat. Darin schreibt dieser, dass sein Bruder mit Wissen des örtlichen SPD-Vorsitzenden fingierte Leserbriefe an die Zeitung geschickt habe, in denen die CDU angegriffen worden war. Zuvor habe er - der Beschwerdeführer - die Redaktion gebeten, seinen Leserbrief nicht zu veröffentlichen. Das sei dennoch in der Online-Ausgabe und in gedruckter Form geschehen, obwohl er die Einsendung in einer Mail an die Redaktion zurückgezogen habe. Er kritisiert die Veröffentlichung seines Namens und seiner Aussagen trotz der Tatsache, dass er den Brief zurückgezogen habe. Weiterhin seien ihm zugeschriebene Zitate in dem Artikel zum Teil falsch. Der Leiter der zuständigen Lokalredaktion teilt mit, dass der Beschwerdeführer spätabends einen Leserbrief an die Redaktion geschickt habe. Er habe seinen Bruder darin in Schutz genommen, der zuvor versucht habe, über einen SPD-Rechner einen gefälschten Leserbrief in der Zeitung erscheinen zu lassen. Die Zeitung habe den Manipulationsversuch aufgedeckt und darüber berichtet. (2010)

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Opfer-Anspruch auf Schutz des Namens

Unter der Überschrift „Loveparade – Die Opfer klagen an" veröffentlicht die Online-Ausgabe einer Großstadt-Zeitung Fotos, auf denen einige Opfer der Massenpanik von Duisburg zu sehen sind. In fast allen Fällen werden Vorname, abgekürzter Nachname sowie das Alter mitgeteilt. Ein Nutzer der Ausgabe sieht einen Verstoß gegen die Richtlinie 8.1 (Persönlichkeitsrechte, hier Nennung von Namen/Abbildungen) des Pressekodex, da die Opfer mit Namen und Bildern in einer Fotogalerie gezeigt würden. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung antwortet auf die Beschwerde. Die zentrale Frage im Zusammenhang mit der Katastrophe von Duisburg sei gewesen, wie es zu dem Unglück habe kommen können und wer dafür verantwortlich sei. Nach Auffassung der Redaktion sei es geboten, den Opfern, die möglicherweise durch behördliches Fehlverhalten ihr Leben verloren hätten, ein Gesicht und eine Stimme zu geben. Folgerichtig habe die Zeitung ihren Bericht mit der Überschrift „Loveparade – Die Opfer klagen an“ versehen. Vor der Veröffentlichung hätten die Redakteure die Art ihrer Berichterstattung reiflich überlegt und abgewogen. Letztlich seien sie zu dem Ergebnis gekommen, dass man mit dieser Berichterstattung auch den Opfern gerecht werde und diese dadurch nicht nur eine Zahl in der Todesstatistik seien. Von Sensationsberichterstattung könne keine Rede sein. Zum Schutz der Familienangehörigen habe die Redaktion die Namen der Toten abgekürzt. (2010)

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Der Vergleich mit Winnenden greift nicht

„Wer büßt für ihren Tod?" titelt eine Boulevardzeitung und veröffentlicht mehrere Fotos der Opfer der Duisburger Loveparade-Tragödie. Dargestellt sind die jungen Menschen mit Vornamen, abgekürzten Nachnamen, Alter, häufig auch mit Hinweisen auf ihren Beruf, Wohnort und kurzen weiteren Details zu ihrem Leben. Die Veröffentlichung zieht fünf Beschwerden nach sich. Alle richten sich gegen die Darstellung der Opfer mit Details, die sie identifizierbar machen. Ihre Persönlichkeitsrechte seien verletzt worden. Die Rechtsabteilung der Zeitung macht besondere Begleitumstände nach Ziffer 8, Richtlinie 8.1, geltend, die die Berichterstattung in dieser Form rechtfertigten. Im Falle der Opferfotos von Winnenden habe der Presserat die besonderen Begleitumstände anerkannt. Dies müsse auch in diesem Fall gelten. Die Bilder seien weder zur Illustration einer Geschichte noch als sensationelles Element zweckentfremdet. Sie dokumentierten vielmehr in sachlich zurückhaltender Weise das Ausmaß der Tragödie und mache die Leser betroffen. (2010)

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„Ich bin hundert Prozent risikobereit"

Eine überregionale Zeitung veröffentlicht einen Artikel über den Loveparade-Veranstalter Rainer Schaller. Am Ende des Beitrags, der zwei Tage nach der Katastrophe von Duisburg erscheint, wird eine Aussage Schallers aus dem Jahr 2009 („Ich bin hundert Prozent risikobereit") wiedergegeben. Dann die redaktionelle Feststellung: „Diesen Wagemut mussten jetzt 19 Menschen mit dem Tod bezahlen“. Eine Leserin der Zeitung ist der Auffassung, dass ein altes Zitat in aktuellem Zusammenhang gesetzt und sinnentfremdet verwendet wird. Die Darstellung sei ehrverletzend und vorverurteilend. Die Chefredaktion stellt fest, dass die Autorin des kritisierten Beitrages an keiner Stelle einen konkreten Verdacht äußert. Wiederholt betone sie, dass die Veröffentlichung ein Hintergrundbericht über die Person Schallers sei. Die Schlussfolgerung am Ende des Beitrages sei so plakativ und losgelöst von dem Veranstalter selbst gezogen worden, dass sie keine Vorverurteilung darstelle. Es handele sich um eine zugegeben zugespitzte Formulierung, die den Zusammenhang zwischen Kommerz und Menschenleben aufzeige. Sie beziehe sich aber nicht auf den Betroffenen persönlich. Insofern liege weder eine unrechtmäßige Verdachtsberichterstattung noch eine Ehrverletzung vor. Gleichwohl sehe man die Lesart der Beschwerdeführerin als ernst zu nehmendes Interpretationsrisiko an. Daher erkläre sich die Redaktion dazu bereit, die letzte Passage aus dem noch abrufbaren Internetangebot der Zeitung zu entfernen. Die Autorin des Artikels teilt in einer separaten Stellungnahme mit, dass sie versucht habe, ein Bild des Loveparade-Veranstalters zu zeichnen. Viele Informationen stammten aus dem Jahr 2009. So auch das zitierte Interview aus einer Wirtschaftszeitung. Aus dem Text gehe eindeutig hervor, dass es sich bei den verwendeten Texten um Archivmaterial handele. Sie habe den Veranstalter nicht beschuldigt oder als Täter bezeichnet. Einzig im letzten Satz nehme sie konkret Bezug auf die Ereignisse von Duisburg. Die Äußerung Schallers, er sei zu hundert Prozent risikobereit und die Neuauflage der Loveparade ein „Himmelfahrtskommando“, lege den Schluss nahe, er könne bewusst Risiken in Kauf genommen haben und so eine Mitverantwortung tragen. (2010)

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Menschen, die um ihr Leben kämpfen

„Der Augenblick, als die Katastrophe begann" – so überschreibt die Onlineausgabe einer Boulevardzeitung eine Fotostrecke über die Katastrophe von Duisburg im Verlauf der Loveparade. Auf den Fotos sind – teilweise durch einen Kreis hervorgehoben – Menschen zu sehen, die sich während der Massenpanik auf dem Veranstaltungsgelände befanden. Weitere Fotos zeigen, wie Menschen über Zäune klettern. Der Presserat setzt sich mit drei Beschwerden auseinander. Nutzer der Ausgabe beklagen, dass es unerträglich sei, um ihr Leben kämpfende Menschen darzustellen. Diese hätten genug Schreckliches erlitten und müssten nicht durch die Darstellung ihres Leides erneut daran erinnert werden. Die Beschwerdeführer stellen vor allem Verstöße gegen die Ziffern 8 (Persönlichkeitsrechte) und 1 (Menschenwürde) des Pressekodex fest. Sie beanstanden die Erkennbarkeit der Menschen und vermuten die Verletzung der Menschenwürde der Abgebildeten, insbesondere jener im Todeskampf. Die Fotostrecke wird als sensationslüstern und ohne jeglichen Respekt vor den Opfern der Tragödie angesehen. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist – wie in anderen ähnlich gelagerten Fällen – auf die umfassende Chronistenpflicht der Presse hin. Sie verweist im Fall Duisburg auf ein Ereignis von besonderer zeitgeschichtlicher Bedeutung. Auch hier stellt der Verlag fest, dass die abgebildeten Personen nicht systematisch öffentlich herabgewürdigt würden. Die Aufnahmen dokumentierten einen dramatischen Moment, der authentische Informationen über ein Ereignis enthalte. Auch ein Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte der Abgebildeten liege nicht vor. In diesem Fall habe das öffentliche Informationsinteresse diese Rechte überwogen. (2010)

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