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Bilder von den Sturzspielen in Vancouver

Foto eines schwer verletzten Bobfahrers im Bereich des Zulässigen

„Die gefährlichsten Sportarten, die Sturzspiele von Vancouver“ – so überschreibt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung einen Beitrag, in dem auch eine Fotogalerie mit Stürzen zu sehen ist. Eine Nutzerin des Online-Auftritts stört sich vor allem an dem Foto eines gestürzten Bobfahrers. Die Zeitung zeigt, wie der Mann aus der Bahn fliegt. Auf einem weiteren Foto wird in Nahaufnahme das Gesicht des schwer verletzten, blutenden Fahrers während der Reanimation gezeigt. Die Beschwerdeführerin sieht Verstöße gegen den Pressekodex. Zwar bejaht auch sie ein öffentliches Interesse des Publikums und der Medien an den Stürzen, doch sei nach den Vorgaben des Pressekodex zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen abzuwägen. In den Augen der Nutzerin ist das Bild des Toten, welches unter der Rubrik „Meistgeklickte Fotogalerie Vancouver 2010“ zu finden ist, auch ein Verstoß gegen Ziffer 9 (Schutz der Ehre). Die Rechtsabteilung der Zeitung sieht keinen Verstoß gegen presseethische Grundsätze. Die Zeitung habe über die schweren Unfälle berichtet, die die olympischen Winterspiele in Kanada überschattet hätten. An dem schrecklichen Unfall des Bobfahrers habe ein beträchtliches Informationsinteresse der Öffentlichkeit bestanden. Zwischen den widerstreitenden Interessen habe die Redaktion abgewogen. Sie sei zu dem Schluss gekommen, dass die Fotos auch aus pressethischer Sicht veröffentlicht werden durften. Sie habe nicht den toten, sondern den schwer verletzten Bobfahrer gezeigt. Der Sportler sei der erste Tote in der Geschichte der olympischen Winterspiele. Sein Tod sei somit ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung. Mit der Berichterstattung erfülle die Zeitung ihre Chronistenpflicht. Es sei für die Öffentlichkeit von großem Interesse, zu erfahren, ob und wenn ja, wie verunglückten Olympiateilnehmern geholfen werde. Die Berichterstattung sei nicht von Sensationsgier geprägt, sondern diene vielmehr der sachlichen und ausgewogenen Befriedigung eines überragenden öffentlichen Informationsinteresses. (2010)