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Bild von Verdächtigem ungepixelt abgedruckt

Zeitung bezeichnet mutmaßlichen Täter als „Sexbestie“

Eine Tageszeitung veröffentlicht auf ihrer Titelseite unter der Überschrift „Sex-Bestie“ in (…) Kinderklinik“ das Foto eines mutmaßlichen Sextäters, dem vorgeworfen wird, als Pfleger Kinder in einer Klinik missbraucht zu haben. Die Bildunterschrift lautet: „Tatort (…)-Klinikum: Pfleger (…) (27) missbraucht mindestens 5 Jungen auf der Intensivstation.“ Ein Leser der Zeitung beschwert sich beim Presserat wegen eines Verstoßes gegen die Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Er kritisiert, dass der Mann auf dem Foto nicht unkenntlich gemacht worden sei. Er hält auch die Bezeichnung „Sex-Bestie“ für unzulässig. Menschen dürften nicht zu Tieren degradiert werden. Der Beschwerdeführer hält die Überschrift für einen Verstoß gegen die Menschenwürde. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält dagegen, für die Verletzung der Menschenwürde fehle eine Degradierung der Person zum Objekt. Sie verweist auf eine Gerichtsentscheidung, wonach der Bezeichnung „Sexmonster“ kein schmähender Charakter beigemessen werden könne, solange eine solche Bezeichnung einen sachlichen Bezug habe. So sei es auch im vorliegenden Fall: Dem Wort Bestie werde der Begriff „Sex“ vorangestellt, so dass deutlich werde, worauf die Meinungsäußerung beruhe, nämlich auf einer moralischen Bewertung von Sexualstraftaten, derer sich der Beschuldigte selbst bezichtigt habe. „Sex-Bestie“ sei die schlagwortartige Verkürzung der emotionalen Reaktion auf die Taten. Der Name des Verdächtigen sei in einer Pressekonferenz des Klinikums der Öffentlichkeit bekannt gemacht worden. Sein Bild habe der Mann in mehreren sozialen Netzwerken im Internet veröffentlicht. Im Übrigen sei das gedruckte Foto unscharf, so dass der Mann nur im eigenen Umfeld, nicht aber von Dritten erkannt werden könne. (2010)