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Lokale Diskussion ohne Namen geführt

Chefredakteur: Registrierung für Internet-Plattform reicht aus

Eine Regionalzeitung publiziert Stellungnahmen von Nutzern der Online-Plattform der Zeitung. Die Leser sagen kritisch ihre Meinung zu einem Kunstquartier in der Stadt. Weder die Namen der Verfasser noch ihre Online-Nutzernamen werden genannt. Ein Leser der Zeitung vermisst die Namensnennung und leitet aus dieser Tatsache einen Verstoß gegen Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht) ab. In anderen Zeitungen würden sogar spezielle Usernamen im Online-Bereich nicht mehr akzeptiert. Nach Mitteilung des Chefredakteurs der Zeitung handelt es sich bei den veröffentlichten Leserbeiträgen um Reaktionen auf die Berichterstattung über ein in der Stadt angesiedeltes Museum. Dieses sei zum dritten Mal in Folge im Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler erwähnt worden. Wie sehr das Thema die Bevölkerung bewege, zeige die große Anzahl von Kommentaren, die innerhalb von zwei Tagen auf dem Internetportal der Zeitung eingegangen seien. Es sei Aufgabe der Medien, diese Debatte abzubilden. Deshalb habe die Redaktion Teile der Online-Kommentare auf der lokalen Meinungsseite veröffentlicht und mit Hilfe einer Rubrik klar gekennzeichnet, dass es sich um Beiträge aus dem Internet handele. Der Chefredakteur stellt fest, es sei übliche Praxis im Netz, Alias-Namen zu verwenden. Es sei also auch zulässig, so auf der Internet-Plattform der Zeitung zu verfahren. Im konkreten Fall habe die Printredaktion sich bewusst dagegen entschieden, diese Alias-Namen in die Autorenzeile der Kommentare zu nehmen. Sie habe aber die Quelle durch eine entsprechende Rubrik deutlich gemacht. Die Online-Nutzer seien den journalistisch Verantwortlichen durch ihre Registrierung bekannt. Der Chefredakteur schließt seine Stellungnahme mit dem Hinweis ab, dass eine Veröffentlichung in der Print-Ausgabe nicht zu beanstanden sei, da damit abgebildet werde, welche Diskussionen zunehmend auf den Internet-Plattformen geführt würden. Dürften solche Debatten nicht übernommen werden, wäre ein vollständiges Abbilden lokalen Lebens nicht oder nur unter größten Mühen möglich.