Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Das “Schlachtefest” und die Schleichwerbung

Berichterstattung war nicht erwünscht

Eine Fachzeitschrift veröffentlicht einen Artikel über das Wrackmuseum einer norddeutschen Stadt. Am Ende des Beitrags ist eine Anmerkung der Redaktion platziert. Darin heißt es, dass die Stadt die Zeitschrift gebeten hat, aus Imagegründen auf die Veröffentlichung des Artikels zu verzichten. Außerdem heißt es in der Anmerkung, die Stadt habe der Redaktion untersagt, Fotos der Museumsräume sowie des Museumsleiters zu machen. Der Pressereferent der Stadt bezeichnet beide Behauptungen als falsch. Weder habe die Stadt versucht, auf die Berichterstattung Einfluss zu nehmen, noch habe sie ein Fotografierverbot erteilt. Er ruft den Deutschen Presserat an. Der Chefredakteur der Zeitschrift zitiert den Autor, der versichert habe, dass die abgedruckte Darstellung richtig sei. Er habe keinen Grund, an der Aussage seines Kollegen zu zweifeln. Der Autor nimmt ebenfalls Stellung. Er habe beim Wrackmuseum um eine Stellungnahme zu Schließungsgerüchten gebeten. Darauf habe der damalige Museumsleiter erklärt, er sei Angestellter der Stadt und müsse in deren Namen mitteilen, dass es keine Stellungnahme geben werde. Die Berichterstattung liege nicht im Interesse der Stadt. Einem Fototermin im Museum dürfe er ebenfalls nicht zustimmen. (2006)

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Mund mit “heißen Sachen” zu voll genommen

Unter der Überschrift “Heiße Sachen” veröffentlicht ein Nachrichtenmagazin einen Beitrag über alternative Energien. Solarkollektoren, so heißt es dort, könnten mit Gas- und Ölheizungen kombiniert werden. Dadurch ließen sich nach einer Faustformel Öl- und Gasverbrauch “halbieren”. In Deutschland gibt es keine Kollektoren, mit denen sich die Energiekosten halbieren ließen. Diesen Standpunkt vertritt ein Leser des Blattes, der sich an den Deutschen Presserat wendet. Er meint, maximal 20 bis 35 Prozent seien realistisch, aber auch nur bei modernen Gebäuden mit Niedrigenergiebauweise. Die Darstellung der Zeitschrift jedoch erwecke bei den Lesern den Eindruck, in allen Häusern seien Einsparungen von 50 Prozent möglich. Die Rechtsabteilung des Magazins betont, dass sich die Faustformel “Öl- und Gasverbrauch lassen sich halbieren durch den Einsatz von Solarkollektoren” nicht nachträglich als falsch erwiesen habe. Die Autorin des beanstandeten Beitrages habe zum einen den Begriff “Faustformel” verwendet, um deutlich zu machen, dass sich nicht mit jeder Anlage in jedem Haushalt und zu jeder Zeit die Kosten halbieren ließen, sondern dass es sich um einen Richtwert handle. Dieser sei zutreffend und der Autorin von Experten und Politikern bestätigt worden. Darüber hinaus seien die Entwicklungen in der Praxis entsprechend. So sei der Marktanteil von Kombisystemen innerhalb der letzten Jahre von 25 auf 45 Prozent gestiegen und auch die Bundesregierung sei von der Wirkungsweise derart überzeugt, dass sie erst kürzlich das Marktanreizprogramm für Kombiheizungen auf 214,5 Millionen Euro aufgestockt habe. (2006)

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Schleichwerbung auf Traumstraßen

Das Sonderheft eines Magazins beschäftigt sich mit den “Traumstraßen der Welt”. Auf vielen Bildern sind Autos der Marke Audi zu sehen. Der Beschwerdeführer sieht in der Präsentation Schleichwerbung für Audi. An exponierten Stellen des Heftes seien die neuesten Modelle des Fahrzeugherstellers zu sehen. Er ruft den Deutschen Presserat an. Der Chefredakteur der Zeitschrift teilt mit, bei der Darstellung der schönsten Routen in den dazugehörenden Weltgegenden tauchten naturgemäß Autos in Bildern und Berichten auf. In dem fraglichen Sonderheft seien auf 170 Seiten 207 Fotos zu sehen. Auf 16 davon sei ein Audi abgebildet. In der Ausgabe seien noch über 100 Autos anderer Marken vertreten. In dem Bericht über die Florida Keys habe der Zufall einen PT Cruiser von Chrysler vor die Kamera des Fotografen gebracht. Ansonsten seien Fotograf und Texter in einem Mietwagen gereist. Für die Reportage über die Alpenstraße habe sich der Fotograf einen Wagen bei der Pressestelle von Audi geliehen. Der Chefredakteur legt Wert auf die Feststellung, dass man sich nirgendwo über eine der abgebildeten Automarken geäußert habe. Er betont, dass Autofahr-Geschichten ohne die Abbildung von Autos aus blattmacherischen Gründen nicht wünschenswert seien. Insgesamt würden Berichte z. B. über den Broadway nicht dadurch schlechter, dass beiläufig ein Audi zu sehen sei. (2006)

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Privatfehde gegen einen Gefeuerten

In einem Stadtmagazin erscheint eine Glosse unter dem Titel „Erna. K. denkt … Nichts als Intrigen“. Es geht um einen „Herrn Z.“ und seine frühere Chefin. „Herr Z.“ – so der Autor – bekommt für das Verfahren gegen seinen früheren Verleger Prozesskostenhilfe. Außerdem habe er Redaktionsverbot. Darüber ist eine frühere Kollegin sehr froh, denn „Herr Z.“ soll stets allen Damen des Außendienstes nachgestiegen sein. Seit seinem Rauswurf habe er sich mit seiner ebenfalls fristlos gefeuerten früheren Chefin zusammengetan. Beide würden nunmehr über Kollegen herziehen. Die gefeuerte Ex-Chefin habe vor allem eine Kollegin im Visier, die aus ihrer Sicht jünger und schlanker sei. Der Beschwerdeführer ist der Meinung, dass der Autor der Glosse seine Biografie als Vorlage benutzt hat. Er erkenne seine Eckdaten wieder. Insider könnten direkte Rückschlüsse auf seine Person ziehen. Er wendet sich an den Deutschen Presserat, weil er glaubt, der Herausgeber des Stadtmagazins missbrauche seine publizistischen Möglichkeiten, um ihn öffentlich bloß zu stellen und vergangene Zeiten aufzuarbeiten. Der Herausgeber gibt dem Presserat lediglich Hintergrundinformationen zur Kenntnis. Seiner Meinung nach versuche der Beschwerdeführer, sich auf allen Ebenen dafür zu rächen, dass ihm einst gekündigt worden sei. Inhaltlich äußert er sich zu dem kritisierten Beitrag nicht. (2006)

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Junger Mann verließ Neonazi-Gruppe

Das Jugendparlament einer Stadt ist Gegenstand der Berichterstattung einer Regionalzeitung. Ein Mitglied des Gremiums wird namentlich genannt. Es soll sich einer Neonazi-Gruppe angeschlossen und dessen Internetauftritt ausgearbeitet haben. Die Zeitung berichtet nun über den Sinneswandel des damals 16-Jährigen. Er habe sein Fehlverhalten eingesehen. In einem von mehreren Artikeln wird auch der Vater mit vollem Namen genannt. Dieser wendet sich dagegen, dass der Name seines Sohnes von der Zeitung veröffentlicht wurde. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Er berichtet von einer Abmachung mit dem Verfasser der Artikel, wonach der Name in der Berichterstattung nicht mehr auftauchen werde. Der Chefredakteur der Zeitung habe sich jedoch nicht an diese Abmachung gehalten. Für die Nennung des Namens – so der Beschwerdeführer weiter – habe es kein öffentliches Interesse gegeben. Die Zeitung hätte zurückhaltender berichten müssen, um die Zukunft des Minderjährigen nicht zu gefährden. Schließlich moniert der Vater auch die Nennung seines Namens und weist im Übrigen auf sachliche Fehler in der Berichterstattung hin. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, dass der Name des Jugendlichen nur in einigen wenigen Beiträgen genannt worden sei. Dies sei in erster Linie dann geschehen, wenn es um die Aktivitäten des Jungen als Mandatsträger der Neonazi-Gruppe gegangen sei. Auch im Hinblick auf das jugendliche Alter des Betroffenen hält die Zeitung die Namensnennung für vertretbar. (2006)

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Nationalität des Diebes tut nichts zur Sache

„Dumm gelaufen: Taschendieb mit Bänderriss“ titelt eine Regionalzeitung. Danach hat sich ein Mann auf der Flucht vor der Polizei verletzt. Die Zeitung erwähnt ausdrücklich die kroatische Herkunft des Täters. Ein Leser der Zeitung kann für die Nennung der Nationalität keinen begründbaren Sachbezug zu dem Vorgang erkennen. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitung beruft sich auf eine enge Auslegung der Richtlinie 12.1 des Pressekodex. Die Unterdrückung von Informationen dürfe nicht dazu führen, dass z. B. möglichen Opfern von Straftaten Erkenntnisse vorenthalten würden, die der Verhinderung künftiger Taten dienen könnten. Die Berichterstattung berge nicht die Gefahr, dass Vorurteile gegenüber schutzbedürftigen Gruppen geschürt werden könnten. (2006)

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Gleichwertige Zahlen miteinander verglichen

Unter der Überschrift „Verschuldete Republik“ druckt ein Nachrichtenmagazin zwei Grafiken, die den Schuldenstand der Länder und den Länderfinanzausgleich in Millionen Euro für das Jahr 2005 darstellen. Für die Angaben zum Länderfinanzausgleich wird angeführt, dass es sich um vorläufige Ergebnisse handele, die sich aus Daten des Statistischen Bundesamtes ergäben. Der Schuldenstand der Länder sei im September 2005 von einem Wirtschaftsinstitut so festgestellt worden. Ein Leser des Magazins kritisiert, dass die Aufstellung der Schulden die Kassenkredite von Ländern und Gemeinden und/oder die Schulden der Zweckverbände, die Maastricht-relevant seien, nicht berücksichtige. Das Magazin nenne bei den Bundesländern, deren Gemeinden besonders hohe Kassenkredite angehäuft hätten, daher insgesamt viel zu niedrige Schuldenquoten. Außerdem moniert der Beschwerdeführer, der sich an den Deutschen Presserat wendet, dass das Magazin im Oktober 2006 den Stand von September 2005 präsentiere, obwohl die endgültigen Daten von 2005 seit einigen Monaten vorlägen. Es gehe in dem Artikel um das Schuldengefälle zwischen den Bundesländern, lässt das Justitiariat des Magazins wissen. Dem werde die Grafik gerecht. Es sei nicht darum gegangen, eine Maastricht-relevante Darstellung der Gesamtverschuldung der öffentlichen Haushalte zu geben. Es seien Daten eines Wirtschaftsinstituts verwendet worden, die nicht die Verbindlichkeiten der Zweckverbände enthalten hätten. Diese Verbindlichkeiten wirkten sich auf die Relation der Verschuldung der Bundesländer so gut wie gar nicht aus. Es sei außerdem systematisch nicht geboten, die Kassenkredite für die Grafik zu berücksichtigen. Das Statistische Bundesamt gehe im gleichen Sinne vor. (2006)

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Rechte verunglückter Mutter verletzt

Eine Regionalzeitung berichtet über einen tödlichen Autounfall unter der Überschrift „Drei Kinder weinen um tote Mutter“. Auf der Titelseite ist ein Foto der Unfallstelle abgedruckt, auf dem das zerstörte Auto und das zugedeckte Opfer zu sehen sind. Am Rand der Decke sind Schuhe, Strümpfe und ein Teil des linken Hosenbeins zu sehen. Die Zeitung nennt im Bericht den abgekürzten Namen des Opfers, dessen Arbeitsstelle und als Wohnort ein Haus in einer bestimmten Straße. Die Zeitung teilt auch mit, dass die Frau Mutter dreier Kinder im Alter von acht, neun und 21 Jahren war. Eine Freundin der Verunglückten wendet sich an den Deutschen Presserat mit der Beschwerde, die Zeitung habe die zugedeckte Leiche mit teilweise erkennbaren Details gezeigt. Sie gibt zu bedenken, dass die Zeitung den ganzen Tag über an allen Zeitungsverkaufsständen zu sehen gewesen sei und die Familie, die Freunde und Bekannten darunter gelitten hätten. Die Beschwerdeführerin bemängelt außerdem, dass im Text so viele Details genannt worden seien, dass die Frau identifizierbar gewesen sei. Der Chefredakteur der Zeitung meint, auf dem kritisierten Foto sei die Leiche nicht zu sehen. Es bedürfe einigen kriminalistischen Spürsinns, um Füße, Schuhe und Hose der Toten gut sehen zu können. Außer der Beschwerdeführerin habe sich niemand über die Berichterstattung beklagt; nicht einmal Hinterbliebene der Frau hätten sich an die Zeitung gewandt. Die Verkehrssicherheit sei im Verbreitungsgebiet der Zeitung ein vorrangiges Thema. Die aufwändige Berichterstattung habe ihren Grund in der Tatsache, dass am gleichen Tag innerhalb von eineinhalb Stunden drei Menschen tödlich verunglückt seien. Alle dabei verwerteten Angaben seien den offiziellen Pressemitteilungen der Polizei entnommen worden. Dies gelte vor allem für den Wohnort und die Familienverhältnisse der Opfer. (2006)

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„Historische Parallelen aufgezeigt“

Die „Tageszeitung“ (TAZ) veröffentlicht einen Artikel unter der Überschrift „Das Eva-Braun-Prinzip“. Die Autorin versucht, die These zu belegen, dass die Mitte der Gesellschaft in Deutschland wieder rechts denkt. Sie schreibt: „Die alten ideologischen Ansichten werden nicht nur propagiert, sondern auch mehrheitlich akzeptiert“. Hierzu vergleicht die Autorin Textstellen des Buches von Eva Herman („Das Eva-Prinzip“) mit den Ansichten des NS-Chefideologen Alfred Rosenberg („Mythos des 20. Jahrhunderts“). Während das Herman-Buch ständig zitiert wird, werden die Bücher von Frank Schirrmacher („Minimum“ und „Das Methusalem-Komplott“) – grafisch abgesetzt – als Beispiel für populär gedachte Erklärungsmuster benannt. Am Ende des Artikels, unterhalb des Kastens „Populär gedacht“ mit einer Auflistung von thematisch ausgewählten Schirrmacher-Büchern, findet sich – optisch hervorgehoben – das Rosenberg-Zitat: „Die Forderung der heutigen Frauenemanzipation wurde im Namen eines schrankenlosen Individualismus erhoben.“ Unterhalb dieser Leiste werden die Autoren Herman, Schirrmacher und Rosenberg im Bild gezeigt, und es wird die Frage gestellt: „Wer sagt das?“ Die Geschäftsführung der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) – Frank Schirrmacher ist Herausgeber des Blattes – weist darauf hin, dass der kritisierte Artikel zahlreiche Textpassagen aus dem Herman-Buch einigen zentralen Aussagen des Rosenberg-Buches gegenüber stellt. Obwohl Schirrmacher und seine Bücher nicht Gegenstand des kritisierten Artikels seien, würden sie an zwei Stellen dennoch erwähnt. Schon dies sei ein Verstoß gegen Ziffer 2 des Pressekodex (journalistische Sorgfaltspflicht). Die Zeitung rücke ohne jeden Grund den ihr offenbar missliebigen Schirrmacher böswillig in die Nähe des NS-Ideologen Rosenberg. Den Lesern werde dadurch suggeriert, die Schirrmacher-Bücher enthielten nationalsozialistisches Gedankengut. Damit missachte die Autorin die Wahrheit und verletze die Menschenwürde von Frank Schirrmacher. Dies sei als ein Verstoß gegen die Ziffern 1 und 9 des Pressekodex zu bewerten. Die FAZ-Geschäftsführung ruft den Deutschen Presserat an. Die Chefredakteurin der kritisierten Zeitung erkennt keinen Verstoß gegen den Pressekodex. Der Artikel sei durch die grundgesetzlich garantierte Pressefreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Die Frage „Wer sagt das?“ könne überhaupt nicht unwahr sein. Als Antwort komme nur eine Möglichkeit in Betracht: Alfred Rosenberg. In der Tat sei der FAZ-Herausgeber in dem Artikel nicht namentlich erwähnt worden, doch dürfe man die zeitlichen Zusammenhänge nicht außer Acht lassen. Schirrmacher und Herman bedauerten das angebliche Verschwinden der Familie in der modernen urbanen Gesellschaft und propagierten „wortgewaltig, wenn auch inhaltsarm“ das angebliche gesellschaftliche Bedürfnis nach ihrer Rückkehr bzw. dessen, was sie dafür hielten. So wie es das gute Recht eines Autoren sei, ein rückwärts gewandtes Gesellschaftsbild zu propagieren, so sei es das gute Recht der Presse, dies kritisch zu reflektieren und auch sich leider geradezu aufdrängende historische Parallelen aufzuzeigen. Für die behauptete Ehrverletzung von Frank Schirrmacher – schließt die Chefredakteurin – hätten die Beschwerdeführer nichts dargetan. (2006)

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