Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Stammtischparolen am rechten Rand

Das Verhältnis zwischen zwei zahnärztlichen Fachzeitschriften ist nicht durch große Herzlichkeit gekennzeichnet. Die eine sorgt sich um die andere und stellt die bange Frage: „Der ´braune´ Zahnarzt: Driftet (genannt wird der Konkurrenz-Titel) ins populistische Lager ab?“ Die Zeitschrift hatte zuvor einen Beitrag unter der Überschrift „Kinderarmut in Deutschland – ein echtes Thema?“ veröffentlicht, in dem es unter anderem geheißen hatte: „So gerät die Familienförderung zunehmend zu einem Zuchtprogramm für Asoziale“. Die Konkurrenz sieht darin Stammtischparolen, die ganz nah an den Rassen- und Begabungstheorien des Dritten Reiches angesiedelt seien. Der Autor wird als „brauner Hetzer“ bezeichnet. Der angegriffene Autor des Beitrags beschwert sich beim Deutschen Presserat über die Kommentierung. Er werde in ehrverletzender Weise persönlich geschmäht bzw. beleidigt. Für die Beleidigung als „brauner Hetzer“ gebe es keinen Anlass; seine Meinungsäußerung sei durch zahlreiche wissenschaftliche Publikationen gestützt und nicht etwa die Auffassung eines Sonderlings. Der Schmähtext bedrohe ihn persönlich und entziehe ihm die wirtschaftliche Basis. Anwaltlich vertreten weist das Konkurrenz-Blatt die Beschwerde zurück. Selbst der Verlag habe sich von seinem Autor distanziert. Nachdem dieser in seinem Kommentar eine sprachlich drastische und inhaltlich äußerst polemische und streitbare Darlegung seiner persönlichen Ansichten vorgenommen habe, müsse er sich eine entsprechend harte, aber nicht ehrverletzende Auseinandersetzung gefallen lassen. Durch die veröffentlichten Zitate werde den Lesern die Möglichkeit gegeben, sich mit den Aussagen des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen und diese selbständig zu bewerten. Zum Vorwurf, die Bezeichnung als „brauner Zahnarzt“ sei als Schmähung anzusehen, beruft sich der Beschwerdegegner auf die Rechtsprechung. Danach nehme eine herabsetzende Äußerung erst dann den Charakter einer Schmähung an, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund stehe. Dies sei hier nicht der Fall. (2007)

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Der Landrat bezahlt die Jagdpacht doch

Eine Jagd-Fachzeitschrift veröffentlicht einen Leserbrief unter der Überschrift „Wer ohne Schuld ist…“ Der Schreiber ist Leiter des jagdlichen Testreviers der Zeitschrift und ihr Mitarbeiter. Auf seine redaktionelle Tätigkeit weist er selbst zu Beginn des Leserbriefes hin. Im letzten Absatz teilt er mit, dass ein Landrat in Süddeutschland „seinen“ Stadtwald selbst bejage und für die Jagd nichts zu bezahlen brauche. Der Landrat bezeichnet diese Aussage als falsch; er wendet sich an den Deutschen Presserat. Er zahle für die Jagd die orts- bzw. marktübliche Pacht. Die Redaktion habe es unterlassen, die Aussage auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Er kritisiert auch, dass ein Mitarbeiter der Zeitschrift im eigenen Blatt einen Leserbrief veröffentlichen könne. Der Chefredakteur der Zeitschrift stellt fest, dass schon zu Beginn des Leserbriefes auf den Autoren hingewiesen werde, der zugleich Mitarbeiter der Zeitschrift sei. Er habe den Mitarbeiter gefragt, ob die von ihm getroffene Aussage korrekt sei. Der habe bejaht. Leider habe sich dann herausgestellt, dass die Behauptung doch falsch gewesen sei. Der Landrat sei gegen den Mitarbeiter zivil- und strafrechtlich vorgegangen. Eine geforderte Gegendarstellung des Beschwerdeführers sollte – so wurde es mit dem Anwalt des Landrats vereinbart – als Leserbrief erscheinen. Dazu – so der Chefredakteur – sei es wegen einer strittigen Formulierung nicht gekommen. (2007)

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„Hot-List“ ist eine Frage des Geschmacks

Eine Jugendzeitschrift veröffentlicht zwei Aufstellungen unter der Rubrik „Hot-List“. Die eine handelt von Dingen, mit denen man den traurigen Fan einer bekannten Popgruppe trösten kann. Die zweite Liste ist überschrieben mit „10 Tipps für schnellen Ferien-Sex!“ Erster Tipp: „Sag den Typen, dass Du 15 bist – und nicht 13!“ Ein weiterer Ratschlag: „Sag: Dumm fickt gut – hier ist mein Zeugnis!“ Ein Leser nennt die Tipps primitiv und widerwärtig. Insbesondere Tipp 1 sei eine gefährliche Aufforderung zur Lüge und zum Betrug. Der Beschwerdeführer, der den Deutschen Presserat anruft, wirft der Zeitschrift vor, gerade im Hinblick auf den Fall des in der Türkei inhaftierten Jungen die nötige Verantwortung außer Acht zu lassen. Die Rechtsabteilung des Verlags bezeichnet die veröffentlichten Listen als satirische Aufarbeitung zeitgeschichtlicher Ereignisse. Gerade Feriensex sei nach dem Fall des in der Türkei inhaftierten Jungen ein Thema, das bundesweit kontrovers diskutiert werde. Die Zeitschrift habe über diesen Fall ausführlich und journalistisch ausgewogen berichtet. Der Verlag geht davon aus, dass der Presserat nicht verlangen werde, Satire als Satire zu kennzeichnen. Der „verständige“ Leser der Zeitschrift sehe in der „Hot-List“ weder eine Verletzung des sittlichen Empfindens noch des Jugendschutzes. Die in diesen Listen gegebenen Tipps würden von den Jugendlichen durchaus als Scherz aufgefasst. (2007)

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Erwünscht waren „geschmeidige“ Betriebsräte

„Bekenntnisse eines Strippenziehers“ – so überschreibt eine Illustrierte ihren Bericht über einen Mann, der im Verdacht steht, Steuerhinterziehung und Beihilfe zur Untreue begangen zu haben. Die Zeitschrift beruft sich auf Aussagen des Beschwerdeführers, der einst als Personalleiter des Konzerns in einer großen Niederlassung gearbeitet hat. Hauptvorgang ist die einstige Gründung einer „Arbeitsgemeinschaft Unabhängige Betriebsangehörige“ (AUB). Zweck der Übung war es, einen Betriebsrat als Konterpart zu den klassischen Betriebsräten zu installieren, die dem Konzern das Leben schwer machten. Die AUB-Leute sollten „geschmeidiger“ sein, und das ließ sich der Konzern eine Menge Geld kosten. Einen entsprechenden Vertrag sollte der Personalleiter einfach nur unterschreiben. Eine heimliche Abrede habe er damals nicht vermutet. Heute habe er keinen Zweifel mehr daran, dass das Geld für die AUB bestimmt war. Der einstige Personalchef ruft den Deutschen Presserat an, weil die Zeitschrift falsch berichtet habe. Er berichtet von einem fast zweistündigen Telefoninterview mit einem Redaktionsmitglied des Magazins. Darin liefert er wesentliche Hintergründe und Fakten, die nach der Betriebsratswahl zur Gründung der AUB geführt hätten. Die Tochter des Beschwerdeführers habe der Redaktion die Konditionen für das Interview mitgeteilt. Danach habe der Redakteur genug Zeit haben und zusichern müssen, die Antworten wahrheitsgemäß wiederzugeben. Der Beschwerdeführer hat nach eigenem Bekunden feststellen müssen, dass die die Gründung der AUB betreffenden Passagen nahezu komplett unrichtig und sinnentstellend wiedergegeben worden waren. Er fühle sich durch die Verfälschung seiner Aussagen in seiner Ehre gekränkt. Der Verfasser des Beitrags habe ihn bewusst getäuscht. Vor allem beklagt er den Umstand, dass der Redakteur nicht deutlich gemacht habe, dass die AUB des Jahres 1972 („Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsrat“) mit dem 13 Jahre später gegründeten Verein AUB („Arbeitsgemeinschaft Unabhängige Betriebsangehörige“ im Wesentlich nur noch das Kürzel AUB gemein hätte. Die Rechtsabteilung des Verlags hält die Beschwerde unter keinem der in Frage kommenden Gesichtspunkte für begründet. Der Beschwerdeführer lasse seinen Anwalt ausführen, dass die Beschwerde auf „mehreren schwerwiegenden Gründen“ beruhe, die aber nicht klar benannt würden. Eine „bewusste Täuschung“ durch den Journalisten habe nicht stattgefunden. Er habe sich offensichtlich gewünscht, alle seine Äußerungen im Text wieder zu finden. Dies sei so jedoch nicht vereinbart gewesen. Zu einer verfälschenden Darstellung des Interviews sei es nicht gekommen. (2007)

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Ratsherr bringt sich selbst ins Zwielicht

Mit harten Vorwürfen sieht sich ein Ratsherr konfrontiert. Die örtliche Zeitung berichtet über ihn zweimal innerhalb weniger Tage. Ein Beitrag trägt die Überschrift „Von ´Amokläufer´ bis ´Zündler´“. Es geht um Flugblätter, die vor einer Ratssitzung verteilt worden sind. Eine „Antifaschistische Gruppe“ beschimpft den Kommunalpolitiker als „Antisemiten“ und „Rassisten“ und fragt, ob der Mann noch salonfähig sei. Die Gruppe weist auf ein Pamphlet unter dem Titel „Mein Kampf“ hin, in dem der Ratsherr seine Sorge über eine Unterwanderung durch den Islam kundgetan habe. Die Zeitung schreibt über den politischen Werdegang des Mannes, der hier als Beschwerdeführer den Deutschen Presserat anruft, er sei über eine offene Liste der PDS in den Rat eingezogen, nachdem er früher für die Republikaner kandidiert habe. Er habe für Gewalt gegen Sachen plädiert und Hitler und Bormann verharmlost. Der Angegriffene bezeichnet die Vorwürfe als „Lug, Trug und Unterstellung“. Die Behauptungen seien aus dem Zusammenhang gerissen. So habe er sein „politisches Manifest“ sinngemäß mit „Mein Kampf gegen Korruption und für Demokratie“ überschrieben. In einem weiteren Bericht kommen Personen aus anderen Ratsfraktionen zu Wort. Dabei fallen Begriffe wie „politischer Amokläufer“, „Zündler“, „Salonpopulist“ und „kleiner Brandstifter“. Der Bericht endet mit dem Hinweis, dass der Ratsherr mittlerweile Strafanzeige wegen Verleumdung gegen zwei vermeintliche Flugblattautoren erstattet habe. Er verwahrt sich gegen sämtliche Vorwürfe und wirft der Zeitung vor allem vor, die Aussagen der „Antifaschistischen Gruppe“ nicht nachrecherchiert und Verleumdungen gegen ihn veröffentlicht zu haben, auch wenn diese in Zitate gekleidet worden seien. Der Ratsherr bleibt nach Auffassung der Redaktionsleitung der Zeitung bewusst im Ungefähren. Von einem Mitarbeiter der Redaktion befragt, habe der Kommunalpolitiker zugegeben, dass er die Nähe zu dem gleichnamigen Hitlerbuch durchaus in Kauf genommen habe. Es sei für die Einschätzung der Person durchaus von Interesse, so die Zeitung weiter, auf die frühere Kandidatur für die Republikaner hinzuweisen. Weiterhin sei es bemerkenswert, dass die inzwischen aus dem Web genommene Internetseite des Beschwerdeführers von einem NPD-Bezirksvorsitzenden betreut worden sei. (2007)

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Wirkstoff „mit leichtem Herzen“ genannt

Unter der Überschrift „Schub für die Adern“ veröffentlicht ein Wochenmagazin ein Interview zum Thema Adernverkalkung mit dem Professor eines Uni-Instituts für Arterioskleroseforschung. Dieser erwähnt in einer seiner Antworten das Präparat Telcor Arginin plus mit seiner „einzigartigen Nährstoffkombination“. Aus Sicht eines Lesers des Magazins wird durch die Nennung Werbung für dieses Produkt gemacht. Er sieht das Trennungsgebot verletzt und wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Chefredakteur des Wochenmagazins sieht in dem strittigen Punkt keine Werbung. Vorbeugende Maßnahmen gegen Herzinfarkt und Schlaganfall seien für jeden publizistischen Gesundheitsteil wichtige Themen. Im konkreten Fall sei die Zeitschrift den Weg über ein Experteninterview gegangen. Der interviewte Professor sei nicht für eine auch immer geartete Nähe zur Pharmaindustrie bekannt. Er gelte als Kapazität auf bestimmten Gebieten der Herz-Kreislauf-Erkrankungen, deren Erforschung 1998 mit dem Medizin-Nobelpreis gewürdigt worden sei. Wenn ein solcher Mann einen körpereigenen Wirkstoff nenne, müsse man als Zeitschrift keinen Bogen darum herum machen, sondern versorge Patienten mit einer für sie wichtigen Information. Dies umso leichteren Herzens, als das genannte Produkt wegen der Wirkstoffkombination von Arginin und Folsäure über ein Alleinstellungsmerkmal verfüge und die Zeitschrift nicht in Geschäftsbeziehung zu dem Hersteller stehe. (2007)

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Begriff „Prachtexemplar“ ist Schleichwerbung

Eine Wochenzeitschrift beschäftigt sich unter der Überschrift „Draußen und schön“ mit Gartenmöbeln. Sie weist auf zwei Hersteller hin. Zwei Passagen heben die Produkte einer der Firmen besonders hervor, moniert ein Leser. Er sieht in dem Beitrag Schleichwerbung und wendet sich an den Deutschen Presserat. In der Stellungnahme des Chefredakteurs heißt es, die Zeitschrift bringe viermal im Jahr „Extras“ zum Themen Bauen und Wohnen mit nützlichen Tipps im Allgemeinen und Produktvorstellungen im Besonderen. In dem kritisierten Beitrag werde aus saisonalem Anlass (Frühsommer) das eine mit dem anderen verbunden. Es handele sich im vorliegenden Fall um einen rein redaktionellen Beitrag zum Thema Gartenmöbel. Der Schwerpunkt liege auf Wetterbeständigkeit, Schönheit und der Erfolgsstory eines Außenseiters, wie sie täglich in Tageszeitungen oder Illustrierten zu lesen seien. Seine Zeitschrift – so der Chefredakteur – habe keinerlei geschäftlichen Kontakt mit den beiden Gartenmöbelherstellern. (2007)

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Selbstbewusst angesichts des Todes

„Ein letztes Winken vor dem Tod“ titelt eine Boulevardzeitung, die über eine Hinrichtung im Iran berichtet. Ein namentlich genannter junger Mann war wegen des Mordes an einem Richter zum Tod durch Erhängen verurteilt worden. Ein Foto zeigt den Delinquenten mit dem Kopf in der Schlinge kurz vor der Exekution, ein weiteres die Vollstrecker des Urteils. Ein Leser der Zeitung ist der Ansicht, der Artikel verstoße gegen die Ziffern 8 (Persönlichkeitsrechte) und 11 (Sensationsberichterstattung) des Pressekodex. Die Berichterstattung habe nichts mit Informationsfreiheit zu tun, sondern bediene den Voyeurismus. Der Chefredakteur der Zeitung widerspricht der Beschwerde. Seine Zeitung würde nie ein Fotomotiv veröffentlichen, dass den Vollzug oder eine vollzogene Hinrichtung zeige. Insbesondere wegen der selbstbewussten Geste des Verurteilten sei das veröffentlichte Bild dagegen ein Dokument der Zeitgeschichte. Aus diesem gehe die ganze Brutalität des iranischen Regimes metaphernhaft hervor. Deshalb habe man sich entschlossen, das Bild zu drucken. Der Chefredakteur weist auf mehrere renommierte Printmedien hin, die das Foto ebenfalls gebracht hätten. (2007)

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Von Giftzwergen und Staatsmännern

Eine Sonntagszeitung bringt ein Foto der Kaczynski-Zwillinge - der eine polnischer Staatschef, der andere Premier des Landes. Die Überschrift lautet „Europa – die polnischen Giftzwerge“. In der Bildunterschrift heißt es: „Schwere Gegner – Polens Präsident Lech Kaczynski (58; 1,57 Meter groß) verhandelte in Brüssel. Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski (45 Minuten älter als sein Zwillingsbruder) mischte sich aus Warschau ein, drohte im Fernsehen mit Veto.“ Der Beschwerdeführer in der Sache BK2-122/07 sieht in der Veröffentlichung eine Verunglimpfung, die an vergangene unselige Zeiten („Der Stürmer“) erinnere. Er hält die Überschrift für eine Beleidigung ausländischer Staatsoberhäupter. Der Beschwerdeführer in der Sache BK2-123/07 gibt sich als Kenner der Deutschen Geschichte aus. Auch er erinnert an den „Stürmer“ und obendrein an den „Völkischen Beobachter“ und spricht von „großkotziger deutscher Propaganda“. Ob – wie damals – jüdische Giftpilze oder jetzt polnische Giftzwerge: Es schnüre ihm die Kehle zu. Beide Beschwerdeführer wenden sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitung steht auf dem Standpunkt, diese habe mit der Bezeichnung „Giftzwerge“ lediglich eine gängige, umgangssprachliche Wendung, ein so genanntes „Allerweltswort“ benutzt. Diese Redewendung habe ihre sachliche Anknüpfung in dem europaweit als anstößig empfundenen Auftreten der Brüder anlässlich des EU-Gipfels gefunden. Der Bezeichnung der Kaczynskis als „Giftzwerge“ liege insbesondere keine abwertende „Konnotation“ mit NS-Anklang zugrunde. Gegen diesen Vorwurf verwahrt sich die Zeitung. Ohne diskriminierende Tendenz knüpfe die Überschrift allein an das Auftreten des Brüderpaares beim EU-Gipfel an. Sie beziehe sich auf das durch die Brüder „vergiftete“ Europa-Klima. (2007)

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Die „Andersartigkeit“ einer Zeitungsseite

Eine Regionalzeitung veröffentlicht eine Seite mit zwei redaktionell gestalteten Beiträgen über ein neues Hörgerät und dessen Anbieter am Verlagsort. Auf der gleichen Seite stehen zwei Anzeigen des Anbieters sowie eine allgemein gehaltene Anzeige für das Gerät. Die Überschrift spricht von einer „Weltpremiere“ in dem Geschäft und jubelt: „… das einzigartige Hörsystem ist da!“ Nach Auffassung eines Lesers ist nicht klar, wo auf dieser Seite Berichterstattung endet und Werbung anfängt. Von der Zeitung habe er die Auskunft erhalten, es habe sich um ein Anzeigenkollektiv gehandelt. Ein Mitarbeiter der Redaktion sei beauftragt worden, die Texte zu schreiben. Künftig werde man solche Seiten mit dem Wort „Anzeige“ kennzeichnen. Der Beschwerdeführer, der den Deutschen Presserat anruft, weist darauf hin, dass die redaktionellen Beiträge werbliche Aussagen enthalten, wie sie ein Werbetexter kaum besser treffen könnte. Beispiele: „Jetzt ist diese neue Hörepoche bei Hörgeräte (…Name der Firma) zu bewundern“ oder „Es lohnt sich aber auch noch ein Besuch im Geschäft“. Die Chefredaktion leitet die Beschwerde an die Anzeigenabteilung weiter. Diese stellt fest, es habe sich um eine redaktionell gestaltete Seite gehandelt, für die sie – die Anzeigenabteilung – die Verantwortung trage. Die Zeitung lege bei der Veröffentlichung solcher Anzeigen größten Wert darauf, dass selbst flüchtige Leser Text und Anzeigen voneinander trennen können. Dies sei auch in diesem Fall geschehen. Der unmittelbare Vergleich einer normalen Redaktionsseite mit der redaktionell gestalteten Anzeige lasse zweifelsfrei erkennen, dass Inhalt und Formulierung der reklamehaften Sprache auf den ersten Blick deutlich erkennbar machten, dass es sich nicht um eine Seite des redaktionellen Teils handele. Weiterhin sei durch die Gestaltung mit einem höheren Bildanteil, die Anordnung der Bild/Text-Elemente und nicht zuletzt durch den Seitenkopf die Andersartigkeit der Anzeigenseite im Vergleich zum redaktionellen Teil eindeutig zu erkennen. Aufgrund dieser gestalterisch eindeutigen Unterschiede ist die Anzeigenabteilung der Ansicht, dass eine zusätzliche Kennzeichnung mit dem Wort „Anzeige“ nicht nötig war. Der Durchschnittsleser könne die Werbung als solche erkennen. (2007)

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