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Von Giftzwergen und Staatsmännern

Streit um eine Darstellung der beiden Kaczynski-Brüder

Eine Sonntagszeitung bringt ein Foto der Kaczynski-Zwillinge - der eine polnischer Staatschef, der andere Premier des Landes. Die Überschrift lautet „Europa – die polnischen Giftzwerge“. In der Bildunterschrift heißt es: „Schwere Gegner – Polens Präsident Lech Kaczynski (58; 1,57 Meter groß) verhandelte in Brüssel. Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski (45 Minuten älter als sein Zwillingsbruder) mischte sich aus Warschau ein, drohte im Fernsehen mit Veto.“ Der Beschwerdeführer in der Sache BK2-122/07 sieht in der Veröffentlichung eine Verunglimpfung, die an vergangene unselige Zeiten („Der Stürmer“) erinnere. Er hält die Überschrift für eine Beleidigung ausländischer Staatsoberhäupter. Der Beschwerdeführer in der Sache BK2-123/07 gibt sich als Kenner der Deutschen Geschichte aus. Auch er erinnert an den „Stürmer“ und obendrein an den „Völkischen Beobachter“ und spricht von „großkotziger deutscher Propaganda“. Ob – wie damals – jüdische Giftpilze oder jetzt polnische Giftzwerge: Es schnüre ihm die Kehle zu. Beide Beschwerdeführer wenden sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitung steht auf dem Standpunkt, diese habe mit der Bezeichnung „Giftzwerge“ lediglich eine gängige, umgangssprachliche Wendung, ein so genanntes „Allerweltswort“ benutzt. Diese Redewendung habe ihre sachliche Anknüpfung in dem europaweit als anstößig empfundenen Auftreten der Brüder anlässlich des EU-Gipfels gefunden. Der Bezeichnung der Kaczynskis als „Giftzwerge“ liege insbesondere keine abwertende „Konnotation“ mit NS-Anklang zugrunde. Gegen diesen Vorwurf verwahrt sich die Zeitung. Ohne diskriminierende Tendenz knüpfe die Überschrift allein an das Auftreten des Brüderpaares beim EU-Gipfel an. Sie beziehe sich auf das durch die Brüder „vergiftete“ Europa-Klima. (2007)