Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6738 Entscheidungen
Eine Boulevardzeitung berichtet unter den Überschriften „Zum 1. Mal spricht der Junge im Türkenknast“ und „Marco (17), der deutsche Junge im Türken-Knast“ über den 17-jährigen Deutschen Marco W., der in der Türkei in Untersuchungshaft saß. Ihm wird vorgeworfen, eine 13-jährige Engländerin sexuell belästigt zu haben. Die Zeitung hat einen türkischen Journalisten beauftragt, Marco W. im Gefängnis zu interviewen. Beide Beiträge sind mit Fotos des inhaftierten Jungen illustriert. Ein Blogger sieht Verstöße gegen die Ziffern 4 und 13 des Pressekodex. Die in Richtlinie 13.3 formulierte besondere Zurückhaltung bei der Berichterstattung über Ermittlungsverfahren gegen Jugendliche sei nicht beachtet worden. Eine Einwilligung der Eltern habe nicht vorgelegen. Die Extremsituation des Jungen sei von der Zeitung ausgenutzt worden. Damit liege ein Verstoß gegen die Richtlinie 4.2 vor, in der es um die Recherche bei schutzbedürftigen Personen gehe. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist die Vorwürfe zurück. Die angegriffenen Berichterstattungen seien von dem Willen getragen gewesen, dass „die Öffentlichkeit aufmerksam wird und das Verfahren (…) in der Türkei aufmerksam verfolgt.“ Die vom Beschwerdeführer ins Feld geführten Richtlinien 4.2 und 13.3 des Pressekodex umschrieben die Grundsätze und Grenzen von Recherche und Berichterstattung zutreffend. Die Rechtsabteilung beruft sich jedoch auf eine Ausnahmesituation im Fall Marco W.. Ohne die Berichterstattung hätte die Öffentlichkeit gar nicht in dem gewünschten Maße Anteil am Schicksal des Jungen genommen. Die deutsche Öffentlichkeit habe erst durch die Berichterstattung der Boulevardzeitung das Geschehen um Marco W. aufmerksam verfolgt, und auch die Politik habe sich eingeschaltet. (2007)
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Unter der Überschrift „Doktorspiele für Sex und Geld“ berichtet eine überregionale Tageszeitung über die Verhaftung eines ehemaligen Uni-Professors. Ihm wird vorgeworfen, über eine Beraterfirma Juristen gegen Geld zur Promotion verholfen zu haben. Auch steht er im Verdacht, gegen Sex gute Noten vergeben zu haben. Ein Foto zeigt den Ministerpräsidenten eines Bundeslandes bei der Verleihung eines Ehrendoktortitels in China. Die Bildunterschrift lautet: „Landesvater (Name ist genannt) ist zwar auch kein echter Doktor, aber er lässt sich den Titel lieber in China schenken als ihn sich zu kaufen“. Der Beitrag enthält einen Informationskasten mit der Überschrift „Tor zum gesellschaftlichen Ansehen“. Darin geht es um den Doktortitel und seine Historie sowie um die verschiedenen Arten der Ergaunerung der Doktorwürde. Der Beschwerdeführer, die Presse- und Informationsstelle der Landesregierung, wendet sich an den Deutschen Presserat. Er ist der Ansicht, dass sich durch die Kombination von Überschrift, Foto und Informationskasten Bezüge aufdrängen, die den Ministerpräsidenten mit „korruptem und anzüglichem Verhalten in Verbindung bringen“. Es werde suggeriert, der Ministerpräsident habe sich seinen Doktortitel „´schenken´ lassen, ihn gekauft, ergaunert oder sonst durch Titelhandel auf unrechtmäßige Weise erworben“. Der Beschwerdeführer sieht darin einen Verstoß gegen die Ziffern 1 (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde) und 2 (journalistische Sorgfaltspflicht) des Pressekodex. Die Chefredaktion der Zeitung weist den Vorwurf eines Verstoßes gegen den Pressekodex zurück. Das Symbolfoto sei als solches kenntlich gemacht. Die „Flapsigkeit der Formulierung“ sei nicht unbedingt jedermanns Geschmack, doch die Beurteilung dieser Frage entziehe sich ihrer Ansicht nach der presseethischen Bewertung. Der Beschwerdeführer spreche von einem „verliehenen“ Doktortitel, die Redaktion von einem „verschenkten“. Die Wahl der Formulierung, so die Chefredaktion, sei „unerheblich“. Zur kritisierten Kombination von Überschrift und Foto stellt die Zeitung aus ihrer Sicht klar, dass sich beim Leser „eben keine Bezüge zum Inhalt des nebenstehenden Artikels ´Doktorspiele für Sex und Geld´ aufdrängen“. Es führe vielmehr dazu, dass der Leser über den „absurden Zusammenhang“ zwischen der Titelgeschichte und dem Ministerpräsidenten aufgeklärt werden möchte. Dass kein Zusammenhang bestehe, werde vor allem durch das Wort „auch“ im Bildtext sichergestellt. „´Auch´ … ist ´kein echter Doktor´, sondern ´nur´ Ehrendoktor, hat aber diesen Titel – im Gegensatz zu den in dem Artikel dargestellten Personen – eben nicht gekauft, also für die Verleihung keine Gegenleistung erbracht“. (2007)
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Unter der Überschrift „Die CSD-Mafia“ berichtet ein Magazin über die Christopher-Street-Days“ in Deutschland. In dem Beitrag wird scharfe Kritik an den Organisationen und am Ablauf der Veranstaltungen geübt. Der Beschwerdeführer, ein Christopher-Street-Day e. V., hält den Beitrag für „beleidigend, hetzerisch und schlecht recherchiert“. Er verstoße gegen die Ziffern 2 (Journalistische Sorgfaltspflicht), 9 (Schutz der Ehre) und 12 (Diskriminierung) des Pressekodex. Ehrverletzend ist nach Ansicht der Beschwerdeführer die Äußerung: „Das ganze CSD-Getue ist ein Bluff von in die Jahre gekommenen schwulen Männern, die nirgends sonst in einer ´echten´ Geschäftswelt etwas erreichen konnten“. Diskriminierend und ehrverletzend sei darüber hinaus die Äußerung: „…Schleimerei bei Behörden und Politikern, das Sponsoren-in-den-Arsch-Kriechen und Medien-Belügen (…) Die üblichen Rituale der Jungs eben…“. Einen Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht sehen die Beschwerdeführer in der folgenden Passage: „Natürlich hat die schwullesbische Szene kein Abstimmungsorgan, kein demokratisches Forum oder Parlament (…)“. Diese Äußerung sei sachlich falsch. Sie wenden sich an den Deutschen Presserat. Der Chefredakteur der Zeitschrift teilt mit, dass der kritisierte Beitrag deutlich mit dem Wort „Meinung“ gekennzeichnet gewesen sei. Bei der Veröffentlichung im Internet sei diese Kennzeichnung bedauerlicherweise unterblieben. Ein als Meinung gekennzeichneter Beitrag dürfe die monierten Formulierungen enthalten. (2007)
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In zwei Beiträgen berichtet eine Regionalzeitung über die Ermittlungen gegen den namentlich genannten Leiter eines Kreisveterinäramtes. Er wird verdächtigt, von der verbotenen Verwendung fragwürdigen Fleisches in einem örtlichen Betrieb gewusst, nichts unternommen und dafür Vorteile erhalten zu haben. Ein Verein von Tierfreunden hat Anzeige erstattet. Der Amtsleiter kommt in dem Beitrag zu Wort, kann jedoch zu der Anzeige noch nichts sagen. Weiter berichtet die Zeitung, der Landrat des Kreises habe sich hinter seinen Mitarbeiter gestellt. Er halte die Beschuldigungen für unbegründet. Der Leiter des Veterinäramts ist selbst Beschwerdeführer. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Ihm missfällt, dass er in der Zeitung namentlich genannt worden ist. Eine Agentur habe ohne Namensnennung berichtet. Er sieht auch eine Vorverurteilung. Nach seiner Auffassung entbehre das Strafverfahren jeglicher Grundlage. Es werde mit Sicherheit eingestellt. Der Chefredakteur nimmt nur kurz Stellung. Er hält die Berichterstattung seiner Zeitung für journalistisch einwandfrei und sieht keinen Grund, auf Details des Vorwurfs einzugehen. (2007)
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Ein Nachrichtenmagazin berichtet über Rudolf Steiner, den Begründer der Waldorf-Pädagogik. Anlass: Das Bundesfamilienministerium will zwei Werke Steiners auf die Liste jugendgefährdender Medien setzen. In dem Beitrag wird die Steinersche Lehre kritisch beleuchtet. In einer Passage heißt es: „Nahezu nichts ist im Einklang mit wissenschaftlichen Erkenntnissen. Das wusste Steiner natürlich und beschied Kritiker mit dem Satz: ´Schon der Einwand, ich kann auch irren, ist störender Unglaube“. Nach Auffassung eines Lesers enthält der Beitrag Wertungen, Unwahrheiten und bewusste Entstellungen, „die mit einer neutralen, objektiven und fairen Berichterstattung´ nichts zu tun haben“. Er sieht einen Verstoß gegen die Ziffern 1 (Wahrhaftigkeit und Wahrung der Menschenwürde) und 2 (Journalistische Sorgfaltspflicht) des Pressekodex. Das Zitat „Schon der Einwand, ich kann auch irren, ist störender Unglaube“ ist nach seiner Meinung aus dem Zusammenhang gerissen. Dadurch werde suggeriert, Steiner sei jeder Kritik mit dem Einwand begegnet, er könne nicht irren; man müsse an seine Aussagen glauben. Der Leser wendet sich an den Deutschen Presserat. Nach Auffassung der Rechtsabteilung des Nachrichtenmagazins müsse der Beschwerdeführer hinnehmen, dass an Steiner und seiner Lehre Kritik geübt werde. Es gehe in dem Beitrag nicht um „Wahrheit“ im Sinne von nachweisbaren Tatsachen, sondern um eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Lehren Steiners. Der Autor gehe mit Steiners Theorie hart ins Gericht und halte sie für völlig unwissenschaftlich, aber auch das sei im „freien Meinungskampf“ zulässig. (2007)
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In einer Computerzeitschrift erscheint ein Beitrag unter der Überschrift „Verbotene Top-Tools“. Darin geht es um illegale, legale und „halb legale“ Software. Der Beitrag enthält eine „Black List“ mit den „25 illegalsten Tools“ und eine DVD mit „30 halb legalen Top-Tools“. Auf der Titelseite werden die Funktionen der im Innenteil beschriebenen Software dargestellt. Dabei ist von Saugen, Blocken, Knacken und Generieren die Rede. Die Redaktion weist auf die Illegalität bestimmter Produkte bzw. die Strafbarkeit ihrer Nutzung hin. Es heißt, zwar könne man Beispiele für illegale Tools nennen, doch müsse man die eigentlichen Download-Links den Lesern aus rechtlichen Gründen vorenthalten. Gleichzeitig wird mitgeteilt, dass – wer zweifelhafte Dinge vorhabe – sich mit der entsprechenden Software bestens ausstatten könne. Auf der beiliegenden DVD sind diverse Programme enthalten, bei deren Nutzung sich der User nach Aussage der Redaktion im sicheren Bereich bewege, obwohl die Möglichkeiten der Tools an einigen Stellen die Grenzen der Gesetze berührten. Die Rechtsvertretung von sechs Unternehmen der Musikbranche moniert, dass die Berichterstattung detaillierte Anleitungen zu illegalen Handlungen gebe. Sie wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Anleitung zu Gesetzwidrigem beginne schon auf der Titelseite. Dass die Redaktion daraus keinen Hehl mache, gehe schon aus der Formulierung „Wer zweifelhafte Dinge vorhat, kann sich mit der entsprechenden Software bestens ausstatten“ hervor. Die Chefredaktion berichtet, dass sie zum vorliegenden Thema schon vor Jahren als erstes Fachmagazin einen Dialog mit der Musik- und Spiele-Industrie begonnen und bis jetzt nicht abgebrochen habe. Nichts liege der Redaktion ferner, als das Vertrauen der Leser zu verspielen und die Glaubwürdigkeit der Presse in Frage zu stellen. Zu den Vorwürfen der Beschwerdeführer, die Zeitschrift gebe Anleitungen zu illegalen Handlungen, teilt der Chefredakteur mit, in dem kritisierten Artikel würden zwar zunächst illegale Tools genannt, doch geschehe dies in Form eines Reports und nicht im Rahmen einer Anleitung. Die Nennung illegaler Tools sei keine Aufforderung, diese auch zu nutzen. Der Beitrag enthalte den klaren Hinweis, dass der Einsatz dieser Tools (Werkzeuge) in Deutschland verboten sei. Im zweiten Teil des Artikels, so der Chefredakteur abschließend, beschäftige sich sein Magazin mit Tools, die auch auf der Heft-CD zu finden seien. Hierzu gebe man detaillierte Anleitungen, jedoch nicht zu illegalen Handlungen. (2007)
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Eine Elternzeitschrift enthält eine Beilage für Kinder. Es geht um „schlaue Schlemmer“. Auf der Titel- und auf der Rückseite der Beilage wird namentlich und mit Fotos auf eine bestimmte Margarinemarke hingewiesen. In anderen Texten ist mehrfach die Rede von der Bedeutung von Margarine für die Ernährung. Eine Leserin vertritt die Auffassung, dass die Beilage von der Margarine-Firma gesponsert worden ist. Sie sieht eine Verletzung des Trennungsgrundsatzes nach Ziffer 7 des Pressekodex und wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Beilage sei genauso gestaltet wie die bisherigen Beilagen, die immer von der Redaktion produziert worden seien. Es sei in diesem Fall besonders verwerflich, dass sich die Margarinewerbung explizit an Kinder richte. Nach Auskunft der Chefredaktion wurde auch diese Beilage von der Redaktion gestaltet. Die Inhalte entsprächen dem Stand der Wissenschaft bzw. seien Spielanleitungen, die mit Anzeigenthemen nichts zu tun hätten. Titel- und Rückseite seien Anzeigenseiten, die in ihrer Gestaltung sichtbar von der sonst üblichen Beilagengestaltung abwichen. Das Logo der Margarinefirma mache auf beiden Seiten den Auftraggeber deutlich. Dass in den Rezepten Margarine erwähnt worden sei, könne nicht als Verstoß gegen das Trennungsgebot gewertet werden, da man zum Backen Margarine brauche und sie sich auch aufs Brot schmiere. Zudem seien in den Rezepten keine Produktnamen erwähnt worden. (2007)
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In einer Regionalzeitung erscheint ein Werbeformat, das aus je vier klassischen Anzeigen und einem redaktionell gestalteten Beitrag besteht. Der gesamte Block ist gekennzeichnet mit einem Balken, in dem der Hinweis „Anzeigen-Extra“ steht. Die redaktionell gestalteten Textbeiträge innerhalb des Werbeformats sind nach Auffassung eines Lesers Werbung. Da sie jedoch wie redaktionelle Beiträge aufgemacht seien, könne man sie nicht von diesen unterscheiden. Der Anzeigenhinweis reiche nicht aus, um dem Leser den Werbecharakter der redaktionell gestalteten Veröffentlichung zu verdeutlichen. Der Verlag betont sein Interesse, die presserechtlich erforderliche Abgrenzung des redaktionellen Teils vom Anzeigenbereich vorzunehmen und für den Leser erkennbar zu machen. Im vorliegenden Fall sei die Kennzeichnung ausreichend. Ein Verlagsrepräsentant habe sich mit dem Beschwerdeführer in Verbindung gesetzt. Dabei habe er angekündigt, dass künftig eine noch deutlichere Kennzeichnung erfolgen werde. Besonders durch den Einsatz von dominanten Bildelementen und Trennbalken könne im Einzelfall die Kennzeichnung „Anzeigen-Extra“ nicht ausreichend erkannt werden. Der Verlag werde daher künftig größere Schrifttypen verwenden. (2007)
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In einer Regionalzeitung erscheint eine Seite, die oben links als „Verlagssonderseite/Anzeige“ gekennzeichnet ist. Sie enthält redaktionell gestaltete Beiträge, darunter eine Veröffentlichung unter dem Titel „Der Vollmond weckt die Unternehmenslust“. Neben diesem Beitrag steht ein klassisches Anzeigenmotiv, das mit dem Hinweis „Anzeige“ gekennzeichnet ist. Ein Leser meint, der Hinweis im Seitenkopf reiche nicht aus, um dem Leser zu verdeutlichen, dass es sich bei dem Inhalt der Seite komplett um Werbung handelt. Der Hinweis „Anzeige“ zu dem klassischen Anzeigenformat verstärke noch den Eindruck, dass es sich bei der daneben stehenden Veröffentlichung um einen redaktionellen Beitrag handelt. Der Beschwerdeführer ruft den Deutschen Presserat an. Der Chefredakteur der Zeitung merkt an, dass der Beschwerdeführer selbst darauf hinweise, dass die Seite ausdrücklich als „Verlagssonderseite/Anzeige“ gekennzeichnet sei. Im Übrigen unterscheide sich die Seite gestalterisch durchaus von den redaktionellen Teilen der Zeitung. Der Leser werde nicht in die Irre geführt. (2007)
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