Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6739 Entscheidungen
Ein Leserbrief in einer Regionalzeitung ist überschrieben mit „Verbesserungen in Sachen Seewasser und Ratssitzung“. Der Einsender äußert sich zu dem Verhalten eines Ratsmitgliedes, dem Diskrepanzen zwischen seiner Tätigkeit im Rat und seinem privaten Verhalten vorgeworfen werden. Dabei werden noch andere Vorgänge erwähnt. Unter anderem soll das angegriffene Ratsmitglied Äpfel geklaut haben. Eine Leserin hält den Leserbrief für ehrverletzend und unsachlich. Die Zeitung hätte ihn nicht veröffentlichen dürfen. Die Chefredaktion räumt ein, dass einige Formulierungen in dem Brief unter anderen Umständen wohl gekürzt worden wären. Das angegriffene Ratsmitglied habe eine persönliche Entschuldigung der Chefredakteurin angenommen und den Fall für erledigt erklärt. Der stellvertretende Chefredakteur ergänzt, er habe den Brief bearbeitet und in einem Gespräch mit dem örtlichen Redaktionsleiter abklären wollen. Er habe niemand erreicht. Der Brief habe den Freigabevermerk erhalten und sei so erschienen. (2007)
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„Kaispeicher A – wie ein leuchtender Bernstein in der Dunkelheit“ titelt eine Zeitung. Es geht um die Entstehung einer Nachtaufnahme aus einem Hubschrauber heraus. Motiv ist der Gebäudekomplex, in dem die Hamburger Elbphilharmonie entsteht. In Text und Bild wird berichtet, dass das Foto mit einer bestimmten Kamera aufgenommen wurde. Der Fotograf erläutert, dass es bisher nicht möglich gewesen sei, aus einem sich bewegenden Fahrzeug solche Aufnahmen zu machen. Dies sei erstmals mit der genau bezeichneten Kamera möglich, da das Gerät über eine sehr hohe Lichtempfindlichkeit mit entsprechend kurzer Verschlusszeit verfüge. Ein Leser der Zeitung empfindet die Nennung des Herstellers und des Typs der Kamera als Schleichwerbung. Die Rechtsabteilung der Zeitung merkt an, dass der kritisierte Artikel sich mit zwei Neuigkeiten befasse. Zum einem sei die Baustelle der Elbphilharmonie erstmals im Dunkeln aus der Luft fotografiert worden. Zum anderen verdanke die Redaktion das Foto einer speziellen Kamera. Bisher seien derartige Fotos undenkbar gewesen. Dies sei Anlass genug, die Fotos zu veröffentlichen und auf die neuartige Kamera hinzuweisen. Die dabei erwähnten Kameraeinstellungen seien zusätzliche vertretbare Informationen für die Leser. (2007)
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Eine Nachrichtenagentur verbreitet zwei Beiträge, in denen über eine gewalttätige Auseinandersetzung zwischen Deutschen und Indern im sächsischen Mügeln berichtet wird. Zu Beginn heißt es, bei einer „regelrechten Hetzjagd“ auf indische Besucher eines Stadtfestes seien zwölf Menschen verletzt worden. Etwa 50 zumeist junge Deutsche hätten die nach einem Streit in eine Pizzeria geflüchteten Inder verfolgt und die Türen der Gaststätte eingetreten. Der Beschwerdeführer kritisiert die Formulierung „Hetzjagd“, die die Agentur in der Überschrift und im Text verwendet hat. Eine Hetzjagd habe nicht stattgefunden. Dies gehe aus den Untersuchungen des Falles durch die Staatsanwaltschaft und aus Berichten eines Nachrichtenmagazins hervor. Die Agentur habe falsch berichtet und den Fehler nicht korrigiert. Der Chefredakteur der Agentur stellt fest, dass sich die Recherchen bei der Polizei am Abend des Geschehens äußerst schwierig gestaltet hätten. Der Vorfall sei nur sehr zögerlich bestätigt worden. Von Beginn an habe die Agentur über etwa 50 Deutsche berichtet, die acht Inder verfolgt und angegriffen hätten. In den folgenden Tagen sei der Begriff „Hetzjagd“ belegbar von Politikern verwendet worden. Gespräche mit Staatsanwaltschaft und Polizei hätten keinen Zweifel an der Richtigkeit der Berichterstattung aufkommen lassen. Auch in Hintergrundgesprächen, unter anderem mit Vertretern der Staatsanwaltschaft, sei die Diktion „Hetzjagd“ unwidersprochen geblieben und sogar bestätigt worden. Das strittige Wort sei in der Berichterstattung im übertragenen Sinn verwendet worden. Vor Gericht hätten mehrere Zeugen die Situation geschildert. Acht Inder hätten sich in die Pizzeria flüchten müssen, weil sie Verletzungen oder Schlimmeres befürchten mussten. Sie hätten sich verbarrikadiert, während die Angreifer draußen gebrüllt hätten. Einer von ihnen habe ein Gitter aus dem Boden gerissen und damit die Gaststättentür eingeworfen. (2007)
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„Neues Schock-Video: Henker filmten Saddams Sterben“ überschreibt eine Boulevardzeitung ihren Bericht über das Ende des irakischen Ex-Diktators. Der Artikel enthält mehrere Fotos aus dem heimlich gedrehten Video. Auf den Bildern ist zu sehen, wie Hussein die Schlinge um den Hals gelegt wird (in vier kleinen Fotos), sowie der Holzsarg mit seiner Leiche, Trauernde am Grab und – großformatig – leicht verschwommen der am Seil hängende Delinquent. Ein Leser der Zeitung beschwert sich beim Deutschen Presserat über die Veröffentlichung dieser Fotos. Der Abdruck stellt nach seiner Auffassung einen Verstoß gegen die Menschenwürde nach den Ziffern 1 und 11 des Pressekodex dar (Achtung der Menschenwürde und unangemessen sensationelle Darstellung). Die Rechtsabteilung des Verlags hält die Veröffentlichung der Fotos für publizistisch veranlasst und gerechtfertigt. Weder sei die Darstellung unangemessen sensationell noch verstoße sie gegen die Menschenwürde. Die Fotos seien Dokumente der Zeitgeschichte. Am Ende einer jahrzehntelangen Diktatur habe die Exekution gestanden, „ein besonderes historisches Ereignis“, über das es ausführlich zu berichten gelte. Als vergleichbare Anlässe nennt der Verlag die Fotos der in Nürnberg hingerichteten Kriegsverbrecher und des toten Ehepaars Ceausescu. Im Übrigen zeigten die Bilder nicht die Hinrichtung selbst, sondern deren Vorbereitung, sowie den Toten. Entwürdigende Details enthalte keines der Fotos. Am Ende ihrer Stellungnahme kommt die Rechtsabteilung des Verlags zu dem Schluss, dass der Abdruck der Bilder seine Berechtigung finde in ihrem zeitgeschichtlichen Dokumentationswert. Die Veröffentlichung sei vom Informationsauftrag der Medien gedeckt. (2007)
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Unter der Überschrift „Das Ende des Tyrannen“ berichtet ein Magazin über den Tod Saddam Husseins. Fotos zeigen, wie dem Delinquenten der Strick um den Hals gelegt wird, wie er die unmittelbar darauf folgende Hinrichtung vor Augen hat und wie er später hängt. Ein viertes Foto zeigt den Toten und zwei weitere den Sarg. Eine Leserin der Zeitschrift beschwert sich beim Deutschen Presserat über die Veröffentlichung. Sie hält die Darstellung für unangemessen sensationell, da ein sterbender bzw. soeben eines gewaltsamen Todes gestorbener Mensch in einer über das öffentliche Interesse hinausgehenden Weise zur Schau gestellt werde. Dies alles wäre zur Dokumentation nicht erforderlich gewesen. Zudem sei die Wirkung auf Kinder und Jugendliche nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift berichtet von eingehenden Diskussionen in der Redaktion. Dabei sei es darum gegangen, welche Fotos man veröffentlichen dürfe und welche nicht. Gleichgültig, was der Hingerichtete zu Lebzeiten getan habe, sei die Würde eines jeden Menschen zu achten. Im Fall Saddam Hussein sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine historische Person und noch dazu um eine besonders grausame gehandelt habe. Die vor und nach der Exekution aufgenommenen Fotos seien besondere Dokumente der Zeitgeschichte, insbesondere wenn man bedenke, dass wegen dieses Diktators ein langer Krieg geführt worden sei und noch geführt werde. Die Redaktion sei bei der Auswahl der Bilder besonders sorgsam vorgegangen. Sie habe entschieden, kein Foto zu drucken, das den Augenblick des Todes von Saddam Hussein zeige. Die Fotos seien darüber hinaus weder für sich genommen noch im Zusammenhang mit dem Text unangemessen sensationell. Die Bildtexte seien sehr sachlich gehalten. Im Text selbst setze sich die Redaktion äußerst kritisch mit der Exekution auseinander. Abschließend stellt der Verlag fest, die Berichterstattung wahre unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten die im Pressekodex festgelegten ethischen Grenzen. (2007)
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„Geld am Automaten unterschlagen“ überschreibt eine Regionalzeitung einen Artikel, in dem es um ein Fahndungsersuchen der Polizei geht. Diese sucht nach einer jungen Frau, die an einem Bankautomaten Geld unterschlagen haben soll. Ein Foto zeigt die Gesuchte. Ein Leser der Zeitung zeigt sich über die Art der Berichterstattung und die Zusammenarbeit mit der Polizei verwundert, die keine Gründe für ihr Ersuchen genannt habe. Der Mann, der den Deutschen Presserat einschaltet, fragt sich, ob die Polizei nicht zuerst Gründe für ihre Bitte um Zusammenarbeit mit der Presse nennen müsse, bevor diese in der vorliegenden Form berichte. Außerdem müsse für die abgebildete Person die Unschuldsvermutung gelten. Der Chefredakteur der Zeitung räumt ein, dass das Foto so nicht hätte erscheinen dürfen, da es sich nicht um ein Kapitalverbrechen gehandelt habe. Mit der betroffenen Lokalredaktion sei gesprochen worden. Der Fall sei auch in der „großen Redaktionskonferenz“ behandelt worden. Die Redaktion habe auf die Rechtmäßigkeit und Angemessenheit des Fahndungsersuchens vertraut. Der Fehler sei in der Hektik einer nicht üppig besetzten Lokalredaktion passiert. (2007)
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Eine Boulevardzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „…-Urlaub- das sind die Reiseziele“. Darin wird über das erstmalige Angebot von Urlaubsreisen durch einen Discounter berichtet. Die Angebote werden genau beschrieben, die Preise genannt. Die Veröffentlichung enthält außerdem zwei Telefonnummern. Auch eine Website wird genannt, über die die Reisen gebucht werden können. Ein Leser sieht in dem Beitrag Schleichwerbung und ruft den Deutschen Presserat an. Die Veröffentlichung habe rein werbenden Charakter, da ausschließlich auf das Discounter-Angebot hingewiesen werde. In der gleichen Ausgabe habe der Anbieter eine ganzseitige Anzeige geschaltet, so dass ein Gefälligkeitsdienst zu vermuten sei. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist den Vorwurf zurück, dem großen Anzeigenkunden sei eine Gefälligkeit erwiesen worden. Für den Artikel habe es einen publizistischen Anlass gegeben. Erstmals sei ein Discounter ins Reisegeschäft eingestiegen; alle Medien hätten darüber berichtet. Man habe über fünf Angebote informiert, die auch von der Stiftung Warentest getestet worden seien. Ergebnis: Es handelte sich wirklich um Schnäppchen. Insofern sei die Veröffentlichung durch ein öffentliches Interesse gedeckt gewesen. Auch die Angabe der Telefonnummern und der Website seien als weitere Information zulässig. (2007)
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Eine Regionalzeitung gibt einen Agenturbericht wieder, in dem es um eine Diskussionsveranstaltung an einem örtlichen Gymnasium geht. Thema war der Biologieunterricht, der angeblich weniger von anerkannten wissenschaftlichen Theorien (Evolution) als von überwiegend religiösen Auslegungen (Schöpfung) geprägt sei. Im Vorspann heißt es: „Seit knapp zwei Wochen berichten die Medien nun über ihre Stadt, fundamentalistischer Christen wegen, die im Biologieunterricht nicht nur Evolutionstheorie lehren, sondern noch ausführlicher die christliche Schöpfungslehre.“ Der namentlich genannte Vater eines früheren Schülers wird in gleichem Sinne zitiert. Nach seiner Darstellung erlebten die Kinder einen Unterricht, der Wissenschaft durch Theologie ersetzen wolle. Der Christliche Schulverein sieht eine einseitige Darstellung. Die Meinung eines Einzelnen werde zur Tatsachenbehauptung gemacht. Eine Stellungnahme der Schule zu den Vorwürfen sei nicht eingeholt worden. Der Schulverein wendet sich an den Deutschen Presserat. Nach seiner Auffassung sei die Behauptung nicht haltbar, im Biologieunterricht werde die christliche Schöpfung ausführlicher als die Evolution gelehrt. Im weiteren Verlauf des Artikels werde zu dieser Behauptung keine Quelle angegeben. Nur im folgenden Absatz werde der Vater eines ehemaligen Schülers zitiert. Hierbei handele es sich um die Wiedergabe einer Einzelmeinung, die im Vorspann zur Tatsachenbehauptung erhoben worden sei. Der Biologieunterricht verlaufe an der Schule im Rahmen der Lehrpläne des Bundeslandes. Theologische Themen würden im Religionsunterricht behandelt. Da der Beschwerde ein in der Regionalzeitung veröffentlichter Agenturbericht zugrunde liegt, erweitert der Presserat das Verfahren auf die Agentur. Deren Chefredakteur teilt mit, die fragliche Veranstaltung habe an einem Freitagabend stattgefunden. Vertreter der Schule hätten daran teilnehmen und ihre Position darstellen können. Die im Verlauf der Diskussion geäußerten Vorwürfe seien im Bericht als solche gekennzeichnet worden. Auch dem Leser werde auf diese Weise deutlich, dass auf der Veranstaltung lediglich die Position einer Seite eine Rolle spielte. Die Korrespondentin hätte am Wochenende keine Möglichkeit gehabt, eine Stellungnahme der Schule einzuholen. Die Berichterstattung – so der Chefredakteur weiter – sei zulässig, denn die lebhafte öffentliche Debatte über die Schule habe einen objektiven Nachrichtenwert. Um der Beschwerde im Kern gerecht zu werden, hätte man über die Veranstaltung überhaupt nicht berichten dürfen. Selbstzensur sei der Presse jedoch nicht zuzumuten. (2006)
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Unter der Überschrift „Die ´Aufforderung´ zum Rücktritt“ berichtet eine Regionalzeitung über einen Kommunalpolitiker. Die Redaktion bezeichnet den Mann im Beitrag ohne Anführungszeichen als Politclown, der seinen Bürgermeister jüngst aus abwegigen Gründen zum Rücktritt aufgefordert habe. Der so Angegriffene sieht sich durch die Berichterstattung diffamiert. Besonders die Bezeichnung als Politclown würdige ihn herab. Er wirft dem Verfasser eine lang währende Kampagne gegen ihn vor und wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Redaktionsleiter der Zeitung sieht die Bezeichnung Politclown noch als „schmeichelhaft“ an. Der Beschwerdeführer sei durch unsachliche Aktivitäten aufgefallen, von deren Veröffentlichung die Zeitung überwiegend abgesehen habe. Hin und wieder erachtet es der Redaktionsleiter jedoch für erforderlich, das Wirken des Kommunalpolitikers zu dokumentieren. Dieser stehe als Gemeindevertreter in der Öffentlichkeit und habe durch das vor einiger Zeit gegen ihn angestrengte Parteiausschlussverfahren das öffentliche Interesse auf sich gezogen. (2006)
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