Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6739 Entscheidungen
Die Online-Ausgabe einer überregionalen Zeitung berichtet über den Konflikt im Hamburger Schanzenviertel. Die Polizei habe einen bekannten Koch, der dort ein Restaurant betreibt, vor einem Buttersäureanschlag gewarnt. Unter dem Verdacht, den Anschlag zu planen, stehe eine Frau, die als Aktivistin des Netzwerks für den Erhalt des Schanzenparks bekannt sei. Die Frau wird mit vollem Namen genannt. Eine gleichnamige Frau aus einem entfernten Hamburger Stadtteil beschwert sich beim Presserat. Durch die Berichterstattung werde der Eindruck erweckt, sie sei die Aktivistin aus dem Schanzenviertel. Dies schade ihrem Ruf und ihren geschäftlichen Aktivitäten. Der Justitiar der Zeitung sieht in dem Online-Beitrag keine Persönlichkeitsverletzung. In dem fraglichen Artikel werde nicht nur der Name der verdächtigten Frau genannt, sondern weitere Einzelheiten, die eine Verwechslung mit einer Frau gleichen Namens ausschlössen. Im Übrigen habe die Beschwerdeführerin nicht mitgeteilt, inwieweit die Berichterstattung ihren geschäftlichen Interessen geschadet habe. (2009)
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Ein Nachrichtenmagazin titelt „Die Opfer von Winnenden – Die Tat. Der Mörder. Die Hintergründe. Das Protokoll eines monströsen Verbrechens.“ Porträtfotos von 12 der fünfzehn Opfer des Amokläufers an der Winnender Realschule werden gezeigt. In der Bildzeile steht jeweils der abgekürzte Name des Opfers. Auf einem der Fotos ist die abgedeckte Leiche von Franz J. (56) zu sehen. Bei den Opfern „Michaela K. (26)“ und „Sigurt W. (46)“ veröffentlicht die Redaktion einen schwarzen Kasten anstelle eines Fotos. Ein Leser hält die Berichterstattung für menschenverachtend. Es sei selbstverständlich, dass über eine solche Tat berichtet werden müsse. Die Detailtiefe sei jedoch abstoßend. Die Bilder der Opfer gehörten nach Auffassung des Beschwerdeführers nicht auf die Titelseite. Er habe beschlossen, das Magazin demonstrativ nicht zu lesen. Ein leitender Redakteur nimmt Stellung. Sein Blatt habe bewusst nicht den Täter, sondern die Opfer auf die Titelseite genommen. Sie habe dem Attentäter nicht posthum einen großen Auftritt verschaffen wollen. Die Dimension der Tat lasse sich am besten dadurch begreifbar machen, dass die Redaktion die Gesichter der Opfer zeige – normale, überwiegend sehr junge Menschen, so natürlich gezeigt, wie ihre Familien, ihre Freunde sie sahen. Es sei der Redaktion gerade darum gegangen, jedem der 15 Opfer ein Gesicht und eine Geschichte zu geben. Es seien ganz normale Porträtfotos abgedruckt worden. Solche Bilder könnten die Menschenwürde nicht verletzen. Ganz im Gegenteil: Es sei weit verbreitet und üblich, Verstorbener auch anhand von Bildern zu gedenken. Es gebe auch die Tradition der Sterbebilder. Die Redaktion könne daher nicht erkennen, dass Porträts getöteter Verbrechensopfer dazu geeignet seien, diese in ihrer Menschenwürde zu verletzen. Dies gelte auch für die Wahrung der Persönlichkeitsrechte. Die Identifizierbarkeit der Opfer könne bei einer Tat dieser Dimension deshalb keine Rolle spielen, da ohnehin ihr gesamtes Umfeld von ihrem Schicksal erfahre. Im Gegensatz zur Magazin-Redaktion habe die Baden-Württembergische Landesregierung in ihrer Traueranzeige die vollständigen Namen aller Getöteten veröffentlicht. Nicht ein einziger Hinterbliebener habe sich bei der Redaktion über die Nennung der abgekürzten Namen beklagt. In vielen Zuschriften hätten Leser zum Ausdruck gebracht, dass das Anliegen der Redaktion von ihnen richtig verstanden worden sei. (2009)
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Eine Regionalzeitung druckt einen Leserbrief unter der Überschrift „Der Bürger zahlt die Zeche“ mit voller Adresse des Einsenders ab. Der Beschwerdeführer ist mit diesem nicht identisch. Er beschwert sich jedoch über die Veröffentlichungspraxis. Er meint, die Zeitung „zensiere“ Leserbriefe bzw. nehme Spitzen gerne heraus und drucke die volle Adresse des Autors ab. Diese Handlungsweise stehe im Widerspruch zum Pressekodex. Der Beschwerdeführer legt dem Presserat eine umfangreiche Korrespondenz mit der Zeitung vor. Danach ist diese nicht bereit, auf die Nennung von Leserdaten zu verzichten. Die Chefredaktion widerspricht der Ansicht des Beschwerdeführers, der Pressekodex sehe vor, dass Leserbriefe nur ungekürzt und mit den Überschriftenvorschlägen der Einsender abgedruckt werden dürften. Die Richtlinie 2.6 des Pressekodex sehe keinen ungekürzten Abdruck vor. Ebenso wenig gebe es einen Rechtsanspruch auf Veröffentlichung von Leserbriefen. Die Redaktion folge konsequent Absatz 4 der Richtlinie 2.6 und behalte sich in jedem Fall die Kürzung von Leserbriefen vor. Ein entsprechender Hinweis stehe auf jeder Leserbriefseite. Die Zeitung geht sogar noch über die Richtlinie des Presserates hinaus und schreibe jeden Leserbrief-Einsender an. Dabei werde noch einmal auf sinn-wahrende Kürzungen hingewiesen. Was die Nennung der Adressen angeht, bezieht sich die Chefredaktion auf eine Soll-Bestimmung im Pressekodex. Die Zeitung veröffentliche seit 66 Jahren Leserbriefe mit Adresse. Dies sei jedem Einsender bekannt. Sollte einer von ihnen mit der Nennung seiner Adresse nicht einverstanden sein, werde der Brief nicht veröffentlicht. (2009)
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„Tim K. erschoss Frau eines Polizeibeamten“ – unter dieser Überschrift berichtet die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins über das persönliche Schicksal der Lehrerin Michaela K., die zu den Opfern des Amoklaufes von Winnenden gehört. Die Lehrerin war mit einem Polizeibeamten verheiratet, der zu den ersten Einsatzkräften gehörte, die nach dem Notruf aus der Albertville-Realschule am Tatort eintrafen. Der Beschwerdeführer ist nach eigenem Bekunden ein enger Freund der Betroffenen. Er verfüge über Hintergrundinformationen zum Tod von Michael K. Er wirft der Redaktion vor, dass der Beitrag den Grundsätzen gründlicher und fairer Recherche widerspreche. Er verstoße gegen das Prinzip der Achtung von Privatleben und Intimsphäre. Mehrere Details im Bericht seien falsch. Die Angabe, dass eine der Erschossenen in einem genannten Stadtteil gewohnt habe, komme einer Adressenveröffentlichung gleich. Abgesehen davon habe die Frau gar nicht dort gewohnt. Der Beschwerdeführer kritisiert die Passage, wonach bereits um 9.41 Uhr rund 1000 Polizisten im Einsatz gewesen seien. Dies sei nach seiner Ansicht nicht möglich, da der Notruf laut Bericht um 9.33 Uhr abgesetzt worden sei. Nach Auffassung der Rechtsabteilung der Zeitschrift behauptet der Beschwerdeführer Dinge und offenbare angebliches Hintergrundwissen, dessen Richtigkeit nicht überprüft werden könne. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung seien die Namen der Getöteten in anderen Medien bereits genannt worden. Sogar überregionale Zeitungen hätten bereits den anonymisierten Klarnamen „Michaela K.“ mitgeteilt. Der Name sei auch während eines Gottesdienstes verlesen worden. Die Informationen über Notruf und Eintreffen der Polizei am Tatort beruhten auf Aussagen von Kripo-Beamten. Anhaltspunkte dafür, dass die Informationen falsch seien, lägen nicht vor. Bei der Beschreibung des Einsatzes sei nichts falsch dargestellt worden. Einzelheiten seien von der Polizei bestätigt worden. „Im Einsatz“ meine schließlich nicht zwingend, dass 1000 Polizisten bereits am Tatort waren, sondern in Marsch gesetzt“ worden seien. (2009)
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Die Online-Ausgabe einer Großstadt-Zeitung berichtet unter der Überschrift „Erste Lehrerin beigesetzt“ über die Beerdigung einer der drei Lehrerinnen, die vom Amokläufer Tim K. in Winnenden getötet worden waren. Eine Fotostrecke zeigt fünf Bilder von der Trauerfeier. Der Beschwerdeführer, ein Leser der Zeitung, sieht Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte) verletzt. Mit erheblichem Aufwand sei versucht worden, das Opfer ohne Presse beizusetzen. Dennoch seien trotz entsprechender Bitten auf dem Weg von der Kirche zum Friedhof zahlreiche Fotos gemacht worden. Die meisten Anwesenden hätten in dieser Situation nicht fotografiert werden wollen. Zum anderen habe das Klicken der Fotoapparate mehr an einen Presseempfang als an eine Beisetzung erinnert. Die so entstandenen Bilder seien auch für den kritisierten Bericht verwendet worden. Die Redaktion gibt keine Stellungnahme ab. (2009)
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In der Online-Ausgabe des Lokalteils einer Regionalzeitung erscheint ein Beitrag, in dem es um die Schulzeugnisse geht, die an diesem Tag ausgegeben wurden. Die Redaktion berichtet auch über das Internetportal Spickmich.de und nennt die Namen der dort kritisierten Lehrer. So habe eine bestimmte Lehrerin eine noch befriedigende 3,2 erhalten. In den Kategorien „Kompetenz und Unterrichtsvorbereitung“ habe sie passable Noten im Zweierbereich „abgesahnt“, doch werde ihr im Bereich „Menschlichkeit“ nur eine Vier zugebilligt. Eine weitere Lehrerin sei in der Kategorie „Beliebtheit“ mit einer Fünf benotet worden und damit versetzungsgefährdet. Im Artikel wird zudem die Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes erwähnt. Danach werden bei der Benotung von Lehrern auf dem Internetportal Spickmich.de Persönlichkeitsrechte nicht verletzt. Beschwerdeführer in diesem Fall ist der Leiter eines Gymnasiums. Er kritisiert insbesondere, dass die Zeitung die Internet-Einträge aufgegriffen und dadurch den Kreis derjenigen, die diese Informationen erhielten, unangemessen erweitert habe. Er sieht außerdem in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Die Chefredaktion stellt fest, dass sie die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Lehrkräfte beachtet habe. Im Beitrag gehe es um Kritik von Schülern an einzelnen Lehrern, doch werde damit nicht in das Privatleben und in die Intimsphäre der Betroffenen eingegriffen. Der Unterricht an einer öffentlichen Schule sei weder dem Privatleben noch der Intimsphäre eines Menschen zuzuordnen. Über Bewertungen in Spickmich.de habe man sachlich, wenn auch pointiert, berichtet. Eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte könne nicht dadurch vorliegen, dass über Werturteile berichtet werde. Es liege im Wesen von Beurteilungen, dass sie positiv oder negativ ausfallen könnten. Die veröffentlichten Aussagen seien weder falsch noch verleumderisch oder verunglimpfend. Sie gäben lediglich die in Spickmich.de veröffentlichte Kritik wieder. (2009)
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Die Eltern des Amokläufers von Winnenden haben einen offenen Brief geschrieben, in dem sie den Hinterbliebenen der Opfer ihr Mitgefühl bekunden. Eine überregionale Zeitung berichtet über den Vorgang. Sie beschäftigt sich auch mit den Beisetzungen der Getöteten. Fotos im Beitrag zeigen Beerdigungen, Motive der Trauerfeiern und die Gedenkstätten. Ein Leser sieht einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Mit erheblichem Aufwand hätten die Hinterbliebenen versucht, die Opfer ohne Presse beizusetzen. Zahlreiche Fotografen hätten entsprechende Bitten missachtet. Die meisten der Anwesenden hätten in dieser Situation nicht fotografiert werden wollen. Außerdem sei durch die Kameras ein Geräuschpegel wie bei einem Presseempfang entstanden. Die so entstandenen Fotos seien für die Berichterstattung verwendet worden. Die Rechtsabteilung der Zeitung zitiert Richtlinie 8.1 des Pressekodex. Danach sei die Nennung von Namen und die Abbildung von Opfern in der Regel nicht gerechtfertigt. Winnenden sei jedoch kein Regelfall gewesen. Das dortige Geschehen sei die Ausnahme, von deren Existenz der Pressekodex in Richtlinie 8.1 ausdrücklich ausgehe. Die Erschütterung, die der vielfache Mord von Winnenden in der Gesellschaft und in der Politik ausgelöst habe, mache die Berichterstattung über die Tat, den Täter und vor allem die Opfer zu einem unerlässlichen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung. Dies gelte auch für die Diskussion über schärfere Waffen- und Jugendschutzgesetze. Die Redaktion habe es nicht nur für zulässig, sondern gar für geboten gehalten, bei der Abwägung zwischen Persönlichkeitsrechten und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit im Fall Winnenden auch dessen Opfer zu zeigen. Entscheidend dafür war es, einer breiten Öffentlichkeit das Ausmaß der Tragödie wenigstens ansatzweise zu vermitteln. Der Vorwurf des Voyeurismus verdränge oft den ehrlichen Wunsch der Öffentlichkeit, Anteil nehmen zu können. Bei der Recherche vor Ort hätten sich die Redakteure sehr korrekt und sensibel verhalten. Sämtliche Fotos der Trauerfeiern und der Beisetzungen stammten von Nachrichtenagenturen und dokumentierten auf eindrucksvolle Weise die Trauer und Verzweiflung, die im Umfeld der Opfer, aber auch in der ganzen Bevölkerung geherrscht habe. Die Bilder seien Dokumente der Zeitgeschichte. Der Vorwurf, Fotografen hätten die Beisetzungsfeierlichkeiten gestört, sei für die Redaktion nicht nachprüfbar. Sie sei nicht mit eigenen Fotografen vor Ort gewesen. Die verwendeten Bilder zeigten jedoch die Distanz, aus der die Aufnahmen gemacht worden seien, so die Rechtsvertretung weiter. Die Chefredaktion nehme die Kritik an der Berichterstattung sehr ernst. Sie weise jedoch ausdrücklich die Unterstellung zurück, die Redaktion habe die Fotos aus Zynismus, Geschmacklosigkeit, Sensationsgier, Pietätlosigkeit oder mangelndem Respekt vor dem Leid der Angehörigen veröffentlicht. (2009)
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Eine Boulevardzeitung berichtet über ein Benefiz-Fußballspiel, an dem auch Olli Dittrich teilnehmen soll. Dessen achtjähriger Sohn wird von der Redaktion mit einigen Aussagen zitiert. Unter anderem heißt es, der Junge habe gesagt, „Ich kenne hier nur meinen Papa – und der spielt toll“. Der Spross sei ein „Querdenker“, schreibt die Zeitung. Schließlich gehe er mit HSV-Schuhen in eine Kölner Schule. Im Namen des Sohnes tritt ein Rechtsanwaltsbüro als Beschwerdeführer auf, das einen Verstoß gegen Ziffer 4, Richtlinie 4.2, sowie Ziffer 8, Richtlinie 8.2, des Pressekodex sieht. Die Zeitung habe sich Informationen durch Ausfragen des achtjährigen Kindes beschafft. Eine Zustimmung der gesetzlichen Vertreter habe nicht vorgelegen. Vielmehr hätten dessen Eltern versucht, ihren Sohn aus der Öffentlichkeit herauszuhalten. Dieser sei eine schutzwürdige Person im Sinne von Richtlinie 4.2 des Pressekodex. Ein Verstoß gegen Ziffer 8 sei darin zu sehen, dass der Artikel nicht nur den Namen, das Alter und Aussagen zur Kleidung, sondern auch zum Wohn- und Schulort des Jungen enthalte. Diese Angaben seien ohne entsprechendes öffentliches Interesse in der Zeitung veröffentlicht worden. Auch Richtlinie 8.2 des Pressekodex sei verletzt, da der Aufenthaltsort einer Person einen besonderen Schutz verdiene. Hierzu gehörten auch der private Wohnsitz und der Ort der Schule, auf die ein Kind geht. Dabei handele es sich um einen Ort mit wichtiger Rückzugsfunktion für die freie Persönlichkeitsentfaltung und –bildung. Die Chefredaktion weist die Vorwürfe zurück. Die Autorin habe den Jungen nicht überrumpelt und nicht ausgefragt. Bei dem Gespräch sei eine Bekannte von Olli Dittrich dabei gewesen. Auch dieser habe Gelegenheit gehabt, das Gespräch vom Fußballplatz aus zu beobachten. Er habe das Gespräch zwischen Sohn und Reporterin nicht unterbunden. Darüber hinaus habe Olli Dittrich seinen Sohn nicht – wie behauptet – von den Medien abgeschirmt. Er habe sich vielmehr mehrfach öffentlich über seinen Sohn geäußert. Andere Medien hätten wesentlich detaillierter über den Jungen berichtet. (2009)
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„Hurra, wir haben das Abitur geschafft“ – unter dieser Überschrift veröffentlicht das onlineabrufbare Archiv einer Großstadtzeitung einen Beitrag, in dem die Namen der Abiturienten aus dem Jahr 2003 genannt werden. Einer von ihnen beschwert sich über die Abrufbarkeit der Daten im Online-Archiv und über Google. Er sieht seine Persönlichkeitsrechte verletzt. Auf seine Beschwerde bei der Zeitung habe ihm diese geantwortet, dass ihre Handlungsweise gängige Praxis sei. Er selbst ist der Meinung, dass es aus technischer Sicht überhaupt kein Problem sei, die Inhalte einer Website vor Suchmaschinen zu schützen. Er führt als positives Beispiel an, dass auch studiVZ.de Inhalte für Suchmaschinen unzugänglich mache. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, die Zeitung veröffentliche seit vielen Jahren die Namen der jeweiligen Abiturienten. Die Redaktion habe jeweils die Sekretariate der Schulen angeschrieben und um die Namenslisten gebeten. Seit vier Jahren wende sich die Redaktion an die Schulbehörde, die die Liste aller Abiturienten an die Zeitung übermittle. Mit anderen Worten: Die Veröffentlichung erfolge ausschließlich aufgrund der von der Schule bzw. von der Schulbehörde übermittelten Daten. Die Redaktion habe keineswegs Daten im datenschutzrechtlichen Sinne erhoben, wie der Beschwerdeführer meine. Vielmehr habe sich die Redaktion Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen auf offiziellem Wege beschafft und publiziert. (2009)
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„Amoklauf: Die Unkultur der Verantwortungslosigkeit“ überschreibt eine Regionalzeitung einen Kommentar zur Tragödie von Winnenden. Thema ist das Versagen der Gesellschaft, die Tat zu verhindern. In dem Beitrag heißt es: „Von diesem kollektiven Versagen kann sich niemand freisprechen. Das zeigt auch wieder der Fall Tim Kretschmer.“ Ein Leser der Zeitung sieht in der Nennung des vollständigen Namens des Amokläufers einen Verstoß gegen Richtlinie 8.1 des Pressekodex (Nennung von Namen/Abbildungen). Der Täter sei eindeutig identifizierbar. Der Verstoß sei deshalb besonders schwerwiegend, da es sich um einen Jugendlichen handele. Nach Auffassung des Chefredakteurs der Zeitung ist die Nennung des Namens durch Richtlinie 8.1 des Pressekodex abgedeckt. Auf der einen Seite stehe dem 17-Jährigen unzweifelhaft der besondere Schutz Jugendlicher vor Identifizierung zu. Nach sorgfältiger Abwägung habe jedoch angesichts des außerordentlichen Verbrechens das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwogen. Bei der Namensnennung seien zudem die in Richtlinie 8.1 (Absatz 4) erfüllt, nachdem es sich um ein Kapitalverbrechen handele, das unter den Augen der Öffentlichkeit begangen worden sei. Angesichts der Monstrosität des Verbrechens und der Suche nach den Ursachen der Tat, wäre es nicht richtig gewesen, den Täter zu anonymisieren. Die Anonymisierung wäre nur eine scheinbare gewesen, da der Amokläufer in allen Medien im Bild gezeigt worden und von den meisten auch namentlich genannt worden sei. Auch ohne Namensnennung wäre die Identifizierung einfach gewesen. (2009)
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