Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Die OB-Adresse ist allgemein bekannt

Eine Regionalzeitung berichtet, dass gegen den Oberbürgermeister einer Stadt im Verbreitungsgebiet wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt wird. Ermittler hätten die Wohnung des Stadtoberhauptes durchsucht. In diesem Zusammenhang nennt die Redaktion die Straße, in der der OB wohnt. Dieser beanstandet die Nennung seines Wohnorts, wo auch seine Frau und seine Kinder wohnen. Dies verstoße gegen Richtlinie 8.2 des Pressekodex. Der Chefredakteur der Zeitung weist die Beschwerde mit dem Hinweis zurück, dass die Privatadresse des Oberbürgermeisters stadtbekannt sei. Sie sei nicht nur im Telefonbuch nachzulesen, sondern auch im öffentlichen Verzeichnis eines Sportbundes mit vollständiger Wohnadresse inklusive privater Handynummer und privater Mailadresse aufgeführt. In anderen Telefonverzeichnissen sei der Beschwerdeführer ebenfalls mit vollem Namen und Adresse zu finden. Offensichtlich habe sich der Kommunalpolitiker bislang keine Mühe gegeben, seine private Anschrift zu verbergen. In der Berichterstattung – so fährt der Chefredakteur fort – sei es zwingend erforderlich gewesen, zumindest die Straße zu nehmen, da die Razzia der Steuerfahnder an zwei Orten stattgefunden habe, nämlich in den Geschäftsräumen und im Wohnhaus. Zum Verständnis des Vorgangs erläutert der Chefredakteur, dass der Kommunalpolitiker vor seiner Wahl verschwiegen habe, dass gegen ihn wegen des Verdachts des Steuerbetrugs ermittelt werde. Als der Mann dann vor Gericht gestanden habe und zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten mit Bewährung und einer Geldauflage von 15000 Euro verurteilt worden sei, hätte auch dies vor der Öffentlichkeit verheimlicht werden sollen. Die Öffentlichkeit sei erst durch die Berichterstattung aus einer nichtöffentlichen Ausschusssitzung über den Fall informiert worden. (2010)

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„In gewohnt destruktiver Manier“

Eine überregionale Zeitung kommentiert den Streit über die Rechtmäßigkeit der Präimplantationsdiagnostik in einem Leitartikel. Der Autor schreibt: „Nach einer in provokativer Absicht erstatteten Selbstanzeige eines Reproduktionsmediziners bogen die Richter im Einvernehmen mit der Bundesanwaltschaft und in bester sophistischer Tradition deutschen Richterrechts Sinn und Wortlaut des Embryonenschutzgesetzes so lange, bis sie keinen Anlass mehr dafür sahen, das Aussondern von Embryonen mit schweren genetischen Schädigungen unter Strafe zu stellen“. Auch die Justizministerin habe „in gewohnt destruktiver Manier jeden Regelungsbedarf verneint“. Ein Leser der Zeitung ist der Meinung, dass die Passage über die Bundesjustizministerin diese in ihrer Ehre verletzt. Auch das Zitat über die Arbeit der Juristen des Bundesgerichtshofs und der Bundesanwaltschaft enthalte Angriffe, die die Betroffenen in ihrer Ehre verletzten. Die dort verwendete Formulierung sei der schlimmste Vorwurf, den man gegen Justizorgane erheben könne, nämlich derjenige der Rechtsbeugung im Sinne des Paragrafen 339 des Strafgesetzbuches. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, bei dem kritisierten Beitrag handele es sich um einen Leitartikel und somit um einen Meinungsbeitrag, in dem der Verfasser nach alter Tradition eine Urteilsschelte übe. Kritik am politischen Personal, in diesem Fall an der Bundesjustizministerin, gehöre zur Presse- und Informationsfreiheit. (2011)

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Mladic darf „Schlächter vom Balkan“ genannt werden

Eine Boulevardzeitung berichtet in ihrer Online-Ausgabe über den Prozess gegen Ratko Mladic, den Ex-General der bosnischen Serben, dem schlimmste Kriegsverbrechen vorgeworfen werden. Die Zeitung titelt „Mladics irrer Auftritt vor dem UN-Tribunal“; in der Überzeile zur Überschrift steht die Aussage „Der Schlächter vom Balkan vor Gericht“. Im Bericht heißt es, der Angeklagte habe alle Vorwürfe von sich gewesen. Der Autor fährt fort: „In Srebrenica ließ er 8000 Jungen und Männer einfach abschlachten, im belagerten Sarajevo mit Scharfschützen auf die Bevölkerung schießen.“ Ein Nutzer der Internet-Ausgabe kritisiert eine von ihm vermutete Vorverurteilung des Angeklagten. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung sei es nicht erwiesen gewesen, inwieweit der Beschuldigte tatsächlich für das Massaker in Srebrenica verantwortlich gewesen sei. Nach Ansicht der Rechtsabteilung der Zeitung sei dies kein Fall von Vorverurteilung, da weder die Äußerungen im Fließtext des Artikels noch die Titulierung als „Schlächter vom Balkan“ Mladic präjudizierend als Täter darstellten. In der gesamten Berichterstattung werde die Unschuldsvermutung gewahrt und Mladic ausdrücklich als „mutmaßlicher Kriegsverbrecher“ bezeichnet. Des Weiteren werde im Text mehrmals darauf hingewiesen, was das Gericht ihm vorwerfe und wie die Anklage laute. Für den Leser sei deutlich erkennbar, dass es sich um ein laufendes Verfahren handelt. Immer sei klar, dass lediglich Anklage-Inhalte wiedergegeben würden. Die Bezeichnung Mladics als „Schlächter vom Balkan“ sei ebenfalls kein Verstoß gegen die Ziffer 13 des Pressekodex. Mit ihr werde nicht etwa gesagt, dass der Angeklagte schuldig im Sinne eines Richterspruchs sei. Er werde lediglich mit dem schlagwortartigen Namen benannt, unter dem er allgemein bekannt sei. Der Tatverdacht gegen Mladic habe sich zum Zeitpunkt der Berichterstattung derartig verdichtet, dass kaum noch vernünftige Zweifel an seiner Schuld und Verantwortung bestanden hätten. (2011)

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Schleichwerbung per E-Mail-Adresse

Ein medizinisches Fachblatt veröffentlicht in seiner Online-Ausgabe einen Beitrag unter der Überschrift „Umgangsformen: Von der Kunst des Neinsagens“. Am Ende steht die E-Mail-Adresse der Autorin. Sie enthält deren Namen ebenso wie den Namen ihrer Firma. Diese bietet Fortbildungsveranstaltungen für Menschen an, die ihr Verhalten im ärztlichen Berufsleben optimieren wollen. Ein Nutzer der Internetausgabe wirft der Redaktion Schleichwerbung nach Ziffer 7 des Pressekodex vor. Bei der Autorin handele es sich nicht um eine unabhängige Journalistin, sondern um die Besitzerin einer Coaching-Agentur, die gezielt Mediziner als Kunden anspreche. Vor diesem Hintergrund entfalte die E-Mail-Adresse werblichen Charakter. Der Chefredakteur des Fachblattes teilt mit, in den Rubriken „Status“ bzw. „Beruf“ kämen selbständige Berater als Gastautoren zu Wort, deren Dienstleistungen in den Artikeln aber nicht vorgestellt und schon gar nicht beworben würden. Die Redaktion halte es für unerlässlich, den Lesern zu verdeutlichen, dass der Beitrag von einem Gastautor und nicht von der Redaktion stamme. Deshalb sei bislang eine E-Mail-Adresse oder eine Internet-Seite angegeben worden. Die Chefredaktion räumt jedoch ein, dass diese Verfahrensweise problematisch sei und die Verbindung zu einer kommerziellen Internet-Seite ermögliche. Deshalb werde die Redaktion künftig bei vergleichbaren Artikeln mit der Autorenangabe Firma und Sitz nennen, aber auf Mail- und Internetadresse verzichten. (2011)

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Werbung muss als solche erkennbar sein

In einer Jugendzeitschrift erscheint unter dem Begriff „Promotion“ ein Beitrag unter der Überschrift „Meine Tage sind oft total stark. Reichen Tampons da wirklich aus?“ Das Layout des Artikels ähnelt stark demjenigen von redaktionellen Veröffentlichungen. Nach Ansicht eines Lesers ist der Artikel Werbung, die nicht als solche erkennbar ist. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift steht auf dem Standpunkt, dass der Presserat in diesem Fall nicht zuständig sei. Es handele sich bei der kritisierten Veröffentlichung erkennbar um Werbung, die mit „Promotion“ gekennzeichnet sei. Die Redaktion habe mit dieser Anzeige nichts zu tun. Es liege im Interesse des Verlages, dass die Leser zweifelsfrei zwischen redaktionellen und werblichen Veröffentlichungen unterscheiden könnten. Auch der Duden enthalte seit Jahren den Begriff „Promotion“ und sehe diesen richtigerweise als bekanntes Synonym für „Werbemaßnahme“. Es könne daher nicht lebensnah sein, den Lesern zu unterstellen, dass sie keine oder eine fehlerhafte Vorstellung von der Kennzeichnung „Promotion“ hätten. (2011)

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Der Tod kam am selbst gewählten Sterbetag

Die Online-Version einer Wochenzeitung berichtet unter der Überschrift „Carine ,43, lässt sich töten“ über einen Fall von Sterbehilfe in Belgien. Die Frau wurde an ihrem selbst gewählten Sterbetag von Ärzten getötet. Der Beitrag beleuchtet den Ablauf und die Umstände des weltweit ersten Falles dieser Art. Die Patientin wird als „Carine Geerts“ bezeichnet, verbunden mit dem Hinweis, dass der Name von der Redaktion geändert worden sei. Ihre Familie wird erwähnt. Die Redaktion verweist auch auf die Website mit präziser Bezeichnung, auf der die Familie den Tod von Carine bekannt gegeben hat. Ein Leser der Wochenzeitung hält die Anonymisierung der Patientin für unzureichend und nicht mit der Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte) vereinbar. Zwar sei der Name geändert worden, doch durch die Nennung der Website und die Hinweise auf den Ort der Begräbnisfeier, den Todeszeitpunkt, das Alter und das Krankenhaus könne man die Identität der Frau herausbekommen. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, über den Fall sei im belgischen Fernsehen in identifizierender Form berichtet worden. Grundlage seien Filmaufnahmen gewesen, die die Verstorbene vor ihrem Tod gemeinsam mit ihrem Hausarzt erstellt habe. Der Beitrag sei mit Einwilligung der Angehörigen gesendet worden. Darüber hinaus seien viele Zeitungsbeiträge erschienen, die den abgekürzten Namen und andere identifizierende Merkmale enthalten hätten. Die Redaktion habe die Persönlichkeitsrechte der Frau deutlich stärker geschützt, als dies in anderen Medien der Fall gewesen sei. (2011)

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Zahl der Umfrageteilnehmer ist zu nennen

Unter der Rubrik „Frage des Tages“ veröffentlicht eine Regionalzeitung das Ergebnis einer Umfrage unter ihren Lesern. Neben der Fragestellung druckt die Redaktion das prozentuale Abstimmungsergebnis ab, nicht aber die Zahl derjenigen, die sich an der Umfrage beteiligt haben. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass die Redaktion in diesem, wie auch in anderen Fällen, die Zahlen der Umfrageteilnehmer grundsätzlich nicht mitteilt. Die Zeitung stellt fest, dass man sich bei der Konzeption der Online-Umfragen vor etlichen Jahren an der damaligen Formulierung der Richtlinie 2.1 orientiert habe. Die Umfragen seien als eine Art Schlaglicht gedacht, das – ähnlich wie bei Publikumsstellungnahmen im Fernsehen – ein Meinungselement aufleuchten lasse. Sie beanspruche nicht, repräsentativ zu sein, auch wenn dies bei größeren Einheiten kein Problem sei. Die neue Fassung der Richtlinie sei allerdings ein Problem für kleinere Einheiten, wie etwa Lokalteile mit wenigen tausend Exemplaren Auflage. Die Teilnehmerzahl könne je nach Umfrage manchmal klein sein. Lasse man aber die Veröffentlichung bleiben, verzichte man gleichzeitig auf ein praktikables Instrument, das den Lesern eine – wenn auch kleine – Beteiligung am Zeitungsmachen biete. Das Problem sei daher nicht, ob eine Umfrage repräsentativ sei oder nicht, sondern die neue Formulierung der Richtlinie 2.1. (2011)

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Waffengeschäft wirbt um Kinder

„Hier sollen Kinder Waffen kaufen!“ titelt eine Boulevardzeitung. Im Bericht geht es um Werbung für Kinder in einem Waffengeschäft. Dessen Name wird genannt. Unter dem Werbebanner „Für coole Kids“ seien – so die Zeitung – Dolche, Macheten, Schwerter und Messer zu sehen. Die Autorin des Beitrages kritisiert die Waffenwerbung für Kinder scharf. Zitiert werden mehrere Einwohner der Stadt, die sich zu der Werbeaktion kritisch äußern. Ein Foto innerhalb des Beitrags zeigt das Schaufenster des Geschäfts. Ein Leser der Zeitung sieht presseethische Grundsätze verletzt. Dem Leser werde suggeriert, dass in diesem Geschäft Waffen an Kinder verkauft würden. Auf dem Foto des Schaufensters seien jedoch keine Waffen zu sehen, sondern lediglich Kindermesser, größtenteils mit abgerundeten Spitzen, und kleine Fahrtenmesser. Diese unterlägen nicht dem Waffengesetz und auch keiner Altersbeschränkung. Die Behauptung, der Waffenhändler würde Waffen an Kinder verkaufen, beruhe lediglich auf einer Vermutung. Es werde suggeriert, dass Personen, die Kindern Messer zugänglich machten, kriminell seien. Die Zeitung nenne sogar den kompletten Namen des Geschäftes und seine Internetadresse. Die Rechtsabteilung der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. Das Waffengeschäft spreche Kinder mit einem Pappaufsteller an und animiere sie, Messer zu kaufen. Besonders bei Familien habe die Werbung für Aufsehen gesorgt. In dem Geschäft würden neben anderen Waffen auch gefährliche Macheten und Schwerter verkauft. Diese Wahrnehmung habe die Redakteurin mit der hohen Straßenkriminalität in der Stadt in Verbindung gebracht. Die Kombination des Angebots von Kinderwaffen und echten Messern, Schwertern und Macheten habe die Autorin veranlasst, von „Waffen“ zu sprechen, was umgangssprachlich gerechtfertigt sei. Es sei einfach wahr, dass für die Kinder-Messer Werbung gemacht werde und sie im Zusammenhang mit gefährlicheren Gegenständen verkauft würden. Ziel des Beitrages sei es gewesen darzustellen, dass durch Waffen verherrlichende Werbung mitten in einer deutschen Großstadt Kinder angesprochen würden. (2011)

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Sensible Daten landen bei der Zeitung

Eine Lokalzeitung berichtet über eine Pflegeeinrichtung, in der sensible

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Redaktion kann Buchauszüge abdrucken

Die Onlineausgabe eines Nachrichtenmagazins veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Probefahrt? Rallye?“. Es handelt sich um den Teilabdruck aus einem Buch, in dem es um die Werbung in unserer Zeit geht. Dem Auszug vorangestellt ist eine kurze redaktionelle Einleitung. Am linken Rand der Web-site, auf der der Beitrag veröffentlicht wurde, steht ein Buchtipp mit Hinweis auf die Bezugsmöglichkeit über den Online-Shop des Nachrichtenmagazins. Ein Nutzer des Onlineauftritts übt an der Veröffentlichung Kritik. Er bemängelt, dass der Eindruck entstehe, als handele es sich um den redaktionellen Beitrag eines Buchautors. In Wirklichkeit sei es jedoch ein Eins-zu-Eins-Auszug aus einem Buch. Die Website enthalte überdies eine nicht als solche erkennbare Werbung. Diese erwecke den Eindruck einer unabhängigen redaktionellen Buchempfehlung. Den Anzeigencharakter der Kombination aus Veröffentlichung und Buchtipp könne der Leser nicht erkennen. Das Justitiariat des Verlages vermag die Beschwerde nicht nachzuvollziehen. Es würden ausschließlich redaktionelle Inhalte vorgestellt. Die Redaktion habe aus eigener Initiative ein Buch empfohlen, das sie für lesenswert halte. Bei der Wiedergabe des Buchauszugs sei die Redaktion der Verpflichtung zur korrekten Quellenangabe nachgekommen. Der Hinweis auf den Online-Shop des Nachrichtenmagazins sei lediglich ein Service für den Leser. Ob dieser den Service in Anspruch nehme, sei ihm überlassen. Bevor er diesen Link anklicke, sei durch den Hinweis auf den Shop erkennbar, dass er sich danach im kommerziellen Bereich befinde. Die in Ziffer 7 gebotene Trennung von Redaktion und Kommerz sei daher für jedermann zu sehen. (2011)

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