Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6739 Entscheidungen
Online berichtet eine Regionalzeitung über einen Suizidversuch. Sie schildert, wie sich ein Mann in einem Einkaufszentrum vor den Augen entsetzter Kunden und Verkäuferinnen und Verkäufer vom obersten Stockwerk aus in den Innenraum des Untergeschosses gestürzt habe. Beim Aufprall auf den Steinfußboden habe sich der Mann lebensbedrohliche Verletzungen zugezogen. Der Bericht ist mit einem Foto illustriert, auf dem die eingesetzten Rettungskräfte zu sehen sind. Ein Leser der Zeitung sieht in der Veröffentlichung einen Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte des Mannes (Ziffer 8 des Pressekodex). Die Zeitung berichte ausführlich in Wort und Bild über einen Suizidversuch. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, die Redaktion habe über den Zwischenfall im neuen Einkaufszentrum berichtet, weil sich dort derartiges erstmals zugetragen habe. Viele Menschen hätten das Geschehen verfolgt. Daraus ergebe sich ein besonderes öffentliches Interesse. Die Redaktion habe nicht besonders umfangreich, sondern eher zurückhaltend berichtet. Das abgedruckte Foto sei ein Dokument vom Unglücksort, zeige aber nichts vom Geschehen selbst. Insgesamt habe man im Rahmen der Ziffer 8, Richtlinie 8.5 (Selbsttötung) berichtet.
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Ein Vater ersticht seine vier Kinder. Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Ermordete Geschwister heimlich beerdigt“. In der Kirche, dem Ort der Trauerfeier, waren die Bilder der Getöteten aufgestellt worden. Mit diesen Fotos illustriert die Zeitung ihren Beitrag. Ein Nutzer des Onlineportals sieht die Ziffern 8 (Persönlichkeitsrecht) und 11 (Sensationsberichterstattung) des Pressekodex verletzt. Nach seiner Meinung hätte die Redaktion die Fotos anonymisieren müssen. Es handele sich um Sensationsberichterstattung, da für eine informierende Berichterstattung die unverfremdete Abbildung der Kinder nicht nötig gewesen wäre. Die Rechtsabteilung des Verlages rechtfertigt den Abdruck der Fotos mit dem Hinweis auf deren Veröffentlichung in Nachrichtenagenturen und anderen Medien. Die besonderen Umstände des vierfachen Mordes erlaubten es, die Fotos der Kinder zu veröffentlichen. Die Tat, verübt vom eigenen Vater, habe ein sehr starkes Informationsinteresse geweckt, welches sich nicht allein auf den Tathergang beschränke. Die Öffentlichkeit habe ein großes Interesse an der Identität der Opfer. Für den Trauergottesdienst mit etwa 550 anteilnehmenden Personen seien die Fotos der Kinder in der Kirche aufgestellt worden, um den Opfern ein Gesicht zu geben. Die Mutter der ermordeten Kinder habe die Trauergäste um farbige Kleidung beim Gottesdienst gebeten, damit sich keine Ohnmachtsstimmung breit mache. Die „besondere“ Atmosphäre in der Kirche und der Wille, die Kinder „fröhlich“ in Erinnerung zu behalten, könne dem Leser nur mit Hilfe der Porträts verdeutlicht werden. Die besonderen Begleitumstände im Sinne der Ziffer 8, Richtlinie 8.1, des Pressekodex seien somit erfüllt. Die Rechtsabteilung des Verlages weist auch den Vorwurf eines Verstoßes gegen Ziffer 11 zurück. Die Darstellung der Kinder sei nicht unangemessen sensationell. Mittelpunkt des Trauergottesdienstes seien die Porträts der Kinder gewesen. Die Veröffentlichung habe dazu gedient, die Öffentlichkeit über die besondere Art von Andacht und Würdigung zu unterrichten. (0372/12/1)
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Eine Großstadtzeitung veröffentlicht einen Nachruf auf eine Frau, die im Bericht mit vollem Namen und ihrer letzten Adresse genannt wird. Ihr Vater sei ein wohlhabender Mann aus jüdischer Familie gewesen. Er sei kurz vor ihrer Geburt gestorben. Wenig später habe die christlich getaufte, nicht-jüdische Mutter erneut geheiratet, wieder einen jüdischen Mann mit einigem Vermögen. Bis in ihr hohes Alter habe die nunmehr Verstorbene geargwöhnt, dass es der Mutter in beiden Ehen vor allem ums Geld gegangen sei. Bis zu ihren letzten Lebenswochen habe sie immer wieder vom Mangel an mütterlicher Liebe gesprochen. Ihre Kinderjahre seien davon ebenso geprägt gewesen, wie ihre Jugendjahre vom Nationalsozialismus. Eines Tages sei die Mutter von einem Besuch in der Dresdner Oper ohne den Vater zurückgekommen. Der Papa sei plötzlich tot gewesen, habe sie den schockierten Kindern erzählt. Die jetzt verstorbene Frau habe nicht wahrgenommen, dass die Mutter vom Tod ihres Mannes erschüttert gewesen sei. Die Zeitung berichtet, zur Beerdigung der Tochter hätten sich viele Freunde auf dem Berliner Waldfriedhof versammelt. Der Enkel der Verstorbenen ist in diesem Fall Beschwerdeführer. Der Artikel verstoße gegen die Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Die im Nachruf erwähnten Inhalte beruhten nicht auf Informationen aus der Familie. Die Großmutter sei nie eine öffentliche Person der Zeitgeschichte gewesen. Der Artikel sei nicht von der Familie autorisiert gewesen und überdies ehrverletzend. Über die Großmutter zu lesen, es sei ihr bei der Wahl ihrer Ehemänner um Status und Prestige gegangen, sei „ein starkes Stück“. Dass ihr Vater ein wohlhabender Mann gewesen sei, möge zwar dem Klischee von Juden entsprechen. Nach seinem Tod sei es aber der Familie zunächst einmal finanziell nicht gut gegangen. Das möge für die Kinder traumatisch gewesen sein, für die Mutter aber auch. Abgesehen davon sei seine Großmutter auf dem Friedhof Heerstraße und nicht auf dem „Waldfriedhof“ beigesetzt worden. Der Chefredakteur der Zeitung erwähnt zunächst, dass der Friedhof Heerstraße in Berlin auch „Walfriedhof“ genannt werde. Er weist darauf hin, dass dem kritisierten Bericht ausführliche Recherchen vorangegangen seien. Die Autorin habe die mittlerweile Verstorbene gut gekannt und mit ihr unter anderem ein mehrstündiges Interview über ihre Lebensgeschichte während der Nazi-Zeit geführt. Die Frau habe mehrmals betont, wie sehr es ihr am Herzen liege, dass ihre Geschichte bekannt gemacht werde. Was sie über ihr teilweise sehr leidvolles Leben berichtet und empfunden habe, werde in dem Artikel aus ihrer Sicht wiedergegeben und sprachlich entsprechend gekennzeichnet. Dass andere Familienmitglieder die Erfahrungen in der Familie anders beurteilen und empfinden, werde damit keinesfalls bestritten.
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Unter der Überschrift „Schwester erschlagen: Acht Jahre Haft“ berichtet die Online-ausgabe einer Regionalzeitung über einen Mordprozess, der mit der Verurteilung des Angeklagten endet. Der Artikel ist illustriert mit einer Zeichnung aus der Verhandlung; im Text dazu wird der volle Name des Angeklagten genannt. Im Bericht wird sein genaues Alter (22) angegeben und auch der Ort, in dem er aufgewachsen ist. Zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Tat sei er 19 Jahre alt gewesen. Die Zeitung berichtet von schwierigen Familienverhältnissen und schildert diese ausführlich. Der Vater des Verurteilten wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Über Google sei die archivierte Berichterstattung einsehbar. Die Artikel ermöglichten nicht nur Rückschlüsse auf seinen Sohn, sondern auch auf ihn selbst. Der volle Name des Jungen und der Wohnort der Familie seien genannt worden. Sein Umfeld konfrontiere ihn mit der Tat seines Sohnes auf beleidigende Weise. Der Vater weist auf die Resozialisierungsinteressen seines Sohnes hin und bittet um Löschung des Beitrags aus dem Netz. Der stellvertretende Chefredakteur der Online-Ausgabe teilt mit, dass der Artikel in dem frei zugänglichen Online-Bereich inaktiv geschaltet worden sei.
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Eine Satirezeitschrift zeigt den Papst auf ihrem Titel. Er trägt eine weiße Soutane und hat die Arme zum Gruß erhoben. Diese ist in Schritthöhe gelb gefärbt. Es handelt sich offensichtlich um eine Fotomontage. Die Überschrift lautet: „Halleluja im Vatikan – Die undichte Stelle ist gefunden!“ Auf der Rückseite des Heftes ist der Papst von hinten zu sehen. Auf Gesäßhöhe hat die Soutane einen braunen Fleck. Die Überschrift hierzu lautet: „Noch eine undichte Stelle gefunden!“ 182 Leser – darunter vor allem Privatpersonen, aber auch Pfarrer, Hochschulen und kirchliche Verbände – beschweren sich beim Presserat. Sie sehen vor allem die Ziffern 1 (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde), 8 (Persönlichkeitsrechte), 9 (Schutz der Ehre) und 10 (Religion, Weltanschauung, Sitte) des Pressekodex verletzt. Hier sind die Hauptargumente der Beschwerdeführer: 1. Der Papst werde mit urin- und kotbefleckter Soutane als inkontinenter Greis dargestellt. Dies würdige den Papst herab. 2. Alte Menschen, die an Inkontinenz leiden, würden durch die beiden Bilder lächerlich gemacht. 3. Es handele sich um eine gezielte Provokation des Papstes. Sie sei pervers und bewege sich auf primitivem Fäkalniveau. Die Darstellung enthalte keine konstruktive Kritik. 4. Die Satire überschreite die Grenze von Anstand und Moral. 5. Die Bilder auf der Vor- und Rückseite des Heftes nähmen Bezug auf die „Vatileaks“-Affäre. Der Papst werde deutlich erkennbar mit einem Inkontinenzproblem dargestellt. Dies verletze seine Persönlichkeitsrechte. 6. Der Papst sei selbst Opfer der „Vatileaks“-Affäre. Es gebe keinen Grund, sein persönliches Verhalten anzuprangern. Die Satire prangere keinen gesellschaftlichen Missstand an. 8. Die Ehre des Papstes als Person werde verletzt. Darüber hinaus verletze die Darstellung die Rolle des Papstes als Repräsentant des katholischen Glaubens. 9. Viele Beschwerdeführer prangern die offensichtliche Schmähkritik an. Die Zeitschrift drucke keine satirisch differenzierte Auseinandersetzung mit der Sache ab, sondern stelle Fäkalwitz und Diffamierung der Person in den Vordergrund. 10. Der Stellvertreter Gottes auf Erden werde durch die Fotomontagen als inkontinent dargestellt. Dies verletze zutiefst die Gefühle gläubiger Katholiken. Alle Katholiken würden symbolisch in der Person des Papstes mit Fäkalien beschmiert. 11. Die Darstellungen schmähten den katholischen Glauben und seien respektlos gegenüber einer friedfertigen Religion. Im Hintergrund dieses Falles gibt es einen Rechtsstreit. Der Vatikan hat eine einstweilige Verfügung gegen die Satirezeitschrift erwirkt. Der Papst fühlt sich in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Die Zeitschrift darf Vor- und Rückseite der Ausgabe nicht weiter verbreiten. Die Zeitung legt Widerspruch ein. Der Vatikan zieht einen Tag vor der Verhandlung den Antrag auf einstweilige Verfügung zurück. Die Chefredaktion der Zeitschrift gibt zu den 182 Beschwerden keine Stellungnahme ab.
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Eine Zeitschrift macht ein Heft unter dem Titel „Hilfe! – Zwischen Krankheit, Versorgung und Geschäft“ und verteilt es an seine Abonnenten. Es wurde im Auftrag des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) erstellt. Auf der Titelseite trägt die Publikation den Hinweis „Ein Magazin über die Pharmaindustrie“. Der Verband stellt auf Seite 2 des Heftes das Projekt unter der Überschrift „Ein Experiment“ vor. Dabei teilt er mit, dass er das Heft in Auftrag gegeben, aber der Redaktion bei der Gestaltung freie Hand gelassen habe. Im Impressum wird als Herausgeber der Bundesverband angegeben. Unter „Verlag“ wird die sonst übliche Bezeichnung verwendet. Ein Leser der Zeitschrift merkt an, das Heft entspreche in Aufmachung und redaktionellem Stil den normalen Ausgaben. Auch seien die gleichen redaktionellen Mitarbeiter eingesetzt worden. Der Leser könne nicht erkennen, dass er es mit einer PR-Publikation zu tun habe. Die Chefredakteurin/Geschäftsführerin der Zeitschrift teilt mit, das beanstandete Heft sei der normalen Ausgabe der Zeitschrift beigelegt worden. Ein Etikettenschwindel, wie vom Beschwerdeführer vermutet, liege nicht vor. Denn selbst wenn das Äußere der Publikation bei dem einen oder anderen Leser die Vermutung nahelegen könnte, es handele sich um ein Produkt der Redaktion, so werde dieser denkbare Irrtum spätestens auf den Seiten 2 und 3 des Heftes aufgeklärt. Dort würden die Leser detailliert über die Art dieses Sonderheftes aufgeklärt.
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Eine Gewerkschaftszeitschrift berichtet über eine Klausur zur Vorlesung „Einführung in die Mathematik“ für Lehramtsstudenten an der örtlichen Universität. Unter der Überschrift „Todeskuss. Ein Lehrstück über missverstandene Lehre“ wird berichtet, dass etwa 500 Studierende die Vorlesung besucht, etwa 400 an der Klausur teilgenommen, aber nur 21 die Klausur bestanden hätten. Für die 380 anderen verlängere sich das Studium um ein ganzes Jahr, da die „Einführung in die Mathematik“ nur im Wintersemester angeboten worden sei. Der Auftrag, Begeisterung für die Mathematik zu erwecken und in die Mathematik einzuführen, sei von der namentlich genannten Gastdozentin „gründlich pervertiert“ worden. Er sei, so die Zeitschrift, zu einer „Publikumsbeschimpfung mit anschließendem Vollzug der eigenen Prophezeiung“ geworden. Studierende seien öffentlich gedemütigt worden. Sie hätten sich mit einer E-Mail an die Dozentin gewandt. Statt auf deren Inhalt einzugehen, habe diese jedoch orthografische Fehler seziert. Die Studierenden seien „pauschal und arrogant abqualifiziert“ worden. Dabei habe die Dozentin den Begriff „Niveau einer 4. Grundschulklasse“ verwendet. Das Anforderungsniveau der Übungen – so die Sicht der Studierenden – habe bei weitem die Anforderungen einer „Einführung“ übertroffen. Die im Beitrag der Zeitschrift angegriffene Dozentin ist in diesem Fall die Beschwerdeführerin, nach deren Einschätzung der Beitrag mehrere Ziffern des Pressekodex verletzt. Sie nennt die genannten Zahlen weit übertrieben. Das Zitat vom Grundschulklassenniveau sei von ihr nicht verwendet worden. Die Wissenschaftlerin wehrt sich gegen den Vorwurf, „pauschal und arrogant“ agiert und den Auftrag, Begeisterung für die Mathematik zu wecken, „gründlich pervertiert“ zu haben. Die Aussagen des Autors, dass sich für die 380 Durchfaller das Studium um ein ganzes Jahr verlängere und das Niveau der Übungen die Anforderungen einer „Einführung“ übertroffen habe, seien falsch. Die Dozentin sieht wegen der Nennung ihres vollen Namens und ihrer Heimatuniversität ihre Persönlichkeitsrechte verletzt. Der Autor des kritisierten Artikels teilt mit, ihm sei es nicht um eine persönliche Diffamierung der Beschwerdeführerin oder eine Infragestellung ihrer allgemeinen fachlichen mathematischen Qualifizierung gegangen. Die zugespitzte Kritik habe sich einerseits gegen die Philosophie der Lehrerausbildung an der mathematischen Fakultät der Universität und andererseits, wenn auch nicht vorrangig, gegen deren spezifische Interpretation durch die Beschwerdeführerin gerichtet. Der Autor räumt ein, dass er die Betroffene vor der Veröffentlichung nicht kontaktiert habe. Er habe sich auf die Äußerungen von betroffenen Studierenden gestützt.
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In einer überregionalen Tageszeitung erscheint eine Glosse unter der Überschrift „Selige Einnässung“. Sie beschäftigt sich mit dem Titelbild einer Satirezeitschrift. Diese hatte eine Fotocollage veröffentlicht, auf der Papst Benedikt XVI. eine weiße Soutane trägt, die im Schrittbereich gelb eingefärbt ist. Zu den möglichen Motiven der Zeitschrift für die Veröffentlichung der Collage schreibt der Autor der Glosse: „Das Problem des Pinkelpapstes besteht nun freilich darin, dass er auf Schritt und Tritt von rudelweise Wächtern, Aufpassern, Reinigern, Warnrufern und Kittelwechslern umgeben ist.“ Ein Leser der Zeitung wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Er sieht die Menschenwürde des Papstes ein weiteres Mal verletzt. Der Beitrag schmähe auch die Gefühle der Gläubigen. Der Justitiar der Zeitung sieht keinen Verstoß gegen presseethische Grundsätze. Der einzige Beschwerdegrund ist aus seiner Sicht, dass zur Beschreibung der gerichtlichen Auseinandersetzung um das Titelbild „Parallelen zum Lichtenhagener Pogrom“ gezogen, Vertreter der katholischen Kirche als „heilige Leberwürste“ bezeichnet werden und der Papst selbst als „Symbolfigur homophober, sexistischer und sonstiger faschistoider Ausgrenzungsstrategien“ eingeordnet werde. Dies beeinträchtige jedoch weder die Menschenwürde des Einzelnen, geschweige denn der Gesamtheit der Katholiken. Hierdurch würden auch keine religiösen Überzeugungen geschmäht. Diese Werturteile hätten einen unbestreitbaren Tatsachenkern, gehöre es doch zur Bigotterie der Katholischen Kirche als Institution, einerseits z. B. Homosexuelle in ihren eigenen Reihen nicht zu dulden, andererseits jedoch immer wieder durch Missbrauchsfälle in Erscheinung zu treten. Die Diskrepanz zwischen den Forderungen des eigenen Glaubensbekenntnisses und der Realität einer modernen Gesellschaft legitimierten durchaus eine Bezeichnung wie „heilige Leberwürste“ in Anspielung auf die sprichwörtlichen „beleidigten Leberwürste“ für offizielle Vertreter dieser Religion, wenn sie einen entsprechenden Prozess anstrengten.
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Eine überregionale Zeitung veröffentlicht gedruckt und online einen Kurzkommentar, in dem es um den Gesetzentwurf des Justizministeriums zur Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften mit der Ehe geht. Der Autor schreibt unter anderem: „Ich fühle mich dabei nicht wohl. Homosexuelle kriegen biologisch keine Kinder. Früher wurden Homosexuelle in Deutschland zu Gefängnis verurteilt. Was für eine glorreiche Zeit für Euch. Niemand steckt Euch ins Gefängnis. Ihr liebt Eure Partner. Ihr dürft sie lieben.“ 72 Leser beschweren sich beim Presserat. Darunter sind viele Privatpersonen, aber auch Kirchengemeinden und Verbände. Die Beschwerden stützen sich vorwiegend auf die Ziffern 1 (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde), 9 (Schutz der Ehre) und 12 (Diskriminierungen) des Pressekodex. Die Hauptargumente: Der Kommentar diskriminiert Homosexuelle und verletzt sie in ihrer Ehre. Er verletzt die Menschenwürde Homosexueller. Der Autor verweigert gleichgeschlechtlich lebenden Menschen die Gleichbehandlung mit heterosexuell lebenden Menschen und degradiert sie dadurch zu Menschen zweiter Klasse. Homosexuelle Eltern werden diskriminiert, indem ihnen per se die biologische Fortpflanzungsmöglichkeit abgesprochen wird. Der Kommentar suggeriert, dass Lesben und Schwule gesellschaftspolitisch minderwertig sind, da sie für die Fortpflanzung nicht von Bedeutung sind. Der Autor verhöhnt die Opfer des früheren Paragrafen 175 des Strafgesetzbuches, die immer noch nicht rehabilitiert sind. Die Aussage des Textes lässt darauf schließen, dass Homosexuelle froh sein können, in Zeiten zu leben, in denen sie nicht mehr ins Gefängnis müssten. Einige Beschwerdeführer sehen die Grenze der Meinungsfreiheit überschritten. Die Rechtsabteilung des Verlages bringt das ausdrückliche Bedauern der Redaktion zum Ausdruck, dass sich die Beschwerdeführer durch die Kolumne angegriffen fühlen. Seit vielen Jahren sorge die Kolumne für gesellschaftlichen Diskurs, der ausdrücklich erwünscht sei. Unbeabsichtigt sei jedoch die Missverständlichkeit des so heftig kritisierten Beitrages. Zahlreiche Leserbriefe hätten die Chefredaktion erreicht. Der Chefredakteur habe sie selbst beantwortet und in seinen Schreiben das Missverständnis bedauert. Weder die Redaktion noch der Kolumnist hätten Homosexuelle diskriminieren wollen.
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Der Beschwerdeführer in diesem Fall ist Mitarbeiter einer Fahrradvermietung im Ruhrgebiet. Er sei von einem freien Journalisten angerufen worden, der gefordert habe, ihm kostenfrei Leihräder zur Verfügung zu stellen. Im Gegenzug werde er den Verleih in einem Reiseartikel erwähnen. Er habe dieses Ansinnen per SMS abgelehnt. Darauf habe ihm der Journalist drohend auf die Mailbox gesprochen. Der Beschwerdeführer kritisiert, dass der Journalist eine Vergünstigung von ihm gefordert habe. Er sei entsetzt über dessen Verhalten. Auf Nachfrage teilt der Beschwerdeführer ergänzend mit, dass beim ersten Anruf auf seine Mailbox der Beschwerdegegner sich ihm als Reisejournalist vorgestellt habe. Er schreibe an einem Reiseführer über Nordrhein-Westfalen. In den nächsten Tagen solle eine Tour in Gelsenkirchen stattfinden. Dafür hätte er gern zwei Mieträder. Im Gegenzug werde der Fahrradverleih im Reiseführer erwähnt werden. Der freie Journalist räumt ein, sein Ton am Telefon sei möglicherweise „ein wenig verunglückt“ gewesen. Von einer Drohung jedoch könne keine Rede sein. Er hätte es allerdings für normal gehalten, dass der Fahrradverleih-Mitarbeiter ihn nach seiner ersten freundlichen Anfrage angerufen hätte. Dass dieser stattdessen eine mehr oder weniger anonyme SMS geschickt habe, hätte ihn geärgert. Daher sei sein zweiter Anruf möglicherweise leider etwas „patzig“ ausgefallen.
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