Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6739 Entscheidungen
Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Ist das alte Porzellan richtig original?“ Es geht um eine neue Website, über die die staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen (SPM) antikes Porzellan zum Kauf anbietet. In der Veröffentlichung kritisieren Experten das Angebot. Es fehlten die Angaben zu den einzelnen Stücken. In diesem Zusammenhang wird auch ein Zulieferer namentlich genannt und von zwei Experten kritisiert. Es heißt, er sei ein „windiger Geselle“, der schon „gefälschtes überdekoriertes Zwiebelmuster“ verkauft habe und „unseriös“ sei. Der Anwalt des Betroffenen beschwert sich beim Presserat über eine von ihm vermutete Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht. Die Redaktion habe die Kritik der beiden Experten weder nachrecherchiert noch seinen Mandanten zu den Vorwürfen gehört. Dies wäre jedoch allein auf Grund der schwerwiegenden Vorwürfe erforderlich gewesen. Der Chefredakteur der Zeitung und der Redaktionsleiter Online teilen mit, dass die Beschwerde sich einzig und allein gegen kritische Äußerungen Dritter über das Angebot des Beschwerdeführers richte. Die Äußerungen seien wahrheitsgemäß und korrekt zitiert. Beide betonen, dass man selbstverständlich alle genannten Behauptungen sorgfältig recherchiert habe. Auch hätte die Redaktion zu den Betroffenen Kontakt aufgenommen. Sie hätte auch versucht, mit dem Beschwerdeführer zu sprechen. Dieser habe einen Kontakt jedoch abgelehnt und die Journalisten an die Manufaktur in Meissen verwiesen. Somit habe der Beschwerdeführer ausreichend Gelegenheit gehabt, sich zu dem Fall zu äußern.
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Gedruckt und online veröffentlicht eine Großstadtzeitung einen Beitrag unter der Überschrift „Liebe Wissensgesellschaft“. Die Autorin einer regelmäßig erscheinenden Kolumne bezeichnet im nunmehr von mehreren Beschwerdeführern kritisierten Beitrag Thilo Sarrazin als „…lispelnde, stotternde, zuckende Menschenkarikatur, die Sonntagabend in Ruhe das tun darf, was er am besten kann; das Niedrigste im Menschen anzusprechen“. Die Beschwerdeführer kritisieren eine Verletzung der Menschenwürde Sarrazins. Die Formulierungen seien zudem ehrverletzend. Sarrazin werde aufgrund einer körperlichen Behinderung in seiner Würde verletzt, diffamiert und lächerlich gemacht. Die Chefredaktion der Zeitung bekennt, dass die Autorin Formulierungen gebraucht habe, die nicht zu akzeptieren seien. Sie bedauere, dass diese Passage erschienen sei. Der Beitrag sei sofort aus dem Netz genommen worden. Die Autorin habe sich öffentlich entschuldigt. Zitat: „Ich bedauere das sehr.“ Die Chefredaktion habe eine ausführliche Stellungnahme veröffentlicht, in der sie sich von den kritisierten Äußerungen distanziert habe. Sie bedauert in ihrer Stellungnahme gegenüber dem Presserat nochmals, dass die Sarrazin betreffenden Formulierungen so in der Zeitung gestanden hätten. Man habe intern aus dem Vorfall Konsequenzen gezogen.
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Gedruckt und online veröffentlicht eine überregionale Tageszeitung einen Beitrag unter der Überschrift „Liebe Wissensgesellschaft“. Die Autorin einer regelmäßig erscheinenden Kolumne bezeichnet im nunmehr von mehreren Beschwerdeführern kritisierten Beitrag als Thilo Sarrazin als „…lispelnde, stotternde, zuckende Menschenkarikatur, die Sonntagabend in Ruhe das tun darf, was er am besten kann; das Niedrigste im Menschen anzusprechen“. Die Beschwerdeführer kritisieren eine Verletzung der Menschenwürde Sarrazins. Die Formulierungen seien zudem ehrverletzend. Sarrazin werde aufgrund einer körperlichen Behinderung in seiner Würde verletzt, diffamiert und lächerlich gemacht. Die Chefredaktion der Zeitung bekennt, dass die Autorin Formulierungen gebraucht habe, die nicht zu akzeptieren seien. Sie bedauere, dass diese Passage erschienen sei. Der Beitrag sei sofort aus dem Netz genommen worden. Die Autorin habe sich öffentlich entschuldigt. Zitat: „Ich bedauere das sehr.“ Die Chefredaktion habe eine ausführliche Stellungnahme veröffentlicht, in der sie sich von den kritisierten Äußerungen distanziert habe. Sie bedauert in ihrer Stellungnahme gegenüber dem Presserat nochmals, dass die Sarrazin betreffenden Formulierungen so in der Zeitung gestanden hätten. Man habe intern aus dem Vorfall Konsequenzen gezogen.
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In einem Anzeigenblatt erscheinen in zwei aufeinanderfolgenden Ausgaben mehrere Leserbriefe, die sich mit mutmaßlichen Vorgängen in der regionalen Kreissparkasse befassen. Das Anzeigenblatt legt mit einem eigenen Artikel nach. Darin geht es um Gerüchte, ein Vorstandsmitglied des Geldinstituts, dessen Vertrag nicht verlängert werden solle, habe in den letzten zehn Jahren 50 Millionen Euro „verbraten“. Die Rolle des Verwaltungsratsvorsitzenden der Kreissparkasse wird kritisch hinterfragt. In einem weiteren Bericht geht es um das angeblich gestörte Verhältnis zwischen dem Vorstandsvorsitzenden und dem Verwaltungsrat. Eine Leserin des Anzeigenblattes beschwert sich beim Presserat. Die Zeitung bringe den Verwaltungsratsvorsitzenden in Zusammenhang mit strafrechtlich relevanten Vorgängen. Sie rügt die Veröffentlichung eines vertraulichen Schriftwechsels. Damit verstoße das Blatt gegen Persönlichkeitsrechte. Die Beschwerdeführerin kritisiert ferner, dass die fraglichen Artikel ohne Autorenkennzeichnung veröffentlicht worden seien. Auch seien die kritisierten Banker nicht gehört worden. Die Geschäftsführung des Anzeigenblattes besteht darauf, dass die Redaktion sorgfältig recherchiert, Belege gesammelt und Informanten befragt habe. Die Vorwürfe der Beschwerdegegnerin seien haltlos.
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Unter der Überschrift „Unter Camp-Bewohnern sollen auch Kriminelle sein“ berichtet eine Regionalzeitung über ein Lager, das von Osteuropäern bewohnt wird. Im Bericht heißt es, bei Polizei und Stadtverwaltung mehrten sich offenbar die Anzeichen, dass es sich bei den Bewohnern des Lagers nicht nur um harmlose Flüchtlinge handele. Zitat aus der Zeitung: „Unter den Osteuropäern – unter ihnen Rumänen, Bulgaren, Polen sowie Sinti und Roma – seien vermutlich auch Personen, die ihrer Armut durch illegale Mittel entkommen wollen, heißt es in der Stadtverwaltung.“ Die Polizei verdächtige die Bewohner, Straftaten zu begehen: „Konkrete Anhaltspunkte für Verbrechen gebe es derzeit aber nicht“, zitiert die Redaktion die Polizei. Ein Leser der Zeitung sieht presseethische Grundsätze verletzt. Die kleine Gruppe Osteuropäer werde unter Generalverdacht gestellt, Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zu begehen. Obwohl es für diese Verdächtigungen keine Beweise gebe, finde sich die Unterstellung in der Überschrift. Es handele sich um eine reine Verdachtsberichterstattung. Der Autor beziehe sich zwar auf zwei Quellen – Polizei und Stadtverwaltung. Die journalistische Sorgfaltspflicht verbiete jedoch die Veröffentlichung solcher Äußerungen, da die Polizei eingeräumt habe, dass Beweise für irgendwelche Straftaten nicht vorlägen. Der Beschwerdeführer beklagt weiter die Unterstellung des Autors, dass die Bewohner des Camps sich aufgrund ihrer Herkunft illegal verhielten. Dies sei eine Diskriminierung. „Unterdessen ist bekannt geworden, dass unter den Bewohnern wohl auch Kriminelle sind“ - die Verkürzung des falschen Verdachts fördere auf drastische Weise Vorurteile, die in der Stadt gegenüber osteuropäischen Obdachlosen herrschen. Der Chefredakteur der Zeitung berichtet in seiner Stellungnahme, die Redaktion habe mehrfach über das wilde Camp am Kanalufer berichtet. Soweit möglich, seien auch die Hintergründe beleuchtet worden. Die Redakteure hätten Hinweise bekommen, dass das Lager teilweise von Armutsflüchtlingen aus Osteuropa bewohnt werde, die ihren Lebensunterhalt nicht nur auf legale Weise bestritten. Stadtverwaltung und Polizei hätten dies unabhängig voneinander bestätigt. Die Redaktion habe von der Polizei vertrauliche Informationen bekommen, doch habe die Behörde aus ermittlungstaktischen Gründen auf die Herausgabe einer offiziellen öffentlichen Erklärung verzichtet. Die Quellen für die beanstandete Berichterstattung habe die Redaktion genannt. Dem hätten Polizei und Stadtverwaltung nicht widersprochen. (0315/12/2)
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Die Online-Ausgabe einer überregionalen Tageszeitung beschäftigt sich satirisch mit dem Dalai Lama. Im letzten Absatz heißt es: „Bleibt also nur die Frage, was der Dalai Gaga uns als nächstes erzählen wird.“ Ein Leser der Zeitung sieht in dieser Passage eine Verletzung der Menschenwürde des Dalai Lama. Durch die Darstellung würden zudem die Leiden der Tibeter verhöhnt. Im Rahmen der Vorprüfung beschränkt der Vorsitzende des Beschwerdeausschusses die Beschwerde auf die Bezeichnung „Dalai Gaga“. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, dass der Dalai Lama im tibetischen Buddhismus als erleuchtetes Wesen verstanden werde. Ob auf ein erleuchtetes, respektive göttliches Wesen der Begriff der Menschenwürde im Sinne der Ziffer 1 des Pressekodex anzuwenden sei, hält die Zeitung für fragwürdig. Aber selbst wenn man einem göttlichen Wesen wie dem Dalai Lama die Teilhabe an einem so „schnöden Grundrecht“ wie der Menschenwürde zubillige, sei diese in dem kritisierten Artikel durchaus gewahrt worden. Der Begriff „Dalai Gaga“ könne nicht isoliert betrachtet werden. Die Rechtsvertretung weist auf den Satire-Charakter der Seite hin, auf der der kritisierte Artikel erschienen sei. Der Autor des Beitrags habe öffentlich bekundete Ansichten des Dalai Lama als Tatsachenbehauptung aufgezählt, die Sterblichen höchst merkwürdig erscheinen müssten. Danach gelange der Autor zu der ebenfalls tatsachenbasierten Schlussfolgerung, „seine Heiligkeit“ als „Dalai Gaga“ zu bezeichnen. Laut Duden stehe „Gaga“ für „Nicht recht bei Verstand“. Bezugsgröße könne hier freilich nur der Verstand von Sterblichen sein.
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Eine regionale Boulevardzeitung berichtet online über ein Tötungsdelikt unter der Überschrift „Bub findet seine ermordete Mutter“. Ein Mann habe seine Frau am 8. Geburtstag des gemeinsamen Kindes erstochen. Der Junge habe seine schwer verletzte Mutter gefunden und sofort die Polizei verständigt. Die Zeitung nennt die genaue Adresse der Wohnung. Sie informiert ihre Leser über das Geburtstagsdatum des Jungen. Seine Eltern hätten sich kurz zuvor getrennt. Die Getötete habe die Scheidung gewollt und ihren Mann vor einiger Zeit wegen Körperverletzung angezeigt. Das Paar habe sich seit der Teenager-Zeit gekannt. Der Mann habe 2004 eine Frau vergewaltigt und sei dafür zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Während der Haftzeit hätten die beiden geheiratet. Seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis sei der Mann mehrfach durch Körperverletzungen aufgefallen. Inzwischen sitze er wieder in U-Haft und habe gestanden. Die Zeitung nennt Vater, Mutter und Sohn mit Vornamen, abgekürzten Familiennamen und dem jeweiligen Alter. Bilder zeigen Vater und Sohn verfremdet, sowie das Wohnhaus der Familie. Der Junge sei inzwischen bei seinen Großeltern untergebracht. Eine Leserin der Zeitung kritisiert die Nennung dieser Details. Das Kind werde im Zusammenhang mit seinem Geburtstag in den Mittelpunkt einer reißerischen Berichterstattung gestellt. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung antwortet für den Verantwortlichen aus dem Online-Bereich. Er spricht von einem Kapitalverbrechen, das teilweise unter den Augen der Öffentlichkeit begangen worden sei. Die Beschwerdeführerin lasse unerwähnt, dass der Junge und sein Vater im Bild unkenntlich gemacht worden seien. Es treffe auch nicht zu, dass der Geburtstag des Kindes zum indirekten Grund für die Mordtat gemacht werde. Der Hinweis, dass der Junge nunmehr bei seinen Großeltern lebe, könne nicht der Nennung des Aufenthaltsortes nach Ziffer 8, Richtlinie 8.2, des Pressekodex gleichgesetzt werden. Ein Ort sei gar nicht konkret genannt worden. Um eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte von vornherein auszuschließen und mit Rücksicht auf die Zukunft von Kindern und Jugendlichen im Sinne der Richtlinie 8.1, Absatz 1, habe sich die Redaktion jedoch entschlossen, den Bericht aus dem Online-Auftritt zu löschen. Auch habe sie die Löschung aus Suchmaschinen beantragt.
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„An Justins 8. Geburtstag: Papa bringt Mama um!“ überschreibt die Online-Ausgabe einer regionalen Boulevardzeitung ihren Bericht über ein Tötungsdelikt. Am Geburtstag des gemeinsamen Sohnes sei es zu dem Familiendrama gekommen. Der kleine Junge habe sofort den Polizeinotruf gewählt. Dem Verbrechen vorausgegangen sei ein heftiger Streit zwischen den Eheleuten. Der mutmaßliche Täter stamme aus dem afrikanischen Burundi und habe sein Leben nie in den Griff bekommen. 2004 habe der Mann eine Frau vergewaltigt und habe drei Jahre im Gefängnis gesessen. Während der Haftzeit habe das Paar geheiratet. Schnell habe die Ehe gekriselt. Nachdem der Mann aus der Haft entlassen worden sei, habe er wiederholt seine Frau tätlich angegriffen. Diese habe ihn bei der Polizei angezeigt. Gipfelpunkt der häuslichen Gewalt sei schließlich die oben geschilderte Mordtat gewesen. Noch in der folgenden Nacht habe sich der mutmaßliche Täter der Polizei gestellt. Die Zeitung teilt mit, dass sich der kleine Junge inzwischen in der Obhut seiner Großeltern befinde. Im Artikel wird die genaue Adresse der Wohnung angegeben, in der die Mutter des Jungen getötet wurde. Vater, Mutter und Sohn werden mit Vornamen, abgekürzten Nachnamen und ihrem Alter benannt. Dem Artikel ist ein verfremdetes Foto des mutmaßlichen Täters beigestellt. Ein weiteres Bild zeigt das Wohnhaus der Familie. Eine Nutzerin des Online-Auftritts sieht in dem Beitrag einen Verstoß gegen die Ziffer 8 des Pressekodex, Richtlinien 8.1 und 8.2, weil der Vorname und das Alter des Kindes genannt werden. Sie kritisiert auch die Nennung der Adresse. Der Junge werde im Zusammenhang mit seinem Geburtstag zum Mittelpunkt einer reißerischen Berichterstattung gemacht. Auch der aktuelle Aufenthaltsort des Kindes werde in dem Beitrag erkennbar. Für die Online-Ausgabe nimmt der Chefredakteur der Boulevardzeitung Stellung. Er kann die Argumentation der Beschwerdeführerin insoweit nachvollziehen, als die Nennung des Vornamens des Jungen und die Angabe der genauen Adresse besser unterblieben wären. Hier hätten der Opferschutz und die Minderjährigkeit des Kindes berücksichtigt werden müssen. Eine Berichterstattung wäre sicher auch ohne diese Einzelheiten ausgekommen. Da dem näheren sozialen Umfeld des Kindes die Tragödie nicht verborgen bleiben konnte, gehe er – der Chefredakteur – nicht davon aus, dass der Junge durch die wiedergegebenen Details für einen erweiterten Personenkreis identifizierbar geworden sei. Der Fall sei mit den Redaktionsmitgliedern im Sinne einer verstärkten Sensibilisierung eingehend besprochen worden. Es sei im Übrigen – so der Chefredakteur abschließend - aus Sicht der Zeitung nicht zu beanstanden, dass die Redaktion das Schicksal des Kindes in den Mittelpunkt der Betrachtungen gestellt habe.
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„Wer beschützt uns vor diesem Mann?“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung über einen aus der Sicherungsverwahrung entlassenen Sexualstraftäter, dessen verfremdetes Foto sie abdruckt. Er sei nach 25 Jahren Haft aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) freigelassen worden. Bis vor kurzem habe der „Sex-Gangster“ in einem von der Zeitung genannten Ort gewohnt. Nach Protesten von Anwohnern habe er seinen Wohnsitz in eine entfernt liegende Stadt verlegt. Dort lebe er jetzt in einem Wohngebiet, in dem viele Familien ansässig seien. Auch diesen Aufenthaltsort des Entlassenen nennt die Zeitung. Ein Nutzer des Online-Portals vermutet Verstöße gegen die Ziffern 8 (Persönlichkeitsrechte) und 11 (Sensationsberichterstattung) des Pressekodex. Durch die Nennung seines Aufenthaltsortes und die Veröffentlichung des Fotos werde der Betroffene in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Die Bezeichnung als „Sex-Gangster“ hält der Beschwerdeführer für unangemessen sensationell. Die Rechtsabteilung des Verlags hält die Beschwerde für unbegründet. Die beanstandeten Beiträge stünden im Zusammenhang mit der Diskussion um die nachträgliche Sicherungsverwahrung, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Jahr 2009 für unzulässig erklärt habe. Die Entlassung des betroffenen Sexualstraftäters als Folge dieses Urteils habe ein bundesweites Medienecho hervorgerufen. Keiner der Beiträge lasse die Identifizierung des Aufenthaltsortes des Mannes zu. Die Größe des genannten Stadtteils ermögliche eine konkrete Wohnortbestimmung nicht, auch nicht die Abbildung der Fassade des Hauses, in dem der Entlassene mittlerweile lebe. Für die Bewohner des Stadtteils seien die Beiträge besonders interessant gewesen, da der Mann anfangs noch nicht polizeilich überwacht worden sei. Die Bezeichnung als „Sex-Gangster“ sei presseethisch nicht zu beanstanden und verletze nicht die Ziffer 11 des Pressekodex Sie sei ein verkürztes Synonym für den juristisch-technischen Begriff „Sexualstraftäter“ und zur Bezeichnung des wegen mehrfacher Vergewaltigung verurteilten Straftäters angemessen.
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Ein SPD-Stadtverordneter arbeitet als freier Journalist und veröffentlicht regelmäßig Beiträge in der örtlichen Zeitung, die zugleich amtliches Mitteilungsblatt ist. Ein Leser der Zeitung beschwert sich darüber, dass der Stadtverordnete auch über politische Themen schreibe. Die Freien Wähler am Ort sehen in dieser Konstellation einen Interessenkonflikt. In einem Artikel unter der Überschrift „Abenteuerlich und beleidigend“ beschäftigt sich die Zeitung mit den Vorwürfen. Der freie Mitarbeiter sei keineswegs kommunalpolitischer Redakteur. Er arbeite nebenberuflich für die Zeitung und widme sich fast ausschließlich unpolitischen, kulturellen Themen. Seine wenigen Beiträge zu politischen Veranstaltungen seien nachweislich neutral gehalten. Ein Leser der Zeitung sieht eine Vermischung von Funktionen, da der Stadtverordnete nicht nur über kulturelle, sondern auch über politische Themen schreibe. Als Beispiel führt der Beschwerdeführer eine Veranstaltung an, über die der Mann berichtet habe, obwohl er an ihr als Mandatsträger teilgenommen habe. Andere Pressevertreter seien zu der Veranstaltung nicht eingeladen worden. Er spricht von einer problematischen Vermischung. Die Geschäftsführung der Zeitung teilt mit, der freie Mitarbeiter werde im nichtpolitischen Bereich eingesetzt. Berichterstattungen über eine SPD-Feier zum 1. Mai, die Einweihung des Fraktionszimmers der Freien Wählergruppe oder die Gründung einer Bürgerinitiative zum Erhalt eines Schwimmbades habe man bisher für unkritisch gehalten. Aus politischen Gremien berichte der Mitarbeiter nicht. Im Hinblick auf Ziffer 4 des Pressekodex (Grenzen der Recherche) sei es dem Stadtverordneten gerade zum „Verhängnis“ geworden, dass er sich in einer Versammlung in seiner wohlbekannten Doppelfunktion geoutet habe.
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