Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6657 Entscheidungen
Die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Blonde Mädchen tauchen bei Roma-Familien in ganz Europa auf“ Die Redaktion berichtet über ein Roma-Mädchen in Irland, das den Eltern weggenommen worden sei. Textpassage: „Auch in Irland hat die Polizei ein blondes Mädchen gefunden, das wohl von einer Roma-Familie entführt wurde. Die vermeintlichen Eltern hatten gefälschte Papiere vorgelegt.“ Der Fall wird in einen Zusammenhang gestellt mit dem Schicksal der kleinen Maria, einem Kind, das in einem griechischen Roma-Camp gefunden wurde. Ein DNA-Test hatte bestätigt, dass es nicht bei den leiblichen Eltern lebte. Ein Nutzer der Online-Ausgabe wirft der Redaktion vor, dass der in den Raum gestellte Verdacht ungerechtfertigt geäußert worden sei. Der kritisierte Beitrag sei nicht sorgfältig recherchiert und überdies diskriminierend. Das Magazin habe damit das rassistische Vorurteil „Zigeuner klauen Kinder“ transportiert. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dem Fall in Irland eine Entführung zugrunde gelegen habe. Der Chefredakteur des Nachrichtenmagazins bittet den Presserat, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen. Andernfalls könnte die aktuelle Berichterstattung in erheblichem Maße gehemmt werden. Die Redaktion habe von einem Verdacht der irischen Behörden berichtet. Das Thema hätten alle großen Nachrichtenagenturen aufgegriffen. Zur Zeit der Veröffentlichung hätten keine Erkenntnisse vorgelegen, die gegen den Verdacht der Kindesentführung gesprochen hätten. Die bisherige Verdachtslage habe die Redaktion zutreffend geschildert. Recherchefehler seien ihr nicht vorzuwerfen. Unbegründet sei auch der Vorwurf der Diskriminierung. Zweifellos gebe es an der Nachricht, dass der Vorwurf der Entführung gerade gegenüber einer Roma-Familie erhoben worden sei, ein berechtigtes Informationsinteresse. Der Vorgang sei ohne diesen Hintergrund überhaupt nicht zu verstehen, weil dann das verbindende Element zwischen den Fällen in Griechenland und Irland, um die es im Artikel gehe, nicht mitgeteilt werden könne. Der Chefredakteur berichtet, dass die Redaktion über die spätere Widerlegung des Verdachts berichtet habe. Sie habe die Frage gestellt, ob hier „ein Fall von vorschneller Diskriminierung“ vorgelegen habe. Die Berichterstattung sei im Online-Angebot der Zeitschrift nicht mehr enthalten.
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Ein Boulevardblatt veröffentlicht gedruckt und online einen Artikel unter der Überschrift „Von der harten Hete zum schwulen Soapie“. Dabei geht es um einen jungen Schauspieler, der in einer TV-Soap einen schwulen Schüler spielt. Eine Mitarbeiterin berichtet von ihrem Treffen mit dem Darsteller. Am Ende des Beitrages heißt es: „Dass der schwule Soapie im echten Leben eine wirklich harte Hete ist, beweist er uns auch gleich am Set: Eric ist nämlich total sportlich, fährt Skateboard, geht ins Fitness-Studio und macht Kickboxen – der gesprungene Kick gegen den Boxsack ist schon echt sexy. Gut für mich, dass er im echten Leben auf Mädels steht…“. Ein Leser der Zeitung sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex (Diskriminierungen). Auf einer speziell auf Jugendliche und junge Erwachsene zugeschnittenen Seite würden negative Vorurteile bestätigt, üble Klischees bedient und soziale Zuschreibungen und Abgrenzungen vorgenommen. Diese dienten dazu, von einer sexuellen Minderheit – männliche Homosexuelle – ein Bild zu zeichnen, das die Angehörigen dieser Gruppe als weich, unsportlich, feminin und generell unmännlich und unattraktiv darstelle. Dem werde das Bild der sogenannten „harten Hete“ als sportlich-attraktives, männliches Ideal vorgeführt. Der Umstand, dass Jugendliche und junge Erwachsene mit längst widerlegten Rollenbildern konfrontiert würden, mache die Wirkung eines solchen Artikels noch fataler. Der Beschwerdeführer bezeichnet den Beitrag als Lehrstück für subtilen Sexismus und Homophobie in den Medien. Die Rechtsabteilung des Verlages beantwortet die Beschwerde mit einer Stellungnahme des früheren Chefredakteurs der Zeitung. Danach bedauert die Zeitung die kritisierte Berichterstattung ausdrücklich. Interne Kontrollmechanismen hätten in diesem Fall leider versagt. Die Jugendseiten würden in der Regel von jungen Menschen ohne journalistischen Hintergrund konzipiert, geschrieben und schließlich auch umgesetzt. Damit sie authentisch blieben, sollten die Redakteure möglichst wenig eingreifen. Die Schlussabnahme obliege natürlich der Redaktion. Diese sonst selbstverständliche Regel habe diesmal nicht gegriffen. Die missglückte Berichterstattung sei mit den beteiligten Redakteuren und den Mitarbeitern aus der Jugendgruppe eingehend besprochen worden und sei auch ein beherrschendes Thema in der Gesamtkonferenz gewesen. Damit solle - so die Rechtsabteilung abschließend – verhindert werden, dass sich derartige Pannen wiederholen.
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Streit im Stadtrat ist Thema in einer Regionalzeitung. Ein Straßenbauprojekt hat für so viel Ärger gesorgt, dass ein Ratsmitglied aus seiner Partei, der CDU, ausgetreten ist und sich einer anderen Ratsfraktion und deren Partei angeschlossen hat. Ausgangspunkt des Zerwürfnisses, über das die Zeitung berichtet, ist die gerüchteweise geäußerte Vermutung, dass im Vorfeld des Straßenbaus Briefumschläge mit Scheinen eine Rolle gespielt haben könnten. Der Beschwerdeführer in diesem Fall ist Mitglied der CDU-Ratsfraktion. Er hält den Bericht der Zeitung für unvereinbar mit der Ziffer 2 des Pressekodex, die die Grundsätze der journalistischen Sorgfaltspflicht definiert. Der Stadtrat, der die CDU-Fraktion und die Partei verlassen habe, erwecke den Eindruck, andere Mitglieder der Fraktion seien bestechlich. Die Zeitung vermittle keinerlei Anhaltspunkte, geschweige denn Beweise, zur Untermauerung ihrer angedeuteten Bestechungsanschuldigung. Die von dem Vorwurf betroffenen Ratsmitglieder seien vor der Veröffentlichung nicht zu den Vorwürfen gehört worden. Aufgrund des pauschalen Vorwurfs zähle er – der Beschwerdeführer – auch sich selbst zu den Verdächtigen. Die Art der Berichterstattung sei geeignet, die Meinungsbildung der Bürgerschaft im Vorfeld der anstehenden Kommunalwahlen zu manipulieren. Der Chefredakteur der Zeitung wendet sich gegen den Vorwurf, die Mitglieder der CDU-Ratsfraktion als korrupt dargestellt zu haben. Der Beschwerdeführer sei schon gar nicht einer strafbaren Handlung bezichtigt worden. Überdies sei der örtlichen Parteiführung großer Raum zur Stellungnahme eingeräumt worden. Auch zwei Tage nach dem Erscheinen des kritisierten Artikels hätten CDU-Lokalpolitiker die Gelegenheit gehabt, zu den Bestechungsvorwürfen Stellung zu nehmen. Die Zeitung habe auch berichtet, dass der Vorsitzende der CDU-Stadtratsfraktion die Vorwürfe zurückweise.
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Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung kommentiert die Festnahme eines mutmaßlichen Sexualstraftäters unter der Überschrift „Tag der Erleichterung“. Der Beitrag schließt mit dieser Passage: „An der Uni ist die Erleichterung besonders groß, dass der Täter nicht aus den Reihen der Studenten kommt.“ Der Autor spricht aber von einer Verbindung zu einem Täter unter den vielen Bulgaren in einem Problemviertel der Stadt. Dies werde eine Diskussion auslösen, die unvermeidlich sei. Zwei Grünenabgeordnete im Rat der Stadt sehen mit dem Beitrag die Richtlinie 12.1 des Pressekodex verletzt. Die Anspielung auf die Herkunft des mutmaßlichen Mörders und diese in Zusammenhang zu stellen mit den Bewohnern eines bestimmten Stadtteils verletze ethische Grundsätze. Der Hinweis auf eine unvermeidliche Diskussion im Zusammenhang mit der ethnischen Herkunft des Verdächtigen sei eine unbestätigte Vorannahme. Der Blick des Lesers werde weniger auf die Tat als auf die Herkunft des mutmaßlichen Täters gelenkt. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung teilt mit, das Verbrechen sei an einer Austauschstudentin in einem Problem-Stadtteil, der als sozialer Brennpunkt gilt, verübt worden. Der Mord habe in der Stadt Angst und Entsetzen ausgelöst. Die Studentinnen an der Uni seien verängstigt und verunsichert gewesen. Zunächst hätten die Ermittlungsbehörden an einen Täter aus der Studentenschaft geglaubt. Erst nach einem uniweiten Speicheltest unter den Studenten sei ein dringend tatverdächtiger Mann festgenommen worden. Mit begründetem Sachbezug habe die Zeitung die Nationalität dieses Mannes genannt. Auch in einer Stellungnahme von Staatsanwaltschaft und Polizei sei von einem „bulgarischen Tatverdächtigen“ die Rede gewesen. Der enorme Zuzug vor allem von Rumänen und Bulgaren in das schon vorher problematische Stadtviertel habe die Belastbarkeit der Stadt an ihre Grenzen gebracht. Den Lesern zu verschweigen, dass mit der wachsenden Migration auch die Kriminalitätsrate gestiegen sei, würde die Zeitung unglaubwürdig machen. Der abschließende Satz im Kommentar, in dem es um eine unvermeidliche, bevorstehende Diskussion gehe, beziehe sich auf befürchtete Probleme im Zusammenhang mit dem starken Zuzug von Bulgaren und Rumänen.
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Eine Medien-Fachzeitschrift beschäftigt sich unter der Überschrift „Planet Springer“ mit dem Verkauf von mehreren Printtiteln des Axel Springer Verlages an die Funke-Gruppe in Essen. Als Autor wird ein „Max Rethow“ angegeben. Dieser wird als freier Journalist vorgestellt, der in Köln und Berlin lebe und sich vor allem um Themen aus dem Medienbereich kümmere. Der Leiter der externen Kommunikation des Axel Springer Verlages kritisiert eine Verletzung der Recherchegrundsätze. Einen Journalisten mit dem Namen Max Rethow gebe es nicht. Während der Recherche für den Artikel habe sich der Autor bei seinen Gesprächspartnern jedoch mit diesem Namen vorgestellt. Auch eine Handy-Nummer und eine E-Mail-Adresse habe sich „Max Rethow“ unter diesem Namen eingerichtet. Die Fachzeitschrift habe selbst eingeräumt, dass der Journalist unter Pseudonym recherchiert habe, um sich und einen Informanten zu schützen. Der Beschwerdeführer sieht in diesem Vorgehen eine Verletzung der Ziffer 4 des Pressekodex. Eine verdeckte Recherche sei presseethisch nur vertretbar, wenn dadurch Informationen von öffentlichem Interesse erlangt werden könnten, die auf andere Weise nicht zu beschaffen seien. Dies sei hier nicht der Fall. Der Chefredakteur der Zeitschrift widerspricht. Es habe sich nicht um eine verdeckte Recherche gehandelt. Der Artikel sei lediglich unter einem Pseudonym geschrieben worden. Der Autor habe sich sowohl bei der Springer-Pressestelle als auch gegenüber der Funke-Mediengruppe als recherchierender Journalist zu erkennen gegeben. Er habe deutlich gemacht, dass er im Auftrag der Fachzeitschrift tätig sei und für diese einen Artikel über den Verkauf der Zeitungs- bzw. Magazintitel an die Funke-Gruppe schreiben wolle. Der einzige Unterschied zu einer sonst üblichen Recherche sei dabei gewesen, dass der Autor nicht so heiße, wie er seinen Gesprächspartnern bei Springer und Funke gesagt habe. Unlauter sei dies nicht, da weder der Presserat noch irgendeine Branchenregel grundsätzlich die Verwendung von Pseudonymen untersagten. Im Übrigen habe der Autor ein Pseudonym verwendet, um eine dritte Person als Informant zu schützen. Diese Person habe die Verwertung ihrer Informationen davon abhängig gemacht, dass sie als Quelle nicht erkennbar werde.
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Eine Zeitschrift, die der Regenbogenpresse zugerechnet werden kann, veröffentlicht unter der Überschrift „Ich lebe im Wohnmobil“ eine Geschichte über eine „Katrin Böttcher“. Die Redaktion macht verschiedene Angaben zu ihrer Person. Sie berichtet über die Gründe für die ungewöhnliche Wohnung der Frau und deren Arbeitsstellen. Der Bericht ist illustriert mit mehreren Fotos: Die Frau, auf einer Wiese liegend, neben ihr ein Hund und im Hintergrund ein Wohnmobil, die Frau im weißen Kittel einer Arzthelferin an einen Türrahmen gelehnt, die Frau lesend im Wohnmobil. Vier Jahre zuvor war in einem anderen Blatt ein Bericht mit der Überschrift „Gestatten, ich bin Wanderarbeiterin“ erschienen. Damals ging es ebenfalls um eine „Katrin Böttcher“, die im Wohnmobil lebte und drei Arbeitsstellen hatte. Beide Artikel ähneln sich in Wort und Bild auffallend. Die Frau, die in beiden Beiträgen die Hauptrolle spielt und nicht „Katrin Böttcher“ heißt, ist in diesem Fall die Beschwerdeführerin. Sie gibt an, die auf den Fotos gezeigte Frau zu sein. Sie sagt jedoch, der erneute Bericht sei frei erfunden. Keine dabei genannte Einzelheit sei richtig. Ihr seien erfundene Zitate in den Mund gelegt worden. Sie habe keine Einwilligung zur erneuten Veröffentlichung der vor Jahren gemachten Fotos gegeben. Der Presserat fragt bei der Beschwerdeführerin nach. Daraufhin erläutert sie, dass sie mit dem Erscheinen des ersten Berichtes einverstanden gewesen sei. Die Angaben im Bericht seien seinerzeit im Großen und Ganzen korrekt gewesen. Heute hätten sich ihre Lebensumstände jedoch vollkommen geändert. So sei sie heute verheiratet, habe ein Kind, einen neuen Arbeitgeber und besitze kein Wohnmobil mehr. Der aktuelle Artikel verletze ihr Persönlichkeitsrecht, verbreite unwahre Tatsachen und verletze sie in ihrer Ehre. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift teilt mit, dass der aktuelle und kritisierte Beitrag nicht von der Redaktion verfasst worden sei, sondern von einer freien Journalistin stamme. Wie in solchen Fällen üblich, stelle der freie Journalist sicher, dass die Persönlichkeitsrechte etwaiger Betroffener bei der Berichterstattung gewahrt würden. Dies beinhalte auch das Einholen etwaiger Einwilligungen. Die freie Journalistin sei der Redaktion als zuverlässig bekannt. Beanstandungen habe es während der Zusammenarbeit nie gegeben.
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„Pflegenden Angehörigen eine Auszeit ermöglichen“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über ein vom Paritätischen Dienst organisiertes Treffen einer Gruppe von Demenzkranken. Zum Artikel beigestellt ist ein Foto, auf dem fünf Personen zu sehen sind. Eine davon ist die an Demenz erkrankte Frau des Beschwerdeführers. Dieser sieht in der Veröffentlichung des Bildes eine Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte. Sie sei eindeutig erkennbar. Erkrankungen gehörten jedoch zur Privatsphäre und nicht in die Öffentlichkeit. Als Bevollmächtigter habe er der Veröffentlichung des Fotos nicht zugestimmt. Auch sei die Gruppenleiterin nicht befugt, über eine mögliche Veröffentlichung zu entscheiden. Nach Darstellung des Chefredakteurs mussten Redakteur und Fotograf davon ausgehen, dass die Veröffentlichung des Fotos in Ordnung gehe. Der Fotograf habe der Gruppenleiterin das Bild auf dem Display seiner Kamera gezeigt. Sie sei mit der Veröffentlichung einverstanden gewesen, räumt aber ein, dass sie auf dem kleinen Bild die Frau des Beschwerdeführers nicht erkannt habe. Der Chefredakteur berichtet weiter, dass die Redaktion zu dem Termin mit dem Ziel der Berichterstattung eingeladen worden sei. Sie habe nach der Zustimmung der Mitarbeiterin des Paritätischen Dienstes davon ausgehen können, dass das Foto veröffentlicht werden konnte, ohne dass Persönlichkeitsrechte verletzt würden. Unabhängig von dieser Sachlage habe die Redaktion das Foto von der Homepage gelöscht. Auch habe sich die Redaktion bei dem Beschwerdeführer entschuldigt.
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung überschreibt einen Bericht so: „Stöckelte Terror-Transe einer Frau das Auge kaputt?“ Es geht um einen Gerichtsprozess. Angeklagt ist Jastys A. wegen gefährlicher Köperverletzung. Er soll in einer Disco einer jungen Frau mit hochhackigen Schuhen eine schwere Augenverletzung zugefügt haben. Über den Angeklagten schreibt die Zeitung: „Jastys A., der ein 1.90 Meter großer Mann ist, möchte eine Frau sein. Deshalb sitzt er in Blümchenbluse vor dem Richter: hochgesteckte Haare, tätowierte Brauen, grell lackierte Fingernägel.“ Eine Leserin sieht mehrere presseethische Grundsätze verletzt. Vor allem aber kritisiert sie den in der Überschrift verwendeten Begriff „Terror-Transe“. Diese Bezeichnung stelle einen scheinbar ursächlichen Zusammenhang zwischen der Transgeschlechtlichkeit der Angeklagten und der ihr vorgeworfenen Tat her. Die Beschwerdeführerin spricht von dem Angeklagten nur in der weiblichen Form und beklagt, dass dieser in der Berichterstattung immer nur als Mann bezeichnet werde. Dieser vermeintliche Zusammenhang ziehe sich durch den gesamten Text. Dem Angeklagten (oder der Angeklagten) werde so eine Art von Betrügerei vorgeworfen, dass er oder sie vorgebe, etwas zu sein (nämlich eine Frau), was sie oder er vermeintlich nicht sei, was jedoch ihrem Wunschgeschlecht entspreche. Die Rechtsabteilung der Zeitung widerspricht dem Vorwurf, presseethische Grundsätze verletzt zu haben. Die Berichterstattung verfolge lediglich das Ziel – und hier bringt die Zeitung die Chronistenpflicht ins Spiel -, über eine Straftat von erheblichem Gewicht und deren strafrechtliche Aufarbeitung zu berichten. Jastys A. sei mittlerweile zu einer zweijährigen Jugendstrafe ohne Bewährung verurteilt worden. Schon aufgrund der schweren Verletzungen, die die angegriffene Frau erlitten habe, sei der Vorfall von überragendem öffentlichem Interesse. Der in der Überschrift gewählte Begriff „Terror“ beschreibe die systematische Verbreitung von Angst und Schrecken durch Gewaltaktionen. Die Staatsanwaltschaft sei – so die Anklageschrift – davon überzeugt gewesen, dass der Angeklagte in einer Gruppe von Mädchen durch die Gegend ziehe und grundlos junge Frauen misshandele. Die Bezeichnung „Terror-Transe“ sei lediglich als Ausdruck der in der Presse üblichen und zulässigen Veranschaulichung des Tatsachenkerns aufzufassen.
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„Ein begehrtes Bergdorf mit See“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über eine Gemeinde und die dort gegebene Bauland-Situation. Im Beitrag steht ein gesonderter Kasten, der in seiner Überschrift „Die Bewertung von Experten“ verheißt. Darin beurteilt die Maklerin einer namentlich genannten Immobilienfirma Situation und Entwicklungspotential der Gemeinde im Baubereich. Sie vergisst nicht zu erwähnen, dass ihre Firma noch ein Grundstück in einem Bebauungsgebiet des Ortes anbietet. Der Beschwerdeführer ist ein Konkurrent der genannten Immobilienfirma. Er sieht in der Veröffentlichung einen Wettbewerbsvorteil für das mehrfach namentlich genannte Unternehmen. Der jetzt vorgelegte Beitrag sei nur ein Beispiel aus einer ganzen Serie. Ein Fall von Schleichwerbung liege auch dadurch vor, dass die Zeitung der Maklerin erlaube, im redaktionellen Teil ein konkretes Immobilienangebot zu unterbreiten. Der Chefredakteur der Zeitung berichtet in seiner Stellungnahme, dass sein Blatt in einer Serie den Fragen nach gehe, wie gut es sich im Verbreitungsgebiet wohne, wie der Immobilienmarkt beschaffen sei und wie sich einzelne Lagen entwickelten. Die Redaktion habe dabei eine bestimmte Expertin befragt, die über gutes statistisches Material verfüge und sich sowohl in der Stadt, als auch im Umland sehr gut auskenne. Für ihre Auswahl seien ausschließlich redaktionelle Gründe maßgebend gewesen. In einem Punkt gibt der Chefredakteur dem Beschwerdeführer Recht. Der Satz „Wir selbst können noch ein Grundstück anbieten im Bebauungsgebiet an der Kirschallee“ gehöre nicht in eine Expertenbewertung. Er sei beim Redigieren „durchgerutscht“ und der einzige Fehler in der Serie.
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Eine Chemikerin hat einen neuen Likör namens Pussanga kreiert und will ihn nun vermarkten. Die Regionalzeitung berichtet über die Chemikerin, ihre Idee und deren Umsetzung. Am Ende der Veröffentlichung werden die Lokale in der Stadt genannt, in der der Likör ausgeschenkt wird und auch ein Geschäft, in dem man ihn kaufen kann. Ein Leser der Zeitung sieht in der Berichterstattung Schleichwerbung für das Getränk. Außerdem glaubt er an eine Verharmlosung von Drogen durch die Zeitung. Immerhin sei im Likör Acetaldehyd enthalten, ein krebserregender Stoff, auf den die Redaktion jedoch nicht hinweise. Im Rahmen der Vorprüfung beschränkt die Vorsitzende des Beschwerdeausschusses den Fall auf eine Prüfung einer möglichen Verletzung der Ziffer 7 des Pressekodex (Trennung von Werbung und Redaktion). Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass die Redaktion von einem Leser auf die Neuerung hingewiesen worden sei. Wegen dieses Hinweises habe die Autorin des Beitrages die Chemikerin getroffen und sich ihre Geschichte erzählen lassen. Wegen des lokalen Bezuges habe man die Entstehungsgeschichte des Liköres interessant genug gefunden, um darüber zu schreiben. Schleichwerbung habe die Redaktion dabei nicht im Sinn gehabt. Dass es nach vergleichbaren Veröffentlichungen oft zu Leseranfragen komme, habe man die Bezugsquellen genannt. Lasse die Redaktion diese Informationen weg, riefen oftmals Leser an und monierten mangelhafte Berichterstattung. Sollte der Presserat die Beschwerde für begründet halten,- was er nicht glaube - bittet der Chefredakteur um konkrete Hinweise, wo der Presserat klare Grenzen ziehe. In diesem Fall hätte die Redaktion künftig eine Handhabe, die möglichst wenige Interpretationsspielräume lasse.
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