Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6739 Entscheidungen
Unter der Überschrift „Brandstifter genoss seinen Kaffee“ berichtet eine Lokalzeitung von einem Wohnungsbrand in einer Kleinstadt. Sie schreibt, zwei ältere Hausbewohnerinnen hätten den Brand gemeldet. Eine der beiden vermisst ihren Sohn. Die Zeitung berichtet, dass die Polizei den zunächst Vermissten entdeckt habe, als dieser unbekümmert an der Kaffeebar einer Tankstelle saß. Der Mann wird als geisteskrank bezeichnet. Es ist im Bericht von polizeilichen Ermittlungen die Rede. Es werde geklärt, ob er den Brand selbst gelegt habe. Eine Leserin sieht einen Verstoß gegen den Pressekodex. Anstelle von „Brandstifter“ hätte es in der Überschrift „Tatverdächtiger“ heißen müssen. Die Wortwahl bediene die Sensationslust und leiste der Vorverurteilung eines kranken Menschen Vorschub. Der Bericht suggeriere, der Tatverdächtige habe es genossen, die beiden Frauen in Gefahr zu bringen. Zudem sei der Mann der Bruder und nicht der Sohn einer der beiden Hausbewohnerinnen. Unrichtig sei außerdem, dass der Tatverdächtige „ganz unbekümmert an der Kaffeebar einer nahen Tankstelle gesessen“ habe. Nach Darstellung des Verlags hat der Autor sämtliche Informationen zu dem Brand von der Einsatzleitung der Polizei und der Feuerwehr bekommen. Da es sich bei Brandstiftung um ein Kapitaldelikt handele, bestehe ohne Zweifel ein öffentliches Interesse an der Berichterstattung. Aus Sicht der Zeitung wäre es in diesem Fall sogar vertretbar gewesen, den Tatverdächtigen erkennbar zu machen, ohne seine Persönlichkeitsrechte zu verletzen. Aufgrund der Anonymisierung könne die in der Überschrift verwendete Bezeichnung „Brandstiftung“ keine Vorverurteilung einer bestimmten Person sein. Die Bezeichnung „Brandstifter“ werde durch den Hinweis in der Unterzeile auf die Geisteskrankheit des Verdächtigen deutlich relativiert, da die Einsichts- und Schuldfähigkeit des Mannes ausdrücklich in Frage gestellt wird. Der Verlag sieht auch keinen Verstoß gegen Ziffer 11 des Pressekodex (Sensationsberichterstattung). Dennoch sei die Redaktion angehalten worden, künftig in Überschriften und im Text auf Formulierungen zu verzichten, die zu unbeabsichtigten Irritationen von Betroffenen und Lesern führen könnten. (2007)
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„Der Mädchen-Killer am Ort seines Verbrechens“ titelt eine Boulevardzeitung über den Ortstermin im Rahmen eines Gerichtsverfahrens. Angeklagt ist ein Zwanzigjähriger, der ein 15-jähriges Mädchen mit zwölf Messerstichen ermordet haben soll. Er hat die Tat gestanden. Opfer und Täter werden erkennbar mit Fotos dargestellt. Der Beschwerdeführer steht auf dem Standpunkt, dass die erkennbare Abbildung der beiden gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte) verstößt. Der Angeklagte habe die Tat gestanden, sei aber noch nicht verurteilt gewesen. Es bestehe kein nachvollziehbares öffentliches Interesse an den Abbildungen, die auch nicht zur Aufklärung des Verbrechens beitrügen. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Nach Auffassung der Rechtsabteilung der Zeitung ist die Veröffentlichung publizistisch veranlasst und gerechtfertigt. Die Richtlinie 8.1 enthalte für die Berichterstattung über Straftaten, Ermittlungs- und Gerichtsverfahren kein absolutes Verbot für eine identifizierende Berichterstattung. Vielmehr sei auch hier jeweils zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten einerseits und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit andererseits abzuwägen. Auch unter Berücksichtigung eines besonderen Maßstabs für Kinder und Jugendliche sei die kritisierte Veröffentlichung gerechtfertigt. Das Foto des getöteten Mädchens sei mit Zustimmung seiner Eltern veröffentlicht worden. Im Rahmen der Spruchpraxis des Presserats sei auch die Veröffentlichung des Täter-Fotos als zulässig anzusehen. (2007)
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Ein Mitteilungsblatt äußert sich in seiner Rubrik „Am Rande“ über „Die Russland`deutschen´“, so die Überschrift. Unter anderem heißt es dort wörtlich: „Die nach der Wende in Scharen in Deutschland eingesickerten Russland´deutschen´ haben sich im Bewusstsein der Bevölkerung allmählich zu einer Art Landplage entwickelt“. Der Verfasser stellt außerdem fest, die Russlanddeutschen fielen mehr als andere Minderheiten negativ auf und kapselten sich mit ihrer russischen Sprache ab. Die Beschwerdeführer – zwei Leser des Blattes – sind der Ansicht, in dem Artikel werde der Eindruck erweckt, dass alle so genannten Spätaussiedler negativ auffielen, sich der deutschen Sprache verschlössen oder gar kriminell seien. Die kommentierende Art innerhalb der Rubrik „Am Rande“ könne diese Form der pauschalen Verunglimpfung nicht entschuldigen. Nicht die Meinung der Bevölkerung werde hier wiedergegeben, sondern allein die Autoren-Ansicht. Die Wortwahl sei teilweise menschenverachtend („Landplage“). Es werde versucht, durch scheinbar Faktisches eine Stimmung zu erzeugen („Jeder weiß das“; „..ein flüchtiger Blick in eine beliebige Tageszeitung belegt das“). (2007)
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Unter der Überschrift „Maddies Nachbar unter Verdacht“ berichtet eine Regionalzeitung über einen Verdächtigen im Fall des in Südportugal verschwundenen Mädchens Madeleine. Der Mann wird mit Foto abgebildet und als „Robert M. (32)“ bezeichnet. Am Ende des Beitrags wird der volle Name „Murat“ genannt. Ein Leser ist der Ansicht, dass die erkennbare Abbildung des Briten Robert Murat gegen Ziffer 8 des Pressekodex verstößt. Der Betroffene sei keines Verbrechens überführt, die Beweislage umstritten. Auch wenn der „Fall Maddie“ von großem öffentlichem Interesse gewesen sei, habe dieses die identifizierende Darstellung des Verdächtigen nicht gerechtfertigt. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Chefredakteur der Zeitung räumt ein, dass die Redaktion zumindest diskussionswürdig gehandelt habe, als sie den Namen nannte und das Foto abdruckte. Bei der Nennung des Namens – zunächst M. und dann am Schluss „Murat“ – habe es sich um ein Versehen gehandelt. Die Veröffentlichung des Fotos werde als unglücklich erachtet. Dabei spiele es nur eine untergeordnete Rolle, dass der Fall Madeleine zu diesem Zeitpunkt ein herausragendes Medienereignis gewesen und der Verdächtige zu einer relativen Person der Zeitgeschichte geworden sei. Der Pressekodex – so der Chefredakteur weiter – spiele in allen Medien des Hauses eine herausragende Rolle. Im konkreten Fall habe ein Kollege bedauerlicherweise einen Fehler begangen, der in der hektischen Qualitätsoptimierung unbemerkt geblieben und somit im Blatt gelandet sei. (2007)
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Unter der Überschrift „Bohlens Räuber lieben Kinderschokolade“ berichtet eine Boulevardzeitung über die beiden Personen, die gestanden haben, den Raubüberfall auf Bohlens Haus verübt zu haben. Einer der beiden, ein 17-jähriger aus dem Ruhrgebiet, wird mit einem Porträtfoto dargestellt. Ein Leser ruft den Deutschen Presserat an, weil er in der Veröffentlichung des Fotos einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrecht) sieht. Es bestehe kein ausreichendes öffentliches Interesse daran, den jugendlichen Täter auf der Titelseite und im Innenteil des Blattes groß und erkennbar darzustellen. Der Verlag hält die Veröffentlichung des Fotos für publizistisch veranlasst und gerechtfertigt. Richtlinie 8.1 des Pressekodex enthält kein absolutes Verbot für eine identifizierende Berichterstattung über Straftaten, Ermittlungs- und Gerichtsverfahren. Vielmehr sei auch hier jeweils zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten einerseits und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit andererseits abzuwägen. Auch unter Berücksichtigung eines besonderen Maßstabs für Kinder und Jugendliche sei die kritisierte Veröffentlichung gerechtfertigt. Der Verlag führt in diesem Zusammenhang die besondere Gewaltbereitschaft an, die die beiden Täter an den Tag gelegt hätten. Damit seien die geständigen Täter zu Personen der Zeitgeschichte geworden. Bei dem Tatvorwurf gehe es um eine „schwere Straftat“, wenn nicht sogar um ein „schweres Verbrechen“. Den Tätern habe auch klar sein müssen, dass ihr Überfall auf den prominenten Dieter Bohlen eine besondere öffentliche Wirkung entfalten würde. Das wiederum habe zwangsläufig zur Folge gehabt, dass auch sie im Fall einer Festnahme und anschließender Anklage einem besonderen Informationsinteresse ausgesetzt sein würden. (2007)
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Eine Lifestyle-Zeitschrift bringt ein Interview mit dem Visagisten einer TV-Show, die sich die Suche nach Deutschlands nächstem Top-Model auf die Fahnen geschrieben hat. An drei Stellen des Gesprächs ist von einem bestimmten Kosmetik-Produkt die Rede. Am Ende des Beitrages sind „Must-Haves für jeden Look“ genannt, darunter wiederum zwei Erzeugnisse der schon dreimal genannten Firma. Die gleiche Ausgabe enthält eine Anzeige mit einem Bild des Visagisten, das offensichtlich aus der gleichen Foto-Serie stammt, die dem redaktionellen Beitrag als Illustration diente. Ein Leser sieht in dem Beitrag Schleichwerbung und wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Visagist empfehle ausschließlich die Produkte, für die er als Werbeträger tätig sei. Diese Waren hätten kein Alleinstellungsmerkmal. Vergleichbare Artikel und Firmen seien nicht berücksichtigt. Die Redaktion selbst empfehle am Ende des redaktionellen Beitrages zwei Erzeugnisse der schon mehrfach genannten Firma. Die Beschwerde endet mit dem Hinweis auf die Anzeige, die mit einem Foto versehen sei, das offensichtlich aus der Bilderserie für den redaktionellen Beitrag stamme. Die Chefredakteurin der Zeitschrift teilt mit, dass sie als Kooperationspartner der TV-Show eine Geschichte über den Visagisten als Jury-Mitglied gemacht habe. Im Interview habe dieser die von ihm favorisierten Produkte erwähnt. Es stehe der Redaktion nicht zu, diese Aussagen zu ändern. Dass in der gleichen Ausgabe eine Anzeige zum Thema erscheinen würde, sei der Redaktion nicht bekannt gewesen. Es sei auch nicht Sache der Redaktion, über Annahme oder Ablehnung von Anzeigen zu entscheiden. (2007)
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Zeitung will Lesern Orientierung in der Produkt- und Markenwelt geben
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Eine Boulevardzeitung veröffentlicht unter der Überschrift „Der Sommer darf kommen – Sonnenschutz jetzt auch gegen Infrarot-Strahlen wirksam“ einen Artikel über Sonnenschutzmittel. Im Beitrag ist die folgende Passage enthalten: „Anbieter von Sonnenschutzmitteln haben bereits reagiert. So enthält zum Beispiel …(genannt wird der Produktname) einen neu entwickelten Wirkstoff-Cocktail (….)“. Nach Meinung eines Lesers enthält der Beitrag Schleichwerbung für das genannte Produkt, das kein Alleinstellungsmerkmal habe. Es sei weder neu, noch werde es mit anderen Erzeugnissen verglichen. Dem Fotohinweis entnimmt der Beschwerdeführer, dass es sich um PR-Fotos des Herstellers handelt. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsvertretung des Blattes macht geltend, dass sich der Beitrag mit der Problematik des Schutzes vor UV-A- und UV-B-Strahlen beschäftige. Das entsprechende Produkt werde nur einmal genannt, ohne besonders hervorgehoben oder beworben zu werden. Auch würden keine Preise, Packungsgrößen etc. mitgeteilt. Der Bericht beschränke sich allein auf das für den Leser Notwendige. Der Verlag räumt ein, dass durchaus auch andere Produkte hätten genannt werden können. (2007)
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Als „Schönmacher aus aller Welt“ stellt eine Frauenzeitschrift sechs Kategorien von Schönheitsprodukten vor. Nach einer allgemeinen Beschreibung wird in jeder Kategorie beispielhaft ein Erzeugnis genannt und abgebildet. Ein Leser ruft den Deutschen Presserat an, weil er in dem Beitrag Schleichwerbung sieht. Die Veröffentlichung beinhalte keinen systematischen Produktvergleich; die genannten Präparate hätten kein Alleinstellungsmerkmal. Die Zeitschrift äußert sich nicht zu der Beschwerde. (2007)
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Eine Zeitschrift veröffentlicht einen dreiseitigen Bericht über die Nutzung von Sonnenenergie durch so genannte Solar-Thermie. In dem Beitrag geht es um die Erläuterung dessen, was eine Solaranlage kostet und was sie bringt. Dabei heißt es wörtlich: „Der solare Sparfaktor: 60 Prozent beim Wasserwärmen. Mit Heizanteil hängt die Sparquote ab vom Haus: bei Dämmung gemäß Wärmeschutzverordnung von 1984 beziffert sich die Sparquote auf 22 Prozent; ist das Haus gedämmt nach der aktuellen Energieeinsparverordnung, spart man 36 Prozent; ein Passivhaus spart mit Solarwärme 60 Prozent.“ Ein Leser der Zeitschrift, der den Deutschen Presserat anruft, kritisiert, dass mit Hilfe von unterschiedlichen Prozentzahlen suggeriert werde, dass sich eine thermische Solaranlage insbesondere beim Passivhaus rechne, da hier 60 Prozent der Raumheizungsenergie durch eine Solaranlage eingespart würden. Das sei falsch, da ein Passivhaus keine Raumheizungsenergie benötige und keine konventionelle Heizanlage zur Erzeugung der Raumheizungswärme besitze. Raumheizungswasser werde also im Passivhaus mit der Solaranlage nicht erwärmt. Dies jedoch werde im Artikel suggeriert. Gleichzeitig werde der Eindruck erweckt, dass 60 Prozent der Raumheizungsenergiekosten durch die Solaranlage eingespart würden. Die Hauptenergieeinsparleistung werde aber durch die Gebäudekonzeption des Passivhauses erreicht und nicht durch die Solaranlage. Nur durch den geringeren absoluten Heizenergiebedarf eines Passivhauses verändere sich der Anteil des solaren Ertrages lediglich prozentual, nicht aber in absoluten Ertragszahlen. Die Chefredakteurin der Zeitschrift weist den Vorwurf unzureichender Recherche zurück. Die Redaktion beruft sich insbesondere auf eine Stellungnahme des „Zentralverbands Sanitär, Heizung, Klima“, die sie eingeholt habe. Der dort zuständige Referent bewertet die Berichterstattung als stark vereinfachend. Sie treffe jedoch keine inhaltlich unzulässigen Aussagen. Die angegebenen Zahlen seien für eine allgemein gehaltene Veröffentlichung verwendbar. Er weist darauf hin, dass auch ein Passivhaus Heizenergie benötige. Aufgrund der Konstruktion eines Passivhauses sei jedoch der Deckungsanteil von Solarenergie bei diesen höher als bei Gebäuden mit schlechterem Standard für den Verbrauch von Raumheizungsenergie. Da sich der Artikel offensichtlich an Laien richte, halte der Referent die im Artikel enthaltenen Vereinfachungen für technisch zulässig. (2007)
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