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„Mädchen-Killer“ erkennbar dargestellt

Der mutmaßliche Täter hätte anonymisiert werden müssen

„Der Mädchen-Killer am Ort seines Verbrechens“ titelt eine Boulevardzeitung über den Ortstermin im Rahmen eines Gerichtsverfahrens. Angeklagt ist ein Zwanzigjähriger, der ein 15-jähriges Mädchen mit zwölf Messerstichen ermordet haben soll. Er hat die Tat gestanden. Opfer und Täter werden erkennbar mit Fotos dargestellt. Der Beschwerdeführer steht auf dem Standpunkt, dass die erkennbare Abbildung der beiden gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte) verstößt. Der Angeklagte habe die Tat gestanden, sei aber noch nicht verurteilt gewesen. Es bestehe kein nachvollziehbares öffentliches Interesse an den Abbildungen, die auch nicht zur Aufklärung des Verbrechens beitrügen. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Nach Auffassung der Rechtsabteilung der Zeitung ist die Veröffentlichung publizistisch veranlasst und gerechtfertigt. Die Richtlinie 8.1 enthalte für die Berichterstattung über Straftaten, Ermittlungs- und Gerichtsverfahren kein absolutes Verbot für eine identifizierende Berichterstattung. Vielmehr sei auch hier jeweils zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten einerseits und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit andererseits abzuwägen. Auch unter Berücksichtigung eines besonderen Maßstabs für Kinder und Jugendliche sei die kritisierte Veröffentlichung gerechtfertigt. Das Foto des getöteten Mädchens sei mit Zustimmung seiner Eltern veröffentlicht worden. Im Rahmen der Spruchpraxis des Presserats sei auch die Veröffentlichung des Täter-Fotos als zulässig anzusehen. (2007)