Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Anwalt kritisiert falsche Behauptungen

Leserbrief-Absender ist korrekt zu nennen

„Eine Anleitung zum Krankfeiern“

In einer Boulevardzeitung erscheinen Beiträge unter den Überschriften „Fußball-Fieber – Erste Firmen geben Mitarbeitern EM-frei“ und „Darf ich schnell noch Urlaub nehmen?“. Während im ersten Beitrag Beispiele angeführt werden für Unternehmen, die ihren Mitarbeitern aufgrund des Halbfinalspiels freigeben, beantwortet der zweite Artikel die Frage: „Kann ich am Morgen nach dem Spiel spontan freimachen?“ mit dem Hinweis: „Nein, das wäre unentschuldigtes Fehlen. Möglich ist nur eine Krankmeldung. Dann innerhalb von drei Tagen ein Arzt-Attest vorlegen“. Ein Leser versteht diesen Hinweis als Anleitung zum Krankfeiern, wenn der Arbeitgeber dem Mitarbeiter nicht freigibt. Dies sei nichts anderes als die Aufforderung zu einer illegalen Handlung. Neben dem Arbeitgeber werde bei diesem Krankfeiern auch die Krankenversicherung geschädigt. Der Beschwerdeführer hält die Veröffentlichung für verantwortungslos und kritisiert, dass die Redaktion einen erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden „angeregt“ habe. Die Rechtsabteilung der Zeitung steht auf dem Standpunkt, die Redaktion habe die Leser nicht ermuntert, durch Vortäuschen einer Krankheit der Arbeit fernzubleiben – weder ausdrücklich noch indirekt. Die Redaktion habe eine derartige Wirkung der Berichterstattung auch weder beabsichtigt noch leichtfertig in Kauf genommen. Die Leser wüssten sehr wohl, dass unbegründetes Krankfeiern arbeitsrechtliche Konsequenzen habe. Schon der Attest-Hinweis weist darauf hin, dass eine Krankheit vorliegen und ärztlich festgestellt werden muss, bevor eine Krankmeldung möglich ist. Der Beschwerdeführer lege den Artikel in unzulässiger Weise weit aus. Nach seiner Interpretation täusche jeder Arbeitnehmer eine Krankheit nur vor, der sich während der EM krankmeldet. Auch werde suggeriert, Ärzte seien bereit, dem täuschenden Arbeitnehmer recht einfach einen „gelben Urlaubsschein“ auszustellen. (2008)

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Werbung für den Leser klar erkennbar

Formulierung gibt Anlass zur Kritik

Das Museum der Artenvielfalt von Frank Gehry ist Gegenstand eines Artikels in einer überregionalen Zeitung. Darin steht der folgende Satz: „Panama ist einer der wichtigsten Handelsplätze Amerikas und eine der größten Geldwaschanlagen der Welt. Juden, Araber, Libanesen, Inder, Amerikaner, Kolumbianer investieren hier, Bürotürme, Hotelburgen und Finanzzentren wachsen aus den Mangroven, (…)“. Ein Leser sieht eine Verunglimpfung in der Aufzählung von Juden, Arabern, Libanesen etc. Es sei unmöglich, eine Religionsgemeinschaft zu Geldwäschern zu erklären. Der Beschwerdeführer hatte die Zeitung um eine Erklärung gebeten, jedoch auch nach einer Woche noch keine Antwort erhalten. Daraufhin wandte er sich an den Deutschen Presserat. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet und legt zugleich Wert auf die Feststellung, dass der Leser eine erklärende E-Mail vom Autor des kritisierten Beitrages bekommen habe. Im Übrigen beziehe sich der zweite der beiden zitierten Sätze nicht auf den ersten. Im zweiten Satz zähle der Autor beispielhaft Bevölkerungsgruppen auf, die in Panama investieren. Weder schreibe noch assoziiere er, dass all diese Menschen auch Geldwäsche betrieben. Aus der E-Mail des Autors an den Beschwerdeführer: „Panama hat eine sehr große jüdische Gemeinde, die im Wirtschaftsleben eine wichtige Rolle spielt. Das steht in vielen Reiseführern und wird auf Internetseiten jüdischer Organisationen immer wieder vorgegeben, sogar als Argument, um (jüdische) Touristen anzulocken. Ich wählte die Reihung, um die Internationalität und das Völkergemisch des Landes zu illustrieren. Dass es viele Juden in Panama gibt, habe ich erwähnt, weil ich diesem Umstand einen gewissen Nachrichtenwert zubilligte. Es ist etwas Besonderes in Lateinamerika“. Der Autor, so der stellvertretende Chefredakteur abschließend, habe keineswegs, wie vom Beschwerdeführer behauptet, „eine Religionsgemeinschaft zu Geldwäschern erklärt“. Trotzdem habe sich der Verfasser dem Leser gegenüber dafür entschuldigt, dass sich dieser durch eine Formulierung in dem Artikel betroffen oder verletzt fühlt. (2008)

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Wann darf man von „Zigeunern“ sprechen?

„Putzen und spucken“ – so überschreibt ein Nachrichtenmagazin einen Bericht über organisiertes Autofenster-Putzen in Berlin. Im Beitrag heißt es: „Das Problem mit den Fensterputzern hat sich zugespitzt, seit Zigeuner in das Geschäft dringen“. Des weiteren werden die Putzfrauen als „Frauen mit bunten Röcken“, „kampfbereite Waschweiber“ und erneut als „vier Frauen in langen bunten Röcken“ beschrieben. Ein Vertreter des Europäischen Zentrums für Antiziganismusforschung tritt als Beschwerdeführer auf. Er kritisiert, dass Angehörige der Sinti und Roma durchgehend als Zigeuner bezeichnet werden. Dies sei diskriminierend, zumal die Tätigkeit des Autofenster-Putzens in keinem Verhältnis zum Begriff „Zigeuner“ stehe. Außerdem werde das Autofenster-Putzen mit Betteln gleichgesetzt. Die Fensterputzer würden durch den Bericht kriminalisiert. Der Beschwerdeführer – ein Roma – fühlt sich in seiner Ehre verletzt. Der Chefredakteur des Magazins teilt mit, im Rahmen eines Zitats der Polizei werde berichtet, dass das Autofenster-Putzen nicht verboten sei. Von einer faktenwidrigen Kriminalisierung könne daher keine Rede sein. Es sei für ihn nicht erkennbar, worin die Ehrverletzung des Beschwerdeführers begründet sein solle. Die Frage der möglichen Diskriminierung habe sich die Redaktion auch gestellt, sei jedoch nach reiflicher Überlegung zu den schließlich gewählten Formulierungen gelangt. Eine ethnische Zuordnung sei im vorliegenden Fall zum Verständnis des Vorgangs erforderlich, da es nicht in allgemeiner Form um das Problem des aufgedrängten Fensterputzens im Straßenverkehr gehe. Vielmehr gehe es in dem Artikel um die besondere Verschärfung der Situation, nachdem eine bestimmte Ethnie in das Fensterputzergeschäft eingestiegen sei. Mit anderen ethnischen Gruppen, die früher das Geschäft betrieben hätten, habe es wesentlich weniger Probleme gegeben. Das Magazin beruft sich dabei auf Aussagen der Polizei. Der Begriff „Zigeuner“ – so der Chefredakteur – werde von Sinti und Roma selbst benutzt. Im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung über die Inschrift für das Denkmal der von den Nazis ermordeten Zigeuner im Berliner Tiergarten habe die Sinti-Allianz Deutschland ausdrücklich die Erwähnung anderer von der Nazi-Diktatur verfolgten Zigeuner-Volksgruppen neben den Sinti und Roma gefordert. Auf ihrer Homepage setze sich die Allianz dafür ein, dass dieses Mahnmal „für alle Zigeuner errichtet werde und nicht nur für die Sinti und Roma“. (2008)

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Werbung in „gestalterischer Funktion“

Mit Versicherungstarifen befasst sich eine Zeitschrift in einem Beitrag unter der Überschrift „Keine Qual“. Die Redaktion hat 358 Tarife getestet und stellt das Ergebnis vor. Illustriert ist die Veröffentlichung mit einem großen Foto, auf dem eine junge Frau eine Versichertenkarte mit dem gut sichtbaren Logo einer Krankenkasse in die Kamera hält. Das Bild trägt den Urhebervermerk „Foto: DAK“. Ein Leser schickt über seinen Anwalt eine Beschwerde an den Deutschen Presserat. Er sieht in der Illustration des Artikels einen Fall von Schleichwerbung. Ohne erkennbaren Grund werde eine bestimmte Krankenkasse hervorgehoben. Auffällig sei, dass die DAK ein guter Anzeigenkunde der Zeitschrift sei. Der Beschwerdeführer verweist auf ein Heft vom Vorjahr. Damals war ein ähnlicher Beitrag ebenfalls mit einem Foto der Versichertenkarte dieser Krankenkasse erschienen. Er hat sich die Mühe gemacht, alle Hefte der vergangenen Jahre zu durchforsten. Dabei sei die Krankenkasse immer wieder bevorzugt dargestellt worden. Nur einmal in mehreren Jahren sei zu einem entsprechenden Beitrag eine Illustration gestellt worden, auf der ein Strauß von Firmenlogos zu sehen gewesen sei. In den jüngsten Ausgaben sei die DAK mindestens fünfmal mit ganzseitigen Anzeigen vertreten gewesen. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift spricht dem Presserat das Recht ab, Missbilligungen oder Rügen gegen das Blatt „zu verbreiten“. Gleichwohl werde sich die Zeitschrift zu der Beschwerde äußern bzw. sich an dem Verfahren beteiligen. Aus der Sicht der Rechtsvertretung haben die monierten Veröffentlichungen – Foto mit Logo – eine rein gestalterische Funktion. Der eigentliche redaktionelle Artikel, die differenzierte Auseinandersetzung mit Wahltarifen von Krankenversicherungen mit einer Testtabelle, mache dann deutlich, dass die Art der monierten Illustration nicht den geschäftlichen Interessen Dritter geschuldet sein könne, zumal die DAK im Test nur mittelmäßig beurteilt worden sei. Im Hinblick auf die Veröffentlichung aus dem Vorjahr stellt die Zeitschrift fest, dass auch in diesem Beitrag die DAK sehr unterschiedliche Plätze auf Rängen zwischen 1 und 14 belegt habe. (2008)

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Sänger plus Hotel plus Wein plus Grappa

Der italienische Sänger Al Bano ist Gesprächspartner einer Zeitschrift. Dem „Exklusiv-Interview“ beigestellt ist ein Artikel, in dem es um die geschäftlichen Aktivitäten des Künstlers, Hoteliers und Winzers geht. Seine Ferienanlage wird als „Paradies“ und „wunderschönes Ferienidyll“ beschrieben. Die Zeitschrift weist auch auf die Buchungsmöglichkeiten in Reisebüros hin und ergänzt ihre Informationen mit der entsprechenden Telefonnummer. Sie teilt mit, dass Al Bano Weine, Grappa und Olivenöl zu Preisen von sieben bis 35 Euro pro Flasche verkaufe. Mehr Informationen verheißt die Redaktion durch die Nennung der Homepage des Barden. Ein Leser der Zeitschrift sieht angesichts der positiven Beschreibung der Al Bano-Aktivitäten und der angegebenen Details einen Fall von Schleichwerbung. Er untermauert seine Kritik mit dem Hinweis auf drei beispielhafte Fälle, in denen der Presserat Schleichwerbung kritisiert hat. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift vertritt die Auffassung, dass von Schleichwerbung keine Rede sein könne. Wenn eine Zeitschrift mit Al Bano spreche, dann gehörten Informationen über seine anderen beruflichen Aktivitäten zur Berichterstattung dazu. Die dezenten Hinweise auf Hotel und Wein seien alles andere als eine werbliche Botschaft. Hätte die Redaktion diese Informationen nicht gebracht, hätten zahlreiche Leser genau nach diesen gefragt. Ein weiterer Grund für die Berichterstattung sei, dass Al Bano für seine Weine zahlreiche Auszeichnungen bekommen habe. Es sei abwegig, in diesen Informationen Schleichwerbung zu sehen. (2008)

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Eine Grenze wurde weit überschritten

Eine Zeitschrift, die ihr Hauptaugenmerk auf Lifestyle legt, spricht mit Verona Pooth über deren neue Kosmetikserie. Die manchmal als Stil-Ikone bezeichnete einstige Frau Feldbusch erhält in dem Gespräch Gelegenheit, ihr neues Produkt ausführlich vorzustellen. In einem beigestellten Kasten werden alle Produkte abgebildet. Preise und Bezugsquellen sind genannt. Ein Foto zeigt Frau Pooth und die Interviewerin. Beide halten Pooth-Produkte in die Kamera. Ein Leser hält den ganzen Beitrag samt Detailinformationen und Produkt-Abbildungen für Schleichwerbung. Laut Verona Pooth seien die vorgestellten Kosmetika keine Neuerfindung. Die gesamte Darstellung gehe demnach über ein eventuell vorhandenes Leserinteresse hinaus. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift bezeichnet das Pooth-Interview als eigenständige journalistische Leistung. Für die Veröffentlichung sei weder Geld geflossen noch habe sich für die Zeitschrift ein wie auch immer gearteter Vorteil ergeben. Das Interesse in der Öffentlichkeit für Verona Pooth sei groß. Gerichte hätten sie mittlerweile als absolute Person der Zeitgeschichte qualifiziert. Für weite Kreise der Bevölkerung sei Verona Pooth ein Schönheitsideal. Gerade Leserinnen interessierten sich für ihre Tipps zum Thema Kosmetik. Zitate der Interviewpartnerin wie jene, die Kosmetik-Serie sei „einfach perfekt“ oder „…Luxusprodukte (…) zu einem Preis, den sich auch junge Frauen leisten können“ seien – so die Rechtsvertretung – zulässige Meinungsäußerungen und Einschätzungen. Im Hinblick auf die Details zu den Produkten teilt die Zeitschrift mit, dieser Teil des Beitrags sei farblich vom Interview abgesetzt worden. (2008)

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Rendezvous von Beitrag und Anzeige

Das Thema Sommergrippe und ihre Behandlung ist Thema des Beitrages, der in einer Zeitschrift erscheint. Das Blatt lässt im Interview einen Internisten zu Wort kommen, der zur Linderung sommerlicher Erkältungsbeschwerden die Einnahme eines bestimmten Produkts empfiehlt. Ein Leser des Blattes sieht in der Berichterstattung Schleichwerbung. Er moniert, dass der Arzt mit der Anmerkung „Klostermelisse“ zitiert wird, einer Pflanze, die es gar nicht gebe. Der Zusatz „Kloster“ solle auf das Produkt „Klosterfrau-Melissengeist“ aufmerksam machen. Der Chefredakteur der Zeitschrift räumt ein, dass die Redaktion in diesem Fall manche Dinge nicht beachtet habe. Das zufällige Zusammentreffen einer Anzeige und des redaktionellen Beitrags – in beiden ist vom gleichen Produkt die Rede – sei ärgerlich und unseriös. Dass dies geschehen sei, sei außerordentlich peinlich und unentschuldbar. Im konkreten Fall sei das Heft nur von einem Redakteur, nämlich ihm selbst, betreut worden. Das Zusammentreffen von Text und Anzeige sei ihm „durchgegangen“. Die Mitarbeiterin, die den Text verfasst habe, werde – unter anderem wegen dieses Interviews – von der Redaktion nicht mehr beschäftigt. (2008)

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