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„Eine Anleitung zum Krankfeiern“

Zeitung weist ausdrücklich auf ärztliches Attest hin

In einer Boulevardzeitung erscheinen Beiträge unter den Überschriften „Fußball-Fieber – Erste Firmen geben Mitarbeitern EM-frei“ und „Darf ich schnell noch Urlaub nehmen?“. Während im ersten Beitrag Beispiele angeführt werden für Unternehmen, die ihren Mitarbeitern aufgrund des Halbfinalspiels freigeben, beantwortet der zweite Artikel die Frage: „Kann ich am Morgen nach dem Spiel spontan freimachen?“ mit dem Hinweis: „Nein, das wäre unentschuldigtes Fehlen. Möglich ist nur eine Krankmeldung. Dann innerhalb von drei Tagen ein Arzt-Attest vorlegen“. Ein Leser versteht diesen Hinweis als Anleitung zum Krankfeiern, wenn der Arbeitgeber dem Mitarbeiter nicht freigibt. Dies sei nichts anderes als die Aufforderung zu einer illegalen Handlung. Neben dem Arbeitgeber werde bei diesem Krankfeiern auch die Krankenversicherung geschädigt. Der Beschwerdeführer hält die Veröffentlichung für verantwortungslos und kritisiert, dass die Redaktion einen erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden „angeregt“ habe. Die Rechtsabteilung der Zeitung steht auf dem Standpunkt, die Redaktion habe die Leser nicht ermuntert, durch Vortäuschen einer Krankheit der Arbeit fernzubleiben – weder ausdrücklich noch indirekt. Die Redaktion habe eine derartige Wirkung der Berichterstattung auch weder beabsichtigt noch leichtfertig in Kauf genommen. Die Leser wüssten sehr wohl, dass unbegründetes Krankfeiern arbeitsrechtliche Konsequenzen habe. Schon der Attest-Hinweis weist darauf hin, dass eine Krankheit vorliegen und ärztlich festgestellt werden muss, bevor eine Krankmeldung möglich ist. Der Beschwerdeführer lege den Artikel in unzulässiger Weise weit aus. Nach seiner Interpretation täusche jeder Arbeitnehmer eine Krankheit nur vor, der sich während der EM krankmeldet. Auch werde suggeriert, Ärzte seien bereit, dem täuschenden Arbeitnehmer recht einfach einen „gelben Urlaubsschein“ auszustellen. (2008)