Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
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6739 Entscheidungen
Bürger ärgern sich über eine Bauruine auf einem städtischen Friedhof. Es geht um ein Mausoleum, mit dessen Bau es nicht weitergeht. Die örtliche Zeitung berichtet über den Vorgang und zitiert die Leiterin des Grünflächenamtes. Diese gibt Auskunft über die Gründe für den unvollendeten Zustand des Bauwerkes und erwähnt in diesem Zusammenhang, dass das Mausoleum einer „Sinti- und Roma-Familie“ gehört. Der Beschwerdeführer, ein Leser der Zeitung, sieht Ziffer 12 des Pressekodex (Diskriminierung) verletzt. Die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe habe nichts mit der eigentlichen Meldung zu tun. Im Gegenteil deute die Formulierung „Sinti- und Roma-Familie“ darauf hin, dass der Begriff „Zigeuner“ umschrieben werden sollte. Die Passage im Bericht, Bürger würden schikaniert, während andere tun und lassen dürften, was sie wollten, habe einen fahlen Beigeschmack. Die Zeitung suggeriere mit dieser Wiedergabe einer Bürgermeinung, dass sich bestimmte Menschen nicht an Gesetze halten müssten. Der Chefredakteur der Zeitung bezeichnet den Bau auf dem Friedhof als herausragend in Form und Dimension. Da sich dort Grabstätten christlicher, russisch-orthodoxer und vereinzelt auch muslimischer Familien befänden, sei die Rede im Gespräch mit der Amtsleiterin auf den ethnisch-religiösen Hintergrund des Auftraggebers gekommen. Hätte man auf diese Angabe verzichtet, wäre ein wesentlicher Bestandteil der Geschichte weggefallen. Im Text – so der Chefredakteur weiter – werde in dem Artikel keinerlei Zusammenhang zwischen der Herkunft der Familie und negativen Eigenschaften hergestellt. Die Redaktion habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Familie keine Schuld an dem unvollendeten Bauzustand des Mausoleums trage.
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Auf der Titelseite und im Innern der Ausgabe berichtet eine Regionalzeitung unter der Überschrift „Junge (17) warf sich vor Zug – tot“ über den Suizid eines jungen Mannes. Der Vorgang wird ausführlich beschrieben. Ein Leser der Zeitung wirft dieser eine unangemessene Darstellung vor und kritisiert die „detaillierte Beschreibung des Selbsttötungsvorganges“. Überdies sei der Betroffene minderjährig gewesen. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt Stellung. Eben wegen des jugendlichen Alters des Jungen habe die Redaktion kein Bild gebracht und auf die Nennung selbst des abgekürzten Namens verzichtet. In dem Artikel sei kein Detail enthalten, das die Identifizierung des Toten ermöglichen könnte. Bei dem kritisierten Bericht handele es sich um eine klassische Nachricht ohne jegliches Beiwerk. Man sehe auf dem Bild lediglich eine Elektro-Lok in einem Bahnhof. Die „detaillierte Beschreibung des Selbsttötungsvorganges“ entpuppe sich – so der Chefredakteur – als ausführliche Beschreibung des Versuchs, Selbsttötungen zu verhindern. Dies sei nach seiner Auffassung geradezu das Gegenteil von dem, was der Beschwerdeführer beklage.
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Eine Boulevardzeitung berichtet über den Mord an einem jungen Staatsanwalt in einem Gerichtssaal. „Das ist der Killer des Staatsanwalts“ titelt sie und zeigt in einer Bildergalerie ein Foto des mutmaßlichen Täters. Sein abgekürzter Name und sein Alter werden angegeben. Die Zeitung berichtet, nach einem Schlaganfall sei der Mann in seien Bewegungen stark eingeschränkt. Unter Berufung auf Zeugen schreibt die Redaktion, er sei im Gerichtssaal durch aggressives Verhalten aufgefallen. In der Bildergalerie wird auch das Foto des Opfers gezeigt. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Wiedergabe der Fotos des Opfers und des mutmaßlichen Täters. Das verstoße gegen Persönlichkeitsrechte. Im Bericht werde außerdem erwähnt, dass der mutmaßliche Täter einen Schlaganfall erlitten habe. Auch das sei ein Verstoß gegen den Pressekodex. Die Rechtsabteilung der Zeitung spricht von einem besonderen zeitgeschichtlichen Ereignis von überregionaler Relevanz. Nicht nur, dass ein Vertreter der öffentlichen Anklage getötet worden sei. Die Medien hätten bundesweit – auch mit entsprechender Bebilderung – über den Fall berichtet. Das Ausmaß der Tat rechtfertige die Annahme „besonderer Begleitumstände“ im Sinne von Richtlinie 8.1, Absatz 2, des Pressekodex. Das gelte für den Todesschützen ebenso wie für den erschossenen Staatsanwalt. Auch die Textberichterstattung über den Schlaganfall des mutmaßlichen Täters sei nicht zu beanstanden. Es handele sich um eine Tatsachenbehauptung, die geeignet sei, sich über Tat und Täter ein besseres Bild zu machen.
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Eine Regionalzeitung berichtet ausführlich und mit vielen Details über ein Verbrechen. Die Überschrift lautet „Lebensgefährtin vergewaltigt“. Der Täter sei äußerst brutal vorgegangen, habe gefährliches Werkzeug verwendet, das Opfer misshandelt und ihm gesundheitliche Schäden zugefügt. Die Zeitung schreibt, der Mann habe seine Lebensgefährtin brutal im Genitalbereich verletzt. Er soll gesagt haben: „Ich reiße Dich auf wie ein Westpaket“. Bei anderer Gelegenheit habe er sein Opfer in der Wohnung niedergeschlagen. Als die Frau habe flüchten wollen, habe der Mann sie am Hosenbund hochgehoben und dann fallenlassen, so dass sie sich einen Unterarm brach. Ihm wird außerdem vorgeworfen, die sich heftig wehrende Frau mit einem Gegenstand vergewaltigt zu haben. Das Missbrauchsopfer lässt sich bei seiner Beschwerde von einer Anwältin vertreten. Die Frau sieht ihre Persönlichkeitsrechte verletzt. Es bestehe kein öffentliches Interesse an den Tatdetails. Sie sei durch den Artikel für andere erkennbar. Arbeitskollegen hätten sie nach dem Erscheinen des Artikels auf den Fall angesprochen. Der Artikel diene nicht der Information, sondern ausschließlich der Befriedigung von Sensationsbedürfnissen. Die Rechtsvertretung der Zeitung beruft sich auf die in zunächst öffentlicher Sitzung erfolgte Verlesung der Anklageschrift. Es sei zulässig, darüber zu berichten. Die Zeitung weist den Vorwurf zurück, den gesamten Inhalt der Anklageschrift wiedergegeben zu haben. Nur die wesentlichen und das öffentliche Interesse begründeten Tatmerkmale seien kurz dargestellt worden. Dies sei jeweils sehr sachlich im Sinne einer klassischen Nachricht erfolgt. Im persönlichen Gespräch mit der Beschwerdeführerin habe sich die Redaktion bereit erklärt, den Bericht in der Online-Ausgabe zu löschen. Das sei auch im online zugänglichen Printarchiv der Zeitung geschehen. Die Redakteure der Zeitung seien erneut dafür sensibilisiert worden, bei der Berichterstattung über das Strafverfahren auf eine Identifizierbarkeit zu verzichten.
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„Pole begräbt Ex-Freundin bei lebendigem Leib“ – unter dieser Überschrift berichtet eine überregionale Zeitung über ein Verbrechen. Ein Mann mit polnischer Staatsangehörigkeit sei in Großbritannien zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte versucht, seine Ex-Freundin lebendig zu begraben, doch habe sich die Frau befreien können. Drei Fotos illustrieren den Beitrag. Eines zeigt den Tatort, eines den Täter und das dritte das Opfer. Beide werden im Bildtext namentlich genannt. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Nennung der Nationalität des Täters. Er sieht darin einen Verstoß gegen die Ziffer 12 des Pressekodex (Diskriminierung). Der Beschwerdeausschuss erweitert das Verfahren auf die Ziffer 8 (Persönlichkeitsrechte). Dabei liegt der Fokus auf der Namensnennung und Abbildung von Opfer und Täter. Der Chefredakteur der Zeitung weist den Vorwurf der Diskriminierung zurück. Die Tat sei in England verübt worden, doch sei der Täter kein Brite. Mit der Nennung werde eine Tatsache sachlich wiedergegeben, die zum Verständnis des Vorganges notwendig gewesen sei. Die Redaktion sei dadurch ihrer Pflicht zur wahrhaftigen Unterrichtung der Öffentlichkeit gerecht geworden. Es handele sich bei polnischen Staatsbürgern nicht um eine schutzbedürftige Minderheit, sondern um Mitglieder der europäischen Union.
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Eine Zeitschrift, die sich vornehmlich dem Thema „Waffen“ widmet, berichtet über einen Amoklauf im belgischen Lüttich. Überschrift: „Belgischer Amoktäter ein marokkanischer Migrant“. Es geht um die Hintergründe der Tat und die Motive des Täters. Im Beitrag übt die Redaktion Kritik an anderen Medien, die sich auf das Tatwerkzeug („Waffennarr“) konzentrierten und nicht auf den ethnischen Hintergrund. Zusammen mit dem Beitrag erscheint ein Kommentar des Chefredakteurs unter der Überschrift „Seltsame Stille bei Waffengegnern“. Der Autor schreibt, kein Belgier habe die Tat begangen, sondern ein „gefährlicher afrikanischer Verbrecher“, bei dem es sich nicht um einen Waffennarren handele. Der Chefredakteur zitiert einen österreichischen Waffenrechtler, dessen Äußerung er als „bissig“ bezeichnet („Wahrscheinlich eine kultursensible Erziehungsmaßnahme einer noch nicht ganz so gut integrierten Fachkraft, mit der wir halt leben müssen.“) Ein Leser der Zeitschrift sieht eine Diskriminierung nach Ziffer 12 des Pressekodex. Beitrag und Kommentar bildeten einen Nährboden für Hass gegen Migranten. Diese würden pauschal als Straftäter stigmatisiert. Für sehr problematisch hält es der Beschwerdeführer, dass der Kommentator einen österreichischen „Waffenlobbyisten“ zitiere. Der Chefredakteur der Zeitschrift teilt mit, im Nachrichtenbeitrag würden lediglich einige belegte Fakten zur Person des Täters mitgeteilt. Von Diffamierung könne keine Rede sein. Zum Kommentar schreibt er, es sei das gute Recht der Redaktion, die Berichterstattung anderer Medien zu kritisieren. Angesichts der Beiträge öffentlich-rechtlicher Medien über die Tat von Lüttich, in denen die Rede von einem belgischen Waffennarren gewesen sei, sei die Kritik gerechtfertigt. Subtil seien Bezüge zur Waffenindustrie in Lüttich hergestellt worden, sowie zu Bürgern, die privat und legal Waffen besäßen. Diese Sichtweise gehe völlig an der Realität vorbei und stelle eine Diffamierung hunderttausender Sportschützen, Waffensammler und Jäger dar. Der zitierte Österreicher sei ein erfahrener Jurist. Ihn als „Waffenlobbyisten“ zu bezeichnen, gehe völlig an der Realität vorbei. Der Mann sei für seine bissigen, teilweise satireartigen, zugespitzten Stellungnahmen bekannt. Es sei unseriös, ihm Ausländerfeindlichkeit zu unterstellen. (0026/12/1)
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Weihnachten in einer Justizvollzugsanstalt ist Thema in einer Regionalzeitung. Die Überschrift des Beitrages lautet: „Weihnachten kocht die härtesten Jungs weich“. Die Redaktion lässt Gefangene zu Wort kommen und gibt Einblick in die Abläufe während der Weihnachtstage. Eine Passage aus dem Bericht: „Weihnachten muss sein. Auch in einem Gefängnis wie (…), und deshalb hat Anstaltsleiter (…) für den heutigen Tag ein kleines Geschenk für die meisten der 400 Häftlinge. Statt eines Hofgangs gibt es deren zwei, wer mag und darf, kann sich mit einem oder zwei Mitgefangenen zum Kartenspielen in seiner Zelle treffen und zum Mischbrot am Abend gibt´s paniertes Schnitzel.“ Ein beigefügtes Foto zeigt einen Adventskranz in einem Gefangenentrakt. Die Bildunterschrift lautet: „Der Adventskranz ist das Symbol für die Zeit des Wartens und des Erwartens: Für Strafgefangene ist die Weihnachtszeit im Gefängnis auch deshalb besonders schwierig.“ Ein Leser der Zeitung weist auf mehrere Fehler hin. Der Beitrag suggeriere, der Anstaltsleiter habe für die Insassen ein kleines Geschenk zu Weihnachten. Ein zweiter Hofgang sei jedoch an jedem Samstag obligatorisch. Der Hofgang sei am Weihnachtstag zugunsten eines Kirchgangs am Nachmittag sogar um eine Stunde gekürzt worden. Es sei falsch, wenn behauptet werde, zu Weihnachten werde etwas gewährt, was sonst nicht der Fall sei. Ebenso obligatorisch sei, dass die Häftlinge sich jeden Tag mit anderen Gefangenen treffen könnten. Die Beschwerdeführer hält der Redaktion außerdem die Behauptung vor, die meisten Gefangenen säßen bis nach Dreikönig ohne Arbeit in ihren Zellen. Dies sei falsch. Schon zwei Tage nach Heiligabend seien die Werkstätten wieder geöffnet worden. Der Beschwerdeführer kritisiert auch das Foto. Es sei nicht als Symbolfoto gekennzeichnet und zeige nicht das Innere dieser JVA. Diesen Eindruck erwecke jedoch das Bild beim Leser, da die entsprechende Erläuterung fehle. Chefredaktion und Rechtsabteilung der Zeitung berichten von einem Gespräch, das die Autorin mit dem Leiter der Haftanstalt geführt habe. Sie habe ihren Gesprächspartner so verstanden, dass es sich hier um Vergünstigungen zu Weihnachten handele und diese nicht darauf zurückzuführen seien, dass Heiligabend diesmal auf einen Samstag gefallen sei. Die Redakteurin habe die im Gespräch genannten Vergünstigungen beschrieben, weil sie davon ausgegangen sei, dass jeder Anstaltsleiter einen Ermessensspielraum habe. Die Aussage „die Werkstätten blieben bis nach Dreikönigstag geschlossen“ habe sich in der Tat als objektiv unzutreffend herausgestellt. Hier handele es sich um ein trotz aller Sorgfalt mögliches Missverständnis. Beim Foto werde schon aus der Quellenangabe (kirchensite.de) ersichtlich, dass es sich um kein dokumentarisches Bild aus der beschriebenen JVA handele. Daher habe sich ein gesonderter Hinweis auf seinen Symbolcharakter erübrigt.
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Eine Tageszeitung veröffentlicht eine Meinungsumfrage zur Kritik von Datenschützern am Facebook-„Gefällt mir“-Button. Die Frage lautet: „Datenschützer kritisieren Facebooks ´Gefällt mir´-Button – welche Konsequenzen sollten gezogen werden?“ Die Umfrageteilnehmer können sich für eine von vier möglichen Antworten entscheiden. 1. „Es sollte eine Alternative durchgesetzt werden, bei der Daten nicht automatisch gespeichert werden.“ 2. „Eine freiwillige Selbstverpflichtung zu mehr Transparenz und Datenschutz der sozialen Netzwerke ist ausreichend.“ 3. „Es muss ein einheitliches europäisches Recht geben, mit dem die Datenschutzgesetze geregelt werden.“ 4. „Alles sollte so bleiben wie bisher, jeder ist selbst dafür verantwortlich ob er den ´Gefällt mir´-Button anklickt oder nicht.“ Wenn man den Button „ABSTIMMEN“ anklickt, sieht man, dass 34 Prozent der Abstimmenden mit 804 Stimmen für die erste Antwort gestimmt haben. Für die zweite Antwort hat sich mit 19 Stimmen ein Prozent der Teilnehmer entschieden. 834 Nutzer und damit 36 Prozent stimmten für Antwort drei. 693 Nutzer entschieden sich für die vierte Antwort. Einer der Nutzer des Online-Portals der Zeitung kritisiert die vierte Antwortmöglichkeit. Er habe die Redaktion mehrmals darauf hingewiesen, dass diese gleich in mehrfacher Hinsicht gegen den Pressekodex verstoße. Nach seiner Meinung beschäftige sich die Zeitung nicht kritisch genug mit dem Thema Facebook. Der Beschwerdeführer sieht einen Interessenkonflikt. Die Zeitung betreibe ein Facebook-Profil und werbe aus Marketing-Gründen um Zustimmung durch den „Gefällt mir“-Button. Außerdem suggeriere die Zeitung, dass Daten erst dann an Facebook übermittelt würden, wenn der Button angeklickt werde. Dies stimme aber nicht. Die Daten würden bereits durch den eingebundenen iFrame beim Laden der Seite an Facebook übermittelt. Die Vorwürfe des Beschwerdeführers gehen noch weiter. Die journalistische Sorgfaltspflicht (Ziffer 2 Pressekodex) sei dadurch verletzt worden, dass die Zeitung auf die aus seiner Sicht korrigierenden Hinweise auf Umfragefehler nicht reagiert habe. Schließlich sei Ziffer 2, Richtlinie 2.6, dadurch verletzt worden, dass die Redaktion keinen seiner Kommentare und Leserbriefe veröffentlicht habe. Am Ende sieht der Beschwerdeführer auch Ziffer 7 (Trennungsgebot) verletzt. Bei dem Internetauftritt handele es sich um ein Marketinginstrument der Zeitung. Dieses werde genutzt, ohne dass man sich kritisch mit dem Thema Facebook auseinandersetze. Der Leiter Community-Redaktion und Entwicklung der Zeitung weist den Vorwurf zurück, die Zeitung berichte aus Eigeninteresse unkritisch über Facebook und andere Internetkonzerne. Er verweist auf verschiedene Links, unter denen man kritische und informative Artikel zu diesem Themen findet. Im Zusammenhang mit der kritisierten Umfrage zum Thema „Datenschutz bei Facebook“ sehe die Redaktion keinen Anlass für eine Korrektur der vierten Antwortmöglichkeit. Es bewege sich im Rahmen der Meinungsfreiheit, wenn sich jemand dafür ausspreche, die Dinge so zu lassen, wie sie sind. Der Beschwerdeführer sei nach mehreren anmaßenden Kommentaren gegenüber anderen Nutzern und der Redaktion aus der Online-Community ausgeschlossen worden. Der Redaktion seien Manipulation und Lüge unterstellt worden. Andere Nutzer habe der Beschwerdeführer herabwürdigend angesprochen.
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Eine Boulevardzeitung druckt einen Artikel mit der Überschrift „Dieses Sex-Schwein quälte Opfer 21 Stunden lang“. Es geht um die Gerichtsverhandlung gegen einen Mann, der sich wegen Vergewaltigung zu verantworten hat. Der Angeklagte wird als „Sex-Schwein“, „Sex-Monster“ und „Sex-Bestie“ bezeichnet. Die Zeitung veröffentlicht ein Foto von dem Mann. Ein Leser der Zeitung erhebt mehrere Vorwürfe. Die Menschenwürde des Angeklagten werde verletzt, indem er in die Nähe von Tieren gerückt werde. Durch die Veröffentlichung des Bildes werde das Persönlichkeitsrecht des Mannes verletzt. Letzter Vorwurf: Die Berichterstattung sei unangemessen sensationell. Die Rechtsabteilung der Zeitung berichtet, der Angeklagte sei wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung schon vor Jahren verurteilt und in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen worden. Später habe ihn ein Gutachter als ungefährlich eingestuft und damit seine Entlassung ermöglicht. Anschließend sei er zweimal rückfällig geworden. Die Folge: Eine Verurteilung zu 14 Jahren und sechs Monaten Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung. Im Rahmen der Urteilsverkündung habe der Richter ihn als „perversen Sadisten“ bezeichnet. Die vom Beschwerdeführer kritisierten Bezeichnungen in Überschrift und Text hält die Zeitung für zulässig. Wer sich wie der Angeklagte schwerster Verbrechen mit sexuellem Hintergrund schuldig mache, dürfe nach herrschenden Moralvorstellungen durchaus als Schwein, Monster oder Bestie bezeichnet werden. Die Rechtsabteilung verweist auf Referenzfälle, bei denen der Presserat angesichts ähnlich gelagerter Taten vergleichbare Formulierungen unter presseethischen Gesichtspunkten akzeptiert habe. Sie verweist weiterhin auf besondere Begleitumstände im Sinne der Richtlinie 8.1, Absatz 2. Den Vorwurf der unangemessen sensationellen Berichterstattung im Sinne der Ziffer 11 des Pressekodex weist die Zeitung zurück. Der Beitrag sei an der einen oder anderen Stelle boulevardmäßig zugespitzt. Letztlich gebe er jedoch wahrheitsgetreu und korrekt die Tatsachen wieder. Die Grenze zu einer Sensationsberichterstattung sei somit nicht überschritten. Die Veröffentlichung des Bildes des Angeklagten hält die Zeitung für zulässig. Wer den Rechtsfrieden breche, müsse grundsätzlich auch dulden, dass das von ihm erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf den dafür üblichen Wegen befriedigt werde.
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In einer rheinischen Großstadt wird dem Senatspräsidenten einer Karnevalsgesellschaft der Vorwurf gemacht, er habe in seiner zusätzlichen Eigenschaft als Domschweizer Geld an sich genommen, das Besucher für die Kathedrale gespendet hätten. Eine Zeitung berichtet über den Fall. Domschweizer sollen in der Kirche für Sicherheit und Ordnung sorgen. Rund 20 von ihnen gebe es. Einige von ihnen seien hauptberuflich tätig. Der Verdächtige, so berichtet die Zeitung weiter, habe sich in Bayern einen Nachschlüssel für die Geld-Boxen anfertigen lassen. Seine Machenschaften seien Kollegen aufgefallen. Nach neun Jahren im Vorstand der Karnevalsgesellschaft sei er aus dieser ausgetreten, um Schaden von ihr abzuwenden. Ein Leser der Zeitung sieht die Persönlichkeitsrechte des Mannes verletzt. Erst nach mehreren Beschwerden von Lesern sei der Name des Beschuldigten in der Online-Ausgabe abgekürzt worden. Vorher habe die Zeitung gedruckt und online den Namen vollständig veröffentlicht. Durch seine bisherige Position im Karneval sei er jedoch weiterhin identifizierbar. Die Rechtsabteilung der Zeitung nimmt Stellung. Der Mann werde einer leichteren bis mittleren Straftat beschuldigt. Die Tat rücke jedoch aufgrund der besonderen Umstände in den Fokus der Öffentlichkeit. Die herausragende Rolle eines Domschweizers – in seiner roten Robe leicht erkennbar und als Träger der ihm anvertrauten Ordnungsfunktion eine Respekts - und Vertrauensperson – macht ihn mit einem „Mandatsträger“ im Sinne der Richtlinie 8.1, Absatz 5, vergleichbar. Wenn jemand in dieser besonderen Position den Dom beklaue, und so das in ihn gesetzte Vertrauen missbrauche, müsse er es hinnehmen, dass sich die Öffentlichkeit für ihn interessiere. Der Beschuldigte sei in seiner Doppelfunktion gleich zweimal eine Person des öffentlichen Lebens.
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