Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6739 Entscheidungen
„Ließ der Gondoliere deutschen Urlauber im Stich?“ titelt die Onlineausgabe einer Boulevardzeitung. Es geht um den tödlichen Unfall eines deutschen Richters während einer Gondelfahrt in Venedig. Beim Zusammenstoß mit einem Motorboot war der Vater von drei kleinen Kindern tödlich verletzt worden. Der Autor erwähnt Vornamen, abgekürzte Nachnamen und Alter des Verstorbenen und seiner Frau. Eines von drei Fotos zeigt den Verstorbenen im Porträt, auf einem weiteren Bild ist zu sehen, wie die Ehefrau unter den Augen von zwei Kindern ihren liegenden Mann im Arm hält. Das dritte Foto zeigt die Frau und Kinder beim Betreten des deutschen Konsulats in Venedig am Tag nach dem Unfall. Die Gesichter der Beteiligten sind auf den beiden Szenenfotos nicht zu erkennen. Mehrere Beschwerdeführer aus dem Nutzerkreis der Zeitung sehen mehrere presseethische Grundsätze verletzt. Sie kritisieren eine nach ihrer Ansicht vorliegende Sensationsberichterstattung, die die grauenhaften Details des Unfalls erwähne, sowie die Witwe und die minderjährigen Kindern in traumatischen Situationen abbilde. Sie haben die Sorge, dass die Familie nach ihrer Rückkehr nach Deutschland weiter traumatisiert werde. Die Berichterstattung diene nicht der Information der Öffentlichkeit, sondern befriedige allein die Sensationslust. Die Zeitung hat die kritisierten Fotos gleich nach ihrer ersten Veröffentlichung aus dem Internetangebot entfernt, schreibt die Rechtsvertretung des Verlages in ihrer Stellungnahme. Dies sei nicht etwa „auf Druck von Anwaltsseite“ geschehen, wie von einer der Beschwerdeführerin vermutet, sondern aus eigenen Stücken. Dennoch besteht die Zeitung darauf, dass die Berichterstattung gerechtfertigt und zulässig gewesen sei. Ein derartiger Unfall in der Lagunenstadt sei von großem öffentlichem Interesse gewesen. Die Rechtsvertretung vertritt die Auffassung, dass Persönlichkeitsrechte der Betroffenen nicht berührt worden seien. Die umgehend entfernten Fotos hätten die Familienmitglieder nicht identifizierbar gemacht. Als einzige personenbezogene Informationen über die Ehefrau seien deren Vorname, der abgekürzte Familienname sowie ihr Alter genannt worden. Nähere Bezeichnungen der Kinder seien nicht enthalten. Auch der Verunglückte selbst sei nur mit Vornamen, abgekürztem Familiennamen, dem Alter, der Berufsbezeichnung sowie der Herkunft aus Baden-Württemberg beschrieben worden. Die Redaktion habe damit das für Presseberichte übliche und angemessene Maß der Anonymisierung geachtet.
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„Ließ der Gondoliere deutschen Urlauber im Stich?“ titelt die Onlineausgabe einer Boulevardzeitung. Es geht um den tödlichen Unfall eines deutschen Richters während einer Gondelfahrt in Venedig. Beim Zusammenstoß mit einem Motorboot war der Vater von drei kleinen Kindern tödlich verletzt worden. Der Autor erwähnt Vornamen, abgekürzte Nachnamen und Alter des Verstorbenen und seiner Frau. Eines von drei Fotos zeigt den Verstorbenen im Porträt, auf einem weiteren Bild ist zu sehen, wie die Ehefrau unter den Augen von zwei Kindern ihren liegenden Mann im Arm hält. Das dritte Foto zeigt die Frau und Kinder beim Betreten des deutschen Konsulats in Venedig am Tag nach dem Unfall. Die Gesichter der Beteiligten sind auf den beiden Szenenfotos nicht zu erkennen. Mehrere Beschwerdeführer aus dem Nutzerkreis der Zeitung sehen mehrere presseethische Grundsätze verletzt. Sie kritisieren eine nach ihrer Ansicht vorliegende Sensationsberichterstattung, die die grauenhaften Details des Unfalls erwähne, sowie die Witwe und die minderjährigen Kindern in traumatischen Situationen abbilde. Sie haben die Sorge, dass die Familie nach ihrer Rückkehr nach Deutschland weiter traumatisiert werde. Die Berichterstattung diene nicht der Information der Öffentlichkeit, sondern befriedige allein die Sensationslust. Die Zeitung hat die kritisierten Fotos gleich nach ihrer ersten Veröffentlichung aus dem Internetangebot entfernt, schreibt die Rechtsvertretung des Verlages in ihrer Stellungnahme. Dies sei nicht etwa „auf Druck von Anwaltsseite“ geschehen, wie von einer der Beschwerdeführerin vermutet, sondern aus eigenen Stücken. Dennoch besteht die Zeitung darauf, dass die Berichterstattung gerechtfertigt und zulässig gewesen sei. Ein derartiger Unfall in der Lagunenstadt sei von großem öffentlichem Interesse gewesen. Die Rechtsvertretung vertritt die Auffassung, dass Persönlichkeitsrechte der Betroffenen nicht berührt worden seien. Die umgehend entfernten Fotos hätten die Familienmitglieder nicht identifizierbar gemacht. Als einzige personenbezogene Informationen über die Ehefrau seien deren Vorname, der abgekürzte Familienname sowie ihr Alter genannt worden. Nähere Bezeichnungen der Kinder seien nicht enthalten. Auch der Verunglückte selbst sei nur mit Vornamen, abgekürztem Familiennamen, dem Alter, der Berufsbezeichnung sowie der Herkunft aus Baden-Württemberg beschrieben worden. Die Redaktion habe damit das für Presseberichte übliche und angemessene Maß der Anonymisierung geachtet.
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„Keine Ruhe im Problemhochhaus“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung online über ein Gebäude, in dem überwiegend Armutseinwanderer leben. Die Zeitung nennt die genaue Adresse und teilt mit, dass in dem Hochhaus zurzeit „rund 1400 Rumänen und Bulgaren“ wohnen. Die Zeitung spricht von angeblich unhygienischen Zuständen. Wörtlich schreibt sie: „Täglich (manchmal mehrmals) versuchen die Wirtschaftsbetriebe, den Müllbergen Herr zu werden. (…) In den Tonnen findet sich bisweilen auch Ekliges wie Überreste von geschlachteten Tieren“. Und weiter: „Die Bewohner danach zu fragen, ist unmöglich. Wer das verdreckte und verschmierte Treppenhaus betritt und nicht dazu gehört, wird im günstigsten Fall nur beschimpft und bespuckt, im schlimmsten mit Kot beworfen.“ Eine andere Passage aus dem Bericht der Zeitung: „Ein kleines Kind, zwei Jahre vielleicht, saß unbekleidet im verdreckten Hinterhof des Gebäudekomplexes. (…) Um das Kind herum türmte sich der Müll. Auf dem Dach würden Schafe gehalten. Drei Leser der Online-Ausgabe wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Die Zeitung hat nach ihrer Ansicht falsch, einseitig und ohne ausreichend belegte Quellen berichtet. So sei es gar nicht möglich, in dem Gebäudekomplex 1400 Menschen unterzubringen. Die Redaktion habe bewusst Informationen dramatisiert. Glaube man der Zeitung, seien die dort untergebrachten Menschen Schuld an den Zuständen. Ihr Elend werde nicht thematisiert. Der Text schüre Vorurteile und diffamiere eine Bevölkerungsgruppe, indem der Autor Sinti und Roma aus Bulgarien bzw. Rumänien pauschal mit Diebstahl, Raub und unhygienischen Verhaltensweisen in Verbindung bringe. Über den Hintergrund dieser Menschen und ihre Probleme schweige die Zeitung. Für die Zeitung nimmt deren Chef vom Dienst Stellung. Der beanstandete Artikel unterscheide im Gegensatz zu den Behauptungen der Beschwerdeführer genau zwischen belegbaren Tatsachen, Vermutungen und Gerüchten. Nirgendwo im Beitrag stehe die beanstandete Passage, wonach die Bewohner des Hauses sich ihre Situation selbst zuzuschreiben hätten. Die beiden Verfasser des Artikels hätten bei zwei verschiedenen Gelegenheiten selbst erlebt, dass mit Kot verdreckte Windeln in ihre Richtung geflogen seien. Der Chef vom Dienst stellt die Frage, ob eine Leserin aus Bremen besser wisse, was in einem Hochhaus im Ruhrgebiet los sei. Der Vorwurf, Sinti und Roma zu diskriminieren, sei unbegründet. In dem Bericht sei lediglich von Bulgaren und Rumänen die Rede. Der Chef vom Dienst stellt fest, dass die im Bericht genannte Zahl von 1400 Hausbewohnern von der Polizei stamme. Er zitiert den Landesinnenminister, der anlässlich einer Demonstration gegen Rechtsextremisten vor dem Hochhaus gesagt habe, man müsse gegen Vermieter vorgehen, die eine Wohnung „an mehrere Dutzend Bewohner“ vermieteten. (2013)
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„Keine Ruhe im Problemhochhaus“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung online über ein Gebäude, in dem überwiegend Armutseinwanderer leben. Die Zeitung nennt die genaue Adresse und teilt mit, dass in dem Hochhaus zurzeit „rund 1400 Rumänen und Bulgaren“ wohnen. Die Zeitung spricht von angeblich unhygienischen Zuständen. Wörtlich schreibt sie: „Täglich (manchmal mehrmals) versuchen die Wirtschaftsbetriebe, den Müllbergen Herr zu werden. (…) In den Tonnen findet sich bisweilen auch Ekliges wie Überreste von geschlachteten Tieren“. Und weiter: „Die Bewohner danach zu fragen, ist unmöglich. Wer das verdreckte und verschmierte Treppenhaus betritt und nicht dazu gehört, wird im günstigsten Fall nur beschimpft und bespuckt, im schlimmsten mit Kot beworfen.“ Eine andere Passage aus dem Bericht der Zeitung: „Ein kleines Kind, zwei Jahre vielleicht, saß unbekleidet im verdreckten Hinterhof des Gebäudekomplexes. (…) Um das Kind herum türmte sich der Müll. Auf dem Dach würden Schafe gehalten. Drei Leser der Online-Ausgabe wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Die Zeitung hat nach ihrer Ansicht falsch, einseitig und ohne ausreichend belegte Quellen berichtet. So sei es gar nicht möglich, in dem Gebäudekomplex 1400 Menschen unterzubringen. Die Redaktion habe bewusst Informationen dramatisiert. Glaube man der Zeitung, seien die dort untergebrachten Menschen Schuld an den Zuständen. Ihr Elend werde nicht thematisiert. Der Text schüre Vorurteile und diffamiere eine Bevölkerungsgruppe, indem der Autor Sinti und Roma aus Bulgarien bzw. Rumänien pauschal mit Diebstahl, Raub und unhygienischen Verhaltensweisen in Verbindung bringe. Über den Hintergrund dieser Menschen und ihre Probleme schweige die Zeitung. Für die Zeitung nimmt deren Chef vom Dienst Stellung. Der beanstandete Artikel unterscheide im Gegensatz zu den Behauptungen der Beschwerdeführer genau zwischen belegbaren Tatsachen, Vermutungen und Gerüchten. Nirgendwo im Beitrag stehe die beanstandete Passage, wonach die Bewohner des Hauses sich ihre Situation selbst zuzuschreiben hätten. Die beiden Verfasser des Artikels hätten bei zwei verschiedenen Gelegenheiten selbst erlebt, dass mit Kot verdreckte Windeln in ihre Richtung geflogen seien. Der Chef vom Dienst stellt die Frage, ob eine Leserin aus Bremen besser wisse, was in einem Hochhaus im Ruhrgebiet los sei. Der Vorwurf, Sinti und Roma zu diskriminieren, sei unbegründet. In dem Bericht sei lediglich von Bulgaren und Rumänen die Rede. Der Chef vom Dienst stellt fest, dass die im Bericht genannte Zahl von 1400 Hausbewohnern von der Polizei stamme. Er zitiert den Landesinnenminister, der anlässlich einer Demonstration gegen Rechtsextremisten vor dem Hochhaus gesagt habe, man müsse gegen Vermieter vorgehen, die eine Wohnung „an mehrere Dutzend Bewohner“ vermieteten.
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„Keine Ruhe im Problemhochhaus“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung online über ein Gebäude, in dem überwiegend Armutseinwanderer leben. Die Zeitung nennt die genaue Adresse und teilt mit, dass in dem Hochhaus zurzeit „rund 1400 Rumänen und Bulgaren“ wohnen. Die Zeitung spricht von angeblich unhygienischen Zuständen. Wörtlich schreibt sie: „Täglich (manchmal mehrmals) versuchen die Wirtschaftsbetriebe, den Müllbergen Herr zu werden. (…) In den Tonnen findet sich bisweilen auch Ekliges wie Überreste von geschlachteten Tieren“. Und weiter: „Die Bewohner danach zu fragen, ist unmöglich. Wer das verdreckte und verschmierte Treppenhaus betritt und nicht dazu gehört, wird im günstigsten Fall nur beschimpft und bespuckt, im schlimmsten mit Kot beworfen.“ Eine andere Passage aus dem Bericht der Zeitung: „Ein kleines Kind, zwei Jahre vielleicht, saß unbekleidet im verdreckten Hinterhof des Gebäudekomplexes. (…) Um das Kind herum türmte sich der Müll. Auf dem Dach würden Schafe gehalten. Drei Leser der Online-Ausgabe wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Die Zeitung hat nach ihrer Ansicht falsch, einseitig und ohne ausreichend belegte Quellen berichtet. So sei es gar nicht möglich, in dem Gebäudekomplex 1400 Menschen unterzubringen. Die Redaktion habe bewusst Informationen dramatisiert. Glaube man der Zeitung, seien die dort untergebrachten Menschen Schuld an den Zuständen. Ihr Elend werde nicht thematisiert. Der Text schüre Vorurteile und diffamiere eine Bevölkerungsgruppe, indem der Autor Sinti und Roma aus Bulgarien bzw. Rumänien pauschal mit Diebstahl, Raub und unhygienischen Verhaltensweisen in Verbindung bringe. Über den Hintergrund dieser Menschen und ihre Probleme schweige die Zeitung. Für die Zeitung nimmt deren Chef vom Dienst Stellung. Der beanstandete Artikel unterscheide im Gegensatz zu den Behauptungen der Beschwerdeführer genau zwischen belegbaren Tatsachen, Vermutungen und Gerüchten. Nirgendwo im Beitrag stehe die beanstandete Passage, wonach die Bewohner des Hauses sich ihre Situation selbst zuzuschreiben hätten. Die beiden Verfasser des Artikels hätten bei zwei verschiedenen Gelegenheiten selbst erlebt, dass mit Kot verdreckte Windeln in ihre Richtung geflogen seien. Der Chef vom Dienst stellt die Frage, ob eine Leserin aus Bremen besser wisse, was in einem Hochhaus im Ruhrgebiet los sei. Der Vorwurf, Sinti und Roma zu diskriminieren, sei unbegründet. In dem Bericht sei lediglich von Bulgaren und Rumänen die Rede. Der Chef vom Dienst stellt fest, dass die im Bericht genannte Zahl von 1400 Hausbewohnern von der Polizei stamme. Er zitiert den Landesinnenminister, der anlässlich einer Demonstration gegen Rechtsextremisten vor dem Hochhaus gesagt habe, man müsse gegen Vermieter vorgehen, die eine Wohnung „an mehrere Dutzend Bewohner“ vermieteten.
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März 2012. Christian Wulff ist als Bundespräsident zurückgetreten. Die Bundeswehr verabschiedet ihn mit einem Großen Zapfenstreich. Die Gästeliste ist zunächst geheim. Deutschlandweit werden diese Fragen diskutiert: Wer steht – außer denen, die von Amts wegen quasi automatisch dazugehören – noch auf der Liste? Wer kommt, wer kommt nicht? Wer sagt zu, wer sagt ab? Wer sind die Leute, die Wulff auch nach dem Rücktritt so verbunden sind, dass er sie dabei haben will? Wer distanziert sich so von ihm, dass er oder sie beim Zapfenstreich gar nicht mehr dabei sein will? Die Online-Redaktion einer Boulevardzeitung schafft es, an die Liste heranzukommen. Sie veröffentlicht die Namen der Eingeladenen. Ein Leser der Zeitung sieht die Persönlichkeitsrechte der Genannten nach Ziffer 8 des Pressekodex verletzt. Er vermutet, dass die Eingeladenen nicht um die Einwilligung zur Veröffentlichung ihrer Namen gebeten worden seien. Die Rechtsabteilung der Zeitung kontert die Beschwerde mit der Anmerkung, die Redaktion habe das ihr obliegende Wächteramt geradezu vorbildlich ausgeübt. Auch und gerade durch die beharrlichen Recherchen der Zeitung seien Vorgänge aufgedeckt worden, die letztlich zur Aufhebung der Immunität des damaligen Bundespräsidenten und damit zu dessen Rücktritt geführt hätten. Dabei habe es sich – so die Zeitung weiter – um einen einmaligen Vorgang in der Geschichte der Bundesrepublik gehandelt. Die beanstandete Berichterstattung habe in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Abgang Wulffs und dem Großen Zapfenstreich gestanden. Diese Veranstaltung habe in Deutschland eine rege öffentliche Diskussion ausgelöst. „In Folge einer investigativen Leistung“ sei die Redaktion an die im Bundespräsidialamt geführte Liste der Teilnehmer gelangt. Eine der Redaktion vorgeworfene Verletzung von Persönlichkeitsrechten scheide schon deshalb aus, weil durch die zahlreichen Medienvertreter vor Ort ohnehin bekannt geworden wäre, wer anwesend gewesen sei. Die Zeitung habe daher entsprechend der Chronistenpflicht über ein zeitgeschichtliches Ereignis berichtet.
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In einer Lokalzeitung erscheint ein Leserbrief. Es geht darin um ein lokales Thema. Unter dem Brief stehen der volle Name der Einsenderin und ihre vollständige Adresse. Die Frau ist in diesem Fall Beschwerdeführerin. Die Wiedergabe ihrer als Leserbrief bezeichneten E-Mail mit vollem Namen und Adresse verstoße gegen Richtlinie 2.6, Absatz 3, des Pressekodex. Nach der Veröffentlichung – so die Frau weiter – habe sie einen anonymen Drohbrief erhalten. Der Redaktionsleiter berichtet, es sei bei seiner Zeitung üblich, Leserbriefe mit voller Adresse abzudrucken. Außerdem stehe in der Zeitung bei Leserbrief-Veröffentlichungen regelmäßig der Zusatz, anonyme Briefe würden nicht abgedruckt. Der Redaktionsleiter glaubt nicht, dass sich die Beschwerdeführerin so sehr über den Abdruck ihrer vollständigen Adresse geärgert habe. Aus den Anlagen werde eher ersichtlich, dass sie mit der nachfolgenden Stellungnahme eines Redakteurs zu dem von ihr angeschnittenen Thema nicht einverstanden gewesen sei. Zum Vorwurf, gegen den Datenschutz verstoßen zu haben, äußert er lediglich, dass er der Beschwerdeführerin am Telefon gesagt habe, dass die Redaktion Leserbriefe nur mit vollem Namen und vollständiger Adresse veröffentliche.
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Zwei Nachbarn streiten sich über die Aufstellung einer hölzernen Trennwand zwischen ihren angrenzenden Gärten. Ein Lokalblatt berichtet und nennt den Namen der Eigentümerin des Grundstücks, auf dem die Trennwand steht. Drei Fotos zeigen ihr Haus und ihren Garten. Die Frau wird mit ihrer Sicht der Dinge mehrfach wörtlich zitiert. Sie ist in diesem Fall die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin. Die Veröffentlichung der Fotos und die Nennung ihres vollen Namens seien nicht mit ihr abgestimmt worden. Im Gegenteil habe sie die Redaktion per E-Mail aufgefordert, den geplanten Artikel nicht zu veröffentlichen und ihren Namen nicht zu nennen. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, die Beschwerdeführerin habe sich an die Redaktion gewandt und der für ihren Bereich zuständigen Redakteurin den Nachbarschaftsstreit um die Trennwand geschildert. Die Redakteurin habe zugesagt, in dem Fall zu recherchieren, und darauf hingewiesen, dass im Falle einer Berichterstattung der volle Name der Beschwerdeführerin genannt würde. Damit sei die Frau einverstanden gewesen. Die Redakteurin habe daraufhin weiter recherchiert und sich auch vor Ort ein Bild gemacht. Die Beschwerdeführerin habe von ihrem Nachbarn als einem verurteilten Straftäter gesprochen und nunmehr aus Angst vor diesem darauf bestanden, dass ihr Name im Bericht doch nicht genannt werde. Nachdem die Redakteurin gesagt habe, dass unter diesen Umständen über den Fall nicht berichtet werde, habe die Frau um Bedenkzeit gebeten. Am nächsten Tag habe sie in die Namensnennung doch eingewilligt. Kurz vor der Veröffentlichung habe die Beschwerdeführerin in der Redaktion angerufen und gesagt, dass sie nunmehr keine Veröffentlichung mehr wünsche. Der Streit mit ihrem Nachbarn sei beigelegt, nachdem dieser eingelenkt habe. Die Redaktion habe vor dem Hintergrund, dass die Beschwerdeführerin zunächst keine Einwände gegen die Namensnennung gehabt habe und in der Berichterstattung keinerlei nachteilige Formulierungen enthalten gewesen seien, keinen Anlass für einen Verzicht auf die Veröffentlichung gesehen.
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In einer Großstadt wird ein Haus mit Eigentumswohnungen gebaut. Die örtliche Zeitung berichtet auf einer Seite, die mit „Immobilien & Wohnen“ überschrieben ist. Rechts oben auf der Seite steht ein Hinweis „Verlagssonderseite“. Im Beitrag wird das Objekt ausführlich und positiv beschrieben. Die Geschäftsführer der Baugesellschaft kommen zu Wort und loben ihr Projekt. Am Ende des Artikels ist ein Hinweis auf den Vertriebspartner des Bauträgers mit Telefonnummer und Website abgedruckt. Ein Leser der Zeitung sieht Richtlinie 7.1 des Pressekodex (Schleichwerbung) verletzt. Er geht davon aus, dass die Veröffentlichung nicht von der Redaktion stamme, sondern von dem Bauträger. Im Übrigen würde regelmäßig einmal in der Woche auf der Seite „Immobilien & Wohnen“ in der gleichen Form ein Objekt der Woche vorgestellt. Die Rechtsvertretung der Zeitung bestätigt die wöchentlichen Berichte über „Objekte der Woche“. Redakteure, die von der Zeitung beauftragt seien, sorgten für die Auswahl. Die Artikel lägen im Interesse der Leser und wiesen auf Projekte in unterschiedlichen Stadtteilen hin. Individualinteressen wirtschaftlich Beteiligter hätten auf die Auswahl keinen Einfluss. Die Rechtsvertretung weist auch auf die Kennzeichnung der Veröffentlichungen („Verlagssonderseite“) hin. Es diene ebenfalls dem Leser, wenn Ansprechpartner für die jeweiligen Projekte genannt würden. Das erspare ihnen eine aufwendige Recherche für den Fall, dass sie mit Bauträger und/oder Vertriebspartner Kontakt aufnehmen wollten. Abschließend wird darauf hingewiesen, dass die beteiligten Firmen der Redaktion lediglich die Fakten zulieferten. Die übrige Ausgestaltung erfolge ausschließlich durch die Redaktion.
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Eine Boulevardzeitung veröffentlicht die „tragische Geschichte einer verbotenen Liebe“. Es geht um die Beziehung zwischen einer Elfjährigen und einem 28-jährigen Mann. Beide sind zunächst verschwunden. Die Zeitung zitiert aus einem Liebesbrief, den der 28-Jährige an das Mädchen geschrieben hat. Die Polizei geht davon aus, dass dieses freiwillig bei dem Mann ist. Der leibliche Vater hat das Kind als vermisst gemeldet. Der Beitrag enthält mehrere Bilder, die den Mann mit dem Mädchen zeigen. Sein Gesicht ist gepixelt. Eine Nutzerin des Internetportals der Zeitung wirft dieser mehrere Verstöße gegen presseethische Grundsätze vor. Sowohl in der Überschrift als auch im Text spreche die Redaktion nicht von Kindesmissbrauch, sondern von „kranker Liebe“, „ungleichem Paar“ und „verbotener Liebe“. Sie verharmlose den Fall und versuche, auf Kosten des Kindes eine „Romeo und Julia“-Geschichte“ zu konstruieren. Auf den Fotos sei der Erwachsene gepixelt, das Kind jedoch identifizierbar dargestellt. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, mit dem Einverständnis von Eltern und Polizei sei auf die Anonymisierung des Kindes verzichtet worden. Die Berichterstattung habe das Ziel gehabt, Hinweise auf seinen Aufenthaltsort zu bekommen. Nachdem das Mädchen wieder bei seinen Eltern gewesen sei, habe man das entsprechende Foto verfremdet. Ein Kindesmissbrauch – so die Rechtsabteilung – habe nicht vorgelegen. Auch die Polizei sei nicht davon ausgegangen und habe deshalb erst sehr spät einen Haftbefehl gegen den Mann erwirkt. Es wäre unzulässig gewesen, mit der Berichterstattung Kinderschänder-Klischees zu bedienen.
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