Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

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Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Namensnennung bei Wohnungsbrand

Eine Regionalzeitung berichtet über einen Brand in der Wohnung der Ex-Frau des Ministerpräsidenten des Landes, die sie mit vollem Namen nennt. Der Regierungschef habe seinen Arbeitstag wegen des privaten Notfalls unterbrechen müssen und sei zu der Brandstelle gefahren. Die Frau, ihre Tochter und eine Mieterin des Dachgeschosses seien mit leichten Rauchvergiftungen zur Beobachtung in ein Klinikum gebracht worden. Im Schlussabsatz des Artikels wird erwähnt, dass der Ministerpräsident und seine Ex-Frau von 1978 bis 1984 verheiratet gewesen seien und drei Töchter haben. Die Frau sei bei der Wirtschaftsförderung des Landes beschäftigt. Dem Artikel beigestellt ist ein Foto des Hauses. In der Bildunterzeile wird der Name der Straße genannt. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat wehrt sich die Betroffene gegen die Nennung ihres vollen Namens ohne ihre vorherige Einwilligung. In dem Haus habe es einen leichten Brand ohne Schwerverletzte oder gar Tote gegeben. Ein öffentliches Interesse an der Nennung ihres Namens kann sie nicht erblicken. Insbesondere könne ein solches auch nicht darin gesehen werden, dass sie seit nunmehr 20 Jahren von dem jetzigen Ministerpräsidenten des Landes geschieden sei. Die Chefredaktion der Zeitung ist der Meinung, die Frau sei in ihrem Wohnort eine relative Person der Zeitgeschichte. Sie sei dort kommunalpolitisch engagiert, sei Stadträtin und Bürgermeisterin gewesen und habe bis heute einen Sitz in der Stadtverordnetenversammlung inne. Als Kommunalpolitikerin trete sie oft in der Öffentlichkeit auf. Dies verschweige sie in ihrer Beschwerde beim Presserat. Als relative Person der Zeitgeschichte müsse sie sich gefallen lassen, dass ihr Klarname abgedruckt wird. (2004)

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Namensnennung bei Wohnungsbrand

Der Ministerpräsident sei in Sorge, schreibt eine Boulevardzeitung, denn seiner Tochter sei der Kachelofen durchgebrannt. 31 Feuerwehrmänner seien zu dem Wohnungsbrand gerufen worden und hätten den Brand schnell unter Kontrolle gehabt. Bei der Suche nach dem Schuldigen seien sie auf die Tochter des Ministerpräsidenten gestoßen. Diese habe den Kachelofen falsch angeheizt. Während sie eine Etage tiefer ihre Mama, Ex-Frau des Ministerpräsidenten, besucht habe, sei der Ofen durchgebrannt, habe das Zimmer Feuer gefangen. Kurz nachdem die Flammen erloschen waren, sei der besorgte Regierungschef mit seinen Bodyguards vorgefahren. Mutter, Tochter und eine Freundin seien wegen des Verdachts auf Rauchgasvergiftung in ein Klinikum gebracht worden. Jetzt müsse die Tochter mit einer Ermittlung wegen fahrlässiger Brandstiftung rechnen. Dem Beitrag sind verschiedene Fotos beigestellt. Eines zeigt den Ministerpräsidenten mit seiner Tochter bei einem Empfang. Abgebildet ist auch die Häuserzeile. Die Adressangabe beschränkt sich auf den Wohnort der beiden Frauen. Beide werden mit vollen Namen genannt. Auch ihr Alter ist angegeben. Die geschiedene Frau des Ministerpräsidenten und beider Tochter wenden sich an den Deutschen Presserat und kritisieren die Nennung ihrer vollen Namen ohne ihre vorherige Einwilligung. In ihrem Haus habe es einen leichten Brand ohne Schwerverletzte oder gar Tote gegeben. Ein öffentliches Interesse sei nicht erkennbar. Es liege insbesondere auch nicht in der Tatsache, dass die Mutter seit nunmehr 20 Jahren von dem jetzigen Ministerpräsidenten geschieden und die Tochter seitdem bei ihrer Mutter aufgewachsen sei. Eine Stellungnahme der Zeitung geht beim Presserat nicht ein. (2004)

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Gerichtsberichterstattung

Eine Boulevardzeitung berichtet über das Strafverfahren gegen eine Ärztin, die ihre 13-jährige Tochter wie eine Sexsklavin gehalten und dem Stiefvater zur Sado-Maso-Folter überlassen habe. Dem Text sind u.a. zwei Fotos der betroffenen Frau beigestellt. Eines zeigt sie durch ein Tuch verhüllt. Auf dem anderen ist ihre Augenpartie durch einen Balken verdeckt. Die Zeitung nennt Vornamen, Anfangsbuchstaben, Alter und Wohnort der Frau. Der Vorname des Opfers wurde geändert. Anwaltlich vertreten, beschwert sich die Ärztin beim Deutschen Presserat darüber, dass die Öffentlichkeit durch den Artikel nicht wahrhaftig unterrichtet worden sei. So werde der falsche Eindruck vermittelt, dass sie die Mutter des misshandelten Mädchens und der beteiligte Mann der Stiefvater des Mädchens sei. Schließlich wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Wiedergabe ihrer Fotos. Sie habe ausdrücklich ihr Einverständnis zu einer Bildberichterstattung verweigert und diese Einstellung durch eine äußerliche „Vermummung“ während ihres Auftretens vor Gericht hinreichend dokumentiert. Die Rechtsabteilung des Verlages ist der Ansicht, in Anbetracht der schweren Vorwürfe sei die Beschwerdeführerin als Angeklagte in einem Aufsehen erregenden Strafverfahren eine Person der Zeitgeschichte, deren Foto ohne Genehmigung veröffentlicht werden dürfe. Dass sie behaupte, die Veröffentlichung habe zum Verlust ihres Arbeitsplatzes geführt, zeige, dass sie Ursache und Wirkung verwechsle. Die Rechtsabteilung räumt ein, dass die Bezeichnung der Angeklagten als Mutter des Opfers falsch sei. Der korrekte Text sei vom Spätdienst der Redaktion bearbeitet worden. Dabei habe man auf Grund eines Missverständnisses den Fehler in den Text hineinredigiert. Die Bezeichnung des Liebhabers als „Stiefvater“ sei jedoch umgangssprachlich korrekt (2004)

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Recherche bei Rechtsstreitigkeiten

In Online- und Printausgabe schildert eine Regionalzeitung die Rechtsstreitigkeiten, die lautstarke Ritterspiele auf einer Burg ausgelöst haben. Das Blatt zitiert den Marketingchef der Ritterspiele, der die Zahl der derzeit laufenden Verfahren auf 23 beziffert. Nach einer Aussage des Burgherrn habe der Advokat noch keinen einzigen jener Prozesse, die wegen angeblich zu hoher Lärmbelästigungen oder anderer Emissionen angestrengt worden seien, gewonnen. Die Prozessführung raube Zeit, schließt das Blatt seine Betrachtungen, im Mittelalter seien solche Auseinandersetzungen schnell mit Schwert oder Lanze geklärt worden. Der betroffene Anwalt schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Berichterstattung enthalte falsche Tatsachenbehauptungen. So richteten sich die Klagen nicht gegen den Besitzer der Burg, sondern die Stadt, welche die Veranstaltung genehmigt habe. Auch sei nicht er der alleinig Klagende, sondern er handele auch im Auftrag von Mandanten. Weiterhin teilt der Beschwerdeführer mit, dass durchaus schon Verfahren gewonnen worden seien. So zum Beispiel vor dem Verwaltungsgericht hinsichtlich der Parkplatzsituation und den damit verbundenen Emissionen. Die Rechtsabteilung des Verlages erklärt, es sei zwar formal richtig, dass sich die Klagen nicht gegen den Burgbesitzer richten. Es sei jedoch auch Aufgabe der Presse, komplexe juristische Sachverhalte für die Leser nachvollziehbar darzustellen und zu diesem Zweck zu vereinfachen. Entscheidend sei im konkreten Fall, dass sämtliche in den Artikeln thematisierten Verfahren im Zusammenhang mit der Durchführung von kulturellen Veranstaltungen auf der Burg stehen. Dadurch richteten sie sich natürlich auch in der praktischen Auswirkung gegen den Burgherrn als Veranstalter. Die Formulierung sei daher vertretbar. Der Autor der Beiträge habe im Vorfeld bei der Stadtverwaltung recherchiert. Dort habe man ihm mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer in den bisher von ihm angestrebten Eilverfahren und entsprechenden Beschwerdeverfahren noch nie erfolgreich gewesen sei. Der Autor habe sich somit auf die Auskunft der Kommune verlassen. Dass er dies könne, sei allgemein anerkannt. Daher sei die Sorgfaltspflicht nicht verletzt worden. Auch die vom Beschwerdeführer kritisierte dauerhaft einseitige und grob falsche Berichterstattung könne man nicht erkennen. Es habe auch keine Veranlassung bestanden, ihn vor der Veröffentlichung zu hören. (2004)

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Foto einer verurteilten Sexualstraftäterin

Eine Boulevardzeitung berichtet über das Strafverfahren gegen eine Ärztin, die im Banne eines 45-jährigen Sex-Sadisten zu allem bereit gewesen sei. Die Medizinerin habe sich nach Ansicht des Gerichts auch selbst als brutale Sadistin betätigt und ein 13-jähriges Mädchen tagelang ans Bett gefesselt, damit ihr Liebhaber anstellen konnte, was er wollte. Die Folter-Ärztin sei jetzt zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Die Zeitung nennt den Vornamen, den Anfangsbuchstaben des Familiennamens und das Alter der beiden Betroffenen. Nur der Vorname des Opfers wurde geändert. Dem Artikel beigestellt sind klar erkennbare Bilder des Paares. Der Anwalt der Ärztin wendet sich in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat gegen die Veröffentlichung des Fotos. Der Autor des Beitrages sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass ein Einverständnis mit einer Bildberichterstattung nicht bestehe. Die Abbildung der Beschwerdeführerin habe zwischenzeitlich zu einer fristlosen Kündigung ihrer Arbeitsstelle geführt. Zudem sei durch den Bericht die Unschuldsvermutung, die bis zur Rechtskraft einer Verurteilung wirke, missachtet worden. Die Chefredaktion der Zeitung betont, während des laufenden Prozesses sei sorgfältigst darauf geachtet worden, dass die Angeklagte nur unkenntlich in der Zeitung abgebildet wird. Nach ihrer Verurteilung habe man diese Rücksichtnahme als nicht mehr notwendig erachtet, da es sich bei der Tat nicht um ein Kavaliersdelikt, sondern um einen äußerst brutalen Kindesmissbrauch gehandelt habe. Auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig sei, halte die Redaktion es wegen der erdrückenden Beweislage für unanfechtbar. Zudem sei der Berichterstatter vom Anwalt der Beschwerdeführerin lediglich gebeten worden, am Tag der Urteilsverkündung keine Bilder zu machen. Daran habe er sich gehalten. (2004)

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Vorwürfe von dritter Seite

Eine Lokalzeitung stellt fest, das Sommerfest, das unter dem Motto „Illuminöhr“ als Stadtzeichen-Projekt veranstaltet worden ist, sei in die Kritik geraten. Manchen Besuchern sei die Illumination zu dürftig gewesen. Und die Mitglieder einer Band sollen sich als Satanisten geoutet haben. Eine Redakteurin des Blattes interviewt den Stadtbaumeister als einen der Organisatoren. Sie fragt, ob es zutreffe, dass eine der Bands satanische Musik gespielt und Kinder im Publikum sogar aufgefordert habe, das Satanszeichen mitzumachen. Der Gesprächspartner räumt ein, dass er entsprechende Hinweise erhalten habe und diese sehr ernst nehme, da solche Musikbeiträge nicht im Sinne der Veranstalter seien. Man werde die Hinweise überprüfen. In der Annahme, dass diese stimmen, bedauere man den Auftritt der Band außerordentlich. Ein nochmaliger Auftritt der Musiker komme natürlich nicht in Frage. Auf die zusätzliche Frage, wie es geschehen konnte, dass eine solche Band verpflichtet wurde, und wie ähnliches künftig verhindert werden könne, erklärt der Interviewte, die Band sei bei einem Casting entdeckt worden, den Veranstaltern aber persönlich leider nicht bekannt gewesen. In Zukunft werde man nur persönlich bekannten Bands oder Bands mit positiven Referenzen Auftritte ermöglichen. Ein Leser des Blattes, der die betroffene Musikgruppe kennt, wendet sich an den Deutschen Presserat und wirft der Zeitung mangelnde Recherche vor. Die Sängerin der Band habe die Besucher zum Abrocken durch Zeigen des Rockergrußes (Faust geballt, Zeigefinger und kleiner Finger nach vorne ausgestreckt) animiert. Eine Besucherin habe sie mit dem Satansgruß (Faust geballt, kleiner Finger und Daumen gestreckt) verwechselt und in einem Leserbrief an die Zeitung der Band Satanismus vorgeworfen. Der Beschwerdeführer kritisiert, dass die Autorin es versäumt hat, die Band um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen zu bitten. Obwohl auch der interviewte Stadtbaumeister die Vorwürfe des Satansgrußes nicht eindeutig bestätige, fahre die Redakteurin fort, in der nächsten Frage der Band Satanismus zu unterstellen. Damit habe sie die journalistische Sorgfaltspflicht verletzt. Zudem sei die Unterstellung des Satanismus eine Beleidigung im Sinne der Ziffer 9 des Pressekodex. Der Redaktionsleiter der Zeitung betont in seiner Stellungnahme, in der redaktionellen Berichterstattung sei nie behauptet worden, die genannte Band habe satanische Zeichen verwandt. Erst als ein Leserbrief mit unterschiedlichen Interpretationen des Auftritts eingegangen sei, habe man es als eine journalistische Pflicht angesehen, die Meinung des Veranstalters einzuholen. Die sei in Form des veröffentlichten Interviews geschehen. Dabei habe man Behauptungen nicht als Tatsachen dargestellt. Im Nachgang zu dem Interview habe man auch alle diejenigen Leserbriefe unverändert abgedruckt, in denen die Band gegen den Vorwurf satanischer Zeichen in Schutz genommen worden sei. Auch ein Leserbrief, in dem sich eine Leserin für ihren Vorwurf entschuldigt habe, sei veröffentlicht worden. (2004)

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Werbung für Küchenprodukte

Auf ihrer Seite “Wohnen & Design” berichtet eine Tageszeitung unter der Überschrift “Wenn die Küche schwebt” über die neue Funktionswand eines Küchenherstellers, welche die Möbel von den Füßen befreie und sehr leicht daher komme. Unter der Überschrift “Viele Geräte ergeben einen Herd” werden die vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten einer neuen Kochfeldserie einer anderen Firma aufgezeigt. Und unter der Überschrift “Nie mehr abwaschen” wird die 75jährige Geschichte eines elektrischen Geschirrspülers geschildert und die neue Gerätegeneration beschrieben, die demnächst auf den Markt kommt. Unter den Anzeigen, die auf der Seite veröffentlicht sind, befindet sich auch eine Werbung des im Text erwähnten Küchenherstellers. Ein Leser des Blattes kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat den werbenden Charakter der drei redaktionellen Artikel. Sie handelten ausschließlich von jeweils einer namentlich genannten Produktserie der drei Hersteller. Die werbliche Funktion zeige sich darin, dass die einzelnen Produkte unkritisch beschrieben und die Texte mit bis zu vierspaltigen Werbefotos verknüpft seien. Der Beitrag über die neue Küchenserie enthalte zudem einen Hinweis auf die Internetseite des Herstellers. Neben dem Text sei sogar eine Anzeige der Firma platziert, was den Verdacht entstehen lasse, dass hier ein Kopplungsgeschäft vorliege. Der Redaktionsdirektor der Zeitung räumt ein, dass die kritisierte Seite nicht den in seinem Hause geltenden Grundsätzen entspreche. Auf der Seite “Wohnen & Design” würden regelmäßig neue Produkte in anspruchsvollem Design vorgestellt. Dabei sei es auch unerlässlich, den Hersteller des jeweiligen Produkts exakt zu benennen. Auch Fotos von Produkten seien – soweit sie für die Leserinformation wichtig seien – im Rahmen dieser Berichterstattung zulässig. Dies gelte auch für das Titelfoto der genannten Küche, allerdings schon nicht mehr für die beiden Detailfotos. Auch der Hinweis auf die Internetseite des Herstellers sei überflüssig. Ebenfalls in dieser Form nicht korrekt seien die Texte über Geschirrspüler und Herd. In beiden Fällen hätten sich, wenn überhaupt, auch die Nennung anderer Hersteller angeboten. Einen Zusammenhang zwischen der Anzeige und dem Text über die Kücheneinrichtung gebe es nicht. Der Vertreter des Küchenherstellers, bei dem der Autor des Artikels recherchiert habe, habe diesem explizit mitgeteilt, dass er nicht vorhabe zu inserieren. Der Redakteur habe sich daher in der Themenwahl frei gefühlt. Erst beim Umbruch der Seite sei die Redaktion mit der Anzeige konfrontiert worden. Der Händler habe hier in einer zweifellos geschickten Art und Weise seinen Wissensvorsprung genutzt. Es sei in der Tat nicht zu bestreiten, dass solche unfreiwilligen Kombinationen sehr unschön seien. Die Chefredaktion stimme dem Vorwurf des Beschwerdeführers, hier liege ein Kopplungsgeschäft vor, nicht zu, teile aber den Eindruck, dass im vorliegenden Fall die Trennung von Text- und Anzeigenteil insgesamt verwischt worden sei. Dies bedauere man. (2004)

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Foto in unzulässigem Kontext

Die Polizei hat in der Stadt Präsenzgruppen eingerichtet, die an sieben Tagen der Woche von 16 Uhr bis mindestens zwei Uhr nachts auf Streife gehen, um verstärkt polizeiliche Präsenz zu zeigen und das Sicherheitsgefühl der 120 000 Einwohner zu stärken. Eine Mitarbeiterin der Zeitung vor Ort war eine Nacht mit den Beamten unterwegs und beschreibt in einer Reportage unter der Überschrift „Tätern mit quietschenden Reifen auf der Spur" ihre Eindrücke. Dem Artikel sind drei Fotos beigestellt. Eines davon zeigt zwei Beamte bei der Überprüfung der Personalien von drei Jugendlichen. Im Text wird erwähnt, dass einige der überprüften Jugendlichen – viele seien in Russland geboren – bereits registriert seien. Delikte wie Raub und Körperverletzung seien keine Seltenheit. Ein Anwalt, der die Eltern von zwei der drei Jugendlichen vertritt, legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Die jungen Leute seien auf dem Foto klar erkennbar. Foto und Hinweise im Text vermittelten den Eindruck, als handele es sich bei den Abgebildeten um Kriminelle. Einer von ihnen sei auf Grund der Berichterstattung bereits mehrfach auf seine angebliche kriminelle Karriere angesprochen worden. Die Zeitung, so der Beschwerdeführer, habe das Recht am eigenen Bild der abgebildeten Minderjährigen verletzt. Sie seien zu keinem Zeitpunkt über den Zweck der Aufnahmen aufgeklärt worden. Der Fotograf habe sich nicht als Journalist zu erkennen gegeben und auch nicht um Erlaubnis zum Abdruck der Bilder nachgefragt. Eine Stellungnahme der Zeitung zu dem Vorgang liegt dem Presserat nicht vor. (2004)

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Masken statt Augenbalken

„Soziale Brennpunkte“ sind das Thema einer zehnteiligen Serie in einer Großstadtzeitung. Der Autor schildert Begegnungen und Gespräche mit Jugendlichen in einem Stadtviertel, in dem jeder dritte Einwohner von Sozialhilfe lebt. Die Beiträge sind mit jeweils einem Foto der Gesprächspartner illustriert. Weil die jungen Leute nicht erkannt werden wollen, tragen sie auf dem Foto Masken. Einer hat sich als Motiv das Gesicht des Terroristenführers Osama Bin Laden gewählt, ein anderer trägt auf dem Bild eine Maske mit dem Gesicht des Saddam Hussein, ein dritter verbirgt sich hinter dem amerikanischen Cartoon- und Filmhelden „Spiderman“. In den Unterzeilen wird erklärt, dass zwischen diesen Figuren und dem Textinhalt dieser Serie kein Zusammenhang besteht. Ein Rechtsanwalt bittet den Deutschen Presserat um eine Prüfung der Serie, die er für erforderlich hält, um für die Zukunft klare Regeln für die Behandlung solcher Problemfälle zu haben. Eine Berichterstattung über soziale Brennpunkte hält er für angebracht und wahrscheinlich auch nötig. Er hat allerdings Zweifel, dass sich die konkrete Form, in der das hier geschehen ist, mit den Publizistischen Grundsätzen des Presserats vereinbaren lässt. Die Beiträge seien ersichtlich nicht aus der Opferperspektive formuliert. Das besage etwa der Satz: „Levent schlägt so heftig zu, dass er zu schwitzen beginnt“. Weiter gehe es in fast voyeuristischer Weise: „Vor ihm, auf dem Boden des Kellers in einem Hochhaus, liegt Benjamin auf dem Bauch. Levent hat dem Jungen befohlen, sich die Hose bis zu den Fußknöcheln herunterzuziehen“. Der Autor und damit die Zeitung geht nach Ansicht des Beschwerdeführers zu nah und zu distanzlos auf den Täter zu. Diese Vorstellung grenze an eine Heroisierung der gewaltbereiten Jugendlichen. Der Anwalt beanstandet ferner in den Beiträgen den Hinweis, dass die Jugendlichen ihre Masken jeweils „gewählt“ hätten. Das deute darauf hin, dass der Verlag sie alsdann gekauft und den Jugendlichen zur Verfügung gestellt habe. Diese Art von Kumpanei lasse sich nicht mit dem Auftrag der Presse vereinbaren. Die Rechtsabteilung des Verlages hält die Beschwerde für unbegründet. Es sei schon lange ein Anliegen der Redaktion gewesen, eine Langzeitbeobachtung eines Stadtteils aus der Sicht einer „Jugendgang“ durchzuführen. Ziel der Reportage sei es, ein realistisches – und damit notwendigerweise schonungsloses – Bild von dem Leben der Jugendlichen zu zeigen. Den Lesern solle vermittelt werden, wie die Jugendlichen ihr Leben sehen und gestalten. Die von den Jugendlichen geschilderten Begebenheiten seien nicht unkritisch übernommen worden. Man habe sie u. a. mit den vor Ort tätigen Sozialarbeitern und Polizeibeamten besprochen und entsprechend gegenrecherchiert. Der Veröffentlichung sei eine dreimonatige Recherche vorausgegangen. Eine unangemessen sensationelle Darstellung sei in der Serie nicht enthalten. Dies sei auch daran erkennbar, dass sich kein einziges „Opfer“ der jugendlichen Täter oder Eltern von Opfern beschwert hätten. Vielmehr habe die Redaktion verschiedene positive Reaktionen erfahren, darunter einen nicht öffentlichen Brief eines Sozialarbeiters, der am Einsatzort beschäftigt sei und alle erwähnten Jugendlichen persönlich kenne. Auch wenn „schonungslose Offenheit“ ein Prinzip der Serie gewesen sei, habe die Redaktion gleichwohl die Menschenwürde der Opfer und die Grenzen einer vertretbaren Darstellung der gewaltsamen Realität gewahrt. Die Idee, statt der üblichen Blende im konkreten Fall Masken zu verwenden, sei deshalb positiv aufgenommen worden, weil mit der Frage nach dem jeweiligen „Idol“ der Jugendlichen eine zusätzliche Information über die Kinder und Jugendlichen zu erhalten gewesen sei. Die Masken und der Umstand, welche Masken jeweils gewählt wurden, rundeten das dokumentierte Bild von der Persönlichkeit der Jugendlichen ab. Die Rechtsabteilung zitiert aus dem Brief des erwähnten Sozialarbeiters: „Da die Kinder und Jugendlichen diese Masken sich laut ihrer eigenen Aussage selbst ausgesucht haben, spiegeln sie lediglich einen Teil ihres inneren Seelenlebens wider, das uns eigentlich besonders interessieren sollte, da es in erster Linie als Wechselwirkung die Erwachsenen betrifft“. Abschließend erwähnt die Verlagsvertretung, dass eine Podiumsdiskussion zur Serie bevorstehe und Schulen darum gebeten hätten, dass ihnen die Serie als Unterrichtsmaterial zur Verfügung gestellt werde. (2004)

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Berichterstattung korrekt

Unter der Überschrift „Millionenklage wegen Beteiligung“ berichtet ein Nachrichtenmagazin, Eigentümer der insolventen WCM-Tochter Sirius wollten die WCM-Beteiligungs- und AG Grundbesitz auf Zahlung von knapp 80 Millionen Euro verklagen. Sie machten der WCM den Vorwurf, die Insolvenz von Sirius verursacht zu haben. Sirius habe 49,9 Prozent an Europas größtem Immobilienkonzern, der IVG Holding, gehalten. Als WCM ins Schlingern geraten sei, hätten die Banken deren IVG-Anteil übernommen. Sirius habe daraufhin Insolvenz anmelden müssen. Die Sirius-Aktionäre fühlten sich jetzt von WCM hintergangen. WCM hätte sich nur mit ihrer Zustimmung von den IVG-Papieren trennen dürfen. Der Geschäftsführer einer Firma, die Kleinaktionärin der WCM ist, wirft dem Magazin eine Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht vor und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Chronologie der Vorgänge sei falsch dargestellt. Es sei schon im November 2003 zur Insolvenz der Sirius-Beteiligungsgesellschaft und erst im Februar 2004 zu der Übernahme eines Aktienpaketes der IVG durch die Banken gekommen. Auch sei die Sirius Beteiligungsgesellschaft eine GmbH, so dass es gar keine Sirius-Aktionäre gebe. Der Beschwerdeführer zweifelt zudem die Aussage an, dass es sich bei der IVG um Europas größten Immobilienkonzern handele. Abschließend kritisiert er die Form der Veröffentlichung, in der eine Klage zumindest in der Überschrift quasi als Tatsache dargestellt werde. Sieben Wochen nach Erscheinen des Artikels sei der WCM noch keine Klage zugestellt worden. Der Geschäftsführer äußert den Verdacht, dass hier der Versuch unternommen werde, das Marktgeschehen zum Nachteil der WCM zu beeinflussen. Das Nachrichtenmagazin teilt in seiner Stellungnahme mit, dass man nicht das erste Medium gewesen sei, das über die Millionenforderung gegen die WCM berichtet habe. Was die als falsch kritisierte Chronologie betreffe, stelle man fest, dass sich aus der entsprechenden Passage des Artikels nicht entnehmen lasse, dass hier die Geschehnisse strikt in zeitlicher Reihenfolge dargestellt werden sollten. Die Banken könnten die IVG-Anteile zwar erst nach der Sirius-Insolvenz erworben haben, verpfändet worden seien sie aber schon vorher. Dies rechtfertige die Wortwahl „übernommen“. Zutreffend sei, dass die Sirius GmbH im technischen Sinne keine Aktionäre habe. Die Verwendung dieses Begriffs sei jedoch kein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht, sondern es handele sich um einen juristischen Formulierungsfehler, wie er sich trotz aller Bemühungen nie ausschließen lasse. Die Aussage, die IVG sei Europas größter Immobilienkonzern, sei ein Rechercheergebnis der Autorin. IVG zähle zu den größten börsennotierten Immobilienunternehmen Europas. In Deutschland sei sie das größte Unternehmen dieser Art. Selbst wenn also die genaue Einstufung unzutreffend sein sollte, so werde hierdurch der Aussagegehalt des Artikels nicht verfälscht. In sprachlich sauberer Weise werde zum Ausdruck gebracht, dass die fragliche Klage bei Erscheinen des Beitrags zwar noch nicht eingereicht sei, aber unmittelbar bevorstehe. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass an einer Stelle von den „klagenden Sirius-Gesellschaftern“ gesprochen werde. Die Gefahr von Mißverständnissen bestehe auf Grund des eindeutigen Einstiegssatzes nicht. Alle anderen Formulierungen wie beispielsweise „klagen wollende Sirius-Gesellschafter“ seien sprachlich unschön. Den Vorwurf einer möglichen Marktbeeinflussung weist die Zeitschrift entschieden zurück. Weder die beteiligten Mitarbeiter noch der Verlag hätten Interesse am Verlauf des WCM-Kurses. (2004)

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