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Kritik an der Darstellung einer Insolvenz und deren Folgen

Unter der Überschrift „Millionenklage wegen Beteiligung“ berichtet ein Nachrichtenmagazin, Eigentümer der insolventen WCM-Tochter Sirius wollten die WCM-Beteiligungs- und AG Grundbesitz auf Zahlung von knapp 80 Millionen Euro verklagen. Sie machten der WCM den Vorwurf, die Insolvenz von Sirius verursacht zu haben. Sirius habe 49,9 Prozent an Europas größtem Immobilienkonzern, der IVG Holding, gehalten. Als WCM ins Schlingern geraten sei, hätten die Banken deren IVG-Anteil übernommen. Sirius habe daraufhin Insolvenz anmelden müssen. Die Sirius-Aktionäre fühlten sich jetzt von WCM hintergangen. WCM hätte sich nur mit ihrer Zustimmung von den IVG-Papieren trennen dürfen. Der Geschäftsführer einer Firma, die Kleinaktionärin der WCM ist, wirft dem Magazin eine Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht vor und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Chronologie der Vorgänge sei falsch dargestellt. Es sei schon im November 2003 zur Insolvenz der Sirius-Beteiligungsgesellschaft und erst im Februar 2004 zu der Übernahme eines Aktienpaketes der IVG durch die Banken gekommen. Auch sei die Sirius Beteiligungsgesellschaft eine GmbH, so dass es gar keine Sirius-Aktionäre gebe. Der Beschwerdeführer zweifelt zudem die Aussage an, dass es sich bei der IVG um Europas größten Immobilienkonzern handele. Abschließend kritisiert er die Form der Veröffentlichung, in der eine Klage zumindest in der Überschrift quasi als Tatsache dargestellt werde. Sieben Wochen nach Erscheinen des Artikels sei der WCM noch keine Klage zugestellt worden. Der Geschäftsführer äußert den Verdacht, dass hier der Versuch unternommen werde, das Marktgeschehen zum Nachteil der WCM zu beeinflussen. Das Nachrichtenmagazin teilt in seiner Stellungnahme mit, dass man nicht das erste Medium gewesen sei, das über die Millionenforderung gegen die WCM berichtet habe. Was die als falsch kritisierte Chronologie betreffe, stelle man fest, dass sich aus der entsprechenden Passage des Artikels nicht entnehmen lasse, dass hier die Geschehnisse strikt in zeitlicher Reihenfolge dargestellt werden sollten. Die Banken könnten die IVG-Anteile zwar erst nach der Sirius-Insolvenz erworben haben, verpfändet worden seien sie aber schon vorher. Dies rechtfertige die Wortwahl „übernommen“. Zutreffend sei, dass die Sirius GmbH im technischen Sinne keine Aktionäre habe. Die Verwendung dieses Begriffs sei jedoch kein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht, sondern es handele sich um einen juristischen Formulierungsfehler, wie er sich trotz aller Bemühungen nie ausschließen lasse. Die Aussage, die IVG sei Europas größter Immobilienkonzern, sei ein Rechercheergebnis der Autorin. IVG zähle zu den größten börsennotierten Immobilienunternehmen Europas. In Deutschland sei sie das größte Unternehmen dieser Art. Selbst wenn also die genaue Einstufung unzutreffend sein sollte, so werde hierdurch der Aussagegehalt des Artikels nicht verfälscht. In sprachlich sauberer Weise werde zum Ausdruck gebracht, dass die fragliche Klage bei Erscheinen des Beitrags zwar noch nicht eingereicht sei, aber unmittelbar bevorstehe. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass an einer Stelle von den „klagenden Sirius-Gesellschaftern“ gesprochen werde. Die Gefahr von Mißverständnissen bestehe auf Grund des eindeutigen Einstiegssatzes nicht. Alle anderen Formulierungen wie beispielsweise „klagen wollende Sirius-Gesellschafter“ seien sprachlich unschön. Den Vorwurf einer möglichen Marktbeeinflussung weist die Zeitschrift entschieden zurück. Weder die beteiligten Mitarbeiter noch der Verlag hätten Interesse am Verlauf des WCM-Kurses. (2004)