Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6739 Entscheidungen
Ein Nachrichtenmagazin veröffentlicht online ein Interview mit dem Autor eines Buches zum Thema vegane Ernährung. Überschrift des Beitrages: „Ironman über vegane Ernährung – Ich wollte das Beste aus mir herausholen“. In der Einleitung des Interviews heißt es, dass „achim-achilles.de“ ein Interview mit dem Autor geführt hat. Im Text wird als Fragesteller jedoch die Online-Redaktion des Magazins genannt. Am Ende des Artikels steht der Hinweis, dass achim-achilles.de fünf Bücher des Autors verlose. Ein Leser des Magazins sieht in der Veröffentlichung Schleichwerbung für das Buch des „Ironman“. Er vertritt die Meinung, dass vegane Ernährung und ihre Auswirkungen wissenschaftlich nicht belegt seien und die Meinung eines unbekannten und nicht genannten Sportlers in Form eines Interviews zur Begründung herangezogen werde. Nach Auffassung des Justiziariats des Magazins ist die Beschwerde unbegründet. Äußerungen und Einschätzungen eines Interview-Partners müssten wissenschaftlich nicht belegt sein Ein Sportler könne auch seine eigene Meinung kundtun. Zudem dürften die Medien die Veröffentlichung eines neuen Buches zum Anlass für ein Interview nehmen oder Interviews aus nicht periodisch erscheinenden Druckwerken übernehmen. Um Schleichwerbung im Sinne der Ziffer 7 des Pressekodex handele es sich hier in keinem Fall. Eine Aufmerksamkeitssteigerung sei schließlich jeder medialen Berichterstattung eigen.
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In einem kleinen sächsischen Ort soll ein ehemaliges Lehrlingswohnheim zu einem Haus für Asylbewerber umgewandelt werden. Die NPD hat einen Infostand eingerichtet, während die Antifa bzw. eine Antirassistische Initiative eine Demonstration gegen die NPD beantragt hat. Die Mehrheit der Bewohner hat sich im Rahmen einer Unterschriftenaktion gegen die Lösung Asylbewerberheim ausgesprochen. Die örtliche Zeitung kommentiert die angespannte Situation am Ort. Dieser habe ein Problem mit Rechten und Linken, die das Thema Asylbewerber für ihre jeweiligen Zwecke missbrauchen. Der Autor meint, der Wille der Unterzeichner sollte umgesetzt werden, da sonst der „braune und rote Abschaum und der Mob“ auch künftig die Nachrichten im Ort zu diesem brisanten Thema dominieren könnten. Wenn NPD und Antifa etwas für den Ort tun wollten, sollten sie ihm am besten fernbleiben. Die Beschwerdeführerin hat für die Antirassistische Initiative eine Demonstration gegen Rassismus angemeldet. Sie kritisiert einen Verstoß der Zeitung gegen presseethische Grundsätze. Sie selbst und die Antirassistische Initiative würden mit der Formulierung „roter Abschaum“ auf die niedrigste moralische Ebene gestellt. Die Redaktion verwende einen Begriff, der historisch zur Ausgrenzung von Gruppen und Personen aus der Gesellschaft benutzt worden sei. Der Autor des Kommentars stelle NPD und Antirassistische Initiative auf eine Stufe. Sie, die Beschwerdeführerin, beklagt sich auch darüber, dass sie im Kommentar namentlich genannt werde. Der Chefredakteur der Zeitung merkt an, schon mehrmals sei es im Umfeld von NPD-Auftritten und Gegendemonstrationen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen. Daran habe sich auch die Beschwerdeführerin beteiligt. Der kleine Ort, um den es hier gehe, habe sich bei einer Demonstration praktisch im Ausnahmezustand befunden. Der beanstandete Kommentar müsse vor dem Hintergrund der extrem zugespitzten Diskussion und der befürchteten Ausschreitungen bewertet werden. Der Kommentator sehe die Gefahr, dass die Meinungshoheit rechten und linken Randalierern überlassen werde, die er zuspitzend als „braunen und roten Abschaum“ bezeichne. Damit meine er die oftmals vermummten, gewaltbereiten Randalierer, die sich nicht an die demokratischen Spielregeln hielten. Der Autor, so der Chefredakteur weiter, setze sich mit deren Verhalten in der Sache auseinander, nicht jedoch mit bestimmten Personen, Vereinigungen oder ähnlichem. Der Begriff „Abschaum“ werde seit dem 15. Jahrhundert umgangssprachlich für „schlechte, ausgestoßene Menschen und „Pöbel“ verwendet. Bezeichnenderweise tituliere die Beschwerdeführerin selbst die Bürgerinnen und Bürger von Gemeinden, die sich gegen die Einrichtung von Asylantenheimen aussprechen, in ihrem Blog als „BürgerInnen-Mob, der sich erhebt“. Sollten durch die Kommentierung die Gefühle der Beschwerdeführerin verletzt worden sein, so bitte die Chefredaktion, dies zu entschuldigen.
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Die Bundesgartenschau 2023 in Mannheim ist Thema in der örtlichen Zeitung, die dazu eine vierseitige Anzeigenstrecke in redaktioneller Aufmachung veröffentlicht. Die Seiten sind überschrieben mit „BUGA 23 – Mannheim verbindet“ sowie dem Hinweis „Sonderveröffentlichung“. Mit der Anzeigenstrecke wirbt die Stadtmarketing GmbH im Hinblick auf einen Volksentscheid über die Gartenschau. Die Werbung ist nicht als solche erkennbar, stellt die Beschwerdeführerin, eine Leserin der Zeitung, fest. Sie sieht einen Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Ziffer 7 des Pressekodex. Auf Anfrage habe ihr die Zeitung mitgeteilt, dass drei Tage nach dem Erscheinen ein klarstellender Hinweis abgedruckt worden sei, in dem der Verlag auf den Anzeigencharakter der Veröffentlichung hingewiesen habe. Die Beschwerdeführerin sieht außerdem eine Vermischung von Tätigkeiten, da der Verlag der Zeitung an der Stadtmarketing GmbH beteiligt sei. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung ist der Meinung, dass die Sonderveröffentlichung bereits durch ihre optische Gestaltung hinreichend von den redaktionellen Seiten abgegrenzt worden sei. Sie sei für den Durchschnittsleser als werbliche Publikation klar erkennbar. Schon die farbliche Gestaltung – grün statt des sonst in der Zeitung gewohnten Blau – mache den Unterschied deutlich. Außerdem fehle der „komplette Kopf“ der redaktionellen Seiten, nämlich die Seitenangabe, der Hinweis auf die Website etc.
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Vor der Landtagswahl stellt eine Regionalzeitung sieben Stimmkreiskandidaten vor, die sich in einer Stadt des Verbreitungsgebietes um ein Mandat bewerben. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass die Redaktion andere Kandidaten, darunter die der Republikaner, nicht vorgestellt habe. Er habe erfahren, dass die Redaktion nur Kandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien sowie die erstmals antretenden Gruppierungen präsentiere. Dieses Kriterium ist aus Sicht des Beschwerdeführers nicht nachvollziehbar. Die Grafiken mit den Ergebnissen am Tag nach der Wahl kritisiert er als falsch. Sie erweckten den Eindruck, als hätten die darin nicht erwähnten Parteien weniger Stimmen bekommen als die letztgenannte Partei. Dies sei jedoch nicht korrekt, da er als Kandidat der Republikaner vor einigen der erwähnten Parteien gelegen habe. Der Leseranwalt der Zeitung teilt mit, dass im Vorfeld der Wahl auch die Kandidaten der Republikaner vorgestellt worden seien. Die Zeitung müsse sich deshalb keine Defizite in der Berichterstattung vorwerfen lassen. Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Wahlergebnisse in Tabellen und Grafiken nennt der Leseranwalt das knappe Zeitfenster, die Möglichkeiten der Technik und den nicht unendlichen Platzumfang, die die Redaktion zwingen, sich auf wesentliche Parteien und Parteikandidaten zu beschränken. Dass es dabei um Fehleinschätzungen wie im Fall des Beschwerdeführers kommen könne, sei nicht auszuschließen. Über die Auswahl nach Wahlchancen lasse sich trefflich diskutieren, doch liege auch die Auswahl im Ermessen der Redaktion. Der Vertreter der Zeitung schließt mit dem Hinweis, dass die Beschwerde für die Redaktion Anlass gewesen sei, ihre internen Richtlinien zur Wahlberichterstattung zu überarbeiten.
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Unter dem Titel „Urlaub endet am Flughafen“ berichtet eine Regionalzeitung über ein Reisebüro, dessen Inhaber Kunden betrogen haben soll. Die Polizei teilt lediglich mit, dass ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei. Der Artikel ist mit einem Foto des Reisebüros illustriert, das nach Angaben der Redaktion einem Griechen gehört. Eine Leserin der Zeitung kritisiert, dass in einem frühen Ermittlungsstadium wie in diesem Fall eine identifizierende Berichterstattung nicht in Ordnung sei. Bislang gebe es lediglich einen Verdacht gegen den Inhaber des Reisebüros. Auch sei der Hinweis auf seine Staatsangehörigkeit nicht erforderlich gewesen. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung weist den Vorwurf eines Verstoßes gegen die Ziffer 13 des Pressekodex (Unschuldsvermutung) zurück. Im Beitrag werde deutlich, dass lediglich der Verdacht eines Betruges bestehe, der Betroffene aber nicht rechtskräftig verurteilt sei. Der Autor des Artikels habe, da mehrere Strafanzeigen von Geschädigten vorlägen, die Schwere des strafrechtlichen Vorwurfs und das Interesse der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung gegeneinander abgewogen. Er sei letztendlich zu der Überzeugung gelangt, dass das Interesse an der Berichterstattung überwiege. Die griechische Staatsangehörigkeit des Verdächtigen sei erwähnt worden, weil sie wegen der Begleitumstände des Falles von Bedeutung sei. Der Geschäftsmann lebe seit vielen Jahren in Deutschland. Er habe dann aber nach eigenen Angaben einen Landsmann kennengelernt, dem er „aus dem Bauch heraus“ vielleicht mehr vertraut habe, als das bei einer anderen Person der Fall gewesen wäre. Viele der mutmaßlich geschädigten Kunden seien ebenfalls Griechen gewesen. Der Autor habe vor der Veröffentlichung vergeblich versucht, mit dem Verdächtigen in Kontakt zu treten. Erst nach Erscheinen des Artikels habe sich der Mann bei ihm gemeldet. Das folgende Gespräch sei höflich und respektvoll gewesen. Auf der Basis dieses Treffens und des Gesprächsinhalts sei dann ein weiterer Artikel erschienen, den er – der stellvertretende Chefredakteur – seiner Stellungnahme beifüge.
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Eine Wirtschaftszeitung berichtet über die ablehnende Haltung der rot-grünen Landesregierung beim Thema Gentechnik. Sie schreibt über den dortigen Umweltminister: „(…) ist sich der Kluft zwischen dem Wunsch der Gentechnikgegner und der Wirklichkeit des Grundgesetzes wohl bewusst. Er will nicht sagen, dass es künftig keine Förderung mehr für die Gentechnik gibt, wie die Koalitionäre eigentlich festlegten. `Die Forschungsfreiheit gilt´, bekräftigt er. (…) hält sogar Freisetzungsversuche gentechnisch veränderter Pflanzen für richtig – auch wenn solche Felder in Deutschland immer wieder zerstört wurden.“ Der Pressesprecher des Ministeriums ist in diesem Fall Beschwerdeführer. Nach seiner Auffassung entspricht die Berichterstattung nicht den Ansprüchen an eine sorgfältige Recherche zu politischen Aussagen. Der Text gebe eine Äußerung des Ministers falsch wieder. Richtig sei, dass dieser Freisetzungsversuche ablehne. Er habe sich stets so geäußert. Diese Position sei zudem im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen festgeschrieben. Auch im übrigen Text des Artikels werde mehrfach deutlich ausgeführt, dass der Umweltminister Freisetzungsversuche ablehne. Gleichwohl berufe sich die Autorin auf eine im Mail- und SMS-Verkehr verkürzte Antwort des Ministers im Zusammenhang mit der Autorisierung des Textes. Diese habe sie offenbar falsch verstanden und so die Aussagen in das inhaltlich exakte Gegenteil verkehrt. Alle Versuche, sich mit der Autorin auf eine Richtigstellung zu einigen, seien gescheitert. Eine Gegendarstellung sei von der Redaktion abgelehnt worden. Die Rechtsabteilung des Verlages weist den Vorwurf zurück. Im Mail- und SMS-Verkehr zwischen der Autorin und dem Minister seien Missverständnisse aufgetreten. So habe der Minister geschrieben: „Freisetzungsversuche lehne ich“. Die Redakteurin habe zurückgemailt: „Es muss wohl heißen: ´Freisetzungsversuche lehne ich ab´“. Antwort des Ministers: „Nein, Freisetzungsversuche ist m. E. richtig“. Dies - so die Rechtsvertretung – habe nur dahingehend verstanden werden können, dass Freisetzungsversuche aus Sicht des Umweltministers rechtmäßig seien. Der Minister habe das Angebot, in einem Leserbrief die nach seiner Meinung fehlerhafte Darstellung zu korrigieren, ausgeschlagen. Eine dann folgende Gegendarstellung sei aus formalen Gründen abgelehnt worden.
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Redakteure einer Boulevardzeitung besuchen ein Asylbewerberheim. Der online veröffentlichte Bericht ist mit sieben Fotos illustriert, die mit der Zeile „Diese Baracken sind für uns das Paradies“ überschrieben sind. Insgesamt sind acht Bewohner der Unterkunft erkennbar abgebildet und namentlich genannt. Eine Nutzerin des Internetportals teilt mit, dass die Aussagen der Asylbewerber verfälscht wiedergegeben seien. Keiner der Bewohner habe das Heim als „Paradies“ bezeichnet. Alle seien mit den Zuständen in der Unterkunft unzufrieden. Der Heimbetreiber habe die Redaktion bei dem Rundgang begleitet und „übersetzt“. Er beherrsche jedoch – so die Beschwerdeführerin weiter – die Landessprachen der Bewohner überhaupt nicht. Außerdem sei diesen nicht klar gewesen, dass Fotos von ihnen in der Zeitung veröffentlicht werden sollten. Die Rechtsabteilung des Blattes lässt den Autor des Berichts antworten. Nach dessen Darstellung sei der Besuch des Heims bei der Kreisverwaltung angemeldet worden. Weder seien Aussagen verfälscht noch Menschen ohne ihre Zustimmung fotografiert worden. Sie seien auch nicht im Unklaren darüber gelassen worden, dass die Fotos veröffentlicht würden. Die Bilder machten deutlich, dass die Beteiligten freiwillig posiert hätten. Sie seien gefragt und über den Zweck des Fotografierens aufgeklärt worden. Die Umstände in der Unterkunft würden – so der Autor in seiner Stellungnahme weiter – nicht verherrlicht. Die Missstände würden klar benannt. So sei von „schäbigen Baracken“ die Rede sowie vom Besuch in der „umstrittensten Flüchtlingsunterkunft im Lande“. Zugleich sei diese ein Ort der Hoffnung. Dies erkläre sich nicht aus dem Zustand der Unterkunft, sondern aus dem Lebensweg der Menschen. Diese hätten ihr Land verlassen und wünschten sich in Deutschland einen Neuanfang. Dieser Kontrast zwischen „schäbigen Containern“ am Rande eines Gewerbegebiets“ und Hoffnungen und Wünschen sei Dreh- und Angelpunkt des Textes. Die Überschrift nehme dies auf und verdichte sie. Im Übrigen werde keiner der Bewohner – wie von der Beschwerdeführerin behauptet – mit der Aussage zitiert, dass die Zustände paradiesisch seien. Falsch sei auch, dass der Lagerbetreiber übersetzt habe. Die Gespräche seien auf Englisch geführt worden. Bei einem afghanischen Geschwisterpaar habe der ebenfalls im Text erwähnte Afghane Mohammed gedolmetscht.
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Die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer veröffentlicht in der Online-Ausgabe einer Zeitschrift einen Gastbeitrag. Sie beschäftigt sich darin mit dem früheren Umgang der linksliberalen Szene mit dem Thema Pädophilie sowie der Rolle der von Schwarzer gegründeten Frauenzeitschrift „Emma“ in der gesellschaftlichen Diskussion. Die Autorin bezieht sich auch auf die Filmschaffenden Roman Polanski und Woody Allen. Alice Schwarzer schildert den Sorgestreit Woody Allens mit Mia Farrow sowie dessen Verhältnis zu seiner „sozialen“ Tochter Soon-Yi, die heute seine Ehefrau ist. Der Richter habe damals das Verhalten Allens gegen seine Kinder als „missbrauchend und gefühllos“ beschrieben. Schwarzer schreibt weiter: „Auch hielt der Richter den vom Kinderarzt angezeigten sexuellen Missbrauch der damals siebenjährigen Dylan keineswegs für ausgeschlossen, wenn auch nicht beweisbar, die Indizien seien ´unklar´.“ Die Autorin schließt mit dem Resümee über Polanski und Allen: „Wie es den von ihnen missbrauchten Kindern, geht, fragt niemand.“ Ein Leser der Zeitschrift übt Kritik an dem Beitrag. Der Missbrauchsvorwurf gegen Woody Allen sei gerichtlich nicht erwiesen. Die Formulierung im Text achte daher nicht die Unschuldsvermutung und verletze die Ehre von Woody Allen. Der Ressortleiter Online der Zeitschrift weist darauf hin, dass der Text zuvor in „Emma“ und im Blog von Alice Schwarzer erschienen sei. Die Unschuldsvermutung sieht die Redaktion nicht verletzt. Es werde nicht über ein laufendes Verfahren berichtet, sondern rückblickend über einen zwanzig Jahre zurückliegenden Vorgang. Der Ressortleiter kommt zu dem Schluss, dass die genannten Tatsachen stimmen. Woody Allen müsse sich als Person des öffentlichen Lebens Kritik gefallen lassen. Der Text sei abwägend und moderat formuliert. Der Satz „Wie es den von ihnen missbrauchten Kindern geht, fragt niemand“ sei als Meinungsäußerung zu bewerten. Das Wort „missbraucht“ sei dabei nicht im strafprozessualen Sinne verwendet worden. Es leite sich aus der ursprünglichen Nutzung des Wortes „abuse“ in den amerikanischen Originalunterlagen ab. Im Englischen erfasse das Wort die gesamte Breite von Missbrauch über Beleidigung, Misshandlung, Schmähung bis hin zum Übergriff. Es komme daher gar nicht darauf an, ob Woody Allen strafrechtlich für Vorgänge in den 1990er Jahren belangt wurde oder hätte werden können. Als Meinungsäußerung müsse sich eine Person des öffentlichen Lebens die Frage stellen lassen, warum die Kinder nicht befragt wurden.
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Eine Zeitung beschäftigt sich online mit der Sicherheitslage in Brasilien, wo im Sommer die Fußball-WM stattfinden wird. Sie titelt „Dieb wird nach dem Überfall erschossen“. Die Redaktion beschreibt einen versuchten Motorradraub, den das Opfer mit seiner Helmkamera aufgenommen hat. Der Motorradfahrer wird mit einer Waffe bedroht und gibt sein Motorrad heraus. Ein Zivilpolizist wird Zeuge des Überfalls. Während der Motorraddieb flieht, fallen zwei Schüsse. Zwei Kugeln treffen den Täter. Er stirbt kurze Zeit später. Das achtminütige Video zeigt den Überfall und die Erschießung des Motorraddiebes. Ein Nutzer des Internetauftritts hält die Veröffentlichung des unkommentierten Videos für einen Verstoß gegen Ziffer 11 des Pressekodex (Sensationsberichterstattung/Jugendschutz). Es sei zu sehen, wie ein Mensch erschossen wird. Bereits auf der Startseite werde mit der Aussage „Schock-Video“ um Aufmerksamkeit geworben. Das Video sei menschenverachtend. Der Chefredakteur der Zeitung glaubt, die Veröffentlichung des Videos sei vom öffentlichen Interesse gedeckt. Es werde in der Berichterstattung hinreichend beschrieben und eingeordnet. Im Übrigen enthalte die Filmaufnahme keine explizite Gewaltszene. Sie sei weltweit aufgegriffen und online veröffentlicht worden. Da im Vorfeld der Fußball-WM eine breite Diskussion über die Sicherheitsproblematik in Brasilien geführt werde, sei das Video – so der Chefredakteur – ein relevantes Dokument. Dieses werfe ein zwar drastisches, aber keineswegs singuläres Schlaglicht auf die Zustände in Brasilien. Das Auswärtige Amt warne zum Beispiel auf seiner Homepage ausdrücklich vor Überfällen und Gewaltverbrechen in Brasilien.
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Der Anzeigenvertreter einer Lokalzeitung teilt einem Veranstalter mit, dass die Redaktion über einen geplanten Kabarettabend nur dann berichten werde, wenn die Wirtin des Lokals, in dem die Vorstellung stattfinden soll, eine Anzeige schalte. Der Beschwerdeführer – er ist der Veranstalter – wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Er hält es für presseethisch unzulässig, die redaktionelle Berichterstattung von einer Anzeige abhängig zu machen. Die Zeitung rückt nicht von ihrer Haltung ab. Wenn die Redaktion eine rein kommerzielle Veranstaltung in einem Gasthaus ankündige, erwarte sie die Schaltung einer entsprechenden Anzeige. So sei es im konkreten Fall geschehen.
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