Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6657 Entscheidungen

Gewicht weg – „vor Glück geweint“

In der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung erscheinen Beiträge über Prominente, die stark abgenommen haben. Von einer Frau heißt es, sie habe „mit Weight Watchers 70 Pfund verloren“. Eine Nutzerin des Internet-Auftritts sieht einen Verstoß gegen Ziffer 7 des Pressekodex (Trennung von Werbung und Redaktion), weil gleich zwei „Promis“ in zeitlicher Nähe porträtiert worden seien und dabei die Firma Weight Watchers besonders hervorgehoben worden sei. Die Rechtsabteilung der Zeitung, ist der Auffassung, dass die Redaktion nicht gegen das in Ziffer 7 definierte Trennungsgebot verstoßen habe. Die beiden Prominenten, eine TV-Moderatorin und ein Sportler, seien bekannte Persönlichkeiten und durch ihre Berufe seit Jahren in der Öffentlichkeit präsent. In beiden Fällen stellt die Rechtsabteilung ein öffentliches Informationsinteresse wegen des erheblichen Gewichtsverlustes fest. Aus Gründen der Vollständigkeit sei das konkrete Diät-Rezept genannt worden. Um einen werblichen Charakter in beiden Beiträgen zu vermeiden, habe die Redaktion die Firma Weight Watchers nur sehr dezent erwähnt. In einem Fall sei dem Beitrag sogar ein Extra-Kasten beigestellt worden, in dem die Redaktion zehn weitere Diät-Formen genannt habe. Es gehe also ganz klar um die grundsätzliche Möglichkeit der Gewichtsreduktion und nicht um Werbung für eine bestimmte Methode. Von Schleichwerbung könne nicht die Rede sein. Beide Beiträge seien von sachgerechten Informationen gekennzeichnet, die dem Interesse und der Aufklärung der Leser dienten. Es sei geradezu die Pflicht der Zeitung, die Leser umfassend zu informieren. Dazu gehöre eben auch die Erwähnung der konkreten Diät-Form. Das Weight-Watchers-Konzept werde dabei nicht angepriesen, sondern nur kurz erläutert. In beiden Berichten sei es nicht um die Diät-Firma gegangen, sondern vor allem um das neue Lebensgefühl der Prominenten und ihre Beweggründe für die persönliche Veränderung. (2012)

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Angehörige haben dem Abdruck zugestimmt

„Letzte Ruhe für zwei Sechsjährige“ titelt die Online-Ausgabe eines Magazins. Im Bericht geht es um die Beerdigung von zwei Opfern des Amoklaufes an einer Schule in Newtown (US-Bundesstaat Connecticut). Die Redaktion nennt die Namen beider Kinder. Eine achtteilige Fotostrecke zeigt Szenen von der Beerdigung. Zu erkennen sind Klassenkameraden und Eltern auf dem Weg zur Trauerfeier. Ein anderes Bild zeigt die Mutter eines der Opfer. Ein Nutzer des Internet-Auftritts des Magazins sieht in der Abbildung von trauernden Angehörigen und minderjährigen Klassenkameraden eine Verletzung presseethischer Grundsätze. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift teilt mit, die Fotos seien nicht durch unlautere Methoden beschafft worden. Sie verletzten auch nicht die Persönlichkeitsrechte der Abgebildeten. Der Amoklauf sei ein zeitgeschichtliches Ereignis, über das umfangreich berichtet worden sei. Einige der Angehörigen und der Schulkameraden hätten auch gegenüber den Medien ihre Trauer zum Ausdruck gebracht. Die beanstandeten Fotos zeigten Szenen vor und nach der Beisetzung der beiden ermordeten Kinder, nicht jedoch während des Traueraktes. Es sei der Redaktion darum gegangen, zurückhaltend, aber erkennbar zu dokumentieren, was der Verlust von Schulkameraden für die überlebenden Schüler bedeute. Erst nach den in den USA veröffentlichten Bildern habe sich die Redaktion zur Veröffentlichung von Fotos in Deutschland entschieden.

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Veröffentlichung war sogar erwünscht

Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über den Amoklauf von Newtown (US-Bundesstaat Connecticut) unter der Überschrift: „Das sind die Opfer des Wahnsinns-Killers“. Der Schwerpunkt der Berichterstattung liegt bei den Opfern des Verbrechens. Die Zeitung nennt sie beim Namen und berichtet, wo und wie sie in der Schule gestorben sind. Zum Beitrag gehört eine Bildergalerie mit Fotos der toten Kinder. Vor- und Nachnamen werden genannt. Die Zeitung berichtet auch über den Täter und die Hintergründe der Tat. Eingeklinkt in den Text ist ein Foto des Täters. Ein Leser der Zeitung kritisiert die identifizierende Darstellung von insgesamt 13 Opfern des Amoklaufes. Er hält die Wiedergabe der Vor- und Nachnamen für presseethisch nicht vertretbar. Seine Kritik richtet sich nicht nur gegen die Darstellung der Opfer, sondern auch auf jene des Täters. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, dass die kritisierten Fotos von den engsten Angehörigen der Opfer den Medien zur Verfügung gestellt worden seien. Eine Veröffentlichung des Materials sei ausdrücklich gestattet, ja sogar erwünscht gewesen. Unbestritten sei das überragende öffentliche Informationsinteresse an dem Amoklauf von Newtown. Der Umgang mit Opfern sei in Ziffer 8, Richtlinie 8.1, klar geregelt. Ausnahmen könnten bei Personen der Zeitgeschichte oder bei besonderen Umständen gerechtfertigt sein. Diese Ausnahmen seien im Fall Newtown gegeben. Die von den Nachrichtenagenturen verbreiteten Fotos hätten den Vermerk „Provided by the family“ getragen. Die Redaktion habe darauf geachtet, dass nur Fotos mit diesem Hinweis veröffentlicht worden seien. Die betroffenen Familien seien nicht nur mit den Veröffentlichungen von Fotos und Namen einverstanden gewesen, sondern hätten vielmehr sogar gewollt, dass die Welt Anteil an ihrem Schicksal nehme. Über den Amokläufer durfte nach Meinung der Zeitung identifizierend berichtet werden, da er durch die Tat zweifellos zu einer Person der Zeitgeschichte geworden sei.

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Keine pauschale Diskriminierung

"Während des Massakers sagte er kein Wort“ – so überschreibt die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins einen Bericht über das Massaker an einer Schule in Newtown im US-Bundesstaat Connecticut. Der Artikel ist auf den Täter fokussiert. Die Zeitschrift zeichnet mit Hilfe von Aussagen von Verwandten und Bekannten ein Bild über den emotionalen Zustand des Amokläufers. Eine Passage aus dem Artikel: „Einiges deutet darauf hin, dass Lanza am Asperger-Syndrom litt, einer bestimmten Form von Autismus. Möglicherweise habe Lanza eine Persönlichkeitsstörung gehabt, berichtet auch Associated Press. Die Nachrichtenagentur berief sich auf Polizeikreise.“ Ein Leser der Zeitschrift hält die Berichterstattung für undifferenziert. Auf der Basis nicht belegter Aussagen und Spekulationen werde ein Zusammenhang zwischen Menschen, die unter dem Asperger-Syndrom leiden, und Amokläufern hergestellt. Gerade ein derartiges Ereignis erfordere ein erhöhtes Maß an Sorgfalt in der Berichterstattung. Die Zeitschrift stelle Zusammenhänge her, die faktisch nicht zu belegen seien. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift reagiert auf die Beschwerde mit dem Argument, es sei in der Berichterstattung um eine individuelle Entwicklungsstörung, nicht jedoch um die Bewertung einer ethnischen oder sonstigen Minderheit gegangen. Das öffentliche Interesse kreise nach derartigen Verbrechen vorwiegend um die Frage, wie es zu dem Unfassbaren kommen konnte. So werde je nach Einzelfall über sämtliche Gesichtspunkte berichtet. Es würden Antworten auf Fragen gesucht, die dazu beitragen könnten, solche Taten zu erklären. Die Zeitschrift widerspricht der Argumentation des Beschwerdeführers, der kritisierte Bricht stelle über die konkrete Tatkonstellation hinaus einen Zusammenhang her zwischen Menschen mit Asperger-Syndrom und Amokläufern her.

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Asperger-Autisten nicht diskriminiert

Die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins berichtet über den Amoklauf an einer Schule in Newtown (US-Bundesstaat Connecticut) unter der Überschrift „Asperger-Autismus: Blind für die Emotionen anderer Menschen“. Der Beitrag konzentriert sich auf das Asperger-Syndrom, an dem der Amokläufer gelitten haben soll. Die Aussagen von ehemaligen Mitschülern Adam Lanzas wiesen darauf hin. Die Zeitschrift schreibt über den psychischen Zustand des Täters: „Sollte Adam Lanza tatsächlich an einer Form von Autismus gelitten haben, ist das noch lange keine Erklärung für seine grausamen Taten. Gleichwohl gab es bereits Amokläufer, bei denen auch Asperger-Autismus diagnostiziert worden war.“ Nach Erscheinen des Beitrages korrigiert die Redaktion den Beitrag. Sie fügt hinter den Beispielen für Mörder, die am Asperger-Syndrom litten, einen erläuternden Absatz ein. Darin warnt die Redaktion vor einem trügerischen Schluss: „Es wäre fatal, von diesen Einzelfällen aus einen kausalen Zusammenhang abzuleiten. Das Gegenteil ist der Fall.“ Dann zitiert die Redaktion aus dem Buch eines Jugendpsychiatrie-Professors, der davon ausgeht, dass autistische Menschen eine niedrigere Kriminalitätsrate hätten als nicht-autistische Menschen. Zusätzlich wird am Ende des Beitrages eine Anmerkung veröffentlicht. Darin informiert die Redaktion die Leser über die Ergänzungen im Text. Sie betont, dass eine Gleichsetzung von Menschen mit Autismus und Mördern nicht gemeint sei. Dies sei abwegig. Acht Leser beschweren sich beim Presserat über den Artikel. Der Hauptvorwurf: Ohne wissenschaftliche Grundlage, nur auf Basis eines Gerüchts über Adam Lanza, werde ein Zusammenhang zwischen Asperger-Patienten und der Veranlagung zu Gewalttaten suggeriert. Um dies zu erhärten, habe die Redaktion willkürlich aus der Kriminalgeschichte drei autistische Mörder herausgegriffen. Richtig sei, dass autistische Menschen nicht zu Gewalt neigten. Durch den Beitrag würden schwerbehinderte Menschen mit dem Asperger-Syndrom unnötig negativ dargestellt. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift stellt ihre Sicht der Dinge dar. Die Redaktion habe über sämtliche Gesichtspunkte berichtet, die auch nur ansatzweise in Betracht kommen könnten, solche Taten zu erklären: Übermäßiger Computerspielkonsum, Waffengewöhnung, Misshandlung oder – wie im vorliegenden Fall – auch eine psychische Störung. Schlüssige Antworten gebe es nicht. Unzulässig werde die Berichterstattung dadurch nicht. Und zwar erst recht nicht, wenn die Veröffentlichung über den Amoklauf und die Erwähnung des Asperger-Syndroms zum Anlass eines vertiefenden Beitrages im Gesundheitsressort genommen werde. Zudem werde – so die Rechtsabteilung weiter – über die konkrete Tatkonstellation hinausgehend kein Zusammenhang nach dem Motto „Menschen mit Asperger-Syndrom sind Amokläufer“ hergestellt. Die Zeitschrift verweist abschließend auf die grundsätzliche – eigentlich nicht erforderliche – Klarstellung im Artikel.

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Ein Bild des Amokläufers gezeichnet

Der Amoklauf an einer Schule in Newtown (US-Bundesstaat Connecticut) ist Thema in der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Die Überschrift lautet: „Eiskalt. Ohne Gefühl. Kein Mitleid. (…) erklärt das Asperger-Syndrom“. Die Zeitung zeichnet mit Hilfe von Erinnerungen seiner ehemaligen Mitschüler ein Bild des Täters. Nach ihrer Ansicht deute dessen Verhalten auf die Krankheit hin. Der Autor schreibt: „Zunächst: Es besteht kein Zusammenhang zwischen dem Asperger-Syndrom und Gewalttätigkeit. Die meisten Betroffenen führen ein unauffälliges, oft integriertes Leben.“ Mehrere Leser der Zeitung wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Hier werden die Hauptargumente zusammengefasst. Beschwerdefall 0763: Der Leser wirft der Zeitung vor, einen Zusammenhang zwischen dem Asperger-Syndrom und dem Amoklauf herzustellen. Psychisch Erkrankte würden dadurch in ihrer Menschenwürde angegriffen. Die Äußerung sei zudem volksverhetzend. Deshalb habe er – der Leser – Anzeige erstattet. Beschwerdefall 0764: Der Beschwerdeführer hält die Überschrift für manipulativ. Die Redaktion suggeriert, Menschen mit Asperger-Syndrom hätten Charakteristika eines Amokläufers. Auch werde unterstellt, der Newtown-Täter habe diese Krankheit gehabt. Dies seien falsche Aussagen und unbelegte Vermutungen. Durch den Beitrag würden Autisten diskriminiert. Beschwerdefall 0765: Dieser Leser sieht die Würde von Menschen verletzt, die am Asperger-Syndrom leiden. Gerüchte über eine mögliche Erkrankung des Newtown-Amokläufers würden von der Redaktion als gesicherte Verknüpfung von Amoklauf und Syndrom dargestellt. Dies verstoße gegen die in Ziffer 2 des Pressekodex definierte journalistische Sorgfaltspflicht. Auch sei die Ziffer 12 verletzt, da Kranke als Mörder diskriminiert würden. Die Rechtsabteilung der Zeitung argumentiert, es sei für die Öffentlichkeit von großem Interesse gewesen zu erfahren, was den Zwanzigjährigen zu seiner Tat veranlasst habe. Einer der möglichen Gründe, möglicherweise ein Asperger-Syndrom, sei Gegenstand der Berichterstattung gewesen. Dazu werde ein Überblick über diese seltene Erkrankung gegeben, etwa über die Symptome, Therapien und Auffälligkeiten. Die Zeitung bringe psychisch kranke Menschen nicht automatisch mit Amoktaten in Verbindung. Dass der Todesschütze von Newtown möglicherweise psychisch krank gewesen sei, gehe nicht auf eine Mutmaßung der Zeitung, sondern auf direkte Angaben von Angehörigen des Täters zurück. Die Persönlichkeitsrechte der im Bild gezeigten Beteiligten seien ebenfalls nicht verletzt worden. Diese Rechte müssten im vorliegenden Fall hinter die Informationsfreiheit zurücktreten.

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Ein Bild des Amokläufers gezeichnet

Der Amoklauf an einer Schule in Newtown (US-Bundesstaat Connecticut) ist Thema in der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Die Überschrift lautet: „Eiskalt. Ohne Gefühl. Kein Mitleid. (…) erklärt das Asperger-Syndrom“. Die Zeitung zeichnet mit Hilfe von Erinnerungen seiner ehemaligen Mitschüler ein Bild des Täters. Nach ihrer Ansicht deute dessen Verhalten auf die Krankheit hin. Der Autor schreibt: „Zunächst: Es besteht kein Zusammenhang zwischen dem Asperger-Syndrom und Gewalttätigkeit. Die meisten Betroffenen führen ein unauffälliges, oft integriertes Leben.“ Mehrere Leser der Zeitung wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Hier werden die Hauptargumente zusammengefasst. Beschwerdefall 0763: Der Leser wirft der Zeitung vor, einen Zusammenhang zwischen dem Asperger-Syndrom und dem Amoklauf herzustellen. Psychisch Erkrankte würden dadurch in ihrer Menschenwürde angegriffen. Die Äußerung sei zudem volksverhetzend. Deshalb habe er – der Leser – Anzeige erstattet. Beschwerdefall 0764: Der Beschwerdeführer hält die Überschrift für manipulativ. Die Redaktion suggeriert, Menschen mit Asperger-Syndrom hätten Charakteristika eines Amokläufers. Auch werde unterstellt, der Newtown-Täter habe diese Krankheit gehabt. Dies seien falsche Aussagen und unbelegte Vermutungen. Durch den Beitrag würden Autisten diskriminiert. Beschwerdefall 0765: Dieser Leser sieht die Würde von Menschen verletzt, die am Asperger-Syndrom leiden. Gerüchte über eine mögliche Erkrankung des Newtown-Amokläufers würden von der Redaktion als gesicherte Verknüpfung von Amoklauf und Syndrom dargestellt. Dies verstoße gegen die in Ziffer 2 des Pressekodex definierte journalistische Sorgfaltspflicht. Auch sei die Ziffer 12 verletzt, da Kranke als Mörder diskriminiert würden. Die Rechtsabteilung der Zeitung argumentiert, es sei für die Öffentlichkeit von großem Interesse gewesen zu erfahren, was den Zwanzigjährigen zu seiner Tat veranlasst habe. Einer der möglichen Gründe, möglicherweise ein Asperger-Syndrom, sei Gegenstand der Berichterstattung gewesen. Dazu werde ein Überblick über diese seltene Erkrankung gegeben, etwa über die Symptome, Therapien und Auffälligkeiten. Die Zeitung bringe psychisch kranke Menschen nicht automatisch mit Amoktaten in Verbindung. Dass der Todesschütze von Newtown möglicherweise psychisch krank gewesen sei, gehe nicht auf eine Mutmaßung der Zeitung, sondern auf direkte Angaben von Angehörigen des Täters zurück. Die Persönlichkeitsrechte der im Bild gezeigten Beteiligten seien ebenfalls nicht verletzt worden. Diese Rechte müssten im vorliegenden Fall hinter die Informationsfreiheit zurücktreten.

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Ein Bild des Amokläufers gezeichnet

Der Amoklauf an einer Schule in Newtown (US-Bundesstaat Connecticut) ist Thema in der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Die Überschrift lautet: „Eiskalt. Ohne Gefühl. Kein Mitleid. (…) erklärt das Asperger-Syndrom“. Die Zeitung zeichnet mit Hilfe von Erinnerungen seiner ehemaligen Mitschüler ein Bild des Täters. Nach ihrer Ansicht deute dessen Verhalten auf die Krankheit hin. Der Autor schreibt: „Zunächst: Es besteht kein Zusammenhang zwischen dem Asperger-Syndrom und Gewalttätigkeit. Die meisten Betroffenen führen ein unauffälliges, oft integriertes Leben.“ Mehrere Leser der Zeitung wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Hier werden die Hauptargumente zusammengefasst. Beschwerdefall 0763: Der Leser wirft der Zeitung vor, einen Zusammenhang zwischen dem Asperger-Syndrom und dem Amoklauf herzustellen. Psychisch Erkrankte würden dadurch in ihrer Menschenwürde angegriffen. Die Äußerung sei zudem volksverhetzend. Deshalb habe er – der Leser – Anzeige erstattet. Beschwerdefall 0764: Der Beschwerdeführer hält die Überschrift für manipulativ. Die Redaktion suggeriert, Menschen mit Asperger-Syndrom hätten Charakteristika eines Amokläufers. Auch werde unterstellt, der Newtown-Täter habe diese Krankheit gehabt. Dies seien falsche Aussagen und unbelegte Vermutungen. Durch den Beitrag würden Autisten diskriminiert. Beschwerdefall 0765: Dieser Leser sieht die Würde von Menschen verletzt, die am Asperger-Syndrom leiden. Gerüchte über eine mögliche Erkrankung des Newtown-Amokläufers würden von der Redaktion als gesicherte Verknüpfung von Amoklauf und Syndrom dargestellt. Dies verstoße gegen die in Ziffer 2 des Pressekodex definierte journalistische Sorgfaltspflicht. Auch sei die Ziffer 12 verletzt, da Kranke als Mörder diskriminiert würden. Die Rechtsabteilung der Zeitung argumentiert, es sei für die Öffentlichkeit von großem Interesse gewesen zu erfahren, was den Zwanzigjährigen zu seiner Tat veranlasst habe. Einer der möglichen Gründe, möglicherweise ein Asperger-Syndrom, sei Gegenstand der Berichterstattung gewesen. Dazu werde ein Überblick über diese seltene Erkrankung gegeben, etwa über die Symptome, Therapien und Auffälligkeiten. Die Zeitung bringe psychisch kranke Menschen nicht automatisch mit Amoktaten in Verbindung. Dass der Todesschütze von Newtown möglicherweise psychisch krank gewesen sei, gehe nicht auf eine Mutmaßung der Zeitung, sondern auf direkte Angaben von Angehörigen des Täters zurück. Die Persönlichkeitsrechte der im Bild gezeigten Beteiligten seien ebenfalls nicht verletzt worden. Diese Rechte müssten im vorliegenden Fall hinter die Informationsfreiheit zurücktreten.

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Ein Haken signalisierte Abdruck-Wunsch

Unter der Überschrift „Nahverkehr geht an den Bedürfnissen vorbei“ veröffentlicht eine Regionalzeitung einen Leserbrief, der mit dem Namen des Einsenders unterzeichnet ist. Auch der Stadtteil, in dem der Verfasser des Leserbriefes wohnt, wird genannt. Der Mann kritisiert die Nennung seines Namens. Er habe den Brief über ein Kontaktformular der Zeitung im Internet abgesandt und am Ende seiner Anmerkungen um anonyme Veröffentlichung gebeten. Im Übrigen sei seine Einsendung sinnentstellend wiedergegeben worden. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, dass die Redaktion grundsätzlich keine anonymen Leserbriefe veröffentliche. Sie habe sich jedoch bei dem Einsender entschuldigt, dass seine Zuschrift mit Namensnennung veröffentlicht worden sei. Zwar habe er in der Internetmaske mit einem Klick in das entsprechende Feld einer Veröffentlichung zugestimmt. Im Brief habe sich jedoch der Hinweis mit dem Wunsch nach anonymem Abdruck befunden. Diesen Hinweis habe der bearbeitende Redakteur offensichtlich übersehen. Selbstverständlich habe der Brief – so der Chefredakteur – nicht mit Namensnennung erscheinen dürfen. Die Redaktion habe Vorkehrungen getroffen, solche Vorfälle in Zukunft auszuschließen. Alle Redakteure seien nochmals darauf hingewiesen worden, besonders auf Vermerke zu achten, die gegen eine Veröffentlichung sprechen.

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Ärztin wird von einer Zeitung falsch zitiert

Eine Lokalzeitung berichtet über eine drohende Grippewelle und zitiert Aussagen einer Ärztin des Gesundheitsamtes. Sie empfiehlt eine Grippeschutzimpfung. Zitat aus dem Bericht: „Aber auch ohne Impfungen könne man sich vor den Grippeviren schützen. Zum Beispiel mit pflanzlichen Arzneimitteln aus Rotem Sonnenhut (Echinacea purpurea). Außerdem helfe Vitamin D – zehn Minuten am Tag in die Sonne, das kurble die Vitamin-Produktion an.“ Die Zeitung zitiert die Ärztin indirekt weiter. Danach tue man sich auch Gutes mit Hühnersuppe, dem sogenannten „jüdischen Penicillin“. Beschwerdeführerin ist die zitierte Ärztin. Der Beitrag erwecke den Eindruck, als habe sie die Behandlung mit Echinacea empfohlen. Das sei nicht der Fall, da sie allergische Reaktionen auf die Pflanze beobachtet habe und ein Wirknachweis nicht erbracht sei. Der Begriff „jüdisches Penicillin“ sei ihr völlig unbekannt. Die beiden beanstandeten Textpassagen hätten nichts mit ihren Angaben zu tun, erweckten aber diesen Anschein. Die Ärztin vermutet einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht. Sie bitte den Presserat, die Beschwerde auch unter dem Aspekt der Verantwortung bei medizinischer Berichterstattung zu prüfen. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. Der Vorgang sei nicht zu beschönigen. Die von der Beschwerdeführerin kritisierten Textpassagen im Bericht eines freien Mitarbeiters stammten in der Tat nicht von ihr, sondern von jemand anderem. Dies habe der bearbeitende Redakteur im Nachhinein jedoch nicht erkennen können. Die Redaktion und der nebenberufliche Mitarbeiter bedauerten den Vorgang sehr. Die Redaktion habe beschlossen, sich mit der Ärztin mit dem Ziel in Verbindung zu setzen, die Geschichte im Blatt richtig zu stellen.

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