Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6657 Entscheidungen

„Hauch von Magie“ ist Schleichwerbung

Ein Livestyle-Magazin berichtet über einen Besuch von Barbara Becker (Ex-Frau von Boris Becker) in der Redaktion. In diesem Zusammenhang beschreibt das Blatt eine Schmuck-Kollektion von Frau Becker in Wort und Bild. Es macht auch detaillierte Preisangaben. Der Beitrag enthält Formulierungen wie „Design für die Sinne“, „Zaubert einen Hauch Magie in den Alltag“ und „Davon kann Frau nie genug bekommen“. Am Ende der Veröffentlichung folgt ein Beitrag, in dem ein Gewinnspiel beschrieben wird, bei dem drei Colliers aus der Becker-Kollektion verlost werden. Dabei wird auch die E-Mail-Adresse der Bezugsquelle genannt. Ein Leser des Magazins sieht in der Veröffentlichung von Preisen und Fotos der Schmuckstücke einen Fall von Schleichwerbung nach Ziffer 7 des Pressekodex. Er moniert die werblichen Formulierungen im Text. Gegen das Trennungsgebot verstoße auch die Nennung der Bezugsquelle. Die Chefredakteurin der Zeitschrift teilt mit, dass die Redaktion häufig Prominenten einen Redaktionsbesuch anbiete und versuche, diese als Gast-Chefredakteure zu gewinnen. Im vorliegenden Fall habe Barbara Becker für einen Tag die Redaktion besucht und als Gastredakteurin fungiert. Sie habe an der Konferenz teilgenommen, Fotos ausgesucht und Layouts bewertet. Mittlerweile sei Frau Becker längst nicht mehr nur die Ex-Frau eines früheren Tennis-Stars, sondern habe sich als Geschäftsfrau und Designerin einen Namen gemacht. Die Redaktion habe „den Kosmos von Barbara Becker“ vorstellen wollen, wobei die neue Schmuck-Kollektion der aktuelle Bezug gewesen sei. Das sei bei Interviews durchaus üblich. Im Kontext dieser Vorstellung habe man auch Preise und Bezugsquelle genannt, was von den Lesern erwartet werde. Bei Schauspielern oder Musikern, die gerade einen neuen Filme gedreht oder eine DVD produziert hätten, würde ebenso verfahren. (2013)

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Eine Klinik hüllt sich in Schweigen

Eine Regionalzeitung berichtet über positive und negative Erfahrungen, die ein ehemaliger Lokalpolitiker in einer Klinik gemacht hat. Ein Brief des Mannes an das Beschwerdemanagement des Krankenhauses sei von dessen Geschäftsführer nicht beantwortet worden. Die Geschäftsführung des Klinikums kritisiert, dass die Aussagen des Lokalpolitikers ohne Gegenrecherche in der Klinik veröffentlicht worden seien. Es sei nicht das erste Mal gewesen, dass über das Krankenhaus ohne Gegenrecherche berichtet worden sei. Eine Vertreterin des Klinikums beschwert sich beim Presserat über die Berichterstattung. Sie sieht die Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht) verletzt. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, die Autorin des kritisierten Beitrages habe mehrmals versucht, die Beschwerdestelle des Krankenhauses telefonisch zu erreichen. Alle Versuche – mit der direkten Durchwahl und über die Telefonzentrale – seien vergeblich gewesen. Die in der Zentrale platzierte Bitte um einen Rückruf sei nicht beantwortet worden. Aufgrund dieser vergeblichen Versuche der Kontaktaufnahme sei die Autorin davon ausgegangen, dass eine Stellungnahme des Klinikums gegenüber der Presse nicht beabsichtigt sei. Ein Versäumnis im Rahmen der Recherche liege deshalb nicht vor. (2013)

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Zuspitzung ist ausdrücklich erwünscht

In einer Kolumne, die in der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung erscheint, führt der Autor diverse Gründe dafür auf, dass die frühere Ministerin Annette Schavan bei ihrer Doktorarbeit betrogen habe. Auszug: „Liebe Annette Schavan, Sie haben ein wunderbares, unverheiratetes Lehrerinnen-Gesicht. Ihre Frisur ist bubihaft. So kämmten sich Frauen vor 30 Jahren. Sie sind wie eine Cousine, die keinen Mann bekommen hat. Wahrscheinlich essen Sie gerne Ziegenkäse“. Tags darauf erscheint eine weitere Kolumne, wiederum vom gleichen Autor geschrieben. Diesmal geht es um Rainer Brüderle. Darin bewertet der Kolumnist das Zusammentreffen von Brüderle mit einer jungen Journalistin, das später eine ausgedehnte Sexismus-Debatte zur Folge hatte. Wiederum ein Auszug: „Was ist daran schlecht, wenn ein 67-jähriger Mann mit einer Stern-Reporterin an einer Bar betrunken ist. Ich bin nicht entsetzt. Es ist das Leben.“ Ein Leser der Online-Ausgabe hält beide Kolumnen für menschenverachtend. Die Politikerin Schavan wird ebenso herabgewürdigt, wie die Stern-Reporterin im Brüderle-Beitrag. Beide Artikel seien frauenfeindlich. Die Rechtsabteilung der Zeitung bezeichnet die täglich erscheinenden Kolumnen als einen Platz im Blatt, der „meinungsintensiven Formulierungen“ Raum gebe. Durch ihre Pointierungen und Zuspitzungen gäben sie immer wieder Anlass zu intensiven Diskussionen. Dieser Effekt sei ausdrücklich erwünscht. Der gesellschaftlich-politische Diskurs sei fundamentaler Bestandteil der Demokratie. Keine der beanstandeten Kolumnen sei geeignet, die Grenze einer zulässigen Meinungsäußerung zu überschreiten.

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Haus von Verdächtigen im Bild gezeigt

Eine Regionalzeitung berichtet über eine Hausdurchsuchung, die bei Verdächtigen im Zusammenhang mit einem Mordfall vorgenommen wurde. Der Artikel enthält den Namen der Straße, in der sich das Haus befindet, sowie ein Foto des Anwesens. Ein Leser der Zeitung hält die Abbildung des Wohnhauses für presseethisch unzulässig. In einer Kleinstadt wie in diesem Fall führe diese Art der Berichterstattung zu einer Vorverurteilung. Dies auch dann, wenn aus dem Text hervorgehe, dass die Schuld der Verdächtigen nicht nachgewiesen sei. Zu der Beschwerde nimmt der örtliche Redaktionsleiter Stellung. Nach seiner Auffassung rechtfertigten die Schwere des Verbrechens und der über einen Anfangsverdacht hinausgehende Tatverdacht eine Berichterstattung in Wort und Bild. Der Ermordete, ein Antiquitätenhändler, sei schon mehrfach Opfer von Überfällen gewesen. Sein auffälliges Geschäft, an einer Hauptstraße gelegen, sei einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Der Mord und die anschließenden Ermittlungen seien das herausragende Nachrichtenthema im lokalen Umfeld gewesen. Das ohnehin starke öffentliche Interesse sei auch von den Behörden forciert worden. Die Polizei habe beispielsweise mit Plakaten und einer mehrstündigen Verkehrskontrolle im Bereich des Tatortes öffentlichkeitswirksam ermittelt. Eine Durchsuchung des in der Zeitung abgebildeten Anwesens sei wegen der geschilderten Vorgeschichte Stadtgespräch gewesen. Die Abbildung des Hauses sei nach Meinung des Redaktionsleiters zulässig gewesen. Die Zeitung habe die genaue Adresse nicht genannt. Angaben zu den Bewohnern und anderen sich im Haus aufhaltenden Personen seien unterblieben. Das im konkreten Fall überwiegende Interesse an Informationen über die Hausdurchsuchung ergebe sich aus der Schwere des Verbrechens, der Relevanz des Falles und des konkreten Verdachts. Aufgrund der Wahrnehmbarkeit der Polizeiaktion sei ein zusätzliches Informationsbedürfnis entstanden.

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Fotos aus einem ausgebrannten Haus

Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung berichtet im Text und illustriert mit zwei Fotos über einen Wohnhausbrand und seine Folgen. Die Bilder zeigen den verbrannten Eingangsbereich und ein Zimmer des Gebäudes. Ein Nutzer des Internetauftritts sieht durch die Veröffentlichung der Fotos aus dem Inneren des Hauses eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen. Er vermutet, dass der Fotograf die offizielle Absperrung ignoriert und das Haus betreten habe, um dort zu fotografieren. Die Rechtsabteilung der Zeitung bemängelt formale Fehler der Beschwerde. Die Beschwerdeordnung des Presserats fordere einen Beschwerdegrund und eine Sachverhaltsschilderung. Diesen Anforderungen werde die vorliegende Beschwerde nicht gerecht. Der Beschwerdeführer vermute lediglich, dass die Fotos jenseits der offiziellen Absperrung entstanden seien und erst durch das Betreten der ausgebrannten Wohnung möglich gewesen seien. Einen Sachverhalt zu vermuten oder zu erfinden, sei keine ausreichende Begründung im Sinne der Beschwerdeordnung. Zur Sache selbst lässt die Zeitung mitteilen, dass der Fotograf die Absperrung nicht überschritten habe. Vielmehr habe er den Schaden ausschließlich von außen dokumentiert, was der gut erkennbare Tageslichteinfall auf beiden Bildern belege. Darüber hinaus würden auf den Fotos derart ausgebrannte Räumlichkeiten gezeigt, dass persönlichkeitsrechtverletzende Anknüpfungspunkte nicht erkennbar seien. Abschließend stellt die Rechtsabteilung fest, ihr dränge sich der Verdacht auf, der Beschwerdeführer missbrauche das Instrument der Beschwerde, um einem Konkurrenten eins auszuwischen. Der Beschwerdeführer betreibe selbst eine Internetseite mit journalistischen Inhalten. Darauf berichte er auch über Löscheinsätze der Feuerwehr. Im Impressum gebe er an, hauptberuflicher Bildjournalist zu sein. (2013)

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Alter Mann schlägt seine Frau mit Axt tot

Eine Boulevardzeitung berichtet gedruckt und online in fünf Beiträgen über das Ermittlungsverfahren und den Strafprozess gegen einen 76-jährigen Mann, der seine Frau mit einer Axt getötet hatte. Er leidet an Demenz, einer wahnhaften Psychose und den Folgen eines Schlaganfalls. In einem der Beiträge äußert sich der Cousin des Täters zu den Hintergründen der Tat: Der alte Mann sei von seiner Ehefrau andauernd schikaniert worden. Nach Angabe der Staatsanwaltschaft sei er schuldunfähig. Der Artikel enthält ein Foto des Ehepaares aus früheren Jahren, eine Porträtaufnahme des Opfers sowie ein Foto des Täters, der mit einem Augenbalken unkenntlich gemacht ist. Zwei Beiträge beschreiben den Tathergang und die Tatwaffe. Die Tochter des Täters wird mit den Worten zitiert, der Vater habe sie immer wieder bedroht und beleidigt. Im Bild ist wiederum eine Fotomontage der Tatwaffe zu sehen sowie eine Porträtaufnahme des Opfers und ein Täter-Foto aus dem Gerichtssaal. Zum wiederholten Mal stellt die Zeitung fest, dass der Täter wegen seiner Demenz-Erkrankung schuldunfähig ist. Zwei Leser der Zeitung melden sich mit einer Beschwerde beim Presserat zu Wort. Vor allem stören sie sich an der wiederholten Veröffentlichung von Bildern des schuldunfähigen Täters. Zudem sei dem Opfer der Gewalttat durch die Schilderung von „48 Jahren Ehehölle“ indirekt die Schuld an ihrer Tötung gegeben worden. Die Fotomontage, in der über einem Porträt des Opfers die Tatwaffe platziert ist, bezeichnen die Beschwerdeführer als unangemessen sensationell. Sie verweisen auf Berichte in der lokalen Presse. Dort seien die Kinder des Täters zu Wort gekommen. Sie hätten der Darstellung widersprochen, wonach der Vater unter den Schikanen seiner Frau gelitten habe. Die Zeitung habe diese falsche Darstellung nicht angemessen korrigiert. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist den Vorwurf zurück, gegen Ziffer 1 des Pressekodex verstoßen zu haben. Weder die Verstorbene noch der Täter würden durch die Berichterstattung herabgewürdigt. Auch liege kein Verstoß gegen Ziffer 3 des Pressekodex vor, da kein Anlass zur Richtigstellung bestanden habe. Die veröffentlichten Informationen über das Leben des Ehepaares hätten sich nicht nachträglich als falsch erwiesen. Der berichtende Redakteur habe nach der Tat mit mehreren Verwandten des Täters gesprochen. Dass der alte Mann von seiner Frau schikaniert worden sei, hätten Gesprächspartner voneinander unabhängig geäußert. Der Leitende Oberstaatsanwalt habe dem Redakteur bestätigt, dass die Art des Umgangs der Eheleute miteinander das Tatmotiv gewesen sei. Der Täter habe befürchtet, dass seine Frau ihn vergiften wolle. Auch liege nach Auffassung der Rechtsabteilung kein Verstoß gegen die Ziffer 8 (Persönlichkeitsrechte) des Pressekodex vor, da die Veröffentlichungen den Täter nicht in seinen Persönlichkeitsrechten verletzten.

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Alter Mann schlägt seine Frau mit Axt tot

Eine Boulevardzeitung berichtet gedruckt und online in fünf Beiträgen über das Ermittlungsverfahren und den Strafprozess gegen einen 76-jährigen Mann, der seine Frau mit einer Axt getötet hatte. Er leidet an Demenz, einer wahnhaften Psychose und den Folgen eines Schlaganfalls. In einem der Beiträge äußert sich der Cousin des Täters zu den Hintergründen der Tat: Der alte Mann sei von seiner Ehefrau andauernd schikaniert worden. Nach Angabe der Staatsanwaltschaft sei er schuldunfähig. Der Artikel enthält ein Foto des Ehepaares aus früheren Jahren, eine Porträtaufnahme des Opfers sowie ein Foto des Täters, der mit einem Augenbalken unkenntlich gemacht ist. Zwei Beiträge beschreiben den Tathergang und die Tatwaffe. Die Tochter des Täters wird mit den Worten zitiert, der Vater habe sie immer wieder bedroht und beleidigt. Im Bild ist wiederum eine Fotomontage der Tatwaffe zu sehen sowie eine Porträtaufnahme des Opfers und ein Täter-Foto aus dem Gerichtssaal. Zum wiederholten Mal stellt die Zeitung fest, dass der Täter wegen seiner Demenz-Erkrankung schuldunfähig ist. Zwei Leser der Zeitung melden sich mit einer Beschwerde beim Presserat zu Wort. Vor allem stören sie sich an der wiederholten Veröffentlichung von Bildern des schuldunfähigen Täters. Zudem sei dem Opfer der Gewalttat durch die Schilderung von „48 Jahren Ehehölle“ indirekt die Schuld an ihrer Tötung gegeben worden. Die Fotomontage, in der über einem Porträt des Opfers die Tatwaffe platziert ist, bezeichnen die Beschwerdeführer als unangemessen sensationell. Sie verweisen auf Berichte in der lokalen Presse. Dort seien die Kinder des Täters zu Wort gekommen. Sie hätten der Darstellung widersprochen, wonach der Vater unter den Schikanen seiner Frau gelitten habe. Die Zeitung habe diese falsche Darstellung nicht angemessen korrigiert. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist den Vorwurf zurück, gegen Ziffer 1 des Pressekodex verstoßen zu haben. Weder die Verstorbene noch der Täter würden durch die Berichterstattung herabgewürdigt. Auch liege kein Verstoß gegen Ziffer 3 des Pressekodex vor, da kein Anlass zur Richtigstellung bestanden habe. Die veröffentlichten Informationen über das Leben des Ehepaares hätten sich nicht nachträglich als falsch erwiesen. Der berichtende Redakteur habe nach der Tat mit mehreren Verwandten des Täters gesprochen. Dass der alte Mann von seiner Frau schikaniert worden sei, hätten Gesprächspartner voneinander unabhängig geäußert. Der Leitende Oberstaatsanwalt habe dem Redakteur bestätigt, dass die Art des Umgangs der Eheleute miteinander das Tatmotiv gewesen sei. Der Täter habe befürchtet, dass seine Frau ihn vergiften wolle. Auch liege nach Auffassung der Rechtsabteilung kein Verstoß gegen die Ziffer 8 (Persönlichkeitsrechte) des Pressekodex vor, da die Veröffentlichungen den Täter nicht in seinen Persönlichkeitsrechten verletzten.

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Personaldebatte vom Hörensagen

Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung berichtet über vakante Positionen von Schulleitern und Konrektoren im Verbreitungsgebiet. In diesem Zusammenhang werden die Namen von Bewerbern und abgelehnten Kandidaten für die betreffenden Stellen genannt. Beschwerdeführer in diesem Fall ist einer der abgelehnten Kandidaten, der sich vergeblich um die Leitung einer Realschule bemüht hatte. Die Zeitung schreibt, er habe sich auch um die Leitung an seiner derzeitigen Schule beworben, seine Bewerbung jedoch zurückgezogen und eine neue Stelle an einem anderen Ort angenommen. Der Betroffene kritisiert die Nennung seines Namens. Er betont, dass der Name eines Kandidaten für ein Schulleiteramt nicht öffentlich sei. Auch die Mitglieder der Schulkonferenz seien zur Verschwiegenheit verpflichtet. Der Chefredakteur der Zeitung berichtet von einer breiten öffentlichen Debatte über die Zukunft der örtlichen Schullandschaft. Der Beschwerdeführer sei derzeit noch kommissarischer Leiter einer Realschule, die zugunsten der neugründeten Gesamtschule am Ort aufgegeben werde. Ein Jahr zuvor sei seine Bewerbung um eine Schulleiterposition von der Schulkonferenz abgelehnt worden. Schon damals habe die Redaktion seinen Namen erfahren. Von einer Veröffentlichung habe man jedoch abgesehen, um seine Person zu schützen. Später jedoch habe es eine Wendung gegeben. Als sich herausgestellt habe, dass eine Schule am Ort demnächst ohne Leitung dastehen werde, habe sich die Redaktion entschlossen, die Namen des Beschwerdeführers und seiner Konrektorin öffentlich zu machen.

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Eisenstangen und Steinschleudern eingesetzt

Die mit Hilfsgütern beladene „Solidaritätsflotte“ – sechs Schiffe sind unterwegs von der Türkei nach Palästina - ist Thema in einem Nachrichtenmagazin. Der Konvoi wird von der israelischen Marine gestoppt und geentert. Dabei kommen neun Aktivisten der Hilfsaktion ums Leben. Augenzeuge des blutigen Ereignisses ist der schwedische Schriftsteller Henning Mankell. Das Magazin zitiert ihn mit den Worten, israelische Kommandosoldaten“ hätten „kaltblütig neun Menschen ermordet“. Dabei verschweige der Schriftsteller, dass auch die Opfer Waffen getragen hätten. Ein Leser des Magazins sieht die Ziffern 1 (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde) und 2 (Sorgfalt) des Pressekodex verletzt. Die Pflicht zu gründlicher und fairer Recherche und zu wahrheitsgemäßer Unterrichtung der Öffentlichkeit sei in unverantwortlicher Weise verletzt worden. Die Behauptung der Redaktion, Passagiere oder Aktivisten der Solidaritätsflotte hätten Waffen an Bord gehabt, sei nicht wahr. Der Beschwerdeführer berichtet, er habe die Redaktion auf diesen Umstand hingewiesen. Diese habe eine „unglückliche Formulierung“ zugegeben. Die Passagiere hätten Stangen, Taserpistolen und sonstiges Gerät gehabt. Nach Auffassung des Beschwerdeführers ist das Magazin den Beweis schuldig geblieben, dass die Passagiere Waffen an Bord gehabt hätten. Wäre dies der Fall gewesen, hätte möglicherweise ein rechtfertigender Grund für die Tötung von neun türkischen Friedensaktivisten vorliegen können. Die Rechtsabteilung des Magazins bestreitet eine wahrheitswidrige Darstellung. Sie beruft sich auf eigene Recherchen und die Darstellung in anderen Medien, wonach sich die mit Messern, Metallstangen und Flaschen bewaffneten Aktivisten auf die israelischen Soldaten gestürzt hätten. Die vom Schriftsteller vorgenommene Wertung als „Ermordung“ sei zumindest fragwürdig. Einige der israelischen Soldaten seien verletzt worden, unter anderem mit ihren eigenen (Feuer)-Waffen, die den Aktivisten während der gewaltsamen Auseinandersetzung in die Hände gefallen seien.

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„Suppenhuhn“ und Gruppensex

Die Sonntagsausgabe einer überregionalen Zeitung berichtet unter der Überschrift „Lady Suppenhuhn“ über die russische Aktivistengruppe „Pussy Riot“. Der Bericht erscheint auch online. Im Beitrag geht es um die Wahrnehmung der Gruppe in der russischen und in der ausländischen Öffentlichkeit. „Böser Staat kontra unschuldige Mädchen“ sei das Bild, das von den Protestlerinnen gezeichnet werde. Dabei erinnerten die Aktionskünstlerinnen mit ihren vulgären Provokationen eher an die erste RAF-Generation. Nadjeschda Tolokonnikowa (22) sei seit Jahren Mitglied der russischen Aktionskunstszene. Mit der Gruppe „Woina“ hätten sie, Ihr Mann Pjotr Wersilow und einige andere im Frühjahr 2008 eine Gruppensex-Orgie im Moskauer Museum für Biologie veranstaltet. Der arrogante und rechthaberische Duktus ihrer Pamphlete und Interviews ähnle – so die Zeitung weiter – jenem der deutschen Sponti-Szene der sechziger Jahre. Kurze Zeit nach der Gruppensex-Orgie im Museum habe Tolokonnikowa ihre Tochter Gera geboren. Nur wenige Monate alt, sei das kleine Mädchen schwer verletzt worden, als es von einem Computertisch heruntergefallen sei. Die Zeitung zitiert aus einer in Russland veröffentlichten Umfrage. Danach hätten sich 86 Prozent der Befragten für eine Bestrafung der „Pussy Riot“-Mitglieder ausgesprochen. Beschwerdeführerin in diesem Fall ist Nadjeschda Tolokonnikowa, die sich anwaltlich vertreten lässt. Sie wehrt sich vor allem gegen die Behauptung der Zeitung, sie habe ihre kleine Tochter von einem Computertisch fallen lassen. Daraus folgere der Autor des Artikels, dass sie eine schlechte Mutter sei. Das Baby sei nie von einem Tisch gefallen. Tolokonnikowas Qualitäten als Mutter stünden also überhaupt nicht zur Debatte. Der Autor beziehe sich offensichtlich auf Berichte russischer Medien, deren Affinität zu den staatlichen Organen bekannt sei. Die Redaktion habe ihre Tatsachenbehauptungen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft. Die Beschwerdeführerin fühlt sich durch die Berichterstattung in eine Ecke mit Terroristen gestellt. Geschäftsführung und Rechtsabteilung der Zeitung nehmen zu der Beschwerde Stellung. Die Information, das Kind der Beschwerdeführerin sei von einem Tisch gefallen und habe sich dabei schwer verletzt, stamme vom Sprecher der Gruppe „Woina“. Mit dieser Aussage seien Meldungen aus anderen Quellen bestätigt worden.

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