Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6738 Entscheidungen
Eine Regionalzeitung berichtet unter der Schlagzeile „Abdirahman J.: Islamist, krank – oder beides?“ über den mutmaßlichen Angreifer von Würzburg. Dieser habe bereits vorher bei einem Streit in einer Obdachlosenunterkunft zu einem Messer gegriffen. Das berichtet der Generalstaatsanwalt. Die Redaktion zeigt ein unverpixeltes Foto des Verdächtigen. Der mutmaßliche Täter wird im Text unter anderem als „Angreifer“, „Messerangreifer“ und „Täter“ bezeichnet. Ein Leser der Zeitung kritisiert die identifizierende Abbildung des mutmaßlichen Täters. Er sieht in der Berichterstattung einen Verstoß gegen die Richtlinie 8.1 (Kriminalberichterstattung). Er vermutet außerdem durch die Überschrift eine Vorverurteilung nach Ziffer 13 des Kodex. Diese rücke zudem nach Ziffer 12 (Diskriminierungen) Moslems in den Bereich des Generalverdachts als potenzielle Kriminelle. (Anmerkung des Presserats: Die Beschwerde wurde im Vorfeld nicht auf Ziffer 12, sondern nur auf die Ziffern 8 und 13 zugelassen). Die Erwähnung der Nationalität des Tatverdächtigen war nach Richtlinie 12.1 gerechtfertigt, da es sich um eine besonders schwere Tat gehandelt habe. Außerdem ist im Text nicht zu erkennen, dass Muslime generell diskriminiert werden. Der Autor teilt mit, es sei nie seine Absicht gewesen, Moslems pauschal zu kriminalisieren. Diesen Vorwurf weise die Redaktion mit Nachdruck zurück. Ihr zu unterstellen, Moslems unter Generalverdacht zu stellen, sei eine Verdrehung der Tatsachen, für die es im Text keine Anhaltspunkte gebe.
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Eine Glosse, die gedruckt und online in einer überregionalen Zeitung erschienen ist, veranlasst ein Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina zu einer Beschwerde beim Presserat. Der Autor der Glosse hatte Beobachtungen des Verhaltensforschers Konrad Lorenz aufgegriffen. Der habe bei einem Vogel eine sogenannte „Leerlaufhandlung“ beobachtet. Dabei geht es um das Schnappen nach nicht vorhandenen Insekten. Erklärung für dieses merkwürdige Verhalten des Vogels: Er sei von einer aktionsspezifischen „Triebenergie“ durchflossen. In der Glosse – so die Zeitung – werde ein Bezug zu den Äußerungen des Beschwerdeführers hergestellt. Es heiße darin, der Beschwerdeführer sei „seit Monaten hinter dem her, was er in einem Zeitungsbeitrag jetzt als ´organisierte Freiheitsberaubung´ beschrieben hat: Den Kampf der Staaten gegen die Pandemie. Auch die bislang 300 Millionen offiziell genannten Todesopfer lassen ihn nicht zweifeln, dass es sich bei den Schutzmaßnahmen um einen ´Teufelspakt´ handele. Die ´Quasi-Diktatur´ mit den Corona-Maßnahmen, der Antiterrorkampf einer ´Big Brother-Lobby´ und auch die Eindämmung des Klimawandels durch die Peitschenhiebe von Vater Staat sind für den Philosophen alles Fliegen unter der weißen Decke seines keimfrei libertären Denkgebäudes.“ Der Beschwerdeführer geht von einem Verstoß gegen die Ziffern 1 (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde) und 9 (Schutz der Ehre) des Pressekodex aus. Der Artikel bestehe aus Diffamierungen gegen ihn. Er habe am Erscheinungstag der Glosse einen Brief an die Herausgeber der Zeitung geschrieben mit der Bitte, die dort angefügte Replik als Leserbrief zu veröffentlichen, aber keine Antwort erhalten. Die Zeitung teilt mit, es handele sich hier um eine Glosse, die ein erfahrener Redakteur und studierter Biologe verfasst habe. Der Autor setze sich dabei kritisch mit den öffentlichen Äußerungen des Beschwerdeführers auseinander. Dieser teile nicht mit, worin genau er die von ihm angenommenen Ehrverletzungen sehe.
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„Klinik muss Mädchen 1,2 Millionen zahlen“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über ein Urteil des Landgerichts Paderborn wegen eines groben Behandlungsfehlers. Beschwerdeführer in diesem Fall ist der Hauptgeschäftsführer des Klinikums. Er wirft der Zeitung vor, mehrere Falschaussagen verbreitet zu haben. Diese seien dazu geeignet, in der Bevölkerung Wut gegen das Krankenhaus zu schüren und darüber hinaus einen hohen wirtschaftlichen Schaden zu verursachen. Der Beschwerdeführer kritisiert schon die Überschrift. Nicht die Klinik zahle dem Mädchen 1,2 Millionen Euro, sondern die Versicherung. Im zweiten Absatz des Artikels werde das Krankenhaus einbezogen in die Aussage, dass jede Abschlagszahlung verweigert worden sei. Auch das sei falsch. Nach dem Verfahren und den Zuständigkeiten könne nur der Versicherer Abschlagszahlungen gewähren. Ferner verschweige die Zeitung, dass es im Lauf des Verfahrens mehrere Gutachter gegeben habe, darunter auch solche, die dem Krankenhaus kein schuldhaftes Versäumnis bestätigt hätten. Der Beschwerdeführer nennt noch mehrere Beispiele für seine Behauptung, dass die Zeitung nicht korrekt berichtet habe. Der Chefredakteur der Zeitung stellt fest, die Überschrift fasse das Urteil des Landgerichts Paderborn zusammen. Ob die Zahlung an das Mädchen letztlich von einer Versicherung abgedeckt sei, die das Geld überweise, sei für die Berichterstattung unerheblich. Verurteilt worden sei allein das Krankenhaus. Der Chefredakteur weist auch die übrigen Vorwürfe des Beschwerdeführers zurück.
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Ein Nachrichtenmagazin berichtet unter der Überschrift „Verdammtes Erbe“ über das „lange Sterben“ des Journalisten Tilman Jens. Dieser war ein Sohn von Walter und Inge Jens und hat vor einiger Zeit Suizid begangen. Anlass des Artikels ist das gerade erschienene Buch „Die Freiheit zu leben – und zu sterben: Ein Bekenntnis“ von Tilman Jens. In der Rezension heißt es, es hätte eigentlich ein Buch über ein Leben mit Diabetes Typ 2 sein sollen, aber dann ein Buch über ein “gehetztes Leben“ geworden. Der Autor schreibt auch dies: „Das Leben eines Menschen, der nie das Gefühl hatte, zu genügen“. Ein Leser des Magazins sieht einen Verstoß gegen Ziffer 8, Richtlinie 8.7, wonach bei der Berichterstattung über Selbsttötung Zurückhaltung geboten ist. Es werde eine konkrete Handlungsanleitung als bewährt geschildert. Er meint damit dieses Zitat: „…und wenn dann die Kräfte eines Tages nicht mehr reichen, in Dankbarkeit und mit Trotz aus dem Leben scheiden: Schlaftabletten, eine Flasche Wodka und eine übergestülpte Plastiktüte. Hemingway hat´s auf seine Weise vorgemacht. The party is over. Nach mir die Sintflut.“ Die Rechtsvertretung des Nachrichtenmagazins nimmt zu der Beschwerde Stellung. Der Beschwerdeführer verkenne, dass es bei einem Nachruf auf einen führenden Intellektuellen und gleichzeitiger Buchbesprechung seiner Lebensabrechnung kaum denkbar sei, zurückhaltender zu berichten. Der Justiziar spricht von einem großen öffentlichen Informationsinteresse. Er stellt die rhetorische Frage: Solle man nicht mehr erfahren dürfen, wie Kleist, Hemingway oder auch Uwe Barschel aus dem Leben geschieden seien? Insgesamt – so der Justiziar abschließend – sei nicht nachzuvollziehen, wie anders hätte berichtet werden sollen.
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„Arbeitgeber von Spahns Ehemann verkaufte Masken an Gesundheitsministerium“ – einen Artikel mit dieser Überschrift veröffentlicht eine überregionale Tageszeitung online. Das kommentiert – ebenfalls online – ein Leser der Zeitung. Er schreibt unter anderem: „Kurz und gut: Der andere Zausel ist nicht sein Ehemann, sondern sein Sexgespiele! Mich kotzt es langsam an, dass perverse Beziehungen immer mehr zur Norm gesetzt werden, die Beziehung zwischen einer Frau und einem Mann dahinter rückt. CDU? Nein! Nie wieder. Widerlich!“ Ein anderer Leser der Zeitung wendet sich mit seiner Beschwerde an den Presserat. Nach seiner Ansicht ist der Leserkommentar beleidigend und diskriminierend. In einer Mail habe er die Redaktion darauf hingewiesen und sie gebeten, den Beitrag zu löschen und den Kommentator zu verwarnen. Eine Reaktion habe er nicht bekommen. Der Kommentar sei immer noch im Netz zu lesen. Der Chefredakteur der Zeitung gibt dem Beschwerdeführer Recht. Der Kommentar der Redaktion und der des Lesers seien absolut inakzeptabel und müssten gelöscht werden. Das sei mittlerweile geschehen Der Nutzer sei gesperrt worden. Er bitte den Beschwerdeführer um Entschuldigung. Bei bis zu 30.000 eingehenden Kommentaren täglich rutschten inakzeptable Beiträge immer mal wieder ins Online-Angebot, mal durch algorithmisches, dann wieder durch menschliches Versagen. Im konkreten Fall habe es der Nutzer bewusst und massiv darauf angelegt, mit inakzeptablen Kommentaren durchzukommen. Das sei ihm leider in Teilen gelungen.
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Eine Regionalzeitung berichtet, ein Mitarbeiter der Landes-SPD-Fraktion sei wegen der Vergewaltigung einer Grünen-Politikerin angeklagt worden. Die im Beitrag namentlich genannte Grünen-Spitzenkandidatin habe nach eigenen Angaben 2017 in einer Beziehung mit dem jetzt Angeklagten gelebt. 2019, etwa eineinhalb Jahre nach der Trennung, habe sie Strafanzeige erstattet. Ende August 2020 habe sie über Twitter zumindest zeitweise veröffentlicht, dass sie ihren Vergewaltiger angezeigt habe. Im Rahmen ihrer Kandidatur habe sie zuletzt wiederholt öffentlich erklärt, sie sei bisexuell. Die Berichterstattung veranlasst 15 Leserinnen und Leser der Zeitung zu einer Beschwerde beim Presserat. Sie machen Verstöße gegen zahlreiche Ziffern des Pressekodex geltend. In der Vorprüfung wurde das Verfahren nach Paragraf 5 der Beschwerdeordnung auf die Ziffern 2 (Falschzitat), 8 und 13 (Schutz der Persönlichkeit bzw. Vorverurteilung zu Lasten des Opfers) zugelassen. Ein Beschwerdeführer macht ein falsches Zitat geltend. Seinen Informationen zufolge habe die zitierte Politikerin von einem „traumatischen“ und nicht von einem „dramatischen“ Ereignis, wie die Zeitung schreibe, gesprochen. Die Beschwerdeführenden kritisieren insbesondere die identifizierende Berichterstattung über das Opfer, während der Täter anonym bleibe. Dies verstoße gegen Ziffer 8, Richtlinie 8.2, des Kodex. Auch wenn die Frau politisch aktiv sei, dürfe über sie im Sinne des Opferschutzes nicht identifizierbar berichtet werden. Die mutmaßliche Tat habe nichts mit ihrem Mandat zu tun. Mehrere Beschwerdeführende monieren zudem, dass die sexuelle Orientierung des Opfers genannt werde. Diese stehe in keinem sachlichen Zusammenhang mit der Strafanzeige bzw. dem Tatvorwurf. Für die Zeitung nimmt deren Chefredakteur Stellung. Der Autor des kritisieren Beitrages sei ein sehr erfahrener Journalist, der auch in diesem Fall sehr sorgfältig recherchiert habe. Die betroffene Frau habe selbst den Weg in die Öffentlichkeit gewählt und dadurch auf ihren Anonymitätsschutz verzichtet. Da sie selbst Juristin sei, habe ihr aus Sicht der Redaktion die Tragweite ihrer öffentlichen Äußerungen und der Verknüpfung von politischen Funktionen mit dem Privatleben bekannt sein müssen.
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Ein Redaktionsnetzwerk berichtet online unter der Rubrik „Termine des Tages“ in eigener Sache: „Korrektur: In einer vorherigen Version von ´Der Tag´ hieß es, der sogenannte Zukunftsrat der CDU wolle sich heute um 13 Uhr vorstellen. Dabei handele es sich offenbar um Satire. Nach Angaben des Konrad-Adenauer-Hauses sei der ´Zukunftsrat der CDU´ eine Fake-Gruppierung, ins Leben gerufen von Klimaschützern. Wir bitten Sie, den falschen Terminhinweis zu entschuldigen.“ Ein Leser des Online-Portals hält die Korrektur für falsch. Es verletze die Sorgfaltspflicht. Der Terminhinweis sei richtig gewesen. Der Zukunftsrat der CDU habe sich tatsächlich „heute um 13 Uhr“ wie angekündigt vorgestellt. Ein Rechtsvertreter des Redaktionsnetzwerkes nimmt zu der Beschwerde Stellung. Aus seiner Sicht sei die Beschwerde der Versuch eines Aktivisten, die Satireaktion rund um den angeblichen „Zukunftsrat der CDU“, der längst als Fake enthüllt sei, nun noch mit den Instrumentarien des Presserats ein wenig zu verlängern. Noch am gleichen Tag habe sich – so der Beauftragte des Redaktionsnetzwerkes – herausgestellt, dass es sich um eine politisch motivierte Satireaktion zu Lasten der CDU vor der Bundestagswahl handele. Die Redaktion habe den Termin gelöscht und den Irrtum beschrieben.
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Das Klimaschutzpaket der EU-Kommission ist Thema in der Online-Version eines Nachrichtenmagazins. Unter anderem heißt es: „Problem eins ist der Streit um Flächen für erneuerbare Energien. Um sich zu 100 Prozent mit Ökoenergie zu versorgen, so schätzen Experten, muss Europa 50mal so viele Flächen für Wind- und Solarparks ausweisen wie für konventionelle Kraftwerke. Laut dem Potsdamer Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung benötigt die EU knapp 100.000 Quadratkilometer für Ökostromanlagen. Das entspricht etwa der Größe Portugals.“ Ein Leser des Magazins trägt vor, in der genannten Veröffentlichung zum Flächenbedarf erneuerbarer Energien des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) werde ausgeführt, dass eben keine 100.000 Quadratkilometer notwendig seien, um den Flächenbedarf erneuerbarer Energie zu decken. Dort heiße es unter anderem: „Wird in der Zukunft stärker auf andere Erzeugungsinfrastrukturen gesetzt, lässt sich der Flächenbedarf eines vollständig erneuerbaren Stromsystems reduzieren. Laut der Studie gibt es dafür drei geeignete Möglichkeiten, die einzeln oder auch in Kombination eingesetzt werden können: Offshore-Windkraft, große Solarparks und Solaranlagen auf Hausdächern. Jede dieser Technologien könnte den Flächenbedarf an Land auf etwa 48.000 Quadratkilometer – ein Prozent der Fläche Europas - und weniger begrenzen. Die Rechtsvertretung des Magazins gesteht dem Beschwerdeführer zu, dass die geschilderte Studie eine Ergänzung enthält, die den hypothetischen Fall abdeckt, dass nur noch Dachanlagen und Offshore-Windparks gebaut würden. Die Redaktion rechtfertigt die verkürzte Darstellung dessen, was die Studie als tatsächlich konservativ betrachtet notwendigen Platzbedarf ausweise, als zulässige Bewertung des Ergebnisses. Sie werde den Hinweis des Beschwerdeführers jedoch gerne aufnehmen und den kritisierten Satz entsprechend ändern.
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Eine regionale Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „´Querdenken´-Demo eskaliert: 20.000 Teilnehmer: Massive Prügeleien mit Polizei“ über eine Corona-Demonstration in Kassel. Dem Artikel beigestellt ist ein Foto, auf dem ein am Boden liegender Fotograf zu sehen ist, der sich den Kopf hält. Bildunterschrift: „Ein Fotograf hält sich am Rande der ´Querdenken´-Demo in Kassel sein Gesicht, nachdem er von Antifa-Gegendemonstranten angegriffen wurde. Foto: AFP“. Beschwerdeführer in diesem Fall ist der Deutsche Presserat. Er sieht in der Bildunterschrift einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht. Der Autor schreibe, der Fotograf sei von „Antifa-Gegendemonstranten“ angegriffen worden. Dieser sei jedoch von einem Teilnehmer des verbotenen Demozuges attackiert worden, als er Tritte des Mannes in den Rücken von Gegendemonstranten dokumentierte. Der betroffene Journalist habe selbst bereits klargestellt, wie der Sachverhalt gewesen sei und die Zeitung darauf hingewiesen. Der Artikel sei aber bislang nicht korrigiert worden. Er gebe die Vorkommnisse grob falsch wieder. Die Zeitung hatte sich auf das Agenturprivileg berufen und dazu aus der von der Agentur mitgelieferten Information zitiert. Der Beschwerdeausschuss hatte das Vorliegen des Agenturprivilegs bejaht und beschlossen, dass vorliegende Verfahren gegen die Agentur einzuleiten. Die Agentur-Spitze nimmt zu der Beschwerde Stellung. Sie trägt vor, man habe versucht, den der Foto-Berichterstattung zugrunde liegenden Vorfall aufzuklären. Trotz aller Bemühungen sei der Ablauf nicht vollständig zu klären gewesen. Bis zum Ablauf einer gesetzten Frist lag eine Stellungnahme der Agentur zu der Beschwerde nicht vor.
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Eine Boulevardzeitung berichtet online, dass eine „Katastrophen-Beamtin ausgerastet ist“. Die Pressesprecherin Danielle S. habe sich per Twitter über die kritische Flut-Berichterstattung der Zeitung ausgelassen. Die Redaktion führt mehrere Screenshots der Tweets der Beamtin an. Sie wird mit Sätzen zitiert wie diesen: Die Zeitung „kotze einen an“ oder auch – an die Zeitung gerichtet - „Halt die Fresse.“ Neben den Tweets veröffentlicht die Redaktion das vergrößerte Twitter-Profilfoto der Pressesprecherin. Es zeigt die Betroffene mit ihrer Katze. Sechs Personen beschweren sich beim Presserat über die Berichterstattung, unter ihnen die betroffene Beamtin selbst. Die Redaktion habe ihr Profilfoto genutzt und im Text stünden „völlig überzogene Sachen“ über sie. Außerdem hätten Redakteure am Tag vor der Veröffentlichung versucht, sie auf ihrer privaten E-Mail-Adresse zu „erpressen“. Einige Beschwerdeführer sehen durch die Berichterstattung mehrere presseethische Grundsätze verletzt. In anderen Beschwerden werden eine Kampagne bzw. Hetze gegen eine Privatperson vermutet, die ihr Recht auf Meinungsfreiheit wahrgenommen habe. Die Berichterstattung sei ein „öffentlicher „Pranger“. Die Rechtsabteilung des Verlages nimmt Stellung zu der Beschwerde. Thema das kritisierten Artikels seien die Twitter-Aktivitäten einer Beamtin, die für die Pressestelle des Bundesamtes für Katastrophenschutz (BBK) tätig sei. Der besagte Twitter-Account der Beamtin, der öffentlich zugänglich sei, drehe sich inhaltlich hauptsächlich um Katastrophen- und Hochwasserschutz. Es handele sich folglich um keinen Privat-Account der Beamtin. Er stehe vielmehr in unmittelbarem Bezug zur beruflichen Tätigkeit der Frau. Die Beamtin teilt mit, Reporter der Zeitung hätten versucht, sie telefonisch zu erreichen, seien aber bei einer Kollegin gelandet. Ein Reporter habe ihr mitteilen lassen, dass es „besser für sie sei“, wenn sie zurückriefe. Nach Auffassung der Rechtsabteilung hat die Beamtin sich bewusst mit ihrer Twitter-Aktion in die Öffentlichkeit begeben. Von einem Verstoß gegen den Schutz der Persönlichkeit nach Ziffer 8 des Pressekodex könne somit keine Rede sein.
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