Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6644 Entscheidungen

Pressemitteilung ohne Kennzeichnung veröffentlicht

Eine Regionalzeitung informiert online unter der Überschrift „Nachhaltig in die Zukunft: Der Landkreis Freising ist dabei eine Modellregion“ über die positive Entwicklung in ihrem Verbreitungsgebiet. Zwei Wochen später erscheint in der Zeitung ein Bericht über die Ernte-Aussichten der Hopfenbauern in der Hallertau. Die Zeitung schreibt, der Pflanzerverband habe wie in jedem Jahr vor Beginn der Hopfenernte die offizielle Hopfen-Einschätzung für Deutschland veröffentlicht. Ein Leser der Zeitung kritisiert in seiner Beschwerde, dass der erste Artikel wortwörtlich einer Pressemitteilung des Landratsamtes Freising entspreche. Der Hinweis auf diese Quelle sei jedoch unterblieben. Das gleiche gelte für den zweiten Beitrag – Eine nahezu wörtliche Wiedergabe einer amtlichen Mitteilung ohne erforderliche Kennzeichnung. Wenige Änderungen bei der Wortwahl kennzeichneten keine kritische Distanz der Redaktion. Vielmehr mache man sich die Pressemitteilung des Landratsamtes zu eigen. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, die Redaktion habe die Pressemitteilung übernommen, einfach deshalb, weil ihr Inhalt für die Leserschaft interessant gewesen sei. Zur Kennzeichnungsproblematik äußert sich der Chefredakteur nicht.

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Vier Menschen mit einem Messer angegriffen

„Familienstreit eskaliert“ – 39-Jähriger tot“ - unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über einen Mann, der seine Frau, seine Schwiegermutter und zwei Nachbarn mit einem Messer angegriffen habe. Bei der Festnahme sei er von der Polizei angeschossen worden und noch während der Versorgung durch den Notarzt verstorben. Die Zeitung teilt mit, dass der Täter ein Somalier gewesen sei. Ein anonym auftretender Leser der Zeitung kritisiert die Angabe der Nationalität des Getöteten. Diese sei nicht von begründetem öffentlichem Interesse. Die Rechtsvertretung der Zeitung, weist darauf hin, dass die monierte Meldung von einer Nachrichtenagentur stamme. Sie sei so abgedruckt worden, wie sie von der Agentur geliefert worden sei. Die Rechtsabteilung der Agentur habe eine Stellungnahme in dem Verfahren zugesagt. Unabhängig davon weist die Rechtsvertretung darauf hin, dass in dem Artikel über besonders schwere Straftaten informiert werde. Die Öffentlichkeit habe ein besonderes Interesse daran, umfassend informiert zu werden. Die Nennung der Nationalität des Täters erfolge weder in einer abwertenden Formulierung, noch werde sie unangemessen hervorgehoben. Es sei – so die Rechtsvertretung weiter – nicht nachvollziehbar, warum der Beschwerdeführer anonymisiert worden sei. Sie spricht von mindestens fünf Beschwerden in der jüngsten Zeit, die anonymisiert worden seien. Man müsse daher davon ausgehen, dass eine gezielte Kampagne vorliege. Die Rechtsvertretung beantragt Einsicht in die Beschwerdeakte. In einem ergänzenden Schreiben teilt die Rechtsvertretung mit, dass nach Rücksprache der Zeitung mit der Agentur diese in der Angelegenheit keine weitergehende Stellungnahme abgeben werde, sofern die Agentur nicht in das Verfahren einbezogen werden sollte.

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Jugendliche machen sich über Obdachlosen her

Unter der Überschrift „Jugendliche verhöhnen verletztes Opfer“ berichtet eine überregionale Tageszeitung über einen Vorfall in München. Dem Bericht zufolge hätten Jugendliche einen Obdachlosen auf eine Treppe gelockt. Sie hätten ihren Spaß daran gehabt, als der Mann stürzte und sich dabei schwer verletzte. Die jungen Leute hätten dem Verletzten nicht geholfen. Im Gegenteil – sie hätten sich über den Mann lustig gemacht. Ob sie ihr Opfer auch filmten und fotografierten, um im Internet damit anzugeben, müssten die weiteren Ermittlungen zeigen, so die Polizei. Die Jugendlichen seien wegen Körperverletzung, unterlassener Hilfeleistung und Verstößen gegen den Infektionsschutz angezeigt worden. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass aufgrund der Ortsangabe und des Alters der jungen Männer er sofort eine Ahnung bekommen habe, um welche Gruppe es sich handeln könnte, nämlich Leute aus dem Bekanntenkreis seines Sohnes. Die Geschehnisse seien von Seiten der Jugendlichen deutlich anders geschildert worden. Der Beschwerdeführer sieht in der Art der Berichterstattung eine Verletzung der Ziffer 13, Richtlinie 13.3, des Pressekodex (Vorverurteilung). Er spricht von einer sensationsheischenden und reißerischen Art der Berichterstattung. Zwar würden keine Namen genannt, doch seien die Jugendlichen durch die Angabe ihres Alters und die präzise Ortsangabe zumindest für ihre Nachbarschaft identifizierbar. Die Rechtsabteilung des Verlages beruft sich auf eine Pressemitteilung der Polizei. Wenn auch die Polizei als privilegierte Quelle zu betrachten sei, habe der bearbeitende Redakteur die Pressemeldung nicht unkritisch übernommen, sondern habe der Pressestelle zahlreiche Fragen zu dem Vorkommnis gestellt. Es habe eine gewisse Öffentlichkeit (Zeugin, mehrere Polizeibeamte, Kameraaufzeichnungen) gegeben, unter deren Augen sich die Tat zugetragen habe. Völlig am Thema vorbei gehe der Einwand des Beschwerdeführers, die Jugendlichen und jungen Erwachsenen seien durch die Darstellung zu identifizieren.

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Ohne Einwilligung keine Veröffentlichung von Opferfotos

Keine falschen Tatsachenbehauptungen

Eine Wochenzeitung berichtet online unter der Überschrift „Führung als Farce“ über Auseinandersetzungen, die der ehemalige juristische Direktor einer Rundfunkanstalt mit der Redaktion führt. Der Autor nennt unter anderem Aussagen, die der Ex-Direktor der Redaktion untersagen lassen will. Beschwerdeführer ist der im Artikel namentlich genannte frühere Direktor. Er kritisiert, der Beitrag sei nach dem Erwirken einer einstweiligen Verfügung einfach im Text abgeändert worden, ohne dass dies kenntlich gemacht worden sei. Der Leser, der den Artikel heute abrufe, habe also den Eindruck, die heutige Fassung sei schon die frühere Version gewesen. Dies sei aus seiner Sicht ein klarer Verstoß gegen die Ziffer 3 des Pressekodex (Richtigstellung). Auf einen Brief habe die Chefredakteurin bislang nicht reagiert. Die Chefredaktion teilt mit, das Schreiben des Beschwerdeführers sei zu einem Zeitpunkt in der Redaktion angekommen, als die juristische Auseinandersetzung noch in einer akuten Phase war. Die Chefredaktion weist darauf hin, dass der kritisierte Beitrag auf eine Auseinandersetzung mit dem Beschwerdeführer zurückgehe. Dabei gehe es um einen Podcast, in dem ein Redakteur des Rundfunksenders mit dem langjährigen Rundfunkrat über den Umgang der Funkanstalt mit dem Vorwurf sexueller Belästigung von Mitarbeiterinnen spricht. Dabei werde auch der Beschwerdeführer als ehemaliger Justiziar des Senders genannt. Äußerungen eines Belästigungsopfers hätten Anlass gegeben, die Rolle des Justiziars zu beleuchten. Die Chefredaktion weist die Vorwürfe des Beschwerdeführers in allen Punkten zurück.

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Vorwurf: Falsche Bezugsgröße gewählt

Verunsicherung und erbitterte Diskussionen

Eine Regionalzeitung zitiert unter der Überschrift „Durchseuchung der Schulen“ den Präsidenten des Deutschen Lehrerverbandes, Meidinger. Dieser hatte sich in einem Interview mit einer anderen Zeitung so geäußert: „Neuere Studien hätten herausgefunden, dass zwischen 0,3 und 1,7 Prozent der mit Corona infizierten Kinder im Krankenhaus behandelt werden müssten. Bezogen auf Deutschland bei knapp elf Millionen Schülern hieße das, dass zwischen 30.000 und 180.000 in Krankenhäusern behandelt werden müssten.“ Ein Leser der Zeitung macht Verstöße gegen mehrere presseethische Grundsätze zur Basis seiner Beschwerde beim Presserat. Der Autor des Beitrages stelle eine völlig falsche Tatsachenbehauptung hinsichtlich der Anzahl möglicher hospitalisierter Kinder auf. Mit einer einfachen Recherche hätte der Autor feststellen können, dass der zitierte Präsident des Lehrerverbandes eine falsche Bezugsgröße gewählt habe. Dies habe in seinem direkten Umfeld zu erheblicher Verunsicherung bei Lehrern und Eltern und erbittert geführten Diskussionen geführt. Der Beschwerdeführer fordert die Redaktion auf, diesen Sachverhalt zu prüfen und eine Richtigstellung zu veröffentlichen. Richtig sei es, die Rate von 121 Fällen pro hunderttausend Kinder in der Bevölkerung auf die 11.000.000 Kinder in Deutschland hochzurechnen. Dann errechne sich eine Zahl von 13.310 hospitalisierter Kinder innerhalb eines Zeitraums von 17 Monaten. Für die Zeitung nimmt der verantwortliche Redakteur zu der Beschwerde Stellung. Die vom Beschwerdeführer behauptete Sorgfaltspflichtverletzung stamme aus einem Agenturbericht und sei durch das Agenturprivileg gedeckt. Eine Nachprüfung tatsächlicher Angaben durch die Redaktion sei damit nicht erforderlich gewesen.

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Mangelnde Kommunikation mit einer Partei

Eine Regionalzeitung veröffentlicht eine Artikelserie zur bevorstehenden Kommunalwahl. Einleitend heißt es jeweils: „Wir haben alle zur Kommunalwahl in (…) antretenden Parteien zu den wichtigsten Themen befragt.“ Ein Leser der Zeitung stellt fest, dass diese Aussage nicht auf die ebenfalls kandidierende AfD zutreffe. Die Partei sei von der Zeitung nicht befragt worden. Die Behauptung, alle antretenden Parteien seien zu den wichtigsten kommunalen Themen befragt worden, sei falsch. Dann berichtet die Redaktion erneut über die bevorstehende Wahl und stellt fest, man habe in früheren Berichten mit der AfD nicht rechnen können, da sich die Kandidaten erst „kurz vor Fristende“ hätten aufstellen lassen. Der Chefredakteur der Zeitung stellt fest, die AfD habe die Redaktion von ihrer Kandidatur nicht in Kenntnis gesetzt. Sie betreibe in der fraglichen Stadt keinerlei Öffentlichkeitsarbeit. Von einer Bewerbung für die Kommunalwahl sei der Redaktion demzufolge zum Zeitpunkt der Umfrage nichts bekannt gewesen. Daher sei die Partei in dieser Phase der Wahlberichterstattung zunächst nicht einbezogen worden. Die AfD habe auch nicht mitgeteilt, dass sie kurz vor Toressschluss offenbar doch noch Kandidaten benannt habe. Aufgrund der fehlenden Kommunikation durch die AfD sei diese bei der klassischen Themen-Umfrage tatsächlich nicht vorgekommen. Die örtliche Redaktion habe dennoch über die Partei, ihre Kandidaten und deren Antritt bei der Wahl sachgerecht und inhaltsbezogen berichtet. „Unglücklich“ sei die Behauptung, “alle Parteien“ seien befragt worden. Das hätte korrigiert werden müssen.

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Eine Bluttat „wie aus dem Nichts“

Eine Boulevardzeitung berichtet online über ein Tötungsdelikt. In einem ersten Beitrag lautet die Überschrift „Wer erstach Marietta B. (70)?“ Die Seniorin sei „wie aus dem Nichts“ in ihrer Wohnung niedergemetzelt worden. Die Redaktion nennt die Straße, in der die Frau gewohnt hatte. Der Beitrag informiert über die Familienverhältnisse (drei Töchter, ein Sohn) und über den Nachbarn, der die Tote gefunden habe. Die Zeitung zeigt ein verpixeltes Foto des Opfers und informiert darüber, dass das Opfer mit seinem Sohn Tarek B. zusammengewohnt habe, in der Wohnung darunter seine Tochter Corinna O. Von Verdächtigen fehle jede Spur. Später berichtet die Zeitung, dass die Tochter unter Tatverdacht festgenommen worden sei. Wieder zeigt die Redaktion das verpixelte Foto. Im Fokus der Ermittlungen hätten zunächst die drei Töchter, darunter Zwillinge, und der Sohn des Opfers gestanden. Drei der vier erwachsenen Kinder hätten - so die Polizei – immer noch eng von der Mutter betreut werden müssen. Eines der Zwillingsmädchen sei ein besonderes Sorgenkind gewesen, berichte eine Nachbarin, Es habe die Mutter ständig beschimpft. Der Beschwerdeführer in diesem Fall ist der Ehemann einer der Töchter. Folge der Berichterstattung sei, dass seine Schwägerin Nachrichten auf Facebook bekomme. Darin sei die Rede davon, dass sie ihre Mutter getötet habe. Das veröffentlichte Foto des Opfers, das von der Familie nicht freigegeben worden sei, stamme wohl von einer Nachbarin. Er sieht auch Verstöße gegen den Opferschutz nach Ziffer 8 des Kodex wegen der Verwendung des Fotos sowie die Nennung der Vornamen der Kinder. Er vermutet zudem eine Vorverurteilung, weil behauptet werde, seine Frau habe unter Verdacht gestanden. Die zuständige Redakteurin sieht den Persönlichkeitsschutz gewährleistet. Die Redaktion habe sämtliche Namen und Fotos der erwachsenen Kinder besessen, aber auf die Veröffentlichung verzichtet. Ihrer Sorgfaltspflicht habe die Redaktion u. a. durch die Verwendung des Konjunktivs Genüge getan. Das verwendete Foto des Opfers – so die Redakteurin weiter – sei von einer nahen Angehörigen freigegeben worden. Die Informationen stammten zum großen Teil von einer Tochter, die in der Wohnung unter der ihrer Mutter wohne, sowie einem Nachbarn und zwei Freundinnen des Opfers. Niemand habe etwas dagegen gehabt, dass die Redaktion über den Mord an der Rentnerin berichtet.

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Öffentlich mit Sex geprahlt?