Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6738 Entscheidungen

Eifersucht als Auslöser eines Verbrechens?

Eine Regionalzeitung berichtet online über die Festnahme eines 37-jährigen Syrers, dem vorgeworfen wird, einen Mann - ebenfalls syrischer Staatsbürger – getötet zu haben. Hinweise aus dem Umfeld des Verdächtigen deuteten laut Staatsanwaltschaft daraufhin, dass Eifersucht der Grund für die Tat gewesen sei. Für einen Zusammenhang mit Clan-Kriminalität gebe es keinen Hinweis. In dem Artikel wird ein AfD-Politiker mit der Aussage zitiert, es bereite ihm Sorgen, dass Täter und Opfer aus Syrien stammten. Es stelle sich die Frage, ob man mit der Zuwanderung zunehmend auch hier die Zustände wie in den Heimatstaaten der Geflüchteten bekäme. Ein anonymisierter Beschwerdeführer kritisiert die Angabe der Nationalität des Verdächtigen. Einen rassistischen Hintergrund der Tat oder Clan-Kriminalität könne man ausschließen. Die Nennung der Nationalität sei für das Verständnis des Geschehenen überflüssig. Mit der Aussage der AfD werde eine diskriminierende Verallgemeinerung gefördert, da ein Verbrechen aus Eifersucht nicht das erste Mal im Verbreitungsgebiet der Zeitung stattgefunden habe und eine solche Tat in allen gesellschaftlichen Schichten und in allen Ethnien vorkomme. Die Rechtsvertretung des Verlages macht ein begründetes öffentliches Interesse an der Angabe der Nationalität geltend. Das Opfer der Tat sei syrischer Herkunft. Aus diesem Grund habe zunächst auch eine rassistisch motivierte Tat nicht ausgeschlossen werden können. Die Zeitung beruft sich auf die Polizeiinformation über die Nationalität des Tatverdächtigen. Hinzukomme, dass ein sehr schweres Verbrechen geschehen sei, bei dem das öffentliche Interesse höher zu bewerten sei als ein Schutz vor Diskriminierung. Die AfD sei die einzige Partei, die sich zu dem Verbrechen geäußert habe.

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Prügelei am Rande einer Demonstration

Eine regionale Boulevardzeitung berichtet online unter der Überschrift „´Querdenken´-Demo eskaliert: 20.000 Teilnehmer: Massive Prügeleien mit Polizei“ über eine Corona-Demonstration in Kassel. Dem Artikel beigestellt ist ein Foto, auf dem ein am Boden liegender Fotograf zu sehen ist, der sich den Kopf hält. Die Bildunterschrift lautet: „Ein Fotograf hält sich am Rande der ´Querdenken´-Demo in Kassel sein Gesicht, nachdem er von Antifa-Gegendemonstranten angegriffen wurde. Foto: AFP“. Ein Leser der Zeitung sieht in der Bildunterschrift einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht. Der abgebildete Fotograf sei nicht von Antifa-Gegendemonstranten, sondern von einem Teilnehmer des verbotenen Demozuges angegriffen worden, als er Tritte des Mannes in den Rücken von Gegendemonstranten dokumentierte. Der betroffene Journalist habe den Sachverhalt bereits klargestellt und die Redaktion darauf hingewiesen. Bislang sei der Artikel nicht korrigiert worden. Er gebe die Vorkommnisse grob falsch wieder. Der Redaktionsleiter Online gibt dem Beschwerdeführer Recht. Das habe eine erneute Überprüfung des Faktenchecks in der Redaktion ergeben. Zunächst habe die Redaktion der Agentur vertraut, die die kritisierte Information verbreitet hatte. Die Bildunterschrift laute nun: „Ein Fotograf hält sich am Rande der ´Querdenken´-Demo in Kassel sein Gesicht, nachdem er von einem Demonstranten angegriffen wurde.“ Zunächst habe die Redaktion an dieser Stelle geschrieben, dass es sich bei dem Angreifer um einen Antifa-Gegendemonstranten gehandelt habe. Es stellte sich inzwischen jedoch heraus, dass der Mann, der den Fotografen geschlagen hat, zu einer Gruppe von „Querdenkern“ gehörte, die mit Gegendemonstranten um ein Transparent stritten. Als ihnen auffiel, dass der Fotograf die Rangelei dokumentierte, schlug einer von ihnen zu.

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„Pauschal verurteilender Artikel“

Unter der Überschrift „Albtraum statt Erholung“ berichtet eine Zeitschrift über die erst jetzt begonnene Aufarbeitung von Missbrauchsfällen bei Aufenthalten in Kurheimen. Diese hätten bis in die 70er Jahre stattgefunden. Die Redaktion schreibt: „Bis in die 1970er Jahre wurden viele hunderttausend Kinder bei Aufenthalten in Kurheimen misshandelt.“ Im Text heißt es weiter: „Mutmaßlich viele 100.000 Mädchen und Jungen aus ganz Deutschland wurden zwischen den 1950er und 1970er Jahren auf ärztliche Weisung in Kinderkurheime verschickt und dort in großer Zahl seelisch und womöglich auch körperlich misshandelt.“ Eine Leserin der Zeitschrift (sie hat viele Jahre lang als Erzieherin in „sauberen Heimen“ gearbeitet) sieht in der Berichterstattung einen Verstoß gegen die Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht). Sie kritisiert die oben genannten Textpassagen. Außerdem stört sie sich an diesem Satz: „1963 gab es (…) 839 Heime mit Platz für jährlich 350.000 Kinder.“ In dem Artikel fehle jeder Hinweis auf die Relationen zwischen den Zahlen. Wortwahl und Argumentationsaufbau legten nahe, dass sich „in großer Zahl“ auf alle jemals Verschickten beziehe. Außerdem schreibe die Redaktion über die Betroffenen: „Viele andere“. Viele andere von wie vielen, fragt die Beschwerdeführerin. Im Text sei von 1400 Betroffenen die Rede, die sich zurückgemeldet hätten. Und es heiße weiter, dass es ganz wenige positive Berichte gegeben habe. In dem Artikel sei kein Hinweis auf die Relation zwischen „belasteten“ und „sauberen“ Heimen zu finden. Die Beschwerdeführerin fühlt sich durch die verallgemeinernde Schuldzuweisung in diesem Artikel diskriminiert. Es sei richtig und zwingend, die Verletzungen des Kindeswohls in den entsprechenden Heimen aufzudecken. Die Schuldigen sollten, wenn es denn noch möglich sei, zur Verantwortung gezogen werden. Das könne aber nicht durch einen undifferenzierten und pauschal verurteilenden Artikel geschehen. Die Chefredakteurin der Zeitschrift lässt den Autor des Beitrages zu der Beschwerde Stellung nehmen. In dem kritisierten Text seien ausschließlich drei betroffene Frauen mit ihren persönlichen und leidvollen Erfahrungen als Verschickungskinder vorgestellt worden. Keine einzige Person sei identifizierbar beschrieben worden, die zu dieser oder einer anderen Zeit in einem der betroffenen Heime gearbeitet habe. Das gelte selbstverständlich auch für die der Redaktion unbekannte Beschwerdeführerin.

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„Nachahmungstaten werden herausgefordert“

Eine Großstadtzeitung berichtet online über die Selbsttötung eines jungen Mannes während der Pandemie. Die Überschrift lautet: „Daniel lebt nicht mehr: Treibt die Pandemie Menschen in den Suizid?“ Eine Leserin wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Es gebe eine Regel, im Allgemeinen nicht über Suizide zu berichten, um Nachahmung zu vermeiden. Sie spricht dabei vom sogenannten Werther-Effekt. Die Kurzfassung auf Facebook sei eine klare Sensationsmache mit dem Suizid eines jungen Mannes und für psychisch kranke Menschen eine ganz eindeutige Einladung zur Nachahmung. Die Beschwerdeführerin kritisiert einen nach ihrer Ansicht klaren Handlungsvorschlag durch die Redaktion. Diese schreibe, der junge Mann habe sich auf die Gleise gelegt, anstatt sich morgens an den Dienst-Laptop zu setzen. Suizid werde von der Zeitung als Ausweg dargestellt, wenn einem die pandemiebedingten Belastungen zu groß würden. Die auf Facebook veröffentlichte Kurzfassung sei eine leichtfertige Vereinfachung der Umstände, die zu einem Suizid führten. Nachahmungstaten würden durch diese Art der Berichterstattung geradezu herausgefordert. Die Redaktion scheine sich nicht bewusst zu sein, was solche Artikel in Menschen auslösen könnten, die unter Depressionen litten oder aus anderen Gründen zu einem Suizid neigten. Die Beschwerdeführerin meint, dieser Artikel könne lebensgefährlich sein. Die Redaktion gibt keine Stellungnahme ab.

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Kandidat: Keine Zeile über mich in der Zeitung

Gegenstand der Beschwerde ist die Berichterstattung einer Regionalzeitung über den Landtagswahlkampf in ihrem Verbreitungsgebiet. Der Beschwerdeführer in diesem Fall ist Kandidat der Freien Wähler. Er beklagt, dass die Zeitung während des Wahlkampfes keine Zeile über ihn veröffentlicht habe. Der stellvertretende Chefredakteur weist die in der Beschwerde geäußerten Vorwürfe zurück. Weder der Kandidat noch seine Partei hätten im Wahlkampf vor Ort eine wesentliche Rolle gespielt. Dass die Redaktion kein großes Kandidatenporträt über den Beschwerdeführer veröffentlicht habe, sei also eine redaktionelle Entscheidung. Er beruft sich auf Relevanzkriterien. Bei Kandidaten der Piratenpartei, der Basis oder der Klimaliste BW habe man genauso gehandelt. Dass der Kandidat der ÖDP vorgestellt worden sei, hänge damit zusammen, dass dieser seit vielen Jahren im Kreistag sitze und die örtliche Politik somit maßgeblich mitgeprägt habe. Im Übrigen habe die Zeitung die Kandidatur des Beschwerdeführers gemeldet. Der örtliche Redaktionsleiter habe dem Kandidaten darüber hinaus angeboten, seine Wahlkampftermine zu veröffentlichen, wenn er entsprechende Informationen an die Zeitung schicke. Von diesem Angebot habe der Beschwerdeführer keinen Gebrauch gemacht.

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Corona-Protest mit Brandsätzen gegen Rathaus

Eine überregionale Tageszeitung veröffentlicht gedruckt und online einen Beitrag unter der Überschrift „Corona-Protest mit Brandsatz“. Sie berichtet über einen Gegner der Corona-Maßnahmen, der mehrere Molotowcocktails in ein Rathaus geworfen haben soll. Über den Mann sei von der Staatsanwaltschaft nun Untersuchungshaft verhängt worden. Ein Leser der Zeitung sieht durch die Berichterstattung die Ziffern 2 (Journalistische Sorgfaltspflicht) und 3 (Richtigstellung) des Pressekodex verletzt. Es handele sich um eine Falschmeldung. Nicht die Staatsanwaltschaft, sondern Gerichte verhängten in Deutschland eine Untersuchungshaft. Insofern bezweifelt der Beschwerdeführer, dass ein Sprecher dies bestätigt habe. Dem nicht namentlich genannten Sprecher sei eine Falschaussage in den Mund gelegt worden. Er berichtet von seiner Erfahrung mit dieser Zeitung. Sie habe schon in der Vergangenheit Fehler nicht richtiggestellt. Der Justiziar der Zeitung teilt mit, die Redaktion habe den Fehler in ihrer Online-Version korrigiert. Die gedruckte Zeitung werde ebenfalls eine Korrektur veröffentlichen.

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Titel von wissenschaftlicher Arbeit genannt

Ein Nachrichtenmagazin berichtet über Fahndungserfolge im linksextremen Spektrum. Im Beitrag findet sich diese Passage: „Als großer Wurf gilt dabei die Verhaftung der 25-jähigen Lina E. aus Leipzig. Beamte des Landeskriminalamtes Sachsen holten die Studentin (Bachelorarbeit 2018: ´Zum Umgang mit Neonazismus in der Jugendarbeit – Der NSU im Jugendclub Winzerla´) am 5. November 2020 aus ihrer Wohnung im Stadtteil Connewitz.“ Die oberste deutsche Anklagebehörde unter Generalbundesanwalt Peter Frank stufe Lina E. als Kopf einer kriminellen Vereinigung ein, die den demokratischen Rechtsstaat bekämpfe. Ein Leser des Magazins stellt fest, in dem Artikel sei zwar nicht der vollständige Name der Beschuldigten genannt worden, jedoch der vollständige Titel ihrer Bachelorarbeit, wodurch sich innerhalb einer kurzen Recherche der vollständige Name herausfinden lasse. Er sieht einen möglichen Verstoß gegen Richtlinie 8.1 des Kodex (Schutz der Persönlichkeit/ Kriminalberichterstattung). Der zuständige Ressortleiter teilt mit, zum Zeitpunkt der Berichterstattung sei nicht abzusehen gewesen, dass es möglicherweise später relevante Suchtreffer geben könnte, aus denen der volle Name von Lina E. ersichtlich werden könnte. Da das hochpolitische Thema der Bachelorarbeit aus Sicht des Autors relevant gewesen sei, habe er es im Artikel erwähnt. Eine mutmaßliche Linksextremistin befasse sich im Studium intensiv mit Rechtsextremisten – daran könne man als Journalist nicht vorbeigehen. Die Nennung des Titels habe also rein inhaltliche Gründe. Sie sei aus Sicht der Redaktion nach wie vor gerechtfertigt, da in diesem Fall die berechtigten Interessen der Öffentlichkeit überwögen. Es wäre ein erheblicher Verlust für die Leserinnen und Leser, wenn sie nicht über die wissenschaftliche Betätigung der Beschuldigten mit Extremismus-Themen anhand des Originaltitels ihrer Arbeit informiert werden könnten.

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Zwingend nötige Angabe fehlt

Unter der Dachzeile „Mehrheit der Deutschen fordert“ und der Überschrift „Mehr Lockdown-Macht für Merkel“ berichtet eine Boulevardzeitung online über eine Umfrage. Bei der ging es um die Frage, ob der Bund mehr Möglichkeiten in der Corona-Pandemie haben sollte. 53 Prozent der vom Meinungsforschungsinstitut YouGov Befragten hätten sich dafür ausgesprochen, dass dem Bund mehr Möglichkeiten gegeben werden sollten, Maßnahmen auch ohne Zustimmung der Länder zu beschließen. In der Unterzeile zur grafischen Darstellung heißt es: “Quelle: dpa, yougov / Umfrage vom 30.3. – 1.4. 2021, 2073 Befragte.“ Ein Leser der Zeitung kritisiert Überschrift und Text als absolut irreführend und „blöd“. „Die Mehrheit der Deutschen“ solle durch rund 1.100 Personen abgebildet werden. 2073 Personen von rund 83.1 Millionen Deutschen seien befragt worden. Nicht eine „Mehrheit der Deutschen“, sondern die Mehrheit der Befragten habe sich geäußert. Die Rechtsvertretung des Verlages stellt fest, dass der Beitrag alle Anforderungen erfüllt, die an die Wiedergabe von Umfrageergebnissen gestellt werden. Falls sich der Beschwerdeführer daran störe, dass in der Dachzeile des Artikels das Adjektiv „befragten“ fehle, weise man darauf hin, dass es gerade das Wesen und die Eigentümlichkeit von Umfragen sei, dass sie immer nur einen Teil der Bezugsgruppe befragen könne, um auf diese Weise gewissermaßen „hochrechnungsfähige“ Rückschlüsse auf Mehrheits- bzw. Minderheitsverhältnisse möglich zu machen. Zu den sonstigen Ausführungen (etwa das Wort “blöd“) erspart sich die Rechtsvertretung eine Stellungnahme.

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Nationalität eines mutmaßlichen Täters genannt

Eine Regionalzeitung berichtet online über die sexuelle Belästigung eines jungen Mädchens am Bahnhof des Verlagsortes. Der Tatverdächtige sei festgenommen worden. Die Redaktion nennt die Herkunft des Verdächtigen (22jähriger Asylbewerber aus Afghanistan). Der Mann sei zuvor mit einem Zeugenaufruf gesucht worden. Ein anonymisierter Beschwerdeführer kritisiert einen Verstoß gegen die Ziffer 12, Richtlinie 12.1, des Pressekodex. Ohne erkennbares öffentliches Interesse werde die Nationalität eines (mutmaßlichen) Straftäters genannt. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, dass die Nennung der Nationalität nach sorgfältiger Rücksprache in der Redaktion erfolgt sei. Mit diesen Informationen werde stets verantwortungsbewusst umgegangen. Dies insbesondere dann, wenn sich die Redaktion der Sensibilität der Daten bewusst sei. Nationalitäten würden in der Regel nicht in der Überschrift genannt, sondern lediglich im Text. Der Tatverdächtige in diesem Fall sei ein bereits polizeibekannter Asylbewerber, der mutmaßlich im Bereich des Bahnhofs am gleichen Tag bereits einen Diebstahl begangen habe. Nach Auskunft der Polizei – so die Zeitung weiter – sei der Mann anhand von Videoaufnahmen identifiziert worden. Die Bundespolizei habe in ihrer Pressemitteilung ebenfalls die Nationalität des Mannes genannt. Dass der Mann bereits eine Vielzahl von Straftaten begangen haben dürfte, jedoch als Asylbewerber noch nicht lange in Deutschland ansässig sei, habe nach Ansicht der Redaktion für die Nennung der Nationalität gesprochen. Die Rechtsvertretung kritisiert die Anonymisierung der Beschwerde.

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Arzt brachte sich selbst in die Öffentlichkeit

Eine Regionalzeitung berichtet über Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen einen Arzt, der im Verdacht steht, Menschen mit Gefälligkeitsattesten von der Maskenpflicht befreit zu haben. Es geht hier um eine Folgeberichterstattung zu einem Beitrag, der eine Woche zuvor in dieser Zeitung erschienen war. Da war davon die Rede, dass die Ermittlungsbehörden bei einem Hausarzt eine Razzia durchgeführt hätten. Bei der Ausstellung der Atteste habe er – so die Zeitung – zumindest billigend in Kauf genommen, dass die Patienten die Atteste gegenüber Behörden nutzen, um sich der Maske unberechtigt zu entledigen. Der Name des Arztes wird genannt. Der Autor bedient sich des Mittels der verdeckten Recherche. Die Zeitung berichtet auch über einen zweiten Fall, bei dem die Ermittler gegen einen Arzt ermitteln. Sein Name wird nicht genannt. Die Namensnennung im Fall des einen Arztes begründet die Zeitung mit dem Hinweis, dass dieser bei mehreren Kundgebungen Reden gegen die Corona-Maßnahmen gehalten habe. Mehrere Leserinnen und Leser der Zeitung sehen durch die Berichterstattung mehrere presseethische Grundsätze verletzt. Die „reißerischen Artikel“ empfindet zum Beispiel eine Beschwerdeführerin als unverantwortliche Diffamierung und mediale Rufschädigung. Sie sieht einen Verstoß gegen die im Pressekodex gebotene Unschuldsvermutung. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass im Südteil des Verbreitungsgebiets überdurchschnittlich häufig und intensiv gegen die herrschende Corona-Politik protestiert werde. Die Redaktion habe den Namen des Arztes genannt, der durch Reden auf Kundgebungen öffentlich aufgetreten sei und so selbst die Öffentlichkeit gesucht habe. Der Arzt sei auch in Telegram-Gruppen bzw. sozialen Netzwerken vertreten gewesen. Nachdem sich die Hinweise gehäuft hätten – so der Chefredakteur weiter -, habe die Redaktion damit begonnen, intensiver zu recherchieren. Das Ergebnis sei eine große Seite-3-Reportage gewesen, die gedruckt und online erschienen sei. Die Gründe für die Nennung des Arztnamens habe er selbst in einer parallel veröffentlichten Erklärung genannt.

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