Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6738 Entscheidungen
Der Vorsitzende eines Gemeinderats erleidet einen Herzinfarkt. Die örtliche Zeitung berichtet darüber und veröffentlicht dazu zwei Kommentare: »Ein ehrenwerter Bürger wurde zur Strecke gebracht« und »Die Jagd ist aus«. Im Bericht und in den Kommentaren wird ein Zusammenhang hergestellt zwischen politischen Attacken gegen den Kommunalpolitiker und seinem Herzinfarkt. Dem Betroffenen war zuvor von den Sprechern zweier oppositioneller Parteien vorgeworfen worden, seine Lederfabrik habe vergiftete Abwässer in die Kanalisation geleitet. Vertreter beider Parteien beschweren sich beim Deutschen Presserat. Sie sehen die Grenzen einer verantwortungsvollen Kommentierung deutlich überschritten. Dem Leser werde der Eindruck vermittelt, politische Konfrontation sei allein darauf ausgelegt, den politischen Gegner persönlich gesundheitlich zu schädigen. Die Redaktion dagegen macht den Beschwerdeführern den Vorwurf, den Vorsitzenden der Stadtverordneten wochenlang innerhalb und außerhalb des Parlaments öffentlich angegriffen zu haben, ohne einen Beweis für ihre Vorwürfe vorlegen zu können. Mit ihren unbegründeten Beschuldigungen hätten die beiden »selbstgerechten Herren« ihr Ziel erreicht, einen politischen Gegner aus dem Amt zu jagen. (1991)
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Eine Sonntagszeitung berichtet, dass immer mehr Kinder von Kindern misshandelt werden. Dabei schildert sie u. a. einen Fall, der auch den Inhalt der Schlagzeile bestimmt: »Erst 13 - und schon Vergewaltiger!«. Der Bericht enthält den vollen Namen des Täters und gibt dessen Wohnort an. Zudem wird sein Foto gezeigt. Auch der Vorname des zehnjährigen Opfers und dessen vollständige Anschrift sind ersichtlich. Diese persönlichen Angaben sind einem Brief der Staatsanwaltschaft zu entnehmen, der gleichfalls veröffentlicht wird. Darin teilt die Staatsanwaltschaft der Mutter des Mädchens mit, dass der Beschuldigte zur Tatzeit noch nicht 14 Jahr alt und damit schuldunfähig war. Der Beschwerdeführer, ein Rechtsanwalt, sieht in der Weise, wie hier über minderjährige Täter und Opfer berichtet werde, eine öffentliche Hinrichtung mit irreparablen Schäden für die betroffenen Kinder. Die Zeitung dagegen misst ihrer Veröffentlichung aufklärerische Wirkung bei. Die Eltern der betroffenen Kinder seien damit einverstanden gewesen. Die persönlichen Daten seien versehentlich nicht anonymisiert worden. (1991)
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Ein Journalist führt ein Gespräch mit einem ehemaligen Funktionär der früheren DDR. Dabei erhält er Informationen über die angebliche Tätigkeit eines früheren DDR-Ministers in der Hauptverwaltung Aufklärung des Staatssicherheitsdienstes. In einem Gespräch mit der Dienststelle einer Bundesbehörde lässt der Journalist die Angaben überprüfen. Die Dienststelle macht von diesem Gespräch einen Aktenvermerk. Aus diesem Vermerk geht hervor, dass der Journalist in dem Gespräch die Quelle seiner Informationen preisgegeben hat. Der Anwalt des Informanten beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er sieht die zugesagte Vertraulichkeit für das Informations- und Hintergrundgespräch verletzt. Die Vertraulichkeit werde auch durch eine Veröffentlichung des Gesprächsthemas in einer Tageszeitung verletzt. (1991)
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Eine Tageszeitung berichtet über ein Verfahren vor dem Amtsgericht sowie die Berufungsverhandlung vor dem Landgericht. Angeklagt ist ein Hilfspolizist, den der Staatsanwalt beschuldigt, seinen Dienstherrn, einen Bürgermeister, beleidigt zu haben. Er soll in einem Schreiben die Behauptung aufgestellt haben, der Vorgesetzte habe telefonisch gedroht, ihm »den Arsch aufzureißen«. Diese Behauptung wirrt von dem Zeugen bestritten. In Ihrer Überschrift spricht die Zeitung von einer »bitteren Prozesspille« für den Bürgermeister. Die Unterzeile lautet: »Gericht: ... sagte im Zeugenstand die Unwahrheit«. Und im Vorspann heißt es: »Richter bescheinigen einem Bürgermeister, und das auch in der zweiten Instanz, als Zeuge die Unwahrheit gesagt zu haben«. Der Betroffene beschwert sich beim Deutschen Presserat. Dem Leser werde der falsche Eindruck vermittelt, in dem Berufungsverfahren sei rechtskräftig festgestellt worden, der Beschwerdeführer habe in zwei Fällen die Unwahrheit gesagt. Diese Auffassung des Amtsrichters habe sich das Berufungsgericht gerade nicht zu eigen gemacht. Es sei zu der Überzeugung gekommen, dass der Angeklagte, jedenfalls was Zeitpunkt und Inhalt des angeblichen Telefonats angeht, nicht die volle Wahrheit gesagt habe. Im übrigen könne in einem Strafverfahren, das sich gegen einen Dritten Lichtet, nicht rechtskräftig festgestellt werden, dass der Zeuge die Unwahrheit gesagt hat. Die Redaktion räumt ein, dass in dem Berufungsverfahren der Beschwerdeführer nicht ausdrücklich bezichtigt wurde, als Zeuge die Unwahrheit gesagt zu haben. Die Angelegenheit sei mit einer Gegendarstellung bereinigt worden. Außerdem habe die Zeitung am folgenden Tag die gesamte Sachlage noch einmal entsprechend dargestellt. (1991)
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Der »mörderische Bruderkampf« auf dem Balkan und der Zerfall Jugoslawiens sind das Thema eines Magazinbeitrags. Serbien suche seine Vormachtstellung im Reich der Südslawen mit Terror zu behaupten, heißt es darin. Internationaler Druckhabe jedoch die Kür des Kroaten Mesic zum Staatspräsidenten erzwungen. Ein serbischer Pfarrer und seine Ehefrau sehen ihr Volk diffamiert. Die Autoren des Beitrags hätten einseitig bei kroatischen und slowenischen Quellen recherchiert. Die Redaktion dagegen will sich eine auf sorgfältig recherchierten Fakten beruhende politische Wertung nicht vorschreiben lassen. (1991)
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Ein Fotoamateur äußert sich in einem Brief an eine Zeitschriftenredaktion kritisch über eine Kamera. Das Schreiben trägt in großen Buchstaben die Aufschrift »KEIN LESER-BRIEF«. Dennoch wird der Brief auszugsweise veröffentlicht. Auf den Protest des Autors reagiert die Redaktion nicht. Erst als sie vom Deutschen Presserat erfährt, dass der Betroffene Beschwerde eingelegt hat, bietet sie dem Beschwerdeführer den Abdruck eines Leserbriefs an, »dessen Inhalt auf die Richtigstellung der Fakten abzielt«. (1991)
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Zwei Regionalzeitungen drucken den gleichlautenden Beitrag eines Bonner Korrespondenten ab, in dem es um »Startschwierigkeiten« eines neuen Teams in einer Bonner Parteizentrale geht. Dabei wird der Wechsel eines Funktionsträgers in die Staatskanzlei einer Landesregierung als befreiend gewertet. Er werde als inkompetent und illoyal geschildert. Bei seinem Ausstand soll es beißende Kritik an der neuen Führungsspitze gegeben haben. Der Betroffene wehrt sich durch eine Beschwerde beim Deutschen Presserat. Die Berichterstattung sei einseitig und grob fehlerhaft. (1991)
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Der Direktor einer Stadt, in deren Umgebung Schlacke einer alten Kupferhütte gelagert wird, reicht beim Deutschen Presserat eine Sammelbeschwerde ein. Drei Presseorgane hätten durch reißerisch aufgemachte Überschriften in der Bevölkerung Angst und Verunsicherung hervorgerufen. Es werde wahrheitswidrig berichtet, Dioxin habe den ganzen Ort verseucht. Dadurch habe das Ansehen seiner Stadt großen Schaden erlitten. Eine Boulevardzeitung hatte unter der Überschrift »Der Tod aus der Kupferschlacke - Sie hat den ganzen Ort verseucht - Schon vier Tote« über eine trügerische Idylle berichtet. In der Schlacke der alten Kupferhütte lauere der Tod. Sie enthalte große Mengen des Giftes Dioxin und habe den ganzen Ort verseucht. Vier Menschen seien unter ungeklärten Umständen gestorben, viele andere klagten über Krankheiten. Eine Zeitschrift ließ ihre Leser wissen, die Stadt sei »eine einzige Gifthalde«. Der schleichende Tod lauere in den roten Bergen am Stadtrand. Überall in der Stadt herrsche Panik, sei kaum Platz für andere Gefühle. Hobbygärtner säten in diesem Frühjahr erst gar nicht mehr aus, Mütter sperrten ihre Kinder ein. Überall seien Verbotsschilder angebracht. Berichtet wird auch, dass mehr als 800000 Tonnen der Dioxin-Schlacke in über 220 Orten zur Aufschüttung bei Fußballfeldern, Kinderspielplätzen und Schulhöfen verwendet werden. Eine zweite Zeitschrift hatte unter der Überschrift »Krebsgift Dioxin - unsere Kinder in höchster Gefahr« über die entsetzliche Entdeckung berichtet, dass 800 000 Tonnen Giftschlacke auf Schulhöfen, Spazierwegen, Sport und Spielplätzen verarbeitet worden seien. Fast 300 deutsche Städte seien betroffen. In einer »Liste des Todes« wird mitgeteilt, in welchen großen deutschen Städten Sport- und Kinderspielplätze mit der Schlacke belegt sind. (1991)
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