Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6738 Entscheidungen
Mehrere Tageszeitungen, auch eine Nachrichtenagentur, greifen Berichte eines Fernsehmagazins auf, wonach der Redakteur einer Zeitschrift viele Jahre Stasi-Agent gewesen sein soll. Der Bericht sei auf die Aussagen von drei ehemaligen hauptamtlichen Stasi-Mitarbeitern gestützt worden, die Einzelheiten über angebliche Spionagehandlungen mitteilten. Die Staatsanwaltschaft ermittele. Mitgeteilt wird auch, dass der Redakteur enge Kontakte zum früheren MAD-Chef und zum früheren Verteidigungsminister gehabt habe. Die deutschen Sicherheitsbehörden stuften den Fall als »sehr hochrangig« ein. Der Betroffene bestreite die Vorwürfe. Die Zentrale der Nachrichtenagentur bittet ihren Korrespondenten in Bonn um einen Hintergrundbericht. Was kann der Mann der Stasi wohl alles verraten haben? Wie schätzen Bonner Sicherheitskreise den Fall ein? Daraufhin erscheint der Korrespondentenbericht »Offiziere: Wir müssen von schwerem militärischen Verrat ausgehen«. Darin werden Aussagen wiedergegeben, die »Offiziere« und »zuständige Abteilungen« des Verteidigungsministeriums, »Geheimdienstexperten« sowie »Bonner Sicherheitskreise« zum Fall abgegeben haben. So solle der Redakteur brisante Einzelheiten der Bundeswehrplanung nach Ost-Berlin geliefert haben. Er habe als »Militär-Intimus« absoluten Zugang zu allen Topleuten der Bundeswehrspitze gehabt. Mitgeteilt wird wiederum, dass er die Vorwürfe bestreitet. Acht Tage später wird dem Verfasser des Korrespondentenberichts von Kollegen ein »offener Brief« überreicht, in dem 28 Unterzeichner ihre Kritik gegen den Bericht zum Ausdruck bringen. Er habe »auf handwerklich zweifelhafte Weise und unter Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht zu einer öffentlichen Vorverurteilung« des Redakteurs beigetragen, die »dem Prinzip der Unschuldsvermutung grob zuwider« laufe. Die angeführten Quellen dürften als Grundlagen für einen seriösen Bericht nicht in Frage kommen. Die Behauptungen seien beim Betroffenen nicht überprüft worden. Der Verfasser des Berichts erhalte innerhalb zweier Tage Gelegenheit zur Stellungnahme. Danach würde der »offene Brief« in den Pressehäusern und Bonner Redaktionen verteilt. Entgegen dieser Ankündigung wird der Brief bereits einen Tag später, unmittelbar vor einem Gesprächstermin zwischen den Beteiligten, verteilt. Der so angegriffene Redakteur wendet sich gegen das Verhalten der Kollegen und bittet darum, der Deutsche Presserat möge überprüfen, ob sein Korrespondentenbericht tatsächlich sorgfaltswidrig war. (1990)
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht in der Rubrik »Aufgespießt« einen Kommentar zu den Aktivitäten des städtischen Museumsdirektors. Die Rede ist vom »amoklaufenden« Museumsdirektor, den »Rapport-Predigten« des Bürgermeisters wegen teurer Aktivitäten nicht beeindrucken, der andere mit falschen Behauptungen beschimpfe und schon längst kein Aushängeschild der Stadt mehr sei. Er habe dennoch die Chance, trotz seiner wiederkehrenden Ausfälle seinen Ruhestand in der Stadt zu erleben. Einen Tag später druckt die Zeitung eine Gegendarstellung des Betroffenen ab. Tags darauf wird berichtet, der Oberbürgermeister sei über die Gegendarstellung verwundert. In den folgenden Tagen erscheinen dann ein kritischer Leserbrief gegen den Museumsdirektor, eine Karikatur sowie ein Foto zur Gesamtthematik. Der Betroffene erhebt Beschwerde beim Deutschen Presserat. Während des noch laufenden Verfahrens erhält der Vorgesetzte und Bürgermeister der Stadt Kopien einzelner Schreiben des Beschwerdeführers an den Presserat. Er hält die Kommentierung für beleidigend und ausfallend. (1990)
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Eine Tageszeitung veröffentlicht in einem Teil ihrer Auflage eine Glosse, die sich ironisch mit dem Rechtsstreit einer jungen Frau auseinandersetzt, die seit einem Tanzunfall gelähmt ist und nun gegen den Tanzpartner Schadensersatzansprüche geltend macht. Unter anderem habe sie im Prozess vorgetragen, sie habe in ihrem sozialen Kreis kaum noch Heiratschancen. Die Namen der Beteiligten, beide mit Adelstiteln, werden genannt. Dies ist Ansatzpunkt für den Autor, den Vorgang beißend zu kommentieren (». . . auch wenn man sich unter uns Plebejern fragt, was diese Edlen eigentlich immer wieder aus dem sicheren Quadrillen-Verband ins gemeine Disco-Getümmel treibt«). Beschwerdeführer ist ein Rechtsprofessor. Es sei eine unentschuldbare Verletzung menschlichen Anstands, einer vom Schicksal hart getroffenen Frau mit Häme und bewusst verletzenden Bemerkungen die menschliche Anteilnahme zu versagen, begründeter seine Reaktion. Die Redaktion pflichtet ihm bei: Diese Glosse hätte nie erscheinen dürfen. Sie war von der Redaktion längst abgelehnt worden und nur durch eine technische Panne in eine Teilauflage geraten. Es war nämlich vergessen worden, den Text im rechnergesteuerten System zu löschen. Nach Entdecken des Fehlers wurde die Rotation angehalten und der Text ausgewechselt. Die Zeitung entschuldigt sich bei der Familie, erklärt Unterlassung und spendet anstelle eines Schmerzensgeldes einen größeren Betrag für eine gemeinnützige Organisation Querschnittgelähmter. (1991)
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Ein Mitarbeiter einer Zeitschrift recherchiert in der Frage, ob es Verbindungen zwischen einem Ministerpräsidenten und Repräsentanten des »Rotlicht-Milieus« einer Großstadt des Landes gibt. In diesem Zusammenhang führt der Journalist zwei Telefongespräche mit einem Anwalt, der der Zeitschrift ein Interview mit einem bekannten Bordellbesitzer anbietet. Über den Inhalt der Gespräche berichtet der Mitarbeiter der Zeitschrift öffentlich vor einem Untersuchungsausschuss des Landtags. Auf die Frage des Anwalts, was denn die Zeitschrift interessiere, antwortet der Journalist, es gehe beispielsweise darum, welche Politiker Geld von dem Bordellbesitzer bekommen könnten oder bekommen haben. Weiter wird in dem Telefongespräch darüber gesprochen, dass der Preis für das Interview sehr hoch sei, aber dann gerechtfertigt wäre, wenn der Ministerpräsident gehen müsse. Dieses äußert der Anwalt, der Journalist bestätigt es im Anschluss. Im Verlauf des Gesprächs nennt der Journalist dann exakte Beispiele, die der Zeitschrift einen großen Geldbetrag wert seien. Der Vorsitzende der Mehrheitsfraktion im Landtag beschwert sich beim Deutschen Presserat. Der Journalist habe sich als »journalistischer agent provocateur« betätigt. Er nehme zumindest billigend in Kauf, dass materielle Interessen eines Informanten dazu führen, dass ihm gefälschte Informationen vorgelegt werden. Er habe den Informanten zu solchen Fälschungen geradezu ermuntert. (1990)
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Ein Leser hat einen »Informationswunsch« an die Redaktion seiner Heimatzeitung. Es geht um Pläne der Stadt, Asylbewerber in schwimmenden Wohncontainern unterzubringen. In seinem Schreiben meldet der Leser Zweifel an, dass es dazu keine Alternative gebe. Er fragt, ob die Vermutung richtig sei, dass mit dieser Art der Unterbringung nur Bürgerproteste umgangen werden sollen, weil andererseits die Aufstellung von Wohncontainern an Land den Bedingungen des allgemeinen Planungsrechts unterliege. Der Brief endet mit der Bitte, diese Frage durch Auskunft oder Berichterstattung zu beantworten, den Brief jedoch nicht zu veröffentlichen. Entgegen dieser Bitte wird der Brief unter der Überschrift »Schwimmende Container als schwammige Lösung« als Leserbrief abgedruckt. Der Betroffene wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Zeitung traue sich nicht, sich gegen lokalpolitische Majoritätsmeinung zu stellen und benutze entsprechend kritische Leserbriefe, um diese Kritik doch ins Blatt zu bringen, stellt er fest. Die Lokalredaktion entschuldigt sich. Der Brief sei nicht in Absicht, sondern durch Fahrlässigkeit veröffentlicht worden. (1991)
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Unter der Rubrik »Termine« veröffentlicht eine Tageszeitung folgenden Text: »Anti-Schaffermahl - Gegen den imperialistischen Krieg am Golf! Stören wir das Schaffermahl.< Treffen heute, 8.2., Domtreppen, 13 Uhr«. Eine Kammer sieht den Eindruck erweckt, die Zeitung rufe zur Demonstration auf. Der Journalist habe sich aus seiner Rolle als Berichterstatter in die Rolle des aktiv Handelnden begeben, heißt es in der Beschwerde beim Deutschen Presserat. (1991)
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In einer Lokalzeitung erscheint ein Leserbrief, in dem Betroffenheit und Kritik darüber zum Ausdruck gebracht werden, dass eine Friedensdemonstration von gewalttätigen Aktionen »Autonomer« begleitet war. Die Verfasser dieses Briefes werden nicht genannt. Stattdessen ist die Anmerkung der Redaktion angefügt, die Schreiber wollten »aus Angst vor der Aggressivität der Kritisierten« anonym bleiben. Zwei Tage später werden weitere Leserbriefe zu diesem Thema veröffentlicht. Darunter befindet sich auch die Zuschrift zweier Frauen, die meinen, dass der Polizeieinsatz bei der Demonstration unberechtigt gewesen sei und die Aktion zu kriminalisieren versucht habe. Diese Zuschrift ist nicht nur mit den Namen der Absenderinnen, sondern auch mit deren vollständiger Anschrift versehen. Die Betroffenen erhalten daraufhin einen anonymen Drohbrief sowie eine Vorladung der Polizei zur Zeugenvernehmung. Sie beschweren sich beim Deutschen Presserat, Der Abdruck der vollständigen Adresse sei eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Die Redaktion erklärt den Vorgang mit einem Versehen. (1991)
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Ein Pfarrer veranstaltet ein Treffen, das über Aktivitäten einer Jugendsekte informiert. Die örtliche Zeitung berichtet darüber. Sie leitet ihren Beitrag mit dem Beispiel eines Mannes ein, der Anfang 40 sei, drei Kinder im Alterzwischen 6 und 11 Jahren habe und in einer namentlich genannten Stadt das Amt eines Kirchengemeinderats bekleide. Dieser Mann habe Kurse der besagten Jugendsekte gekauft und dabei immer mehr Schulden gemacht. Die Familie sei zerbrochen, sein Haus inzwischen verkauft. Freunde hätten Frau und Kinder aufgenommen. Ein Pfarrer der Region sieht die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Familie verletzt und erhebt Beschwerde beim Deutschen Presserat. Die Redaktion will mit dem Fall zeigen, dass auch Menschen, die fest in das bürgerliche und kirchliche Leben eingebunden sind, nicht vordem Nachstellungen der Jugendsekte geschützt sind. Eine Verschleierung sei nicht möglich, da andere Kirchengemeinderäte vor falschen Verdächtigungen zu schützen sind. Der Name des Betroffenen werde zudem Nicht genannt. (1991)
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